Bewertung

Review: #20.04 Baby Can I Hold You

Ich habe eine Theorie zu Jessica Capshaws Gastauftritt und ich glaube, ziemlich richtig damit zu liegen. Schließlich haben wir im Laufe der Serie nicht nur eine, sondern mehrere Neonatalchirurginnen kennengelernt, die uns mit ihren bahnbrechenden Methoden in ihren Bann gezogen haben. Eine davon hat sich als mittlerweile gewohntes Bild der letzten Staffeln etabliert und durfte immer wieder große Momente erleben, Teil wichtiger Storylines sein und war gleichzeitig mehr oder weniger in die vorhandenen Geschichten um sie herum eingespannt. Lange Rede, kurzer Sinn: ich vermute, dass eigentlich Kate Walsh alias Addison uns wieder in dieser Folge beehren sollte, nicht Arizona. Ansonsten kann ich mir nicht erklären, was genau der Sinn dieses hochgehypten Gastauftritts war, wenn Arizona nicht noch in einer weiteren Folge dieser Staffel erscheint. Wir erfahren nichts Neues über sie, nichts über ihr Liebes- und Familienleben, allein Nicole Herman wird kurz erwähnt - gerade Callie-Arizona-Shipper müsste das alles ziemlich wütend stimmen. Darüber hinaus interagiert Arizona im Grunde genommen lediglich mit Bailey. Sämtliche ihrer anderen prägenden Beziehungen (wie unter anderem mit Teddy oder Webber, meinetwegen auch Carina) werden ausgeklammert. Während Addison bei ihrer Rückkehr auf die Veränderungen in Seattle reagieren durfte und sich noch mal mit Dereks Tod konfrontiert sah, werden sämtliche Entwicklungen, von denen Arizona, wäre sie in Seattle geblieben, direkt betroffen gewesen wäre (wie beispielsweise Andrews Tod), in dieser Folge ignoriert. Letztlich passt ihre Storyline (bahnbrechender Fall + Bailey den Kopf waschen) so haargenau zu der Funktion, die Addison in den letzten Staffeln hatte, dass ich nicht umhinkomme, meine Vermutung weiter bestätigt zu sehen. So schön es ist, Jessica Capshaw wiederzusehen, so verschenkt halte ich ihren Gastauftritt.

Das ändert nichts daran, dass ich den Fall ungemein spannend und ihre Szenen mit Bailey berührend fand. Zwar musste Amelia den Hauptanteil der Operation übernehmen (genau wie zuletzt bei den Forschungen, für die Meredith das Lob eingesackt hat), doch war es endlich mal ein medizinisches Wunder, Magie zum Mitfiebern, wie wir es schon länger nicht mehr in dieser Serie sehen durften. Magie ist ein gutes Stichwort: Letztlich befindet sich Bailey immer noch an der Kreuzung, an der wir sie vor zwei Folgen zurückgelassen haben und an welcher sie weiter sich mit ihren Lehrmethoden konfrontiert sieht. Die Magie, die Arizona den Anfänger:innen vermitteln möchte und die auch Bailey wieder spürt, will jedoch nicht wirklich überspringen. Mehr denn je wirken die Anfänger:innen egozentrisch, auf sich bezogen und nur an der eigenen Rückkehr in den OP interessiert - was sicherlich auch den Verhören mit den Anwält:innen des Krankenhauses liegt, die die fünf ganz schön in die Mangel nehmen und gegeneinander aufstacheln. Der Twist, dass die jungen Ärzt:innen nun einander dabei helfen müssen, um ihre Logbücher auszufüllen, bevor überhaupt eine:r von ihnen wieder in den OP zurückdarf, könnte dabei entweder der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt oder vielleicht endlich das Element, was sie wieder miteinander versöhnt.

Grundsätzlich stehen Annäherungen jedweder Art im Fokus dieser Folge, kleinere wie größere und tatsächlich sogar auch zwischen den Anfänger:innen. Mit Jules' charmantem, aber unüberlegten und egoistischen Bruder Doug übt die Serie nicht nur scharfe Kritik an Wellness-Influencer:innen (danke hier vor allem an Owen), sondern bringt dadurch Jules und Mika einander wieder näher, die sich so über ihre verantwortungslosen Brüder austauschen können. Jules hat in letzter Zeit etwas von ihrem ursprünglich positiven Eindruck eingebüßt, was sie jedoch in ihrem energischen Umgang mit Doug wieder wettmachen konnte. Es ist allerdings irgendwo verständlich, immerhin hätte sie fast ihre wahre Familie, Maxine, verloren und muss sich jetzt damit rumschlagen, dass deren Sohn ihr ihren Status als Bevollmächtigte für Maxines medizinische Versorgung streitig machen möchte. Auch Blue ist ebenfalls noch mehr als mitgenommen von diesem Fall, was ihn daran hindert, selbstständig und unbeaufsichtigt medizinische Eingriffe auszuüben. Diese verletzliche Seite bei Blue kommt in letzter Zeit immer häufiger zum Vorschein und macht ihn dadurch weiter sympathischer. Wenn er und Jules sich nun endlich wieder versöhnen und ein tatsächliches Paar werden würden, wäre ich noch begeisterter von dieser Storyline.

Zwischen Simone und Lucas kommt es zwar zu einem Gespräch, doch in diesem wird einmal mehr deutlich, wie dekonstruktiv und schwierig ihre Beziehung geworden ist. Dass Lucas grundsätzlich das Herz auf dem rechten Fleck hat, wissen wir, und ich freue mich, dass er es zumindest zum Ende dieser Folge etwas beweisen konnte. Ich habe mich natürlich auch sehr gefreut, dass ich recht hatte und der gute Skywalker bei seiner Tante eingezogen ist, wo er natürlich ähnliches Chaos wie zuvor verbreitet. Irgendwie fehlt mir Lucas die Entscheidung der Autor:innen, dass er sich entwickeln darf - trotz seiner ADHS-Diagnose scheint sich weder sein Verhalten in seinem Privatleben noch im Beruf spürbar zu verbessern. Immerhin bleibt Amelia recht gnädig und gelassen, obwohl sie jeden Grund zum Ausrasten hätte. Vielleicht hilft ihr auch Monicas Verständnis für den Stress, unter dem Anfänger:innen stehen, doch vielleicht erinnert sie Lucas einmal mehr an sich selbst. Die letzte gemeinsame Szene der beiden hätte auch in vielen Staffeln von "Private Practice" spielen können, nur steht sie an der Stelle, an der früher Addison stand und Lucas scheint ihren Platz eingenommen zu haben. Das unterstreicht einmal mehr ihre eigene Entwicklung und hebt das Potenzial von Lucas hervor, der weiter mit sich und seinem Erbe hadert. Bei Amelia und Monica bin ich mir jedoch immer noch unsicher, was ich von der aufkeimenden Sympathie zwischen den beiden halten soll. Dafür geht man mir hier zu sehr den bekannten Weg, wie neue Love Interests eingeführt werden vor, den ich in meiner vorherigen Review bereits aufgezeigt habe.

Klein, aber fein ist auch die Annäherung zwischen Teddy und Webber, die beide mehr (Webber) oder weniger (Teddy) freiwillig nicht operieren. Mit Winston als strengem Aufpasser und Links linkischer (tut mir leid) Assistenz darf die Storyline "Teddy-will-zurück-in-den-OP" mit feinsinnigen wie lustigen Momenten auffahren und sorgt durch Teddys Verständnis und Freundschaftserklärung an Webber auch für emotionale Highlights. Statt darüber sauer zu sein, doch noch nicht wieder als OP-tauglich erklärt werden zu können, steht Teddy lieber dem verunsicherten Webber bei, der sich seit seinem Beinah-Rückfall wieder etwas berappeln muss. Es war schon immer ein kleines Kunststück dieser Serie, zwei recht voneinander getrennte Storylines zu kombinieren und dadurch Nähe zwischen den Figuren herzustellen; ich bin froh, dass man sich in dieser Episode wieder an dieses Kunststück erinnert hat.

Fazit

Welche Punktzahl gibt man einer Folge, die einerseits die stärkste dieser Staffel darstellt, gleichzeitig aber in ihrer größten Storyline versagt? Neben starken Charaktermomenten, Annäherungen zwischen den Figuren, spannenden Patient:innenfällen und sogar einem (letzten?) Verweis auf die Ereignisse in "Seattle Firefighters" (Gute Besserung, Ben!), bietet die Folge eigentlich alles, was das Fanherz begehrt. Doch die Storyline um die Anfänger:innen zieht sich und nimmt auch den heiß ersehnten Auftritt von Jessica Capshaw in Beschlag. Somit bleibt es leider nur bei sechs Punkten, jedoch mit einer guten Tendenz nach oben.

Lux H. - myFanbase

Die Serie "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" ansehen:


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