Criminal Minds - Review Staffel 16

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"Criminal Minds" ist sicherlich eine Procedural-Serie, an der sich die Geister scheiden. Ich habe schon mehrfach gehört, dass einige die Serie zu verstörend finden. Das Argument kann ich angesichts der Themen und eben auch der Darstellungen durchaus nachvollziehen, zumal eben auch einige Episoden von der deutschen Heimat Sat.1 bewusst auf 22:15 Uhr verlegt wurden. Ich bin eigentlich auch sehr empfindlich, aber für mich hat wohl vor allem die Faszination überwogen, mal so tief und vor allem auch nachvollziehbar in die Psyche von Serientätern einzutauchen. Wegguck-Momente, die hat es für mich dennoch natürlich auch zuhauf gegeben, zum Glück hat die Serie mich aber nächtlich nie beeinträchtigt, sonst hätte ich sie wohl auch einfach abgebrochen. Neben den Fällen habe ich mich aber natürlich auch zunehmend den wechselnden Mitgliedern der BAU verbunden gefühlt. Deswegen war das Serienaus nach 15 Staffeln sicherlich bedauernd, aber nach so einer langen Zeit war es auch keine Entscheidung, die ich nicht hätte verarbeitet bekommen. Dennoch kam es für mich sehr überraschend, als Paramount+ sich für eine Fortsetzung der Serie entschied. Die neue Staffel bei neuem Sender und etwas neuen Konzept sowie Untertitel 'Evolution' nehme ich nun mal genauer unter die Lupe.

Foto: Adam Rodriguez & A.J. Cook, Criminal Minds: Evolution - Copyright: Monty Brinton/Paramount+
Adam Rodriguez & A.J. Cook, Criminal Minds: Evolution
© Monty Brinton/Paramount+

Die positive Nachricht war für mich vor allem, dass die Serie im Cast weitestgehend zusammenhalten wurde. Der herbste Verlust ist natürlich, dass Matthew Gray Gubler nicht mehr als Spencer Reid mitwirkt. Andererseits will ich dem Darsteller wahrlich nicht vorwerfen, nach 15 Jahren und einem zuvor beschlossenen Serienaus für sich das Kapitel beendet zu haben. Auch Daniel Henney als Matt Simmons hat es nicht mit in die 16. Staffel geschafft, was angesichts seiner insgesamt drei Staffeln aber im Vergleich leichter zu verkraften ist. Ansonsten haben wir aber den alten Cast beisammen. Trotzdem wirken die neuen zehn Episoden nicht nostalgisch-vertraut, stattdessen ist eine ganz andere Stilistik zu finden. Man hat es nun schon öfters gehört, wenn Serien woanders neu wiederbelebt werden und dabei vor allem einen Wechsel vom Broadcast-Fernsehen zum Streaming machen, dann gibt es auf einmal viel mehr Möglichkeiten. Inhaltlich ist diese 16. Staffel auf jeden Fall nicht als klassische Procedural-Serie angelegt worden. Zwar gibt es stellenweise immer noch das Muster, dass pro Episode ein Killer geschnappt wird, aber eigentlich wird schnell deutlich, dass es um große Staffelstrukturen und nicht um einzelne Episoden geht. Das hat mich auf jeden Fall als Aussicht am meisten begeistert, denn in den letzten Jahren habe ich vermehrt festgestellt, dass mir zu viele Serien zu lange Staffeln haben, so dass irgendwann sich eine gewisse Langweile einstellt. Bei kurz und knackig erzählten Staffeln mit maximal zehn Episoden mit einem klaren Konzept besteht die Gefahr dann nicht mehr und man hat deutlich gemerkt, dass sich "Criminal Minds" das auch auf die Fahne geschrieben hat.

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Das neue Konzept ist aber nicht in allen Punkten aufgegangen. Die Idee, dass es die BAU durch Corona und private Rückschläge wie bei David Rossi (Joe Mantegna) weitestgehend zerschlagen hat, ist gut nachvollziehbar. Genauso passte für mich die Fallidee, dass auch Serienkiller durch die Corona-Pandemie vor gewisse Herausforderungen gestellt wurden, so dass eben der zentrale Antagonist Elias Voit (Zach Gilford) sich online ein Netzwerk aufgebaut hat, um seine Bedürfnisse durch die Taten anderer zu befriedigen. Auch wenn wir als Zuschauer*innen Elias von Anfang an kennenlernen, wird zunächst die Spannung dadurch aufgebaut, dass wir nach dem Fund eines Containers nach und nach auf Komplizen von ihm treffen, die bei ihren Taten ausgebremst werden, um dann nach und nach Elias mehr auf die Spur zu kommen. Gilford habe ich in jungen Jahren durch "Friday Night Lights" kennengelernt und er ist einfach jemand, den ich intuitiv wohl immer in lieben Rollen casten würde, weil ich ihn so eben zuerst erlebt habe. Gilford spielt aber wahrlich nicht immer den sympathischen Helden und es freut mich auch, dass er inzwischen auf ein großes Rollenspektrum gucken kann. So ein Serientäter wie Elias ist sicherlich eine Herausforderung für sich und ich finde, dass er sie gut gemeistert hätte. Ich war deswegen auch so positiv gestimmt, dass zehn Episoden reichen, um wirklich intensiv bei ihm hinter die Birne zu blicken, aber letztlich hat sich für mich irgendwann ein nicht ganz kongruentes Bild ergeben. Wir haben Elias in seinen dunkelsten Momenten erlebt, wir haben ihn als Opfer seines Onkels Cyrus (Silas Weir Mitchell), wir haben ihn als Familienvater erlebt, wir haben ihn als Kontrollfreak erlebt und am Ende als ein Mastermind, was nicht so recht mit allem zuvor zusammenpassen wollte. Das Ende von Staffel 16 verrät, dass Elias für die bereits bestellte 17. Staffel wohl erhalten bleibt, vielleicht hat man deswegen am Ende nochmal ein Looping gemacht. Insgesamt hat sich so deutlich gezeigt, dass am Ende einiges hinausgezögert wurde, die Episoden haben sich mit jeweils über 50 Minuten Sendezeit zunehmend gezogen. Da wäre es besser gewesen, wirklich eine in sich abgeschlossene Staffel zu machen und dann wieder neu anzusetzen.

Foto: Kirsten Vangsness & Joe Mantegna, Criminal Minds: Evolution - Copyright: Michael Yarish/Paramount+
Kirsten Vangsness & Joe Mantegna, Criminal Minds: Evolution
© Michael Yarish/Paramount+

Neben dieser durchgängigen Staffelstruktur zeichnet sich die 16. Staffel aber auch durch viel mehr Persönliches aus. Mit der verlängerten Episodendauer war das gut zu verknüpfen, weil so einfach mehr Raum zum Atmen war. Grundsätzlich hat mir die Idee gut gefallen, mehr von dem Privatleben zu zeigen und so eben auch mehr abzubilden, wie die einzelnen Figuren unter den jahrelangen beruflichen Erfahrungen leiden und wie sie dann stellenweise noch private Herausforderungen oben draufbekommen, die zusätzlich eine Belastung darstellen. Gleichzeitig war es aber noch ungewohnt. Ich denke, dass sich das in Staffel 17 wahrscheinlich schon ganz anders anfühlen wird, aber weil hier eben auch Josh Stewart als William, JJs (A.J. Cook) Ehemann, eine größere Rolle spielte, weil dann auch noch zwei andere Charaktere Love Interests bekommen haben, habe ich entsprechend der früheren Sendestruktur sofort die Schultern eingezogen und automatisch das Schlimmste befürchtet. Denn man kennt es bei Procedural-Serien: Liebesgeschichten werden meistens nicht ohne Ziel aufgebaut. Entweder die neuen Figuren haben eine dunklen, langfristigen Plan oder aber die Liebeskandidaten werden für den dramatischen Effekt geopfert. William kann da auch so einige Geschichten erzählen, musste er doch als JJs emotionale Bank auch so einiges mit ihr erleiden, nur er hat zum Glück immer überlebt. Hier spielt William nun also eine größere Rolle, aber hauptsächlich geht es darum, das Familienleben authentisch abzubilden und es nicht nur bei Schnipseln zu belassen. Am Ende war es dann auch clever, dass er auch bei einer Ermittlung genutzt wurde. Das passte wirklich gut, aber ungewohnt war das alles eben doch.

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Zwei neue Love Interests habe ich schon angesprochen und hier muss ich gestehen, dass ich dargestellten Entwicklungen etwas soapig fand und daher für die sonstige Charakteristik von "Criminal Minds" eher unpassend. Zunächst wäre da Tyler Green (Ryan-James Hatanaka), der als eine Art Antagonist eingeführt wird, ehe offenbart wird, dass er nur verzweifelt Antworten zum Schicksal seiner Schwester sich erhofft. Er wird eng mit Penelope Garcia (Kristen Vangsness) verknüpft. Bei ihr ist die private Krise am besten dargestellt worden, weil man gut verstehen konnte, warum sie sich eigentlich von der BAU entfernt hat und warum sie ihre Fähigkeiten lieber für ein persönliches Thema eingesetzt hat. Sie wird aber natürlich wieder in den Fall hineingezogen, um dann mit Tyler eine Enemies-to-Lovers-Geschichte zu durchleben. Auch wenn alles, was mit Penelope zu tun hat, etwas Charmantes an sich hat, so dachte ich manchmal doch, geht es noch kitschiger und noch vorhersehbarer? Die beiden hatten auf jeden Fall was Prickelndes gemeinsam, aber vielleicht hätte man es dennoch ein paar Nuancen bodenständiger aufziehen können. Sehr dramatisch wurden dann auch Tara Lewis (Aisha Tyler) und Rebecca Wilson (Nicole Pacent) aufgezogen. Sollte das jetzt nur die LGBTQ-Box erfüllen? Eigentlich fand ich Rebecca zunächst als Ergänzung und vor allem inhaltliche Partnerin für die BAU gut, aber als sich Arbeit und Privatleben zu sehr vermischten, da hat sich Rebecca wie ein Teenie verhalten, während Tara wiederum in ein Loch fiel und wenig reflektierte, dass sie von Rebecca einfach wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen wurde. Aber Profiler sind da wohl nicht anders als Therapeuten und Ärzte, man ist immer selbst der schlechteste Patient von allen. Insgesamt haben mich also diese beiden Ausflüge auf Wolke 7 nicht überzeugt.

Foto: Aisha Tyler & Paget Brewster, Criminal Minds: Evolution - Copyright: Michael Yarish/Paramount+
Aisha Tyler & Paget Brewster, Criminal Minds: Evolution
© Michael Yarish/Paramount+

Natürlich haben wir noch die anderen Figuren. Luke (Adam Rodriguez) ist dabei am schnellsten abzuhandeln, ist er in dieser 16. Staffel doch am meisten vernachlässigt worden. Zwar ist das Thema mit ihm und Penelope wieder aufgeworfen worden, aber es ist eigentlich schön geklärt worden, warum die beiden als Kollegen und als Freunde besser miteinander auskommen. Abseits davon ist für Luke nicht mehr drin gewesen, auch bei den Ermittlungen habe ich ihn nicht als entscheidend wahrgenommen. Rossi hat zunächst sehr mit dem Verlust von Krystall (Gail O'Grady) zu kämpfen und ja, auch wir Fans haben da erstmal zu knabbern, denn das Happy End gab es doch gefühlt gerade erst. Aber dieses Erlebnis macht Rossi zu einem Mann mit einer Mission, der die BAU im Grunde überhaupt erst auf den großen Fall stößt. Es war dann auch gut abgebildet, wie er erst wie verrückt arbeitet, um dann eben durch die Unterstützung seines Teams innerlich wieder nach vorne schauen zu können, so dass die Erinnerungen an Krystall dann am Ende auch mehr Rettung als Belastung sind. Emily Prentiss (Paget Brewster) wiederum ist für diese Staffel wohl die wichtigste Figur, weil sie den Laden an allen Ecken und Enden zusammenhält. Es gibt zig Baustellen, die inneren Uneinigkeiten und Zweifel, dann der Druck durch Doug Bailey (Nicholas D'Agosto), Kompetenzgerangel und dann auch politische Machtspielchen. Es ist schön zu sehen, dass Emily so eine starke Staffel geschenkt bekommen hat. Sie ist aber nicht nur der perfekte Boss, sondern sie kann auch problemlos sofort wieder in die Rolle der Ermittlerin finden und da hat sie es noch genauso drauf. Während Brewster ihr graues Haus inzwischen selbstbewusst nach außen trägt, ist es passend, dass diese Ausstrahlung auch absolut in der Figur wiederzuerkennen ist.

Fazit

"Criminal Minds" bekommt mit Staffel 16 dank neuer Heimat bei Paramount+ einen frischen Anstrich. Die Idee, einen einzigen komplexen Serienfall über zehn Episoden hinweg zu erzählen, ist ein guter Ansatz, wurde nach hinten raus leider etwas lahm umgesetzt. Die Figuren bekommen jetzt mehr Raum, besonders im privaten Bereich, aber daran muss man sich wohl noch etwas gewöhnen, wobei es an einigen Stellen aber auch tatsächlich zu soapig war, das muss nicht sein. Die Wiederbelebung von "Criminal Minds" war also keine Fehlentscheidung, aber es ist noch Luft nach oben.

Die Serie "Criminal Minds" ansehen:

Lena Donth - myFanbase

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