Bewertung

Review: #12.20 Querschläger

Foto: Giacomo Gianiotti, Grey's Anatomy - Copyright: 2017 ABC Studios; ABC/Adam Taylor
Giacomo Gianiotti, Grey's Anatomy
© 2017 ABC Studios; ABC/Adam Taylor

Diese zwölfte Staffel wird immer politischer. Nach Feminismus- und Rassismusdiskussionen sowie der Thematisierung von Gewalt an Frauen, folgt nun die Waffendebatte, ein Thema, das wie kein anderes die amerikanische Gesellschaft aufwühlt und beschäftigt. Wir alle kennen die Schocknachrichten von Amokläufen oder den unzähligen Waffen, die sich in amerikanischen Haushalten befinden. Ganz besonders grauenhaft sind natürlich die Gewalttaten, wenn sie von Kindern ausgeführt werden – und auch in dieser Folge landet ein achtjähriger Junge auf dem OP- Tisch, der beim Spielen mit einer Waffe tödlich verletzt wurde. Etwas, was leider wohl oft in den USA vorkommt und man kann den Autoren ihren Mut anrechnen, sich mit diesem überaus sensiblen Thema auseinanderzusetzen.

Im Mittelpunkt steht natürlich die Schuldfrage, etwas, was in diesem Fall kaum zu beantworten ist. Will man wirklich die Mutter des achtjährigen dafür verantwortlich machen, dass sie eine Waffe besitzt, weil der Junge herausgefunden hat, wie er das Schloss umgehen kann? Will man wirklich dessen Freund verantwortlich machen, weil er aus Versehen auf ihn geschossen hat? Will man wirklich die Babysitterin verantwortlich machen, weil sie für wenige Minuten den Raum verlassen hat, nur um den Jungen etwas zu kochen? Im Grunde genommen sind alle Beteiligten durch ihre mehr oder weniger größere Nach- und Fahrlässigkeit für diesen Unfall verantwortlich, sind aber somit auch alle Opfer der Umstände. Es ist, wie Amelia es sagt, ein Unfall gewesen – keiner hatte die Absicht, dass das passiert. Amelia hat sich hier wirklich von ihrer besten Seite präsentiert. Die Szene mit Peter, dem Jungen, der geschossen hat, war wirklich berührend, da sie sich komplett in ihn hinein versetzt hat und ihm die Schuldgefühle ein Stück genommen hat.

Doch auch unter den Ärzten bricht die Waffendebatte über dem OP-Tisch aus und wenig überraschend zeigt sich, dass Jo eine Waffe besitzt. Aus ihrer Sicht ist das natürlich absolut verständlich: Sie lebte in ihrem Auto, war obdachlos, eine Waise und brauchte etwas, um sich sicher zu fühlen. Aber auch die geschockte Reaktion von Alex war nachvollziehbar: Er wäre beinahe durch eine Kugel in der Brust gestorben und möchte deswegen keine Waffe in seiner Wohnung haben. Wo sich bei anderen Paaren nun ein Konflikt angedeutet hätte, kommen sich Jo und Alex hier noch näher. Jo erkennt, dass sie keine Waffe mehr braucht, um sich sicher zu fühlen, sondern, dass sie dafür Alex hat. Diese Erkenntnis ist zwar nur ein minimaler Fortschritt in ihrer wirklich stabilen und harmonischen Beziehung, doch weil diese sonst kaum thematisiert wird, mochte ich diese Storyline sehr. Ich kann mir sogar vorstellen, dass Jo Ende dieser Staffel doch noch Alex' Heiratsantrag annehmen wird.

Mit Owens Offenbarung und der dazugehörigen Frage nach der Schuld bei Megans Unfall hat er sich nicht wirklich einen Gefallen gemacht. In dieser Staffel ist Owen für mich einer der suspektesten und fragwürdigsten Charaktere der Serie geworden. Dadurch, dass er sich so Amelia annähert und man sein Verhalten besser nachvollziehen kann, kann ich ihm diese neue Information beinahe verzeihen. Doch sein unprofessionelles und gewaltbereites Verhalten und sein irrationaler Rachefeldzug Nathan gegenüber entspringt lediglich einem Schuldkomplex, weil er selbst Megan auf diesen Helikopter geschickt hat?! Ich dachte wirklich, man könnte Owen nicht noch enttäuschender gestalten. Im Grunde genommen hat er stets nur seine Schuldgefühle auf Nathan projiziert und ihn wegen dessen Affäre für Megans Schicksal verantwortlich gemacht. Dass es in diesem Fall wieder keinen Schuldigen gibt und es wieder lediglich ein Unfall war, sollte Owen verstehen und sich endlich selbst verzeihen - und vor allem Nathan. Ich hoffe inständig, dass man diesen Handlungsstrang so bald wie möglich auflöst.

Callie und Arizona haben nicht nur den Sorgerechtsstreit von April und Jackson übernommen, sondern auch deren Verhalten: Beide treffen übereilte Entscheidungen und überreagieren komplett, doch im Grunde genommen liefert diese Folge kaum neue Ansätze, wie man den Konflikt der beiden Frauen lösen kann, sondern stellt nur klar, dass es ihn gibt. Arizona zeigt Callie, dass sie sich Sofia nicht wegnehmen lässt und verlangt von ihr, sie in Entscheidungen für Sofias Zukunft einzubeziehen, Callie hingegen verlangt von Arizona, Sofia nicht als ihre Tochter zu bezeichnen und will die ganze Situation runterspielen. Das ist schon ein deutlicher Fausthieb in die Magengrube für Arizona und macht mir Callie ein Stück weit unsympathisch. Mittlerweile kann ich ihre Entscheidung, umzuziehen, etwas schwerer nachvollziehen. In New York würde sie nicht mal einen richtigen Job haben und somit gibt sie auch ihre Karriere für Penny auf? Das klingt nicht nach der badass Callie Torres, die ihren Job über alles liebt. Dass sie auch noch Sofia bereits für Schulen anmeldet, finde ich ziemlich krass und bin nicht überrascht, dass für Arizona damit der Punkt erreicht ist, das Ganze nur noch über den Anwalt zu klären. Ohje, ohje, ohje. Richtig gefallen hat mir bei diesem Streit nur das Drumherum. So wurde mir zum einen Penny sehr sympathisch: Anstatt sich einzumischen, weiß sie, dass sie dafür nicht in der Position ist und will Callie lediglich beistehen. Auch die Freundschaft von Webber und Arizona kann wieder vollends überzeugen. Er kann ihr ins Gewissen reden und macht ihr klar, dass sie es sich wegen Sofia nicht leisten kann, zu überreagieren. Ich persönlich weiß nicht genau, was ich von diesem Konflikt halten soll und sehe mit einer Mischung aus Unbehagen und Spannung den nächsten Entwicklungen entgegen.

Was ich von Stephanies und Kyles Annäherung halten soll, weiß ich jedoch: Ich bin begeistert! Die beiden haben eine wunderbare Chemie und man kann so richtig die Funken zwischen den beiden fliegen sehen. Allein die Szene, in welcher Kyle Steph im Krankenhaus aufsucht und mit ihr reden will, war eine so herrlich lustige Szene! Stephs "You're not sterile, you're very very dirty" war dabei das Highlight und hat gezeigt, wie Kyle sie komplett durcheinanderbringt. Mir gefällt es, dass wir Stephanie dadurch von einer ganz anderen Seite kennenlernen und die sonst so selbstsichere Ärztin aufgelöst und fahrig erleben dürfen. Das scheint auch Meredith zu gefallen, die diese ganze Storyline beinahe noch perfekt gemacht hat. Ihre Reaktionen und Sprüche haben mich immer zum Lachen gebracht, gleichzeitig redet sie mit Stephanie wie mit einer Freundin und unterstützt sie, indem sie sie zum Date mit Kyle schickt. Genauso gefällt mir Meredith und ich hoffe, wir dürfen sie so noch öfters erleben.

Kurze Eindrücke

  • Für mich startete die Folge geradezu perfekt mit den drei Schwestern, die sich jeweils um eines von Merediths Kindern kümmern und für den Tag vorbereiten. Wie Meredith Zola anhand von Maggies und Andrews Beziehung erklärt, dass sie sich nie in einer Beziehung von einem Jungen bestimmen lassen soll, fand ich wunderbar. So sieht doch mal gute und zukunftsweisende Erziehung aus!
  • Maggie ist und bleibt ein liebenswürdiger und goldiger Charakter, doch manchmal schießt sie einfach übers Ziel hinaus. Ihr Verhalten gegenüber der sichtlich schockierten und mitgenommenen Babysitterin Stacy war schon krass und wurde auch etwas merkwürdig damit erklärt, dass sie Merediths Kinder ins Herz geschlossen hat und große Angst um sie hat. Hier waren aber die Szenen mit jeweils Nathan und Meredith großartig, die sich beide liebevoll um Maggie gekümmert haben.
  • Warum alle Ärzte am Krankenwagen antanzen müssen, um ihre Hilfe anzubieten, ist für mich nicht wirklich nachzuvollziehen. Es ist zwar eine nette Geste, aber haben die nie von der Redensart "Zu viele Köche verderben den Brei" gehört?
  • Ben ist also wieder Anästhesist – gegen den Willen von Bailey, da er so um seine Bestrafung herumkommt und somit sie als Chefärztin umgeht. Für Ben ist es natürlich der perfekte Kompromiss, für Bailey ist es erneut ein Vertrauensbruch. Das Highlight war hier die Freundschaft von Jackson und Ben, die für einige Lacher sorgen konnte.
  • Jacksons und Aprils neugefundener Friede ist zwar deutlich brüchig, aber die beiden geben ihr Bestes, sich respektvoll zu behandeln und nähern sich so immer weiter an. Genau so soll es bleiben!

Fazit

So langsam biegen wir in die Zielgerade der zwölften Staffel ein und während sich bei den meisten Konflikten, die diese Staffel hervorgebracht hat, so langsam Friede eingeschlichen hat, spitzt sich die Lage sowohl bei Callie und Arizona als auch bei Ben und Bailey weiter zu und ich bin gespannt, wie man diese Konflikte auflösen wird. Enttäuscht hat mich wieder mal Owen, doch seine Offenbarung macht mich neugierig, ob es doch noch zur Versöhnung mit Nathan kommen wird. Ansonsten bin ich vollends überzeugt von dieser Episode und war insbesondere begeistert von Amelia, Meredith und Stephanie.

Lux H. - myFanbase

Die Serie "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" ansehen:


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