Bewertung

Review: #8.22 Magische Momente

Foto: Sophia Bush, One Tree Hill - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Sophia Bush, One Tree Hill
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Vor etwa acht Monaten habe ich gedacht, ich würde an dieser Stelle schreiben: Das war also das großartige Serienfinale von "One Tree Hill"! Denn irgendwie waren die Erwartungen doch ziemlich hoch, nachdem die Autoren mit #4.21 Wege trennen sich und #6.24 Fast alle Träume werden wahr schon zweimal bewiesen haben, wie wunderbar sie diese Folgen aufbauen können. Und nachdem vor allem die siebte Staffel mit ihrer herrlichen Story- und Charakterentwicklung die Messlatte extrem hoch gesetzt hatte. Doch über diese acht Monate hat sich immer mehr die Befürchtung herauskristallisiert, die nun zur Tatsache wurde: leider ist diese Folge nicht das Serienfinale und leider war sie alles andere als großartig.

"After you go so far away from it, you can't really get it back. You can have seconds of it. Just seconds of knowing and remembering."

Dieses Zitat wird das einzige sein, das in dieser Review auftaucht und deshalb ist es für mich weniger eine Zwischenüberschrift als vielmehr die Überschrift für die ganze Review bzw. für die ganze Folge und zwar aus zwei Gründen: Zum einen fasst dieses Zitat (das übrigens aus dem Voice Over der Coda stammt) meine Meinung oder vielmehr mein Gefühl nach dem Schauen dieser Folge perfekt in Worte. Im Verlauf der achten Staffel wurden sowohl die Charaktere als auch die Storys so unglaublich belanglos und beliebig, dass irgendwann der Punkt kam, an dem man als Zuschauer schlichtweg aufhörte, sich für sie zu interessieren. Und wenn es erst einmal so weit gekommen ist, kann man nicht mit einer Folge plötzlich wieder den Schalter umlegen und eine geballte Ladung Emotion auf den Zuschauer abfeuern. Das hat weder bei Brookes Hochzeit, noch bei Lydias Geburt (meiner Meinung nach die einzigen, leider misslungenen Anstrengungsversuche der Autoren, das Ruder noch einmal herum zu reißen) funktioniert – und genauso wenig funktioniert es hier im Finale.

Es gab tatsächlich einige Sekunden, die es geschafft haben, mich zu fesseln und einen Hauch dieses "One Tree Hill"-Feelings zu vermitteln oder zumindest daran zu erinnern, was diese Serie in den früheren Staffeln so besonders gemacht hat. Dazu gehörte vor allem Nathans Besuch bei Dan, meiner Meinung nach der konkurrenzlos beste Moment der ganzen Folge. Viel zu kurz und dadurch zu oberflächlich, keine Frage, aber durch die ganze Vorgeschichte der Vater-Sohn-Beziehung und auch die in den vorangegangenen Staffeln schön erzählte Entwicklung zwischen Dan und Jamie entfaltete diese Szene eine bemerkenswerte Atmosphäre. Und gerade weil dieser Moment so extrem wirkt, fragt man sich zwangsläufig: warum wird aus Nathans Zerrissenheit gegenüber seinem Vater, aus seinem Wunsch, Dan im Leben seiner Kinder zu haben, nicht mehr gemacht? DAS wäre doch mal eine tatsächliche Storyline und etwas, worauf man seit dem Finale der vierten Staffel, spätestens aber seit #7.12 Manche Straßen führen nirgendwo hin wartet – eine tatsächliche Versöhnung von Dan und Nathan.

Ein weiterer schöner Moment war die Unterhaltung zwischen Mia und Chase, die einerseits durch Mias Erkenntnis, dass Chase zweifellos in Alex verliebt ist, einen gelungenen Schlusspunkt unter die seltsame Dreiecks-Beziehung setzte und andererseits erfrischend unerwartet verlief. Ich hatte nach Chases Entdeckung, dass Alex sich anderweitig vergnügt, eher damit gerechnet, dass es nun nach ewigem Hin und Her doch bei Mia und Chase bleiben wird und war sehr positiv überrascht über das offene, freundschaftliche Gespräch der beiden, das klar gemacht hat, wie viel sich beide weiterhin bedeuten, auch wenn sie kein Paar mehr sind. Was gab es sonst noch? Brooke, die Julian die Kritik zu seinem Film vorliest – für mich eine gelungene Reminiszenz an das Finale der letzten Staffel und in gewisser Weise auch an das der sechsten und die Szene, als Nathan Haley erzählt, dass er in der NBA ist. Julian, der seinen Söhnen sagt, dass ihre Mutter stark genug für sie alle ist. Und Jamie als Mini-Lucas auf der Brücke – auch wenn dieser Moment für mich aufgrund seiner Bedeutung eigentlich NUR ins Serienfinale gehört.

Tja, das wars dann auch schon an Positivem und um es noch einmal zu betonen: es waren nur einzelne Momente, die begeistern konnten, keine Storylines, keine Charakterentwicklungen, nichts Ganzes. Und genau das ist der zweite Grund, aus dem es keine Abschnitte und auch keine Zwischenüberschriften für die einzelnen Handlungsstränge gibt: die Folge war viel zu überfrachtet mit angerissenen Geschichten, als dass es tatsächliche Spannungsbögen gegeben hätte, die man klar definiert unterteilen und zu denen man mehr als zwei Sätze schreiben kann. Ganz zu schweigen von der Unmöglichkeit, auch nur halbwegs bedeutende Zitate als Überschriften für diese "Storys" zu finden... Die Wieder-Eröffnung von Karen's Café, Clays und Nathans Talentsuche, Brookes Schwangerschaft, Chase beim Militär, Mouth' und Millies Moderatorenzeug, Jamies Liebes- oder altersgemäß wohl eher Freundschaftskummer mit Madison – dieses Finale war (im Gegensatz zu den bereits erwähnten der vierten und sechsten Staffel) so unglaublich vollgestopft mit neuen Geschichten, dass ich mich wieder und wieder nur fragen kann, wieso man eine ganze Staffel lang quasi nichts zu erzählen hat und dann die Storys mit Potenzial mal eben im Zeitraffer ins Finale quetscht und ihnen damit jede emotionale Grundlage raubt.

Im Finale der vierten Staffel wurden Jamies Geburt und der Schulabschluss der Clique, der Aufbruch in einen neuen Lebensabschnitt so grandios zelebriert und inszeniert, genauso wie im Finale der sechsten Staffel die Geburt von Sawyer, Nathans erstes NBA-Spiel und Brookes Liebesgeständnis. Das Finale der achten Staffel hätte ähnliche Höhepunkte haben können, aber diese Möglichkeiten wurden so lieblos verschenkt, dass man sich wirklich fragt, ob Mark Schwahn (der wieder für Drehbuch und Regie verantwortlich zeichnete) überhaupt noch Lust auf das Ganze hat. Wie kann man so etwas Symbolträchtiges wie die Neu-Eröffnung von Karen's Café nur innerhalb von fünf Minuten mitten in der Folge abhandeln? Mithilfe eines unpersönlichen Fernsehinterviews und eines Zehn-Sekunden-Auftritts von Haley? Ohne Karen oder Lucas? "One Tree Hill" war immer so überzeugend, wenn es um wichtige Reden ging – wieso hält dann nicht Haley, für die dieses Café praktisch ihr zweites Zuhause war, die Eröffnungsrede? Und die Geburt von Brookes Zwillingen wird natürlich, passend zu der Hektik und Oberflächlichkeit der ganzen Folge, einfach komplett übersprungen... Diese unnötige Dramatik mit Brookes Sturz und der Frühgeburt ist für mich absolut unverständlich, vor allem wenn am Ende doch alles gut ausgeht.

Das schien das Problem der ganzen Folge zu sein: man wollte mit aller Macht noch irgendetwas Bedeutsames, Dramatisches einbringen, ohne aber die Zeit und (ich wiederhole mich) die Lust dafür zu haben. Ein paar bedeutungsvolle Zitate hier und da sind ohne einen funktionierenden Storyunterbau nur überladen und fehlplatziert. Große, symbolisch aufgeladene Momente wirken nur dann, wenn sie auch entsprechend inszeniert werden. Und ein Finale sollte idealerweise mehr als nur die letzten zwei Folgen abschließen.

Fazit

Es gab definitiv weitaus schlechtere Folgen in der achten Staffel als dieses Finale. Aber es gab auch so unglaublich viele deutlich bessere Folgen in der gesamten Serie. Eigentlich sollte diese Folge zu den acht besten zählen, denn ein Finale sollte immer herausstechen, immer etwas Besonderes sein. Und davon war das Finale der achten Staffel leider sehr weit entfernt. Was nun in der neunten Staffel, in nur 13 Folgen erzählt werden soll, nachdem alle ihr Happy End gefunden haben? Das weiß Mark Schwahn allein – oder zumindest hoffe ich, dass wenigstens er es weiß. Dass es wesentlich besser wird als alles, was uns in Staffel 8 geboten wurde. Und dass es nicht nur "seconds of remembering" sein werden, wie gut "One Tree Hill" einmal war.

Lena Stadelmann - myFanbase

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