Bewertung

Review: #4.18 Letzte Chancen mit Schuss

Foto: Copyright: 2013 Fox Broadcasting Co.; Adam Rose/FOX
© 2013 Fox Broadcasting Co.; Adam Rose/FOX

Nach dieser Folge von "Glee" heißt es erstmal durchatmen und nachdenken. Durchatmen aufgrund der sehr vielen intensiven Szenen und dem Thema, mit dem sich die Folge befasst. Nachdenken, ob die Umsetzung geglückt ist und welche Emotionen man nun empfindet. Es war keine leichte Kost und der Weg, den die Macher hier gegangen sind, war mutig und am Ende sehr erfolgreich.

"I haven't seen this level of overreaction since Janet Jackson showed her saggy fun bag at the Super Bowl."

Es geschieht aus dem Nichts. Es ist eine Szene, wie jede andere und doch stockt einem der Atem. Man hört nichts mehr, man ist schockiert und es überkommen einen unglaublich viele Emotionen auf einmal. Was ein Schuss, bzw. zwei Schüsse so alles anrichten können. "Glee" setzt sich in dieser Folge mit sehr vielen Sachen auseinander, doch im Grunde will man damit auf Amokläufe an Schulen anspielen. Der Ausgang ist hier kein katastrophaler. Im Gegenteil, denn jeder kommt körperlich unbeschadet davon. Was den seelischen Schaden angeht, kann man es gar nicht sagen und das wird man auch nie beantworten können, denn in einem Menschen, der einen Amoklauf überstanden hat, wird man sich nie hineinversetzen können. Und doch schaffen die Macher hier eine großartige Umsetzung. Nicht nur, was die Schüler in der Schule angeht, auch die Schüler außerhalb.

Wie bereits erwähnt, es kam aus dem Nichts. Die Kids versammeln sich im Proberaum und hören auf einmal zwei Schüsse. Will und Coach Beiste verbarrikadieren den Raum, versuchen alle Schüler in Sicherheit zu bringen und kümmern sich um sie. Die Kids sind selbstverständlich alle in Panik, brechen in Tränen aus und haben furchtbare Angst. Und genau diese Angst überträgt sich auch auf den Zuschauer. Man selbst ist schockiert, man fühlt mit den Kids und man kann selbst kaum atmen. Doch im Gegensatz zu den Schülern haben wir einen Vorteil, denn wir wissen, dass Brittany sich gerade auf der Toilette befindet und sich nicht bewegen kann. Wir sehen ihre Tränen runterlaufen und spüren ihre enorme Angst. Wir sehen auch Marleys Mutter, die in Sicherheit ist, die SMS-Nachrichten ihrer Tochter aber nicht beantworten kann und wir sehen auch, dass Tina nicht in der Schule, sondern in Sicherheit ist. Und obwohl man dieses Wissen besitzt, leidet man mit den Kids. Sam geht einem dabei besonders zu Herzen, denn er möchte seine Brittany nur in Sicherheit wissen. Dabei ist ihm egal, ob er sich in Gefahr begibt. Es sind nur ein paar Minuten in einer "Glee"-Episode, die mitreißend sind und besonders dank der Darsteller realistisch wirken. Man kann sich nicht in sie hineinversetzen und doch spiegeln sie ihre Angst nach außen, sodass man zumindest für ein paar Minuten mitbekommt, wie schlimm die Situation ist.

Das Beste an der Umsetzung dieser Situation war die Dauer. Die Schüsse und alles was danach passierte, dauerte nicht die gesamte Episode an. Man hat weiterhin andere Themen, mit denen man konfrontiert wird und plötzlich tauchen diese Schüsse aus dem Nichts auf, sodass man aus der Bahn geworfen wird. Genau so, wie es im wahren Leben passieren kann. Es kommt aus dem Nichts, man ist darauf nicht vorbereitet, man kann nichts tun oder es verhindern. Damit haben die Macher den Punkt getroffen und man könnte nicht dankbarer sein. Dasselbe trifft auf die Minuten nach den Schüssen zu. Es ging nicht lange und doch war es enorm ergreifend und intensiv. Es waren die kleinen Botschaften der Kids, es war das Metronom, das ständig im Hintergrund den Takt vorgegeben hat und gezeigt hat, dass zwar die Zeit weitergeht, obwohl es einem vorkommt, als würde sie still stehen. Diese Umsetzung ist ausgesprochen gut geglückt und damit haben die Autoren gezeigt, dass sie ernste Themen dramaturgisch außerordentlich gut lösen können. Es gab bisher wohl kaum eine "Glee"-Episode, die die Spannung für eine so lange Zeitspanne so hoch halten konnte. Man hat mitgefiebert und sich gewünscht, dass es vorbei ist.

Das war es dann auch und mit dem weiteren Verlauf hätte wohl niemand rechnen können. Sue nimmt die Schuld auf sich und muss die Schule verlassen. Ihr Handeln ist verständlich und nachvollziehbar und hier kann man nur sagen: Hut ab! Die Autoren haben hier bewiesen, was wirklich in Sue steckt und dass sie tatsächlich ein gutes Herz besitzt. Sie liebt ihre Schüler und würde alles für sie tun, um ihnen zu helfen. Ihr Einsatz ist sehr nobel und ihre Entscheidung wird wahrscheinlich für gespaltene Meinungen sorgen. Zum einen wird es Menschen geben, die sagen, dass sie Becky niemals verteidigen hätte sollen. Und es wird die Meinungen geben, die Sue gegenüber Respekt aussprechen. Sie beschützt ihre Schülerin und verteidigt sie. Wenn man Beckys Verhalten in der Episode verfolgt hat, so war vorhersehbar, dass sie hinter den Schüssen steckt. Natürlich wusste man nicht, wie es soweit kam und was dahinter steckt, doch die Auflösung ist gut geglückt. Zum einen haben wir hier eine Schülerin, die überfordert ist. Ihr ist alles zuviel, sie hat Angst vor der Zukunft, weiß nicht, wie es nach der Schule weitergehen soll. Es wird mit Sicherheit nicht einen Schüler geben, der nicht so empfindet, wie sie. Jeder hat Angst vor der Zukunft und dies kann manche Schüler schon an ihre Grenzen bringen. Becky sucht Schutz, sucht Sicherheit und glaubt die in einer Waffe zu finden. Ihr Handeln sorgt dafür, dass sie selbst sofort bereut, was sie getan hat. Sie hat Angst, ist verzweifelt und Sue fängt sie in diesem Moment auf, macht ihr Mut und verhält sich wie ein Mensch, der dieses Kind liebt und nicht möchte, dass ihr noch mehr zustößt. Ein unfassbar schöner Moment der beiden, der für Gänsehaut sorgt, auch wenn man die Wahrheit kennt. Zum anderen handelt es sich hier um einen Menschen, der selbst mit dem Down-Syndrom konfrontiert wurde. Sues Schwester hatte das Down-Syndrom und auch Sues Tochter hat das Down-Syndrom. Sue weiß, wie schwer es Becky an der Schule haben muss und dies erklärt ihr Verhalten noch sehr viel mehr. Es wird deutlich, dass Sue ein sehr großes Herz hat und im Nachhinein ist es schade, dass sie dafür bezahlen muss. Zumindest hat sie Will angedeutet, dass es sich um Becky handelt und vielleicht bedeutet das ja noch nicht das Ende von Sues Karriere. Hier stellt sich natürlich die Frage, wie es denn jetzt mit ihr weitergeht. Dasselbe trifft auf Becky zu. Man darf gespannt sein. Tatsache ist, dass der gesamte Handlungsstrang realistisch dargestellt war, unerwartet kam und eine emotionale Achterbahnfahrt bedeutet hat. Hierfür gibt es beide Daumen nach oben!

"She's funny, she's smart, she totally gets me, but I figured she lived halfway across the country or something and I'd have to steal my mom's Volvo for a spring break roadie to God-knows-where just to meet her."

Neben diesem Handlungsstrang befasst sich diese Episode mit Ryder und seiner Online-Bekanntschaft. Er steigert sich immer mehr in die Situation hinein und sieht plötzlich in einem Mädchen seine Vertraute. Zugegebenermaßen ist die Auflösung dieser Story wirklich gemein. Ryder wird hinters Licht geführt und das wünscht man sich für ihn nicht. Zumal Marissa auch noch ein sehr sympathisches und süßes Mädchen ist, mit dem man sich Ryder sehr gut hätte vorstellen können. Hinzu kommt seine Performance von "Your Song", die sehr gelungen ist. Hier hat die Chemie gepasst und irgendwie wären die beiden ein schönes Paar. Doch leider ist Marissa nicht diejenige und es verbirgt sich jemand ganz anderes dahinter. Zuerst hätte man annehmen können, dass diese Person auch hinter den Schüssen steckt, doch spätestens, als das Handy im Proberaum geklingelt hat, wusste man, dass es jemand sein muss, der sich im Raum befindet. Alles läuft auf Wade heraus, doch ob es am Ende tatsächlich Wade ist, wird nicht aufgelöst. Es stellt sich die Frage, wo dieser Handlungsstrang noch hinführen soll und wieso er nicht aufgelöst wurde. Ryder und die Zuschauer müssen sich hier wohl noch ein wenig gedulden. Das könnte einerseits bedeuten, dass hier noch mehr dahinter steckt oder dass es sich um gar keine große Story handelt. Manchmal rettet sich "Glee" ja bei solchen Handlungssträngen damit, dass sie einfach beiseite gelegt werden. Aber abwarten.

"I stopped singing to Lord Tubbington out of protest when he joined the KKKK, which is the Ku Klux Klan for Kats."

Eine weitere Handlung betrachtet Brittany und ihre Beziehung zu Lord Tubbington. Im Grunde hat man hier nichts Sinnvolles gesehen und dass Brittany nicht die Schlauste ist, wissen wir auch. Deshalb kann man über diese Szenen mit einem Schmunzeln hinwegsehen und dafür die schöne Wiedervereinigung von Sam und Brittany betonen. Als die beiden sich in die Arme gefallen sind, ist einem selbst tatsächlich ein Stein vom Herzen gefallen. So muss das am Ende sein. Zuvor bekommt man noch eine sehr schöne Darbietung von "More Than Words" zu sehen. Dies ist wohl eines meiner absoluten Lieblingslieder und hier war die Enttäuschung, dass nach so viel Gänsehaut plötzlich Lord Tubbington vor einem sitzt, groß. Aber gut, das ist nun einmal Brittany und damit kommt man entweder zurecht oder nicht. Dafür konnte die Performance am Ende der Folge noch einiges herausreißen, denn der Song hat vom Text her sehr gut zur Folge gepasst und der Glee-Club vereint hat dann doch für Aufatmen gesorgt.

"That Tubbington-Bopp's getting close to Earth, and if it hits we're all gonna be deader than a bunch of baby chickens fighting a dachshund."

Ein Ereignis, das zwar thematisch seinen Platz in der Episode gefunden hat, konnte nicht ganz überzeugen. Coach Beiste beichtet Will ihre Gefühle und dass sie mit ihm zusammen sein möchte. Im Grunde war vorhersehbar, dass dies irgendwann kommt. Die beiden waren sich immer nahe und Will war für Coach Beiste immer eine Stütze. Doch dass dies ausgerechnet jetzt und in dieser Folge passieren musste, wirkt einfach zu gezwungen. Zum einen, weil man Coach Beiste seit sehr vielen Folgen gar nicht gesehen hat und zum anderen, weil ihre Worte genau dann gesagt werden, wenn es vom Thema her passt. Das machte die Sache zunichte und auch die Auflösung war dann nicht zufriedenstellend. Denn es ist klar, dass Will und Emma Pillsbury zusammen sind und Coach Beiste niemals mit Will enden wird. Dass man diese "Beziehung" hier nur kurz aufgreift, um sie dann wieder fallen zu lassen, ist enttäuschend, ganz einfach, weil Coach Beiste mehr verdient hat.

Ein weiteres Pärchen, dessen Beziehung in vorherigen Episoden für Aufschrei gesorgt hat, sind Blaine und Tina. Doch in dieser Folge spielt man nicht auf Liebesgefühle an, sondern hebt die besondere Freundschaft zwischen den beiden hervor. Beide machen sich Sorgen umeinander, sind froh, sich wieder im Arm halten zu dürfen und zeigen ihre besondere Verbindung auf eine Art und Weise, die einen als Zuschauer sehr berührt. Hier haben die Autoren alles richtig gemacht, denn man kann nach diesem Erlebnis in der Folge schließlich doch noch aufatmen und sogar mit den beiden lachen.

Fazit

Diese Folge von "Glee" war anders und das ist auch gut so. Wie aus dem Nichts wird man mit einem Thema konfrontiert, das einen schockiert zurücklässt, emotional sehr mitnimmt und eine Umsetzung findet, der man nur zustimmen kann. Es bleiben einige Fragen zurück, die eine interessante Entwicklung mit sich bringen könnten und am Ende kann man sagen, dass diese Folge nicht so leicht zu vergessen ist und immer etwas Besonders sein wird.

Alex Olejnik - myFanbase

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