Die wichtigsten Serien von 2000 bis 2009: Drama

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Friday Night Lights (2006 bis heute)

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Um das Besondere von "Friday Night Lights" zu beschreiben, reicht eigentlich ein Wort: Authentizität. Das ist nicht unbedingt überraschend, wenn man bedenkt, dass die Serie auf einem Film basiert, der seinerseits von einem journalistisch-dokumentarischen Buch über den Weg eines amerikanischen High-School-Footballteams zum Finale der Landesmeisterschaft inspiriert wurde. Aber es ist für die heutige Serienlandschaft außergewöhnlich, mit welchen produktionstechnischen Besonderheiten dieser dokumentarische Stil erreicht wird: keine Studios, keine feststehenden Kameras, One-Take-Scenes, kaum Proben und viel Improvisation. Die Schauspieler sind nicht an den Wortlaut des Drehbuchs gebunden, sondern haben die Freiheit, die Dialoge so realitätsnah wie möglich zu gestalten, solange die entscheidenden Plot-Elemente erhalten bleiben. Denn das Drehbuch, bzw. die Entwicklung der Storylines sind mindestens ebenso ausschlaggebend für das authentische Portrait einer amerikanischen Kleinstadt, das die Serie abliefern will. Sämtliche Storys werden von den üblichen Klischees befreit oder, wie Hauptdarsteller Zach Gilford es ausdrückt, "FNLt", und auch wenn die Serie auf den ersten Blick wie ein typisches Teen-Drama erscheint, wird schon nach ein paar Folgen klar, dass es um weit mehr als High-School-Probleme geht. Es geht um Rassismus, Religion, Gewalt, Kriminalität und vor allem um die Gemeinschaft einer Stadt, die sich in einer Sache manifestiert: Football. "Friday Night Lights" stellt in einer außergewöhnlichen Originalität das Leben in einer texanischen Kleinstadt dar und schafft es durch eine authentische Erzählweise, den Zuschauer sofort in seinen Bann zu ziehen und auf unspektakuläre, aber nachhaltige Weise zu fesseln und zu berühren. | Lena Stadelmann

In Treatment (2008 bis heute)

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Das am 15. Februar 2010 erstmals im deutschen Free-TV anlaufende HBO-Drama um Psychotherapeut Paul Weston basiert auf der preisgekrönten israelischen Serie "BeTipul" und gehört allein durch seine außergewöhnliche raumzeitliche Struktur bereits zu den bemerkenswertesten Produktionen des letzten Jahrzehnts. Fünf Mal die Woche darf man als Zuschauer von "In Treatment" in Echtzeit präsentierten Therapiesitzungen beiwohnen, die allesamt fast ausschließlich in Pauls Büro stattfinden. Die Ausnahme bilden hierbei die Freitag-Sessions, in denen der Therapeut im Wohnzimmer seiner ehemaligen Mentorin Gina selbst zum Patienten wird. Diese sind gewissermaßen auch der Dreh- und Angelpunkt der Serie, denn sie gewähren einen tiefen Einblick in das komplizierte Seelenleben des neurotischen Therapeuten. Paul, der in seinem Beruf eigentlich wertfrei bleiben und als objektiver, außenstehender Beobachter fungieren sollte, kommt einfach nicht umhin, eine persönliche Beziehung zu seinen Patienten aufzubauen. Geplagt von Selbstzweifeln an seinen Fähigkeiten als Therapeut und frustriert von seinem eigenen, zunehmend auseinanderbrechenden Familienleben, darf Paul in seinen Sitzungen mit der umwerfend von Dianne Wiest gespielten Gina zur Abwechslung mal ganz er selbst sein und sich von seiner weniger besonnenen, einfühlsamen Seite zeigen. So lässt er seinen Emotionen freien Lauf, flucht, wütet, zickt und schmollt – tut also all das, was er im Beisein seiner Patienten unterdrücken muss. Diese Dualität der Hauptfigur, die von Gabriel Byrne ganz brillant verkörpert wird, macht den großen Reiz der Serie aus. Denn nichts ist spannender als die Dynamik zwischen Therapeut und Therapiertem zu beobachten, insbesondere wenn – wie im Fall von Paul und Gina – die Rollenverteilung nie so ganz klar ist und noch dazu derart viel Unausgesprochenes in der Luft liegt. So sind es auch nie die Leiden der Patienten selbst, die einen emotional am meisten berühren, sondern vielmehr die allmählich aufkeimende Vertrautheit zwischen Paul und seinen Gegenübern, die von Produzent und Drehbuchautor Rodrigo García, der schon bei den HBO-Serien "Six Feet Under" und "Carnivàle" seine talentierten Finger mit im Spiel hatte, auf ganz wundervolle, klischeefreie Weise inszeniert wird. Getragen von höchst vielschichtigen Hauptfiguren, die von einem durchweg herausragenden Cast zum Leben erweckt werden, sowie unwahrscheinlich fesselnden Dialogen, stellt das Kammerspiel in bisher zwei Staffeln somit nicht nur eine Charakterstudie der ganz besonderen Art dar, sondern wirft auch kritische Fragen hinsichtlich des Sinn und Zwecks gängiger psychotherapeutischer Methoden auf. Und zeigt darüber hinaus, dass es für eine mitreißende Serie keinerlei überflüssiges Drama, spektakulärer Cliffhanger oder überraschender Wendungen braucht. Es bedarf lediglich einer Couch voll Menschlichkeit. Mit all ihren Stärken und Schwächen. | Paulina Banaszek

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