Will Trent - Review Staffel 3
Während sich die ABC-Serie "Will Trent", die bei uns bei Disney+ zu streamen ist, schnell zu einer Produktion entwickelt hat, auf die ich jede Woche neu hinfiebere, muss ich doch feststellen, dass sie eigentlich in Deutschland viel zu unbekannt ist. Zu Unrecht, Leute! Von daher hier eine Review, die eine starke dritte Staffel feiert.
Ich habe mir nochmal meine Reviews zu den ersten beiden Staffeln angesehen und da konnte ich nochmal gut rekapitulieren, welche Reise bei meinem fast schon einzigen Kritikpunkt hingelegt wurde. Da ging es darum, dass das GBI und APD oft separiert agiert haben. Es kam zwar zu Überschneidungen, aber mir einfach etwas zu wenig. In Staffel 2 war das schon erheblich verbessert, weil die beruflichen Partnerschaften zwischen Will Trent (Ramón Rodríguez) und Faith Mitchell (Iantha Richardson) bzw. Angie Polaski (Erika Christensen) und Michael Ormewood (Jake McLaughlin) etabliert waren, sodass abseits davon mehr Spielraum war, sich anders auszuprobieren. In Staffel 3 finde ich, dass das inzwischen alles so ineinandergelaufen ist, dass ich gar nicht mehr groß darüber nachdenke, dass mich da einst etwas gestört hat. Das wurde dann speziell bei zwei Episoden sehr deutlich. Da wäre zum einen 3.07 und das große Staffelfinale 3.18 zu nennen. In beiden Folgen ist es gelungen, eine Ausgangslage zu schaffen, die die verschiedenen Behörden unter einem Dach zur Zusammenarbeit zwingen. Aber 'zwingen' ist eigentlich das falsche Wort. Denn es gibt nicht mehr so Ressentiments wie noch zu Beginn der Serie, stattdessen sind sie eine große berufliche Familie. Wenn die Grenzen so völlig verwischt wird, ist das wunderschön zu beobachten.

© 2024 Disney. All rights reserved.; Disney/Wilford Harewood
Auch in der dritten Staffel hat sich echt wenig am Cast getan. Mit Marion Alba (Gina Rodriguez) haben wir eine neue Hauptrolle, aber im Nachhinein hätte es wohl auch gereicht, dies als Nebenrolle zu verkaufen. Das sehe ich aber keinesfalls als Kritikpunkt, weil deutlich zu merken war, dass Marion als Funktion angelegt war. Sie kam zu einem wichtigen Zeitpunkt in Wills Leben, war dann aber dann auf einmal zur falschen Zeit am falschen Ort. Auch wenn ich Rodriguez immer großartig finde, egal in welcher Rolle ich sie erlebe, aber es ist völlig in Ordnung, dass ihre Aufgabe möglicherweise von Anfang so begrenzt war. Beruflich gesehen war sie ideal involviert. Da sie als Bezirksstaatsanwältin spezialisiert auf Bandenkriminalität ist, konnte sie gleich mehrfach eingebunden werden, da wird es mit rivalisierenden Gangs gleich zu Beginn zu tun haben. Auf persönlicher Ebene hatte sie vorrangig nur mit Will zu tun. Auch wenn er ganz anders als sie aufgewachsen ist, so haben sie doch dieselben kulturellen Wurzeln und vermutlich hat das auch schnell für Will den Ausschlag gegeben, ihr sein Herz zu öffnen. Da sie auch keine Vorgeschichte wie Angie haben, waren die beiden sehr unbeschwert zusammen, was die Liebesgeschichte durchaus süß gemacht hat. Aber spätestens mit dem heftigen Schicksalsschlag für Will war klar, dass Marion nicht die Frau ist, an die er sich in der Krise wendet. Auch wenn Rodriguez immer das Potenzial für so viel mehr hat, aber das Potenzial der Rolle wurde genau ausgeschöpft.
Dass Marion besser nur als Nebenfigur angekündigt worden wäre, hatte ich schon angesprochen und lässt sich ideal mit der zweiten großen Nebenrolle der Staffel vergleichen: Rafael Wexford (Antwayn Hopper). Die Rolle war schon echt eine Hausnummer. Ein stolzer Schwarzer Mann, der sehr selbstbewusst eine der einflussreichsten Gangs der Stadt leitet und nebenbei noch seine Tochter Sunny (Kyrie Mcalpin) hat. Jede Szene mit ihm war ein Genuss, vor allem auch weil er im Gegensatz zu Marion eine gemeinsame Vergangenheit mit Will hat. Es war im Staffelverlauf spannend, wie ein Teil der Jugend von den beiden aufgedeckt wurde. Genau so eine Lebenssituation passt bestens zum Ton der gesamten Serie und es ist genial, wie damit gespielt wird. Beide Figuren sind wirklich großartig genutzt worden. Sie haben selbst Profil gewinnen dürfen, gleichzeitig waren sie auch für Will und Amanda Wagner (Sonja Sohn) sehr wichtig. 18 Episoden hatten wir in Staffel 3. So viele gab es bislang noch nie. Ich hatte immer gelobt, dass "Will Trent" gerade auch wegen den kurzen Staffeln funktioniert, aber es wurde gerade mit den Wexfords gezeigt, dass man langfristig etwas aufbauen kann und dabei Wirkung erzielt. Rafael war dabei auch genau die ideale Mischung aus Antagonist und Mann, dem man sein letztliches Teil-Happyend sehr gegönnt hat. Sunny und Amanda wiederum waren auch eine Beziehung, bei der ich niemals hätte prophezeien können, dass so etwas so funktionieren könnte. Wir wissen, was Amanda für Will empfindet, dass es quasi Muttergefühle sind. Aber überwiegend erleben wir sie derb, knallhart und lieber alles auf Abstand haltend. Sunny hat das ideal herausgefordert und zu sehen, wie aus erzwungenen Mitbewohnerinnen immer mehr Freundinnen wurden, herrlich!
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Ansonsten lässt es der unveränderte Hauptcast zu, dass wir immer nur noch tiefer bei allen eintauchen. Die unterschiedlichen Beziehungen werden erweitert, neue werden geknüpft. Dazu sind viele der Fälle von Staffel 3 sehr persönlich verankert worden. Es gab kaum etwas, bei dem ich mal dachte, ach, hätten wir streichen können. Nein, wir haben ein sehr durchdachtes Konzept erlebt. Zwar würde ich bei Faith wiederholt sagen, dass da einfach etwas fehlt, ohne direkt einen Handlungsbogen für sie vorschlagen zu wollen, aber alles, was man ihr gibt, wird immer zu Gold. Aber durch ihren Sohn Jeremy (Deoin Smith) und ihre Mutter Evelyn (LisaGay Hamilton) sind es immer recht ähnliche Situationen. Die will ich auch nicht verlieren, weil sowohl Evelyns unfreiwillige Ermittlung als auch Jeremys Informanten-Status haben toll funktioniert, aber vielleicht ein neuer Mann, vielleicht eine berufliche Entwicklungschance, irgendetwas in der Richtung würde ich mir für Staffel 4 wünschen. Vielleicht ist auch alles irgendwie zu verknüpfen, denn die neue Dimension der Freundschaft von Faith und Ormewood gehörte zu den größten Überraschungen. Ich würde mich jetzt nicht sofort ins Boot setzen wollen, aus den beiden ein Paar zu machen. Aber die beiden sind definitiv enger zusammengewachsen und sie funktionieren hervorragend zusammenwachsen.

© 2024 Disney. All rights reserved.; Disney/Zac Popik
In Staffel 2 konnte ich es schon nicht mehr verheimlichen. Aber neben meinem liebsten Scene Stealer (Betty, klaro!!!!!!!) ist er echt der, den ich am meisten feiere. Vor allem natürlich für seine Sprüche, aber auch seine oft unbeholfene Art, die zusätzlich komödiantische Momente erzeugt. Aber Ormewood bekommt auch richtig guten Stoff. Sowohl die Elternschaft als auch die Krankheitsgeschichte, ideale Ideen für ihn. Es macht ihn verletzlich, was er eigentlich nicht will, aber es macht ihn auch stärker. Aber auch wie er wiederholt für Angie kämpft, als wäre er eigentlich ihr Sponsor und nicht Franklin (Kevin Daniels), der Mann hat ein großes Herz und wer hätte das nach der ersten Hälfte von Staffel 1 schon gedacht?! Auch die Momente mit Will sind immer wieder genial. McLaughlin und Rodríguez haben da eine schauspielerische Dynamik, dass man schon lacht, bevor überhaupt etwas passiert ist. Wenn es um das Drama geht, dann macht dennoch niemand Will und Angie etwas vor. Das Leben beider Rollen ist von Tragik und Schicksalsschlägen geprägt und auch Staffel 3 gibt ihnen keine Ruhe.
Bleiben wir erst bei Angie, die zunächst als Sicherheitskraft in einem abgetrennten Wohnbereich arbeitet. Die Beziehung von ihr und Will ist nach den Ereignissen aus Staffel 2 logischerweise sehr belastet. Aber in den 18 neuen Episoden wurde es gut gesteuert, das ganz langsam wieder abzubauen. Es gab keine Eile, es gab viel Wut und Enttäuschung, aber letztlich können die beiden nicht ohne einander, egal in welchem konkreten Beziehungsverhältnis. Dennoch erleben sie das meiste getrennt voneinander, was damit ganz neue Dynamiken möglich gemacht hat. Während Will Marion hatte, hat Angie ganz neu Seth McDale (Scott Foley). Beide Liebesgeschichten haben eigentlich ähnlich funktioniert. Angie und Seth sind ebenfalls einfach nur süß miteinander, aber durch eine Wendung am Ende der Staffel ist klar, das wird mehr als kleines Intermezzo. Aber zurück zu Angies Drama. Die Entwicklung mit ihrer Mutter Didi (Molly Price), oh man. Es war aber extrem authentisch erzählt, wie Angie ihr trotz all der schrecklichen Taten dennoch emotional treu verbunden war. Eine Eltern-Kind-Beziehung kann komplexer als jede Partnerschaft sein und das wurde hier deutlich gezeigt. Von Didi an Männer verkauft zu werden, niemand hätte Angie vorgeworfen, ihre Mutter alleine sterben zu lassen. Aber sie konnte es nicht und alles danach war echt herzzerreißend. Der Rückfall kam da selbstredend. Umso beachtlicher, dass Angie nun wieder einen Grund hat, ihr Leben umzukrempeln und ich wünsche ihr einfach mal persönliche Siege.

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Will wiederum erleben wir zu Beginn der Staffel im absoluten Ausnahmezustand. Da ich in der Zwischenzeit "Marvel's The Defenders" aufgeholt habe, weiß ich, wie anders Rodríguez spielen kann. Eine andere Version von Will bekommen wir dann auch zu Beginn. Alleine optisch war die Wandlung enorm, aber auch ansonsten hat er sich charakterlich einen neuen Anstrich verpasst. Hat auf Dauer natürlich nicht funktioniert, aber es war für Will wichtig zu erkennen, dass er seiner eigenen Geschichte nicht entfliehen kann. Er muss es auch gar nicht. Mit meiner liebsten Betty hat er ohnehin schon die treueste Begleiterin, aber auch in Atlanta hat sich gezeigt, wie er Spuren hinterlassen hat. Amanda, Faith oder auch Nico (Cora Lu Tran), sie alle hatten daran zu knabbern und es haben ihn unterschiedlich merken lassen. Will hat dann mit Marion und Rafael wirklich viel Interessantes bekommen, wodurch die Handlung mit dem schief gegangenen Einsatz der Dienstwaffe wie eine Zäsur dazwischen kam. Polizeigewalt ist immer und überall ein Thema, leider. Aber einfach mal eine andere Seite davon zu sehen, extrem clever von der Produktion. Logischerweise wurde das voll ausgekostet, um Will in die nächste Krise zu stecken. Aber man hat dann gut im Vergleich zu Beginn der Staffel gemerkt, dass er Hilfe inzwischen besser annehmen kann und um sein stabiles soziales Umfeld weiß. Es ist wirklich beeindruckend, was auf charakterliche Ebene alles abgeliefert wurde. Das sorgt in der Konsequenz für eine große emotionale Nähe zu allen Figuren und erklärt, warum ich immer wieder gerne einschalte.
Fazit
Es ist extrem selten, dass sich eine Dramaserie von Staffel zu Staffel immer nur weiter steigert. Während ich bei anderen Serien schon längst darüber nachdenke, wann wohl am besten der Schlussstrich gezogen werden sollte, will ich an ein Ende bei "Will Trent" gar nicht denken. Denn man hat erneut bewiesen, wie man ein Procedural-Format frisch anstreichen kann und neben extrem viel Humor auch die Dramatik des Jobs immer wieder anbieten kann.
Die Serie "Will Trent" ansehen:
Lena Donth - myFanbase
Zur "Will Trent"-Reviewübersicht
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