Echoes - Review Miniserie

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Miniserie. Das reicht für mich inzwischen, um mein Interesse an einem neuen Format zu wecken. Natürlich darf man bei Netflix-Neustart "Echoes" nicht außer Acht lassen, dass auch der Cast ein unschlagbares Argument ist, da ich Stars wie Michelle Monaghan, Matt Bomer, Daniel Sunjata, Michael O'Neill, Celia Weston und all die anderen schon mehrfach in Film und Fernsehen gesehen habe. Dennoch hätte ich vermutlich auch reingeschaut, wenn es diesen Cast nicht gegeben hätte und es eine Produktion aus einem anderen Land gewesen wäre, denn mich reizt diese kurzweilige Format, das eine knackige Erzählweise erlaubt. Es kann dennoch experimentell zugehen, aber in einem klar abgesteckten Rahmen. Zwar ist "Echoes" am Ende so offen gestaltet, dass auch eine zweite Staffel problemlos möglich wäre, aber ich hoffe, dass hier Miniserie wirklich Miniserie bleibt und in der nachfolgenden Argumentation dürfte auch klar werden, warum.

Foto: Michelle Monaghan, Echoes - Copyright: 2022 Netflix, Inc.; Courtesy of Netflix
Michelle Monaghan, Echoes
© 2022 Netflix, Inc.; Courtesy of Netflix

Der Einstieg in die Miniserie gelingt gut, denn bis zu Episode 4 einschließlich erleben wir das Geschehen ausschließlich aus der Sicht von Zwilling Gina (Monaghan), zumindest wird sie uns unter diesem Namen vorgestellt. Zwar hat diese Erzählweise vermeintlich den Nachteil, dass man so nur ein bruchstückhaftes Bild vom Gesamtgeschehen hat, aber genau das hat hier anfänglich auch den Reiz für mich ausgemacht. Schon im Vorfeld des Serienstarts war die Grundprämisse verraten worden, dass die eineiigen Zwillinge immer ihre Rollen tauschen, deswegen ist das schon mal keine Überraschung. Aber wir stehen unmittelbar vor dem Geburtstag von Gina und Leni und das ist immer das magische Datum im Jahr, wo sie ihre Plätze tauschen. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Zwilling 1, mit der wir durch das Geschehen geleitet werden, nun beinahe ein ganzes Jahr in die Haut von Gina geschlüpft ist. Als Leni dann verschwunden gemeldet wird und sie gen Heimat aufbricht, um bei der Suche zu helfen, hat sie keinerlei Ahnung, was sie vor Ort erwartet. Zwar haben sich die Schwestern immer regelmäßig ausgetauscht, aber Gina muss schnell feststellen, dass sie nur Bruchstücke der Wahrheit kennt, denn es wartet eine böse Überraschung nach der nächsten auf sie. Genau das war der spannendste Anteil des Auftakts und dann auch noch in der zweiten Episode, denn wir entdecken gemeinsam mit Gina die ganzen Geheimnisse, die Leni aufgebaut hat. Überall taucht wieder etwas Neues auf, was die ersten Episoden definitiv zu einem wilden Ritt macht, denn ich wollte immer nur mehr über das Geschehen wissen.

Dennoch schlichen sich bereits zu Beginn gewisse Zweifel bei mir ein, denn es war früh betont worden, dass eigentlich nur die früh verstorbene Mutter Maria (Tyner Rushing) die Zwillinge auseinanderhalten konnte. Letztlich kommt noch heraus, dass auch Charlie Davenport, der Therapeut, der einer der Zwillinge geheiratet hat, immer genau wusste, wen er vor sich hat und das Spielchen mitgespielt hat, weil es ihn in seiner beruflichen Prägung fasziniert hat, aber was ist mit den anderen? Denn mit Jack Beck (Bomer), Schwester Claudia (Ali Stroker), Vater Victor (O'Neill) und Tochter Mattie (Gable Swanlund) gab es genug weitere Figuren, die eng an den Zwillingen sind, aber sie sollen bis zum bitteren Ende nichts gemerkt haben. Auch wenn nicht zu leugnen ist, dass Leni und Gina es natürlich meisterhaft beherrschen, in die jeweils andere zu schlüpfen, weil sie es bereits als Kinder kultiviert haben, so ist Gina, die zurückkehrt, um nach Leni zu suchen und dann zu Leni wird, um mehr herauszufinden, sich wahrlich dilettantisch stellenweise angestellt hat. Sie ließ sich immer noch mal erklären, jeder war irritiert, aber nicht eine*r hat in Betracht gezogen, das mal zu hinterfragen? Denn es ist doch jedem bekannt, dass es ein typisches Spielchen unter Zwillingen sein kann. Selbst die sehr clevere Sheriff Floss (Karen Robinson), der ich stetig zugetraut habe, dass sie längst alles durchschaut hat, soll es am Ende nicht glauben können. Das war mir vom Niveau her zu anspruchslos gestaltet, denn die Geschichte brauchte es, dass es keiner durchschaut, also wurden einfach mal alle Figuren dumm gemacht. Besonders deutlich wurde das bei Victor, der wirklich ein Händchen dafür hatte, die Zwillinge immer genau falsch herum zu vermuten, womit er es nur schlimmer gemacht hat. Die Handlung hat sich natürlich bedankt, denn den begriffsstutzigen Vater brauchte es eben, um alles in Gang zu bringen. Gab schließlich keine andere Möglichkeit…

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Mein hier deutlich ironisch werdender Ton verrät es wahrscheinlich schon, aber mit zunehmender Spieldauer wurden diese Gedanken immer übermächtiger. Während ich zunächst noch dachte, dass die Zwillinge aufgrund des ganzen Tauschens selbst nicht mehr wissen, wer eigentlich wer ist und das vielleicht diese Unfähigkeit aller um sie herum erklärt, so wird das mit #1.05 Gina aufgelöst, denn die beiden wissen schon sehr genau, wer wer ist und wie unterschiedlich sie dabei auch sind. Das macht den ganzen Rest aber noch unlogischer. Es steht für mich außer Frage, dass Monaghan diese Rolle fantastisch gemeistert hat, weil es ihr viel abverlangt hat, gerade wenn sie beide Schwestern in einer Szene darstellte. Dennoch war ich enttäuscht, dass das Drehbuch keine klareren Linien angeboten hat. Denn man hat zwar die 'Personen' Gina und Leni deutlich unterscheidbar gemacht, aber nicht die Schwester an sich, obwohl am Ende sichtbar wurde, dass sie völlig unterschiedlich sind. Während die eigentliche Gina diejenige ist, die das Tauschen irgendwann gar nicht mehr wollte und von ihrer Schwester eingeengt wurde und sich deswegen freischwimmen wollte, ist die andere die Kontrollierende, die Gefährliche. Aber wir erleben bei beiden Schwestern stets beides. Für die Verschleierung innerhalb der Serie war dieses Undurchdringliche sicher vorteilhaft, für die Charakterzeichnung dagegen nicht.

Foto: Michael O'Neill & Michelle Monaghan, Echoes - Copyright: 2022 Netflix, Inc.; Jackson Lee Davis/Netflix
Michael O'Neill & Michelle Monaghan, Echoes
© 2022 Netflix, Inc.; Jackson Lee Davis/Netflix

Mir persönlich ist #1.05 auch zu früh gekommen, weil es mit wirklich allem aufgeräumt hat. Dadurch war zwar vieles klarer, aber ich hätte mir die Mysterien lieber bis zum Ende erhofft. So ging es nach der Offenbarung, welche als Gina geboren wurde, nur noch darum, wie eben diese sich endlich befreit bekommt, um ein Leben nach ihren Vorstellungen zu leben. Hier wird es dann mehr wie ein Psychothriller, weil Leni immer mehr die Kontrolle verliert und dadurch gefährlich wird. Ein großes Geheimnis gibt es noch aufzudecken, das zwar vorher mit Erinnerungsfetzen angedeutet wurde, aber als es schließlich auf der Hand lag, war ich doch überrascht. Ich fand das Erlebnis an sich auch sinnig, aber hier hat mir wiederum gefehlt, dass es psychologisch nicht nachvollziehbar erklärt wurde. Vielleicht hätte man hier Charlie besser einbinden können. Was Leni angetrieben hat, das habe ich verstanden, aber ich habe nicht verstanden, wie das eine Erlebnis ihr Denken so extrem prägen konnte.

Foto: Karen Robinson & Michelle Monaghan, Echoes - Copyright: 2022 Netflix, Inc.; Jackson Lee Davis/Netflix
Karen Robinson & Michelle Monaghan, Echoes
© 2022 Netflix, Inc.; Jackson Lee Davis/Netflix

Neben der überdominanten Präsenz der Zwillinge hatten es die anderen Charaktere wirklich schwer. Am meisten in Erinnerung geblieben ist mir definitiv die bereits angesprochene Floss, die wirklich eine sehr coole und selbstbewusste Attitüde hatte, die auch nötig war, um ordentlich Chaos ins Geschehen zu bringen, denn sie hatte ihre Nase wirklich überall drin. Auch wenn sich hinterher gezeigt hat, dass sie oftmals im Dunkeln gestochert hat, aber sie hat sich so auch als hervorragender Spürhund herausgestellt. Ich habe wirklich alle Szenen mit ihr sehr genossen. Danach wird es aber schon sehr, sehr düster. Bomers Talent ist definitiv verschwendet worden, denn seine Rolle als Jack war völlig farblos. Auch die anderen Verwandten haben eben unter diesem Eindruck zu leiden, dass sie kaum Durchblick haben, denn gerade eine Claudia, die durch die Taten ihrer Schwester mit einer lebenslangen Behinderung zu leben hat, hatte definitiv auch eine Geschichte zu erzählen oder eben der Vater, der seine ganz eigenen Geheimnisse mit sich herum getragen ist. Bei Dylan James (Jonathan Tucker) wiederum war schade, dass er zunächst sehr brutal inszeniert wurde, der typische Bad Boy, um den man besser einen riesigen Bogen macht, aber letztlich war er einfach ein guter Kerl, dem Leni mit ihrem Wesen das Leben versaut hat. Es war hier nicht gerade günstig, dass das erst so spät klar geworden ist, weil man so seine guten Seiten gar nicht lange genug schätzen konnte. Schließlich haben wir auch noch Deputy Paula (Rosanny Zayas), die als Figur auch sehr austauschbar bleibt. Ihr Verhältnis zu Gina, die sich ihr als Leni genähert hat, damit wird vermehrt gearbeitet, aber es wird nicht dargelegt, wie diese Verbindung entstanden ist. Das ist sinnbildlich für einige Momente in der Serie, die dann auch die logischen Lücken stellenweise symbolisieren.

Fazit

Das Spiel mit Doppelrollen ist zunächst immer voller Potenzial, nicht nur für die betroffenen Schauspieler*innen, die in die Rollen schlüpfen dürfen, sondern auch für die Gestaltung der Serie. Dennoch muss man dieses Potenzial dann aber auch ausschöpfen, aber ich finde, dass "Echoes" das nur bis zu einem bestimmten Punkt geschafft hat. Es ging vielversprechend los, weil es Geheimnisse genug zum Entdecken gab, aber nach und nach schlichen sich logische Fehler ein und alles basierte nur darauf, wie einfältig die Mitmenschen sind. Diese Ausgestaltung der Serie war mir zu plump, denn so sind die meisten Figuren auch unterdurchschnittlich mir in Erinnerung geblieben. All das ist jammerschade, denn vom Papier her waren die Aussichten goldig glänzend.

Die Serie "Echoes" ansehen:

Lena Donth - myFanbase

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