Bewertung

Review: #5.11 Geständnisse

Die Lüge. Dieser Begriff wird definiert als absichtsvolles Sagen der Unwahrheit und steht im Zentrum der elften Folge "Breaking Bad", die weiterhin mit großer Wucht in Richtung Serienfinale treibt und einen auch in dieser Folge mit unglaublichen Entwicklungen konfrontiert, die einen schier sprachlos machen. Intensiv, mitreißend und in dieser Folge auch zu Tränen rührend: Die Qualität von "Breaking Bad" bleibt auf einem extrem hohen Niveau und begeistert von Woche zu Woche immer nur noch mehr.

"I think you wanna talk"

Die letzte Folge endete mit einem fiesen Cliffhanger, bei dem einen das Gefühl beschlich, dass Jesse nun endgültig am Ende ist und gegenüber Hank auspacken wird. Doch wie so oft in diesem Serienkosmos kommt es dann doch anders: Jesse blockt gegenüber Hank vollständig ab, sein Hass auf ihn überzieht alle anderen möglichen Gefühle und so steckt Hank auch in dieser Hinsicht in einer Sackgasse. Jesse schlägt sich also nicht auf Hanks Seite und wird recht schnell durch den gewieften Saul Godman wieder aus dem Gefängnis geholt. Hank kommt momentan einfach nicht weiter und Walt ist ihm schlussendlich immer einen Schritt voraus. Eine zentrale und in ihrer Inszenierung und audiovisuellen Gestaltung brillante Szene ist die, in dem mexikanischen Schnellrestaurant, in der brutale Spannung und der immer wieder bei „Breaking Bad“ durchschimmernde geniale Witz eine perfekte Einheit bilden. Die Fronten bestehend aus Hank und Marie einerseits und Walt und Skyler andererseits treffen hier aufeinander und es wird schnell deutlich, wie verhärtet die Fronten sind und wie wenig beide Seiten insgeheim Bereit sind aufeinander zuzugehen. Highlight dieser Szene war sicherlich Maries Frage an Walter, warum er sich nicht einfach umbringt, um den Ganzen endlich ein Ende zu setzen. Eine durchaus berechtigte, wenig abwägende Frage, die Walt aber mit aller Wahrscheinlichkeit nicht berücksichtigen wird. Das Ende dieses vor Anspannung nur so überschäumenden Gesprächs setzt dann Walt, in dem er Hank eine CD mit einem irgendwie gearteten Geständnis überreicht, welches dann zur nächsten Szene führt, die eine schier unglaubliche Wendung einläutet.

"This is my confession"

Walt hat die Profession des Lügens immer weiter perfektioniert und hat in dieser Folge endgültig die höchste Stufe der manipulativen Grausamkeit erreicht, in dem er ein Video fabriziert, in dem er all die Geschehnisse der Vergangenheit und all seine Taten Hank in die Schuhe schiebt und in Zusammenarbeit mit Skyler (!) ein Geständnisvideo fabriziert, in dem all seine gnadenlose soziopathische Grausamkeit überdeutlich zu Tage tritt. Gleichzetig treibt er Hank damit immer weiter in die Enge und spätestens durch dieses Videos hat Walt zu diesem Zeitpunkt endgültig die Oberhand gewonnen, auch deshalb, weil das ganze Lügengerüst so ungemein plausibel wirkt und Hank schwer dagegen angehen kann, wurde doch seine Therapie damals unbewusst mit Walts Drogengeld finanziert. Hank wußte davon zwar in Wahrheit nichts, hat Marie doch das Geld angekommen, doch jetzt in diesem Kontext ist es ein grausamer Rückschlag. Wie sehr diese Entwicklung auch die Beziehung zwischen Walt und Marie beeinflussen wird, wird sich zeigen, doch Walt hat nun alle Triumphe in der Hand und sabotiert gleichzeitig die Beziehung zwischen Hank und Marie, währenddessen er und Skyler ein immer besser zusammenarbeitendes Gespann bilden. Die Entwicklungen rund um das Videos unterstrichen abermals die Brillanz dieser Serie und die Fähigkeit der Autoren es zu schaffen, einen immer wieder und wieder zu überraschen und sprachlos werden zu lassen.

"What's there for you now?"

Die letzte zentrale Entwicklung in dieser Folge drehte sich um Jesses Zukunft und seine Beziehung zu Walt, die nun vollständig zu zerbrechen droht. In der wahrscheinlich besten, emotional aufwühlendsten Szene der ganzen fünften Staffel konfrontiert Jesse Walt endlich direkt mit seinen vielen Lügen und Manipulationen. Er spricht das aus, was sich wohl fast jeder Zuschauer schon länger denkt: Das Walt ein manipulativer Egomane ist, dem nichts heilig ist. Jesse spricht sich frei, scheint sich von seiner Vaterfigur Walt lösen zu können, konfrontiert ihn auch mit Mikes Tod, um dann schließlich aber doch wieder in seinen Armen zu landen. Jesse größte persönliche Schwäche ist sein unbändiges Verlangen nach einer Vaterfigur, die ihn einfach mal in den Arm nimmt, die ehrlich zu ihm ist und der er vertrauen kann. Walter weiß das und nutzte dies auch schon öfters auch. In dieser Folge stellt sich aber tatsächlich die Frage, ob Walts Umarmung und seine Rede darüber, dass Jesse einfach verschwinden soll, um ein schönes Leben zu haben, tatsächlich nur eines von Walts Spielchen ist oder ob ihm schlussendlich doch viel an Jesse liegt. Die Meinung, die ihr vertreten wird, geht von Zweiterem aus. So sehr Walt auch ein Soziopath, Lügner und gnadenloser Manipulator ist, an Jesse liegt ihm etwas. Jesse ist ihm trotz allem wichtig. Walt hätte Jesse auch einfach in der Wüste erledigen können, doch das tut er gerade nicht: Er kann ihn nicht töten. Die emotionale Bindung zu ihm ist schier zu stark.

Die finale Wendung der Folge stellt dann aber nochmal alles auf den Kopf: Zunächst entscheidet sich Jesse dafür Walts Rat zu befolgen und ein neues Leben unter neuem Namen in einem neuen, fern entlegenen Ort zu führen: Mit Sauls Hilfe wird ihm die Möglichkeit geboten nach Alaska zu gehen. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse und werden etwas konfus. Kurz bevor Jesse von einem Mittelmann von Saul abgeholt wird, realisiert er, was damals wirklich im Zusammenhang mit der Vergiftung von Brock geschehen ist. Durch einen kleinen Zufall merkt er, dass Saul und Walt es tatsächlich waren, die für die Vergiftung verantwortlich waren. Jesse wirft dann seine Fluchtpläne über den Haufen und gerät einen Vergeltungsrausch, schlägt Saul blutig, schnappt sich einen Benzinkanister und stürmt damit in Walts Haus. Währenddessen besorgt sich Walt, der von Saul über Jesses Zustand informiert wurde, eine Waffe und die Folge endet mit einem brutalen Cliffhanger. Die ambivalente Figurenkonstellation, das Verhältnis wie die Figuren zueinander stehen, dreht sich nochmal. Hat Walt Jesse zunächst noch mit seiner väterlichen Vertrautheit und Fürsorge umstimmen können, wird dies jetzt nochmal sehr sehr schwierig. Jesse ist auf Vergeltung aus und der Zuschauer erlebt nicht nur einen Aaron Paul, der in dieser Folge wieder neue Maßstäbe setzt, sondern auch eine Serie, die immer explosiver wird und in der die Charaktere alle auf ihre Weise immer weiter auf den Abgrund zusteuern.

Fazit

Diese Folge überzeugte vor allem durch drei ungemein starke, perfekt durchkomponierte Einzelszenen und einen schier sprachlos werden lassende Entwicklungen. Ganz großes Fernsehen.

Moritz Stock - myFanbase

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