Bewertung

Review: #3.13 Ein Mädchen, ein Wort!

Drei Tage vor der Ausstrahlung von #3.13 Little Bo Bleep gewann "Modern Family" erstmals einen Golden Globe als beste Comedy-Serie und setzte damit seinen bereits seit zweieinhalb Staffeln anhaltenden Erfolgskurs fort. Doch nicht jeder ging mit der Meinung der HFPA-Jury konform. Denn in den letzten Monaten musste die beliebte Sitcom selbst von Fans zunehmend Kritik einstecken, die an den Autoren offenbar nicht spurlos vorbeigegangen ist. So wurde bereits in den letzten beiden Folgen auf angenehm subtile Weise auf den Vorwurf zahlreicher Zuschauer eingegangen, dass Cameron und Mitchell sich permanent bloß zanken würden, indem man Mitchell in #3.11 Lifetime Supply zur Abwechslung mal selbst realisieren ließ, wie kindisch sein Streit mit Cameron war, und Gloria in #3.12 Egg Drop die so wahren Worte "That's how you know that your family loves you. When they feel free to scream at you." in den Mund legte. #3.13 Little Bo Bleep widmet sich nun wiederum – und zwar auf unheimlich clevere Art und Weise – einem anderen wunden Punkt der Serie, nämlich der von einigen als zu hysterisch, zu anstrengend und schlicht zu unsympathisch wahrgenommenen Claire.

"I just lost a debate in my living room and people think I'm unlikeable."

Allein die Tatsache, dass sich die Autoren diesem kontroversen Thema so selbstbewusst annehmen, indem sie Claires alles andere als einfache Art zum Dreh- und Angelpunkt der Folge machen, ist aller Ehren wert. Dass dies dann aber auch noch im Rahmen der als Storyline schon längst in Vergessenheit geratenen Wahlkampagne zum Stadtrat geschieht, erweist sich schon bald als derart genialer Schachzug, dass man Steven Levitan und Kollegen gar nicht mehr richtig böse sein kann, die Fortsetzung dieses vielversprechenden Handlungsstrangs so lange hinausgezögert zu haben. Denn schon in der perfekt orchestrierten Trainingsdebatte, bei der Claire von ihrer Familie eiskalt der Spiegel vorgehalten wird und all die Macken und Schwächen, die sie nach außen gerne mal unsympathisch wirken lassen, offen zur Sprache kommen ("Hands, lips, sarcasm, eye-rolling, wrong side of the face."), jagt eine Punchline die nächste. Als dann Duane Bailey (wesentlich unterhaltsamer als noch bei seinem letzten Auftritt in #3.05 Hit and Run: David Cross) in der eigentlichen Debatte auch noch das skandalträchtige Valentinstag-Debakel aus #2.14 Bixby's Back aus dem Ärmel zaubert, entwickelt sich der Dunphy-Plot endgültig zum Selbstläufer. Denn es ist einfach ein pures Vergnügen, zu beobachten, wie sich Claire auf dem Podium verzweifelt selbst zu zensieren versucht und dabei mit erhobenem Zeigefinger kläglich scheitert, während Phil sich bei seinen Erklärungsversuchen dreht und windet, dabei ganz genau weiß, dass er wohl besser die Klappe halten sollte, es für einen Rückzieher aber schon zu spät ist, und sich letztlich vor laufenden TV-Kameras so sehr um Kopf und Kragen redet, dass einem als Zuschauer Lachtränen in die Augen schießen. Dass irgendein "sick bastard" Phils Rede dann zu allem Überfluss auch noch durch Autotune jagt und ein wahnsinnig witziges youtube-Video daraus kreiert, das sich wie ein Lauffeuer im Internet verbreitet, bildet so eigentlich nur noch das absolute i-Tüpfelchen auf dem Sahnehäubchen dieser absolut grandiosen Storyline.

"I have two weaknesses: children cursing and old people rapping."

Als Namensgeber für die Folge fungiert letztlich jedoch die geringfügig schwächere Storyline um Lilys loses Mundwerk, welche im Vorfeld irrwitzigerweise für so einige Proteste bei prüden US-Zuschauern sorgte. Diese Entrüstung erweist sich spätestens dann als völlig lächerlich, als klar wird, dass Lilys neues Lieblingswort, das mit "f" beginnt und sich auf "duck", "luck" und "yuck" reimt, in der gesamten Folge kein einziges Mal unzensiert fällt, sondern vielmehr stets mit einem Piepton überblendet wird, so dass also auch die erst vier Jahre junge Aubrey Anderson-Emmons den Kraftausdruck bei den Dreharbeiten selbst nie aussprechen musste. Völlig unabhängig von dem vielen Lärm um Nichts war es schon längst überfällig, Lily endlich mal wieder etwas mehr in den Mittelpunkt zu stellen, nachdem sie in der dritten Staffel bislang kaum richtig präsent war. Und auch wenn man fluchende Kinder schon allzu oft im Fernsehen bewundern durfte, gelingt es "Modern Family" durch einen sich spektakulär darüber amüsierenden Cam und die Einbettung der Geschichte in eine wunderbar übertriebene Kitsch-Hochzeit samt Schlaganfall induzierendem Leuchtkleid für Blumenkind Lily, aus dem konventionellen Sitcom-Material das Beste herauszuholen und dem Zuschauer nicht nur bei der – zugegeben recht vorhersehbaren – Schlusspointe ein fettes Grinsen ins Gesicht zu zaubern.

"There's no such thing as doggy suicide."

Nicht ganz so gut funktioniert hingegen die an sich durchaus originelle Idee hinter der angeblich selbstmordgefährdeten Stella. Dies liegt aber weniger an der konkreten Umsetzung als schlichtweg daran, dass man Jay als Zuschauer einfach nicht so recht abkaufen will, dass Stella nicht schwimmen kann, und dementsprechend permanent vergebens auf die große Pointe wartet, in der sich das genaue Gegenteil herausstellt. Diese falschen Erwartungen hätte man mit einer nebenbei eingestreuten Erklärung, dass französische Bulldoggen sich aufgrund ihres Körperbaus tatsächlich sehr schwer damit tun, sich längere Zeit über Wasser zu halten, sicherlich senken können. So fällt die Auflösung der ganzen Geschichte letztendlich aber leider ein wenig flach. Wirklich enttäuscht ist man deswegen am Ende jedoch noch lange nicht, denn sind wir doch mal ehrlich: Drehbuch-Schwächen hin oder her, von der süßen Stella kann man einfach nie genug bekommen. Und wenn dann auch noch die für die anstehende Hochzeit aufgebrezelte Gloria vergeblich versucht, ihr auf absolut herrliche Weise den lebensgefährlichen Sprung in den Pool auszureden (" You're young! You still have so much more to smell!"), scheint jeglicher Punktabzug plötzlich völlig abwegig.

So sahnt #3.13 Little Bo Bleep im Großen und Ganzen also durch zwei starke und großartig miteinander verknüpfte Haupthandlungen, sehr hohen Niedlichkeitsfaktor im C-Plot sowie eine durchgehend sehr hohe Gagdichte mehr als verdient die Höchstwertung ab. Noch dazu beeindrucken die Autoren zum wiederholten Mal mit ihrem Mut, Kritik nicht völlig an sich abperlen zu lassen, sondern ihr vielmehr offensiv entgegen zu treten, und den zeternden Zungen unter den Zuschauern durch die explizite Thematisierung angeblicher Schwächen Paroli zu bieten. Und schon allein dafür ist die momentane Überlegenheit von "Modern Family" bei allen Preisverleihungen der TV-Welt zweifellos berechtigt – zumindest so lange "Parks and Recreation" und "Louie" es einfach nicht schaffen, sich in die Herzen der Juroren und somit auch den Kreis der Nominierten zu schleichen.

Paulina Banaszek - myFanbase

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