Bewertung

Review: #20.05 Never Felt So Alone

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Nach einem sehr dramatischen Trailer samt Content Warning (und die gab es bei "Grey's Anatomy" echt noch nicht oft) und den wild aufkeimenden Gerüchten und Mutmaßungen aus Fankreisen muss ich gestehen, dass ich etwas zwiegespalten bin. Einerseits bin ich echt froh, dass #20.05 Never Felt So Alone letzten Endes dann doch recht glimpflich abgelaufen ist und kein Charakter sterben musste. Andererseits hätte das im Idealfall zumindest dafür gesorgt, dass wieder etwas passiert und sich die Serie aus ihrem derzeitigen Mittelmaß befreit. Denn auch wenn diese Episode wieder gute Charaktermomente aufbringen konnte – die richtigen Handlungsstränge wollen sich in dieser Staffel einfach nicht herauskristallisieren.

Die überraschendste Geschichte war wohl die Nachricht, dass Merediths Sohn Bailey im Krankenhaus ist. Seit Merediths Weggang von Seattle hat man logischerweise wenig von ihren Kindern gesehen, insofern war es ungewöhnlich, dass man sie nun für eine Storyline zurückbringt. Meine schnelle Erleichterung, dass es ja "nur" der Blinddarm ist, wurde verständlicherweise nicht von Meredith geteilt. Kein Wunder, immerhin ist sie seit Dereks Tod der einzige Elternteil, den die Kinder noch haben und auch wechselnde Beziehungen und das Zusammenleben mit ihren Schwestern ändert nichts an dem Fakt. Natürlich macht sie sich also Sorgen, will bei Bailey sein und kann nicht verstehen, wieso man ihr nicht sofort Bescheid gegeben hat. Der zweite Grund für ihre doch ungewöhnlich emotionale Reaktion hat bei mir kurz gebraucht: Derek. Genauer gesagt sein Tod, der nicht zuletzt auch auf falsche Behandlung zurückzuführen war. In der Geschichte der Serie hatten wir nicht nur einen Blinddarm-Fall, der böse danebengegangen ist und da hilft es nicht, dass Meredith sich als Chirurgin nur zu gut mit Behandlungsfehlern auskennt. Von dem her sei ihr ihr Verhalten Nick gegenüber verziehen, der eigentlich ja nichts falsch gemacht hat und mir in dem Moment echt leidtat, wie er von ihr mehr oder weniger vor die Tür gesetzt wird. Dass Meredith sich später für ihr Verhalten entschuldigt, und dies auch noch direkt in derselben Episode tut, das hat Seltenheitswert. Gleichzeitig zeigt es auch die Bedeutung auf, die sie ihrer Beziehung mit Nick beimisst. Das braucht es auch, denn nach wie vor ändert sich nichts daran, dass bei mir bei den beiden keine großen Gefühle aufkommen. Auf jeden Fall bin ich nicht traurig darüber, dass wir jetzt hauptsächlich Meredith alleine zu Gesicht bekommen.

Bei den Assistenzärzt*innen gab es emotionstechnisch allerdings über gar nichts zu klagen. Nachdem mich jetzt wochenlang entweder der eine oder die andere in einer Episode schrecklich genervt hat, konnten heute endlich mal wieder alle positiv überzeugen. Jules hat das getan, was mir schon seit einiger Zeit auf dem Herzen liegt, und hat Winston zurechtgewiesen. Danke dafür! Denn ehrlich, seine miese Laune und unhöfliche Umgangsweise im Krankenhaus war einfach unangebracht und nervig. Gilbert als Patient mit Angststörungen und einer Herzerkrankung vor seiner Operation so viel Zeitdruck zu machen und seine Coping-Strategie zu belächeln war alles andere als professionell. Trotzdem war es mutig von Jules, das ihrem Vorgesetzten so deutlich ins Gesicht zu sagen, vor allem, wenn sie Interesse an seiner Fachrichtung hat. Mit Erfolg, denn als Gilbert in den OP gerollt wird, war ich mir absolut sicher, dass es Jules sein würde, die ihm in diesem Moment der Panik Halt geben wird, nicht Winston. Es scheint bei ihm angekommen zu sein, dass es so nicht weitergehen kann. Sein Entschluss, erst einmal eine Pause zu machen und sein Privatleben samt Scheidungspapieren von Maggie in den Griff zu bekommen, ist daher der einzig richtige. Gut, dass Teddy wieder fit ist.

Der eigentliche Grund für die Warnung zu Beginn der Episode war jedoch ein Patient. Interessant war hier, dass man diese Storyline in "Grey's Anatomy" gezeigt hat und nicht in "Seattle Firefighters", wo so ein Suizidversuch auf einem hohen Gebäude doch viel passender wäre. Und so stehen nicht dafür ausgebildete Feuerwehrleute vor Eddie, sondern Simone und Blue, die mit der ganzen Situation sichtlich überfordert sind. Hut ab an Simone, die trotzdem das Ruder übernommen hat und ihr Bestes gab, um Eddie in ein Gespräch zu verwickeln - und das mit einer beeindruckenden Souveränität. Das Thema Suizid in Serien ist immer recht sensibel und gerade Eddies Geschichte war so mitten aus dem Leben gegriffen, dass sie wohl vielen zumindest zu Teilen bekannt vorkommt. Der Zweifel, ob man den richtigen Weg für sich gefunden hat. Das Scheitern an einem Punkt seiner Karriere, während alle anderen um einen herum problemlos klarzukommen scheinen (und in Sophias Fall, die hier ein wunderbares Gegenteil zu Eddie geliefert hat, sogar richtig darauf brennen, in den Beruf zu starten). Das Gefühl, sich als etwas auszugeben, was man nicht ist. Dass irgendetwas mit einem nicht stimmt. Auch Blue scheint sich damit identifizieren zu können. Nachdem er in letzter Zeit einige Dämpfer bekommen und etwas von seinem Selbstvertrauen verloren hat, frage ich mich, ob sein Kommentar, dass auch er sich an vielen Tagen nicht wie ein echter Arzt fühlt, nur als Brücke zu Eddie angedacht war, oder ob da mehr dahintersteckt. Simone hat sich ja auch extra nochmal als Gesprächspartner angeboten, auch wenn Blue das – wie nicht anders zu erwarten – abgelehnt hat. Was Simone angeht, so hat der Tag zumindest ein wenig optimistisch geendet. Das Aus-dem-Weg-Gehen, das sie und Lucas bisher betrieben haben, hat nicht viel hergegeben und war einfach nur anstrengend anzusehen. Umso schöner, dass nun ein erster Schritt getan scheint. Es kommt zwar immer noch zu keiner Aussprache, aber immerhin nähern sie sich einander wieder an. Im Gegensatz dazu liegt bei Mika und Taryn Ärger in der Luft. Und das, obwohl ich zu Beginn der Episode noch so begeistert war, sie zusammen in der Bar sitzen zu sehen. Aber auch diesen beiden ist wohl kein Glück gegönnt. Warum nur sollte Taryn Mika einen guten Fall verwehren?

Nachdem bei der Ausbildung der Assistenzärzt*innen durch Baileys Eingriffsliste der Fokus eindeutig auf der medizinischen Arbeit liegt, darf nicht vergessen werden, wie wichtig auch der persönliche Aspekt an der Arbeit mit Patient*innen ist. Das Einfühlungsvermögen, das Eingehen auf ihre Wünsche und Ängste, die Menschlichkeit inmitten von Labortests, Medizinjargon und Operationen. Die Anfänger standen in dieser Folge vielleicht nicht im OP, trotzdem haben sie einiges für ihren Beruf mitnehmen können.

Randnotizen:

  • Bilde ich mir das ein, oder bekommen wir Ben immer häufiger zu sehen? Bahnt man hier etwa Schritte an, um den Charakter nach Ende von "Seattle Firefighters" wieder zurück zur Mutterserie zu holen? Seine Szenen mit Bailey können auf jeden Fall immer überzeugen, von dem her sehr gerne.
  • Herrlich, wie Richard mal eben schnell Catherines Flugzeug herbestellt, um Meredith nach Boston zu bringen.
  • Kleines Highlight: Jo, die Filmabende als Zeitrechnung verwenden muss, um zu merken, dass sie zu spät dran ist. Herrlich. So amüsant chaotisch wie das auch war, bin ich doch erleichtert, dass Jo nicht schwanger ist. Schließlich steckt sie gerade mitten in ihrer Ausbildung und die beiden haben mit ihren zwei Kindern eh schon genug zu tun.

Fazit

Mit dieser Episode sind wir schon in der Mitte der 20. Staffel angekommen und man kann ein wenig Bilanz ziehen. Vorweg sei zu ihrer Verteidigung gesagt, dass es nicht einfach ist, in nur 10 Folgen sinnvolle und ausgeklügelte Storylines zu erzählen. Trotzdem tut sich die Serie gerade schwer. Dabei mangelt es nicht an vielversprechenden Momenten oder Charakteren mit Potential, nur werden diese nicht ordentlich in Handlungsstränge eingebunden und verpuffen so wie Feuerwerk am Himmel. Mal sehen, ob die zweite Hälfte mehr zu bieten hat.

Denise D. - myFanbase

Die Serie "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" ansehen:


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