Review: #3.10 Tausend kleine Wunder

In "Tausend kleine Wunder" wird das Thema der weiteren Ausbildung der Charaktere nach dem mittlerweile ja bevorstehenden Highschool-Ende erstmals akut und man verlässt Capeside, um sich für ein Wochenende die Universität anzusehen.

Das, was dabei herauskam, ist allerdings leider sehr ernüchternd, da wir neben kategorischer Desillusionierung ferner spärliche Versuche erleben, ersteres wieder gerade zu rücken, nur damit am Ende neue Charaktere eingeführt werden, die - wie der Zufall es so will - alle zur gleichen Zeit im gleichen Zug sitzen.

Woran Dawsons Teil ganz klar leidet, ist die Zusammenhangslosigkeit: Dass Dawson sich beim Filmfestival der Universität ausgerechnet mit seinem Hexenfilm bewirbt, verwundert doch sehr. Was ist aus seinem zweiten Film in der zweiten Staffel geworden, der doch weit mehr Handlung beinhaltet? Verwunderlich ist auch, dass der Universitätsbesuch am Anfang der Episode als schon fast selbstverständlich angesehen wird, obwohl nichts in den letzten Episoden darauf hindeutete. Und so kommt, was kommen musste: Dawsons Film floppt, die Krise ist perfekt. Und da wäre noch diese geheimnisvolle Mitstreiterin, Nikki, die erst als Assistentin arbeitet, dann Mitbewerberin ist und am Ende auch noch gerade dann nach Capeside reist.

Was ist mit Joey? Dawson und Joey verstehen sich auf einmal wieder und wir wissen nicht, wie es dazu kam, geschweige denn, wie genau sie zueinander stehen. Ist Joeys Verzweifelung, dass Dawson ein Näherkommen abblockt, auf einmal wieder verschwunden?

Vorprogrammiert ist auch sein Verhältnis zu Nikki. Gemäß der alten TV-Weisheit "Gegensätze ziehen sich an", macht da auch diese Episode keine Ausnahme und es gelingt den Autoren auch trotz des Verwirrspiels um ihre Rolle an der Uni nicht, die Berechenbarkeit in irgendeiner Weise auszuschalten. Spätestens seit Eve sollte man da doch weitergelernt haben.

Annähernd besser ist da zumindestens der Joey-Teil. Mit A.J. tritt jemand neues in ihr Leben ein, so wie Pacey es schon in "Four to Tango" fast vorhergesehen hatte. Es fragt sich, ob uns diese neue Konstellation noch weiter beschäftigen soll, doch ansonsten wirkt dieser Handlungsstrang insgesamt auch sehr konstruiert. Nach einem Schlechtmachen von Joey durch eine pseudo-intellektuelle Diskussion mit Standard-Argumenten, kommt der Wendepunkt doch ziemlich überraschend, nur weil Joey äussert, dass sie lieber die positiven Seiten sehen wollte. Als hätte A.J. vorher etwas anderes verstanden und hätte sie deshalb schlecht gemacht. Nun mögen Kritiker der Serie sagen, dass die Diskussion um das Buch "Little Women" mit den Parallelen zur Serie durchaus plausibel sein mag. Aber braucht diese Serie diese Diskussion? Muss sie sich ihr stellen? Dass sie das indirekt macht, ist irgendwie bedenklich.

Auch nicht überzeugend ist Andies Teil der Handlung. Der Bildungswahn hat sie wieder ergriffen, doch wir müssen uns die Frage stellen, was denn aus der Andie wurde, die beim Qualifikationstest schummelte? Auch das große Theater darum, dass sie kein vorzeitiges Aufnahmegespräch führen kann, wirkt wenig plausibel.

Wäre da nur noch noch Jack: Dieser entzieht sich dem Universitäts-Wirrwarr und versucht vielmehr daran anzuknüpfen, was er schon in der letzten Episode zu ergründen versuchte: Seine Homosexualität. Wieder einmal erfolglos, doch immerhin Fortschritte. Doch was macht man, wenn man Jack nicht dauerhaft an der Uni bleiben lassen kann? Richtig, man holt einen neuen Charakter nach Capeside. Diese Konstellation, dieser große Zufall, soll dann wieder herunterreissen, was an sich noch ein Vorankommen dargestellt hätte.

Am Ende bleibt die Frage: Was wollten uns die Autoren damit sagen? Mal abgesehen von der seltsamen Herleitung bishin zum äusserst zufallsbeladenem Ende, beinhaltet diese Episode einen auf sich selbst gerichteten destruktiven Zynismus, der absolut fehl am Platze ist. Dawson und seine Illusionen halten der 'realen' Welt nicht stand, Joeys Lieblingsbuch, Inbegriff ihres Charakters, wird 'intellektuell' verrissen. Wenn das ein Vorgeschmack auf die Zeit nach dem Highschool-Abschluss darstellen soll, sei den Produzenten der Serie hiermit nahegelegt, die Serie dann vorzeitig zu beenden. Dawson's Creek zeichnete sich stets durch gesunde Selbstkritik aus, die den fiktionalen Charakter der Serie desöfteren betonte, aber diese Fiktion nicht kaputtmachte. Die Universitätsepisode hätte viel besser herhalten können, dass man z.B. hinterfragte, wie denn das Verhältnis zwischen Dawson und Joey dann wohl weitergehen würde. Würden sie auf verschiedene Colleges gehen und wie wäre das überhaupt?

Statt tausend kleinen Wundern erleben wir mit dieser Episode eine einzige Katastrophe. Die Ziellosigkeit scheint aber auch daher zu rühren, dass man an der Episode kurzfristig noch einiges änderte. So heißt es noch im US-Trailer, der stets eine Woche vor der Erstausstrahlung veröffentlicht wird, dass Dawson und Joey ihr Verhältnis neu definieren würden, wobei ein Dialog gezeigt wird, wo es um die neuen Bekanntschaften an der Uni geht - eine Szene, die es nicht bis zur Endfassung schaffte - leider.

Malte Kirchner

Die Serie "Dawson's Creek" ansehen:

myFanbase integriert in diesem Artikel Links zu Partnerprogrammen (bspw. Amazon, Apple TV, WOW, RTL+ oder Joyn). Kommt es nach dem Aufruf dieser Links zu qualifizierten Käufen der Produkte, erhält myFanbase eine Provision. Damit unterstützt ihr unsere redaktionelle Arbeit. Welche Cookies dabei gesetzt werden und welche Daten die jeweiligen Partner dabei verarbeiten, erfahrt ihr in unserer Datenschutzerklärung.


Vorherige Review:
#3.09 Tango für vier
Alle ReviewsNächste Review:
#3.11 Barfuß in Capeside

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier oder in unserem Forum mit anderen Fans von "Dawson's Creek" über die Folge #3.10 Tausend kleine Wunder diskutieren.