Bewertung

Review: #4.03 Edward Mordrake (1)

Foto: Wes Bentley, American Horror Story: Freak Show - Copyright: Michael Becker/FX
Wes Bentley, American Horror Story: Freak Show
© Michael Becker/FX

Halloween ist und bleibt der Lieblingsfeiertag von "American Horror Story". Nach #1.04/#1.05 Halloween in Staffel 1, #2.02 Süßes und Saures in Staffel 2 und #3.04 Die Toten werden auferstehen in Staffel 3 widmet sich nun der Zweiteiler #4.03/#4.04 Edward Mordrake dem schaurigsten aller Feiertage und webt bei dieser Gelegenheit noch eine pseudohistorische Legende rund um den berüchtigten Edward Mordrake ein. Dieser englische Genosse lebte im 19. Jahrhundert und besaß angeblich ein zweites Gesicht auf seinem Hinterkopf, das ihm dämonische Gedanken einflüsterte und ihn schließlich in den Wahnsinn bzw. in den Tod trieb. Das Motiv der Dualität zieht sich damit weiterhin wie ein roter Faden durch die Staffel und verleiht der Geschichte bisher die nötige Kohärenz, doch dafür fehlt es dieser Folge an Elan und Spannung. Gibt es dieses Jahr also Süßes – oder Saures?

In the land of gods and monsters, I was an angel / Living in the garden of evil / Screwed up, scared, doing anything that I needed / Shining like a fiery beacon

Besonderes Augenmerk wird in dieser Episode auf Ethel Darling gelegt, gespielt von einer wie immer bestens aufgelegten Kathy Bates (höchst irritierend ist nur ihr völlig unzuordbarer Akzent), deren turbulente Vergangenheit mal eben im Gespräch mit dem Geist eines toten englischen Lords aufgearbeitet wird. Ethels Hintergrundgeschichte – ihre Karriere als Bärtige Dame, ihr Aufeinandertreffen mit Dell, ihr Aufstieg und Fall als Zirkusdarstellerin, bis hin zur grauenhaften Geschichte über die zur Schau gestellte Geburt Jimmys – verleiht ihr die nötigen Konturen, gleichzeitig fragt man sich als Zuschauer aber, inwieweit man nun sein Interesse in diese Figur stecken soll, wenn klar ist, dass sie nicht mehr lange zu leben hat. Ethels Schicksal mag hart und grausam sein, doch nach drei Episoden ist man noch nicht so weit, hier wirklich mitzufiebern – vor allem nicht, wenn man nicht weiß, ob sich dies überhaupt lohnt.

Ethels Todesurteil sorgt storytechnisch gesehen aber für zwei wichtige Aspekte: Zum einen werden ihre Beweggründe deutlich, ihre Sorgen imminent. Es geht ihr einzig und allein um das Wohl ihres Sohnes Jimmy und das, was sie für ihn tun kann, bevor sie stirbt. Zum anderen führt es dazu, dass Ethel mit ihrer Vergangenheit und den Personen darin reinen Tisch machen will, angefangen mit Dell. Die gemeinsamen Szenen zwischen Ethel und Dell zählen zu den stärksten der Folge, denn trotz allem Zwiespalt, aller Gemeinheit und aller Enttäuschung verbindet diese zwei Personen eine Vergangenheit, die nicht so einfach zu leugnen ist, und natürlich ihr gemeinsamer Sohn.

Bei Dell wird klar, dass dessen Aggression und sein Streben nach Macht vor allem in einem begründet sind: Impotenz. Dell ist zwar der berüchtigte Starke Mann, scheint jedoch ein Problem unten herum zu haben, das nicht nur Ethel bekannt ist, sondern auch Desiree zur Verzweiflung treibt. In seiner Scham tickt Dell sogleich aus und greift Desiree brutal an, was diese ihrer Reaktion nach zu urteilen jedoch schon gewohnt ist. Dell und Desiree sind also definitiv alles andere als ein glückliches Pärchen und es wird sich zeigen, welche Richtung diese Problematik einschlagen wird.

When you talk, it's like a movie and you're makin' me crazy / 'Cause life imitates art / If I get a little prettier, can I be your baby? / You tell me, "Life isn't that hard."

Jimmy verkommt unterdessen so ein bisschen zum klischeehaften Rebellen, der sich gegen die Obrigkeit in Form der Polizei auflehnen will, und gleichzeitig von inneren Vorwürfen ob seiner Unfähigkeit geplagt ist, seine Schäfchen (genauergesagt Mr. Meep) zu beschützen. So wirklich komplex mag der Charakter dabei aber leider noch nicht erscheinen. Zu dieser Klischeehaftigkeit trägt die Ankunft von Maggie Esmeralda leider nur noch bei, denn dass sich zwischen Jimmy und Maggie eine Liebesgeschichte anbahnen wird, ist bereits nach den ersten zehn Sekunden so klar wie Maggies Kristallkugel.

Mit der Ankunft von Maggie Esmeralda – und ihrem Komplizen Stanley – ist die Riege der Hauptcharaktere nun komplett und man fragt sich, wie "American Horror Story" diese Masse an Charakteren unter Dach und Fach bringen will. Bereits jetzt zeichnet sich das Problem ab, dass die Charakterzeichnung der Haupt-(und Neben-)charaktere auf der Strecke bleibt, eben weil es davon zu viele gibt (Staffel 3 lässt grüßen). Bedenkt man zudem noch, dass die Serie mit fast der Hälfte ihrer Charaktere Antagonisten mit zerstörerischen Motiven aufgestellt hat – Esmeralda und Stanley wollen ein neues Ausstellungsstück fürs Freak-Museum, Dandy will mit Twisty Leute killen, Dell und Desiree führen ebenfalls etwas im Schilde, nicht zu vergessen die Intrigenspinnerei von Elsa, Bette und Dot –, dann hat man als Zuschauer zwangsläufig irgendwann niemanden mehr, dessen Wohlbefinden einem am Herz liegt.

You got that medicine I need / Fame, liquor, love, give it to me slowly / Put your hands on my waist, do it softly / Me and God we don't get along, so now I see...

Genau das passiert auch mit Elsa, deren Sympathiekurve seit dem Staffelauftakt steil bergab gegangen ist. Die Sorge um das Wohl ihrer Zirkusfamilie ist verpufft (zumindest für Mr. Meep hat sie keine Träne vergossen), stattdessen hat sie die Wiederbelebung ihrer Bühnenkarriere zu ihrem einzigen Ziel erklärt, dem sie alles unterordnet. Nachdem Elsa in der letzten Episode schon dafür sorgte, dass Bette und Dot sich gegenseitig ausstechen, indem sie Bette ein Messer unterjubelte, lässt sie sich nun von der vermeintlichen Wahrsagerin Maggie einsäuseln, ihr sei großer Erfolg vorherbestimmt. Elsa ist dem Wahn nach Ruhm nun völlig verfallen und so ist zu befürchten, dass diesen Charakter ein ähnliches Schicksal ereilen wird wie Fiona in Staffel 3, die sich in ihrer Jagd nach der Ewigen Jugend verlor: Elsa ist auf dem besten Weg, eine völlig eindimensionale Figur zu bleiben, die nur noch von einem einzigen egozentrischen Ziel angetrieben wird – für den Zuschauer alles andere als reizvoll.

Wo überhaupt bleibt der Reiz bei dieser Episode? Während bei einigen Charakteren spannende Einblicke geboten wurden (Ethel, Dell), geht bei den meisten Figuren nicht wirklich etwas voran (Bette, Dot, Dandy) bzw. sie bewegen sich beängstigend schnell in Richtung Eindimensionalität (Elsa, Jimmy). "American Horror Story" hat schon jetzt Probleme, die Überfülle an Hauptcharakteren unter einen Hut zu bringen und dabei gleichzeitig noch eine ordentliche Portion Horror zu liefern. Denn auch wenn Halloween sämtliche Monsterclowns auf die Zuschauer losgelassen hat und mit dem Geist Edward Mordrakes sich auch erstmals wieder ein übernatürliches Element in die Story eingeschlichen hat, war diesmal nur wenig wirklich gruselig und spannend. Der erste Teil dieses Halloween-Zweiteilers ist daher eher sauer als süß.

Maria Gruber - myFanbase

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