Die besten Staffeln 2009/2010
Platz 3: Mad Men

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Aller guten Dinge sind drei, so auch beim AMC-Aushängeschild "Mad Men". Nach zwei herausragenden Staffeln, welche die Messlatte für die vergangene TV-Season enorm hoch gelegt hatten, wusste das Hitdrama rund um den talentierten Werbefachmann Don Draper auch im dritten Jahr der Ausstrahlung zu begeistern, und zwar Zuschauer und Kritiker gleichermaßen. Anstatt allerdings auf Nummer sicher zu gehen und lediglich das altbewährte Erfolgsrezept - eine unvergleichliche Optik gepaart mit akribisch ausgefeilten Dialogen und einer cleveren Einbettung des Geschehens in den historisch brisanten Kontext der 1960er - weiter auszuschlachten, bewiesen die Macher in puncto Handlung durchaus Mut zum Risiko. Und so kam es, dass im unübertroffenen Finale der 3. Staffel kein Stein auf dem anderen blieb und man als Zuschauer mit der wohligen Gewissheit, gerade Zeuge von etwas ganz Außergewöhnlichem geworden zu sein, in die qualvolle "Mad Men"-freie Zeit entlassen wurde. Grund genug, für die Serie auch heuer wieder einen Platz auf dem Treppchen in der Königsdisziplin unseres Jahresrückblicks zu reservieren.

Shut the door. Have a seat. Watch. Be impressed.

Wie schon an anderer Stelle im Detail beschrieben, stand die 3. Staffel größtenteils im Zeichen des turbulenten letzten Geschäftsjahres in der Geschichte von Sterling Cooper. Angefangen von der Übernahme durch den britischen Mitbewerber PPL bis hin zur Gründung einer völlig neuen Agentur, durften wir die verrückten Werbemänner und -frauen bei der Bewältigung zahlreicher beruflicher Herausforderungen beobachten. Dass diese sowohl aus fachlicher als auch aus unterhaltungstechnischer Perspektive überzeugen konnten, bewies einmal mehr, dass hoher Anspruch und erstklassiges Entertainment einander nicht zwangsläufig ausschließen müssen. Doch auch abseits der Büroräumlichkeiten mangelte es keineswegs an denkwürdigen Momenten, vor allem nicht im Hause Draper. Nach knapp drei Jahren, in denen uns die Ehe von Don und Betty wie kaum eine andere Beziehung in der TV-Landschaft bewegt hatte, erfuhr die von Anfang an hintergangene Vorstadthausfrau endlich die Wahrheit über die Identität und Vergangenheit ihres nach außen hin so perfekten Mannes. Obwohl man sich stets darüber im Klaren war, dass dieser Moment irgendwann kommen musste, traf einen die entsprechende Szene dennoch mit einer solch unerwarteten emotionalen Wucht, dass man kurzzeitig glatt aufs Atmen vergaß.

Auch wenn das Setting und die Optik einen mit Sicherheit nicht unwesentlichen Beitrag zum Erfolg von "Mad Men" leisten, so ist es im Grunde doch die großartige Charakterzeichnung, der die Serie ihren guten Ruf zu verdanken hat. Am deutlichsten offenbarte sich das Geschick der Autoren auch im letzten Jahr wieder beim Protagonisten Don Draper, dessen Entwicklung mehr denn je polarisierte. Egal, ob man ihn als Zuschauer für seine permanente Untreue und Selbstgefälligkeit verfluchte oder ihn für sein berufliches Engagement bewunderte: Kalt gelassen hat Don wohl niemanden vor dem Bildschirm. Mindestens genauso erwähnenswert ist jedoch die Tatsache, dass gleich drei der momentan faszinierendsten weiblichen Serienfiguren Teil von Matthew Weiners jüngstem Geniestreich sind. Vor dem Hintergrund einer noch in den Kinderschuhen steckenden Emanzipationsbewegung präsentierte er uns erneut drei höchst faszinierende Frauenschicksale, nämlich den harten Kampf um berufliche Gleichberechtigung (Peggy Olson), die Flucht aus einer unglücklichen Ehe (Betty Draper) sowie das verzweifelte Festhalten an einer solchen (Joan Harris).

Was die Nebencharaktere betrifft, ließe sich diese Lobeshymne in ähnlicher Manier fortsetzen. Erwähnt sei an diese Stelle die amüsant-tollpatschige Sekretärin Lois, die uns rechtzeitig zur Staffelmitte einen unvergesslichen WTF-Moment bescherte, oder aber Vorzeige-Ehefrau Trudy Campbell, die sich an Petes Seite zu einem unserer heimlichen Favoriten mauserte. Die größte Anerkennung gebührt den Schreiberlingen jedoch für ihre Errungenschaft in Bezug auf die junge Sally Draper. Hierbei gelang ihnen im Vorjahr etwas, das in der Serienwelt eine echte Rarität ist, und zwar die Zeichnung eines glaubhaften Kindercharakters. Daran scheiterten in der Vergangenheit nicht nur Serien, von denen man im Grunde genommen gar nichts anderes mehr erwartet hatte (gemeint ist natürlich das unerträgliche "One Tree Hill"-Balg Jamie), sondern auch qualitativ hochwertige Formate wie "Friday Night Lights", wo die ansonsten zu Recht angepriesene Authentizität im Falle des Riggins-Nachbarsjungen Bo leider auf der Strecke blieb. Sallys Geschichten - der Umgang mit ihrem Großvater und die Trauer nach dessen Tod, die anfänglichen Probleme mit dem neuen Geschwisterchen sowie die Reaktion auf die Trennung der Eltern - zeigten uns, dass es sehr wohl auch anders geht. Umso erfreulicher ist es, dass Kiernan Shipka für ihre beachtliche Leistung in den Hauptcast der 4. Staffel befördert wurde.

Zugegeben: "Mad Men" verlangt seinen Zuschauern einiges an Geduld ab, da sich die Genialität einzelner Storylines aufgrund des langsamen Erzähltempos und der sorgfältigen Aufbauarbeit oftmals erst im Nachhinein in vollem Ausmaß entfaltet. Wer sich jedoch darauf einlässt, beim Stichwort "Subtext" nicht schlagartig die Flucht ergreift und den unterschwelligen Witz, der sich mit Vorliebe in den Nebensätzen Roger Sterlings versteckt, zu schätzen weiß, wurde auch in der 3. Staffel reichlich belohnt. In diesem Sinne: Auf dass die nächsten drei Jahre den vergangenen in nichts nachstehen!

Willi S. - myFanbase

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