Bewertung

Review: #1.08 Spinner brauchen auch Freundinnen

Der Titel dieser Folge "Weirdos Need Girlfriends Too" ist sicherlich die schönste, prägnanteste und ausdrucksstärkste Folgenbezeichnung der bisherigen ersten Staffel und passend dazu ist auch die dazugehörige Folge die momentan stärkste, rundeste und schlichtweg perfekteste Folge, die die Serie bisher gemacht hat. Beide erzählten Storylines glänzen mit so viel schrägen, herzlichen und wunderbar geschliffenen und tollem Humor, ohne dabei aber auch zu vergessen die Charakterentwicklung überzeugend voranzutreiben. Dazu ist Gaststar Chris O'Dowd noch für eine der witzigsten Momente der jüngeren Fernsehgeschichte verantwortlich und die Folge lehrt einen dann auch noch, dass es vielleicht nicht ganz so witzig ist, wenn man seine Freundin in der Dusche anpinkelt. Waren die vorherigen Folgen schon alle durchweg ganz starkes Fernsehen, erreicht die Serie nun ihren ganz eigenen Höhepunkt. Großartig!

"Fuck you!"

Nachdem die eigenartige und sich zudem größtenteils im Schlafzimmer Adams abspielende Beziehung zwischen Hannah und Adam in der letzten Folge einen Schritt nach vorne gemacht hat, bekommen wir in dieser Folge ausführlich den Beziehungsalltag der Beiden geschildert und es wird deutlich, dass die Beiden jetzt wirklich versuchen eine normale Zweierbeziehung zu führen, die sich nicht nur rein um den Geschlechtsakt dreht. So gehen die Beiden zusammen laufen, schauen sind Kindheitsvideos an und versuchen einander in das Leben des jeweils anderen zu integrieren. Ganz normal ist diese Beziehung natürlich trotzdem nicht, hat man es hier doch immer noch mit Adam und Hannah zu tun. Doch dies macht gerade diesen Reiz dieser außergewöhnlich, auf einer bestimmten Ebene irgendwie doch sehr gut funktionierenden Beziehung aus. Interessant ist zunächst aber auch, dass man nun endlich mal mehr von Adams Alltagsleben erfährt und ihn nun wohl auch öfters außerhalb seines Apartments und in Interaktionen mit den anderen Charakteren erlebt. So verhält er sich Marnie gegenüber äußerst süß, indem er versucht ihr über ihren Beziehungsschmerz hinwegzuhelfen und erweist sich dabei als besserer Ansprechpartner als Hannah, die sich mal wieder mehr um ihre eigenen Problemlagen und ihr eigenes Leben kümmert, als ihrer besten Freundin in ihrer schweren Phase des Kummers wirklich beizustehen. Doch mit dieser leicht egozentrischen Grundhaltung muss man sich wohl langsam einfach abfinden.

Dann begleitet man Hannah und Adam noch zu einer Probe von dessen Theaterstück und wird Zeuge eines extrem schrägen, aber auch irgendwie faszinierenden und äußerst minimalistischen Zwei-Mann-Stückes, in dem Adam Erlebnisse aus seiner Kindheit und Jugend nacherzählt. Das ist sehr explizit und wird von Adam Driver auf seine ganz eigene spezielle Art und Weise gespielt und ist damit eines der vielen kleinen Highlights dieser Folge. Die erzählerische Struktur der Erlebnisse von Hannah und Adam ist auch ganz interessant: So wird in der ersten Hälfte der Folge die Beziehung als etwas komplett Perfektes dargestellt: Hier scheinen sich zwei Seelenverwandte gefunden zu haben, die sich perfekt ergänzen. In der zweiten Hälfte offenbaren sich hingegen wieder die zahlreichen schrägen Eigenarten Adams: So will er nicht mehr weiter an dem Theaterstück teilnehmen, weil sein Partner einen Satz nicht richtig und überzeugend interpretiert und rastet danach Hannah gegenüber noch komplett aus. Doch der schrägste aller Adam-Momente, der aber gleichzeitig über ein enormes komödiantisches Potenzial verfügt ist die Szene, in der er beginnt Hannah in der Dusche anzupinkeln. Diese Szene ist gleichermaßen verstörend, wie auch unglaublich lustig, da Adam dies für einen richtig gelungenen Witz hält und Hannah aber beginnt vollkommen auszurasten. Diese Art von Humor muss man natürlich mögen. Ich persönlich fand die Szene ganz wunderbar und eine der abstrusesten und lustigsten Momente der ersten Staffel, die bisher nur von einem Moment getoppt werden konnte, der sich auch in dieser Folge befindet. Trotz all dieser Wahnwitzigkeiten Adams gewinnt man ihn trotzdem immer lieber und beginnt seine ganze direkte und schonungslose Art immer mehr wertzuschätzen. Für mich ist er der stärkste und gleichermaßen auch sympathischste Charakter der Serie. Wie wunderbar er sein kann zeigt dann die letzte Szene der Folge, in der er sich auf seine ganz eigene Art und Weise bei Hannah entschuldigt und eine ganze Wand mit kleinen Zetteln beklebt, auf denen "Sorry" steht. Man kann da nur zu gut verstehen, warum ihm Hannah dann all seine kleinen Eskapaden verzeiht. Witzig rührend und schräg: Dieser komplett auf Hannah und Adam konzentrierte Storystrang ist schlichtweg glänzend erzählt.

"I wanna be part of the group"

Während Hannah und Adam in ihrem ganz eigenen Mikrokosmos verweilen, kommen sich Marnie und Jessa auf ganz verschiedenen Ebenen näher. So war Jessa eigentlich mit Hannah verabredet, die in ihrem ganzen Adam-Chaos die Verabredung aber komplett vergessen hat und so verbringt Jessa den Tag dann mit Marnie. Die Beiden kennen sich schon seit Jahren, haben in dieser Zeit aber nicht wirklich eine innige Freundschaft aufgebaut und standen sich eher distanziert gegenüber, was auch daran liegt, dass Jessa und Marnie von ihrem Personentyp auch recht unterschiedlich angelegt sind: Einerseits ist da die perfektionistische, etwas verklemmte Marnie und andererseits die so in den Tag hinein lebenden, extrem offene und gnadenlos direkte Jessa, die sich um gesellschaftliche Konventionen nicht groß kümmert. Diese beiden Frauenfiguren miteinander direkt zu konfrontieren ist generell eine sehr gute Idee, die schließlich auch wunderbar umgesetzt wird. Die Beiden ergänzen sich auch gerade wegen ihrer Unterschiedlichkeit außerordentlich gut und für Marnie, die sich in einer Phase des Trennungsschmerzes und Unglücks über Charlies neue Freundin befindet, tut einer Person wie Jessa gerade gut. Und so gibt es in dieser Folge einige schöne Momente zwischen den Beiden und Jessa bringt Marnie dann auch tatsächlich dazu etwas lockerer zu werden.

Der Kern dieses Handlungsstrangs ist schließlich aber die Begegnung mit dem Geschäftsmann Thomas-John, der die Beiden Frauen zu sich nach Hause einlädt, wo die Serie dann auch auf komödiantischer Ebene zu absoluter Hochform aufläuft. Alles was in Thomas-Johns Apartment geschieht, von der Präsentation seiner Mashups, bis zu dem Punkt, wo Marnie und Jenna beginnen wild miteinander rumzumachen, ist grandios geschrieben und inszeniert. Jetzt schon legendär der Moment, in der Jenna und Marnie sich selbstverloren küssen und John irgendwie versucht auch in dieses Liebesspiel integriert zu werden und damit aber keinen wirklichen Erfolg hat, was dazu führt, dass er irgendwann komplett ausrastet und auf sein Recht pocht auch endlich mal beachtet zu werden. Gaststar Chris O'Dowd dominiert diese Szene und sorgt dafür, dass man aus dem Lachen kaum noch herauskommt. Aber auch Jessas wunderbar britische Garstigkeit und Marnies Versuch höfflich zu blieben sorgen dafür, dass man es hier mit der bisher komödiantisch gelungensten Szene zu tun hat, die auch beim wiederholten Mal schauen, immer noch sehr gut funktioniert. Marnie und Jessa sind in dieser Folge einfach ein Traumteam und man beginnt sich schon fast zu fragen, warum eigentlich Hannah Marnies beste Freundin ist und nicht Jessa.

Fazit

Erstmals hat sich die Serie mit dieser folge die Höchstpunktzahl verdient: Nie war "Girls" witziger, gnadenloser, aber auch rührender, als in dieser Folge. Sei es die Schilderungen des Alltagslebens von Hannah und Adam, inklusive wunderschön romantischer Schlussszene oder die Eskapaden von Jessa und Marnie, die sich immer weiter in einen komödiantischen Rausch steigern: Hier stimmt eigentlich alles!

Moritz Stock - myFanbase

Die Serie "Girls" ansehen:

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