New Amsterdam (2018) - Review, Staffel 3
In der TV-Season 2020/2021 haben sich vor allem die Krankenhaus- und Feuerwehrserien sehr intensiv inhaltlich mit der Corona-Pandemie auseinandergesetzt, was als Kommentierung und Wachrütteln angesichts des aktuellen Weltgeschehens auch mehr als berechtigt war. Durch die weiterhin anhaltende Pandemie sind aber auch einige Produktionen so ins Stocken geraten, dass sie erst in der ersten Jahreshälfte von 2021 über die Bildschirme flimmern konnten und dazu gehörten beispielsweise die beiden Krankenhausserien "Atlanta Medical" (Original: "The Resident") und auch "New Amsterdam". Bei Ersterer war es aber schon erfreulicherweise so (noch einmal genauer in der Review zu Staffel 4 nachzulesen), dass die Pandemie innerhalb einer Episode abgehandelt worden ist. Zwar war sie thematisch weiterhin präsent, aber nicht so genutzt, dass sie den Krankenhausalltag völlig im Griff hatte. "New Amsterdam" ist auf NBC denselben Weg gegangen, was definitiv ein Feingefühl für das Bedürfnis der Zuschauer*innen erahnen lässt, die das Thema einfach nicht mehr so dominant auf ihren TV-Bildschirmen sehen wollten. Hier war die Pandemie vor allem ein Auslöser, den Ausstieg von Anupan Kher als Dr. Vijay Kapoor vorzubereiten, der aus privaten Gründen nicht mehr vor der Kamera stehen konnte. Durch anschließend erfolgte Impfung hat sich "New Amsterdam" anschließend auch nur noch mit den Nachwirkungen beschäftigt. Was ist also stattdessen geboten worden und wie ist das zu bewerten?
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Auch wenn "New Amsterdam" immer schon eine Ensembleserie war, so ist doch auch nicht zu leugnen, dass Max Goodwin (Ryan Eggold) noch einmal eine extra Spielwiese erhält. Er hat sich immer schon in so halb absurden Situationen mit allem, was er hat, in Herausforderungen für das Krankenhaus hineingekniet und man wusste nicht so genau, ob man vielleicht lachen sollte angesichts der übertriebenen Inszenierung oder ob man es nicht besser doch lassen sollte, weil immer eine wirkliche ernste Thematik dahintersteckt. In dieser dritten Staffel ist dieses Stilmittel aber wirklich zur Perfektion getrieben worden, denn ich habe mich spätestens in der zweiten Staffelhälfte immer wieder gefragt, bei welchem Thema Max diesmal die Welt retten will. Das klingt jetzt zugegeben sehr ironisch und ich hatte definitiv immer ein Schmunzeln auf dem Gesicht, aber es darf keinesfalls darüber hinwegtäuschen, dass "New Amsterdam" auf sehr ernste Themen aufmerksam macht. Da geht es um Bluttransfusionen, die infolge der Corona-Pandemie immer weniger werden, es geht um systematischen Rassismus innerhalb der Krankenhauswände, der sich teilweise auch in nicht mehr zeitgemäße Behandlungsparametern bei People of Color ausdrückt oder eben im Ungleichgewicht von Männern und Frauen in Führungspositionen und in den Gehältern, es geht um die Geschichte des Krankenhauses, die eng mit einer blutigen Erfahrung für indigene Völkergruppen einhergeht und es geht auch um den Klimawandel. Als Zuschauer*in kommt man sich oft vor wie Verwaltungschefin Karen Brantley (Debra Monk) und anderes Personal, die anlässlich von Max' Aktionismus völlig überfordert sind. Denn natürlich sucht er sich Wege, die selten wirklich praxisnah umgesetzt sind oder er unterschätzt, wie weitreichend seine spontan erfolgten Anordnungen sind. Aber man verzeiht es Max, auch wenn man noch so oft den Kopf schüttelt, denn zum einen ist er einfach ein guter Mensch, der Fehler wie wir alle macht und zum anderen ist völlig klar, dass die Serie sich so eine Nische schafft, um wachzurütteln und manchmal braucht es ein dazu passendes Stilmittel, um richtig hängen zu bleiben.
Dennoch würde ich der vierten Staffel und natürlich auch weiteren dazu raten, dieses Schema etwas runterzufahren, denn gerade auf der privaten Ebene ist für Max einiges etwas zu kurz gekommen. Er hat bis auf Helen Sharpe (Freema Agyeman) mit allen anderen Kolleg*innen fast ausschließlich auf der beruflichen Ebene interagiert, das ist doch schade, denn es war bis dato sehr sympathisch, dass er ein Chef ist, der keine Hierarchien kennt und sich auch nicht zu schade ist, da einzugreifen, wo medizinische Hilfe gefragt ist, auch wenn es als medizinischer Direktor nicht mehr in seinem Aufgabenbereich liegt. Privat beschäftigt ihn vor allem die Frage, wie es mit Luna (Nora & Opal Clow) weitergeht. Während er sie in Staffel 2 oft vor der Brust geschnallt hatte, wenn die Betreuung in der entsprechenden Gruppe im Krankenhaus nicht gewährleistet werden konnte, ist das kleine Mädchen inzwischen doch zu groß. Sie kann schon laufen und will die Welt entdecken, was viele Maßnahmen, die bis dato gewirkt haben, nichtig macht. Da kommen nun Georgias Eltern Gwen (Becky Ann Baker) und Calvin Bennett (Bill Irwin) ins Spiel, denen er Luna gerne anvertraut, aber gleichzeitig setzt das auch jede Menge in Gang, was Max hinterher wieder negativ einholt. Denn zum einen hat seine Tochter in der Hochzeit der Pandemie, wo er sie nur über einen Bildschirm gesehen hat, sich von ihm entfremdet und zum anderen haben die Großeltern Gefallen daran gefunden, ihr Enkelkind, das, was von ihrer Tochter noch zurückgeblieben ist, um sich zu haben. Es war also thematisch wirklich harter Tobak, wie Max neben dem Krankenhausalltag auch noch an dieser Front zu kämpfen hatte, denn man hat richtig gemerkt, wie unsicher er auch geworden ist, ob er für Luna das Richtige tut. Aber ich bin wirklich froh, dass er erkannt hat, dass die Kleine zu ihrem Vater gehört, denn trotz allem im Krankenhaus ist immer klar, dass er sie an erste Stelle positionieren wird. Mit Helen wiederum haben wir eine wirklich sanft erzählte Liebesgeschichte. Beruflich geraten sie auch weiterhin mal aneinander, weil Helen sich zu behaupten weiß und auch begriffen hat, dass es Max manchmal etwas entgegenzusetzen gilt. Aber zwischen den beiden sprühen schon lange die Funken, weswegen es schön ist, dass es nun Richtung Zielgerade bei den beiden geht. Es gibt genug sehr romantische Szenen der beiden in dieser Staffel und es wird in der neuen Staffel doch extrem spannend werden, ob sie wirklich mit einer Beziehung umgehen können und wie Helen dann zu Luna stehen wird.
© Universal Studios. Alle Rechte vorbehalten.; Virginia Sherwood/NBC
Der Ausstieg von Vijay war sicherlich schade, da er als Figur wirklich eine seltene Spezies abgebildet hat. Aber dennoch fand ich, dass sein jahrelanger Schützling, Dr. Agnes Kao (Christine Chang), es verdient hatte, so ein wenig mehr ins Rampenlicht zu treten, denn Kao hat sich dabei wirklich gut geschlagen. Zunächst noch völlig verschüchtert und ohne Selbstbewusstsein, aber sie hat ihren Weg gemacht. Insgesamt finde ich es bei "New Amsterdam" über die drei Staffeln hinweg schade, dass sich im Kern des Hauptcasts so wenig tut und dass neue Nebenfiguren oft schnell verheizt werden oder eben nur eine bestimmte Rolle einnehmen dürfen. Dazu zählt beispielsweise auch Dr. Cassian Shin, vom großartigen Daniel Dae Kim gespielt, dessen Storyline sicherlich schon die verkürzte zweite Staffel ausgebremst wurde, aber in Staffel 3 huschte er gefühlt auch nur ein paarmal durchs Bild und dann war das auch schon wieder Geschichte. So sang- und klanglos wie er auf einmal da war, ist er auch wieder verschwunden. Auch eher schwierig finde ich die Einführung von Leyla (Shiva Kalaiselvan), dem neuen Love Interest von Lauren Bloom (Janet Montgomery). Sie waren zwar irgendwie süß miteinander, aber gleichzeitig ist Leyla für mich nicht aussagekräftig genug als Figur ausgebaut worden. Als ob sie weniger um ihrer selbst willen, sondern nur für Lauren entwickelt wurde. Dementsprechend bin ich froh, dass dann da so Figuren wie Kao, die nur einen Status als Nebenfigur haben, sich dennoch plötzlich auf der Überholspur befinden dürfen. Dennoch hätte sie definitiv eine Beförderung verdient, denn sie hat sich nicht nur menschlich, sondern auch fachlich in der Neurologie als Chefin bewiesen.
© Universal Studios. Alle Rechte vorbehalten.; Virginia Sherwood/NBC
Nach Staffel 2 sah einiges so aus, als müssten wir uns von Floyd Reynolds (Jocko Sims) verabschieden, was angesichts des Verlusts von Vijay zum Glück nicht eingetroffen ist. Aber das wäre nicht nur ein herber Schlag für die Gesamtserie mit zu viel Umbruch gewesen, sondern Floyd war schon irgendwie zu meinem Liebling geworden, der einfach das Herz auf dem rechten Fleck hat und auch seine Fehler eingestehen kann. Es war eine schöne Idee, ihn wiederzuholen, um Vijay am Herzen zu operieren, denn das hat auch noch einmal unterstrichen, was er für ein Mensch ist, aber auch dass das Personal am New Amsterdam trotz vieler Höhe und Tiefen zusammenhält. Als sich Floyd aber entscheidet, für immer in New York zu bleiben, ist seine Rückkehr ins Krankenhaus aber nicht so gefeiert, wie er sich das wohl erträumt hat. Sein Posten in der Kardiologie wurde neu besetzt und dort gibt es auch keinen Platz mehr für ihn, weswegen er sich auf einmal als Unfallchirurg wiederfindet und damit in enger Zusammenarbeit mit Lauren. Da die beiden einst ein halbes Pärchen war, hat das natürlich eine gewisse Brisanz, aber ich fand es gut, dass es in diese Richtung keine Versuche mehr gab, denn ihre Zusammenarbeit hat zunächst ihr Verhältnis belastet, um dann ihre Freundschaft aber nur noch mehr wachsen zu lassen. Zudem hat er sich mit seiner Art, bei der er nie aus der Ruhe zu bringen ist, perfekt in den hektischen Arbeitsrhythmus der Notaufnahme eingefunden. Denn dort ist die Kunst wirklich, sich nicht von den stetig eintreffenden Patient*innen diktieren zu lassen, sondern stets selbst vorzugeben, wie es zu laufen hat. Lauren ist seit eh und je perfekt für diese Aufgabe geeignet und diese Staffel hat auch wieder extrem bizarre Überforderungssituationen präsentiert, in denen sie aber ihr Reich regiert, als wäre es das selbstverständlichste von der Welt. Nach ihren ganzen gesundheitlichen Schicksalsschlägen ist es sehr beruhigend, dass sie es immer noch kann. Deswegen habe ich ihr auch die Liebesgeschichte mit Leyla sehr gegönnt, jedoch muss einfach noch mehr kommen. Bei Floyd wiederum geht es darum, dass er sich in einem für ihn ungewohnten medizinischen Bereich arrangieren muss, um dann durch Geduld und aufopferungsvolle Hingabe sich seinen Posten wiederzuholen. Denn Zurückweisung hat er sich als 'nur Unfallchirurg' öfters einfahren dürfen. Als es langsam wieder aufwärts geht, lernt er die Kollegin Lyn Malvo (Frances Turner) kennen, die aber verheiratet ist. Mit der Enthüllung zum Staffelfinale hin wird deutlich, dass Floyd in Staffel 4 noch so einiges erwartet.
Fast schon durch die Hölle muss in dieser Staffel Iggy Frome (Tyler Labine) gehen. Erst hat er mit Vijay seinen engsten Vertrauten verloren, dann hat er mit der Psychiatrie den Fachbereich, den man am besten auf Distanz stemmen kann, weswegen er oft nur noch über einen Bildschirm therapiert und dann geht eins nach dem anderen schief. Es war wirklich sehr auffällig, dass Iggy in Bezug auf seine Patient*innen viele falsche Entscheidungen getroffen hat. Einige hatten Konsequenzen, andere nicht, weil dann die entsprechenden Patient*innen auch ohne ihn stabil genug waren. Aber diesen beruflichen Biss, den er mehr und mehr verliert, ist eng damit verknüpft, dass er sich einer eigenen Essstörung stellen muss, bei der aber so viel falsch macht, dass es kein Wunder ist, dass er auch beruflich völlig den Halt verliert. Insgesamt ist Iggy über die Staffel hinweg in die stärkste anhaltende Storyline eingebunden gewesen, denn es hat sich bis zum Ende etwas aufgebaut, das nun in der Entscheidung gipfelt, dass er seinen Job an den Nagel hängen will. Es wird zu sehen sein, was hiernach noch kommt, aber es ist spannend, wie Iggys Niedergang hier so konsequent gegangen wurde. Helen wiederum bekommt abseits ihr hoffentlich baldigen Happy Ends mit Max privat einiges aufgeladen. Zunächst ist sie die, die durch die Pandemie soziale Ängste aufgebaut hat, was definitiv spannend fand, denn es ist definitiv verständlich, dass man über eine Zeit von Abstand und Distanz hinweg, verlernt, wie es ist, mit Menschen noch wirklich körperlich zu interagieren. Dann stirbt ihr Halbbruder und wir lernen endlich mehr über Helens Privatleben, was sich dann mit ihrer Nichte Mina (Nadia Affolter), die bei ihr unterkommt, weiter fortsetzt. Auch wenn Helen beruflich eine wirkliche Granate ist, so kennen wir diese Seite von ihr, aber die private, die wurde nun endlich offengelegt und es ist viel angesprochen, was man vorher nicht erahnen konnte.
Die Serie "New Amsterdam" ansehen:
Fazit
"New Amsterdam" bietet insgesamt eine starke dritte Staffel, die für jede Figur individuell viel bereithält. Dennoch wird deutlich, dass der Hauptcast für die Zukunft nicht so klein gehalten werden darf, denn im Nebencast befindet sich genug Potenzial, das auch ausgenutzt werden muss. Aber auch das Zeitgeschehen wird speziell durch Max und seine Ein-Mann-Missionen immer wieder aufgegriffen. Oft wirkt sein Handeln völlig übertrieben, weil man die Welt schlicht nicht über Nacht retten kann, aber es ist dennoch ein Wachrütteln für so viele Themen, die speziell auf den Krankenhausalltag zugeschnitten und dennoch allgemeingültig sind. "New Amsterdam" bietet damit eine gute Mischung aus persönlichem Drama, spannenden und berührenden Patientenfällen und eben wichtigen Themen. Kein Wunder also, dass NBC hier gleich hoffnungsvoll drei neue Staffeln auf einmal bestellt hat.
Lena Donth – myFanbase
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