Bewertung

Review: #3.15 Der Strick des Jägers

Foto: Michael Rooker, The Walking Dead - Copyright: Gene Page/AMC
Michael Rooker, The Walking Dead
© Gene Page/AMC

Die letzten Episoden konnten eigentlich ganz gut überzeugen. Gut, hier und da gab es vielleicht ein paar kleine Schwachstellen, aber im Großen und Ganzen wurden schlüssige, vor allem aber spannende Geschichten erzählt. Leider bietet #3.15 Der Strick des Jägers nur Ansätze von dem, was wir zuletzt gesehen haben. Vor allem die ersten zehn Minuten der Episode sind alles andere als großartig. Sie sind sogar nicht einmal durchschnittlich. Vielmehr sind sie einmal mehr geprägt von dämlichen Plottwists, die kein Mensch bräuchte.

"We have to do it today. It has to be quiet."

Das Gespräch mit Hershel vor zwei Wochen hat anscheinend absolut nichts gebracht, denn Rick ist entschlossener denn je, den Deal des Governors anzunehmen. Wie es zu diesem Sinneswandel kommt, bleibt dem Zuschauer leider verborgen, wahrscheinlich weil die Autoren selbst nicht recht wussten, wie sie es glaubhaft verkaufen sollten, dass Rick von einem Zweifler zu einem kalten Entscheidungsträger geworden ist und nicht mehr auch nur ansatzweise in Frage stellt, dass seine Entscheidung, Michonne zu opfern, richtig ist.

Auch die Versuche, Daryl und Hershel als das Gewissen der Gruppe zu etablieren, funktioniert leider nicht richtig, weil die beiden im Gespräch mit Rick leider keinerlei Rückgrat beweisen. Zwar halten es beide für eine ungemein schlechte Idee, Michonne an den Governor auszuliefern, doch sie trauen sich beide einfach nicht, ein Machtwort zu sprechen.

Weil Rick jedoch selbst nicht in der Lage ist, Michonne zu übergeben, tritt er an Merle heran und betraut ihn mit der lästigen Aufgabe. Unterdessen betet Hershel und während eines unglaublich kitschigen Voice-Overs hat Rick erneut eine Erscheinung von Lori, durch die er schließlich zur Läuterung kommt und erkennt, dass es eine furchtbar schlechte Idee ist, Michonne auszuliefern.

Als Rick diese Einsicht trifft, ist es leider schon zu spät. Merle hat die Dinge selbst in die Hand genommen. Der ist sofort Feuer und Flamme, lockt Michonne in den dunklen Keller des Gefängnisses, brät ihr eine über, fesselt sie und fährt dann mit ihr in Richtung Woodbury. Und ab hier dreht sich die Episode.

"I couldn't sacrifice one of us for the greater good because we are the greater good."

Wie gesagt, die ersten zehn Minuten waren absoluter Bockmist und vor allem bezüglich der Charakterarbeit von Rick schlichtweg dumm. Er hat keinen einzigen guten Grund, warum er dem Governor glauben sollte. Alleine von den Geschichten, die Maggie und Glenn, wie auch Merle und Michonne erzählt haben, sollte er doch erkennen können, dass der Governor ein brutaler, durchgeknallter Irrer ist. Selbst bei ihrem Gespräch hat er nicht den Hauch von Glaubwürdigkeit versprüht. Warum sollte Rick also glauben, dass mit der Überstellung von Michonne der Kleinkrieg zwischen Woodbury und ihrem kleinen Gefängnis ad acta gelegt ist? Aber gut. Wir müssen es akzeptieren. Vor allem deswegen, weil der einzige Grund dafür zu sein scheint, damit die Autoren erneut einen kleinen Twist gegen Ende der Episode einbauen können. Der wiederum ist aber gar nicht mal so schlecht gemacht. Rick stellt sich nämlich vor die Gruppe und erzählt der mittlerweile erschreckend kleinen Gruppe, dass er einen Deal mit dem Governor eingegangen ist, den er mittlerweile bereut. Die Gruppe nimmt die Nachricht relativ gelassen auf, wie auch der Zuschauer. Viel schwerer wiegt das, was Rick im Anschluss sagt. Er gibt seine eigene Unzulänglichkeit zu und gibt offiziell sein "Ricktatorship" auf und kehrt zur Demokratie zurück. Er will nicht länger bestimmen, was das Beste für die Gruppe ist, weil nicht er dafür verantwortlich ist, dass sie alle noch am Leben sind, sondern weil es eine sogenannte "Gruppenleistung" war.

Ich muss zugeben, dass die Charakterarbeit wieder einmal sehr zu wünschen übrig lässt. Aber das lässt sich am Ende dann doch irgendwie verschmerzen, denn der kleine Roadtrip, den Michonne und Merle gezwungenermaßen miteinander unternehmen, entschädigt beinahe dafür, dass die Geschichten rund um Rick so furchtbar nervig sind. Michonne versucht auf Merle einzureden und ihm klar zu machen, dass, auch wenn sie beide Außenseiter sind, sie eine Chance in der Gruppe haben, wenn sie sich nur etwas anstrengen. Und mitten auf dem Weg nach Woodbury hat Merle ganz, ganz plötzlich einen Sinneswandel und lässt Michonne laufen, um auf eine letzte Mission zu gehen. Auf eine Mission gegen den Mann, der ihn nachdrücklich verändert hat und zu einem Mann hat werden lassen, den er zutiefst verabscheut, wenn er ehrlich zu sich selbst ist.

Natürlich kommt auch diese Entwicklung ein wenig aus heiterem Himmel, doch das ist doch immer so, kurz bevor einer der Hauptdarsteller ins Gras beißt. Und ein bisschen konnte man eigentlich schon damit rechnen, dass Merle am Ende ins stirbt, denn so viel Screentime, wie er diese Episode hatte, hatte er wohl die ganzen letzten fünf bis sechs Episoden zusammen genommen nicht.

Bis es jedoch soweit ist, gibt es einige wirklich großartige Szenen um Michael Rooker. Angefangen von der großartigen Einstellung, als Merle Whiskey trinkend in einem Wagen sitzt und durch laute Rockmusik Beißer anlockt, über die großartige Szene, als er sich in einem Schuppen versteckt und beginnt die Männer des Governors einen nach dem anderen auseinander zu nehmen, bis zu seinen letzten Momenten, in denen er sich dem Governor stellt und den Kürzeren zieht.

Die letzte Szene, als Daryl schließlich seinen Bruder findet, längst zum Beißer geworden und über einem von Philips Männern kauernd, geht unglaublich unter die Haut. Es ist eine Szene voller Emotion und voller Verzweiflung, die fast schon greifbar wird und sich entlädt, als Daryl weinend und vor Schmerz schreiend wieder und wieder auf seinen Bruder einsticht und dann zusammenbricht.

Fazit

Es gab diese Mal wieder so viele Dinge, über die man den Kopf hätte schütteln können. Die ganze Sache mit Rick und seinem Sinneswandel oder alleine die Tatsache, dass Merle ganz genau zu wissen schien, wo er Michonne abliefern muss, obwohl es keinerlei klärendes Gespräch mit Rick über die Einzelheiten des Deals gab. Oder warum Michonne nach allem wieder zurück zum Gefängnis stapft. Über all das kann man, wenn man ehrlich ist, nur wirklich schwer hinwegsehen und doch verlässt man die Episode mit einem großen Seufzer und unglaublich gespannt auf die letzten 45 Minuten der dritten Staffel.

Melanie Wolff - myFanbase

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