Bewertung

Review: #1.02 Was wollen Frauen?

Foto: January Jones & Jon Hamm, Mad Men - Copyright: AMC
January Jones & Jon Hamm, Mad Men
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Die zweite Episode der Serie beschäftigt sich mehr mit dem Privatleben von Don Draper und seiner Ehefrau Betty, die man bisher ja nur kurz am Ende von #1.01 Smoke Gets In Your Eyes kennen gelernt hat. Wir bekommen eine Ahnung von der Ehe, die die Drapers führen.

The baby in the basket

Anfangs sehen wir das Ehepaar Draper zusammen mit Roger Sterling und dessen Frau Mona in einem Restaurant. Und wieder fragt man sich als Zuschauer, was Don zu verbergen hat. Denn als das Gespräch auf Rogers Kindheit kommt und er Don nach seiner befragt, weicht dieser ihm nur aus. Er will offensichtlich nicht darüber sprechen und ich erinnere mich in diesem Moment daran, dass Don in #1.01 Smoke Gets In Your Eyes äußerst nachdenklich eine militärische Medaille betrachtete und kurz vor dem Einschlafen Schüsse wie von einer Schlacht in seiner Erinnerung auftauchten. Und das Einzige, was er Roger gegenüber von sich preisgibt, ist, dass er wie Moses wäre, ein Kind in einem Weidenkorb. Auch später im privaten Gespräch mit Betty will er nicht mehr von sich erzählen. Ich habe den Eindruck, dass auch sie nicht wirklich viel über ihren Ehemann weiß. Da bei "Mad Men" offensichtlich viel über subtile Andeutungen gearbeitet wird, halte ich diese kleinen Hinweise darauf, dass Don offensichtlich ein größeres Geheimnis umgibt, für beachtenswert und ich bin wirklich gespannt, wohin man sich hier entwickelt. Don wirkt auf mich in vielen Momenten, was sicher auch an Jon Hamms großartiger Darstellung liegt, als hätte er in seinem Leben schon viele Dinge gesehen, als stände er immer leicht über den alltäglichen, profanen Dingen.

What do women want? – Who cares!

Das eigentliche zentrale Thema der Episode ist aber die Frage der Männer nach den wahren Wünschen der Frauen. Umrahmt von einer Werbekampagne, die Sterling Cooper für ein Deodorant von Gilette bearbeitet, kreisen die verschiedenen Handlungsbögen um genau diese Kluft zwischen den Geschlechtern. Einerseits versuchen unsere Werbemänner anhand der Frage herauszubekommen, wie man die Ehefrauen, Geliebten und Freundinnen dazu bekommt, genau dieses eine Deo für ihre Männer zu kaufen. Andererseits rätselt Don, was in seiner Frau vorgeht. Denn Betty hat offensichtlich psychische Probleme. Sie wird schon längere Zeit von einem unerklärlichen Zittern in ihrer Hand geplagt, für das es keine körperliche Erklärung gibt. Und auch wenn Don das nicht wahrhaben will, braucht sie die Hilfe eines Therapeuten. Verursacht durch ihr Zittern hatte Betty einen Autounfall, der zwar glimpflich ablief (sie und die Kinder, die sich ebenfalls im Auto befanden, wurden nicht verletzt), aber dieser Vorfall gibt ihr doch stark zu denken. Sie plagt sich mit Vorwürfen und man merkt ihr an, dass für sie sich die Hilfe eines Therapeuten wünscht. Don sträubt sich anfangs, versucht Betty mit einem kostspieligen Geschenk zu beruhigen, aber er entscheidet sich dann doch für die professionelle Hilfe.

Beeindruckend ist hierbei January Jones, die diese leise, unterschwellige Verzweiflung unheimlich intensiv darstellt. Betty, die oberflächlich betrachtet alles besitzt, was man sich wünschen kann, ist innerlich unglücklich und einsam. Sie hat zwar einen gut aussehenden und erfolgreichen Ehemann, zwei offensichtlich wohlgeratene Kinder und lebt in einem wohlhabenden Vorort, aber ihre Beziehung zu Don ist geprägt von einer innerlichen Distanz, die er zu ihr aufbaut. Ich kann nicht einschätzen, inwieweit sie wirklich etwas von seinen Affären und Flirtereien ahnt oder vielleicht sogar weiß, aber es ist kein Zufall, dass man von ihrem Unfall direkt zu Don übergeht, der mit Midge, seiner Geliebten, im Bett liegt. Außerdem ist Bettys Mutter erst vor kurzer Zeit verstorben und sie hat deren Tod noch nicht überwunden. In ihrer ersten Therapiesitzung spricht sie mit dem Psychiater über ihre Mutter, über die allgemeine Angst in der Bevölkerung vor der Atombombe (was sicherlich zu der Zeit allgegenwärtig war), und während sie das tut, nimmt sie unbewusst die Uhr vom Arm, die Don ihr kürzlich geschenkt hat.

Don versucht indessen sowohl die zündende Idee für die Deo-Kampagne zu finden, als auch hinter die Probleme seiner Frau zu kommen. Und während die Männer von Sterling Cooper beim Diskutieren der Problematik über das Stadium der Machowitze nicht hinausgelangen, kommt Don im Gespräch mit Midge der Sache näher. "What do women want? Any excuse to get closer."

Honestly, why is it, that every time a man takes you out to lunch around here, you're the dessert?

Bei Sterling Cooper versucht Peggy derweil sich einzuleben und mit den Gepflogenheiten im Büro zurecht zu kommen. Sie verbringt ihre Mittagspause sowohl mit Joan und einigen männlichen Kollegen und fühlt sich dabei sichtlich unwohl, besonders wegen der offensichtlichen Avancen der Kollegen, als auch allein mit dem wesentlich ruhigeren Paul im Büro. Aber selbst der nutzt dies nur, um sie zu überrumpeln und zu küssen. Sie weist ihn mit der Begründung ab, dass es in ihrem Leben jemand Besondern gibt, und ich frage mich, ob sie damit Pete Campbell meint, der momentan in den Flitterwochen ist. Wie es scheint, hegt sie Gefühle für Pete, denn sie bewahrt seine Ansichtskarte, die er den Kollegen geschickt hat, heimlich in ihrem Schreibtisch auf. Wie sie dazu kommt, kann ich nicht wirklich nachvollziehen, da er sie in der Öffentlichkeit nur herablassend behandelt hat, und ich war schon sehr überrascht, dass sie ihn in ihr Bett gelassen hat.

"Make no mistake -- we know better what Dick Nixon needs."

In meinem letzten Abschnitt will ich noch auf die vielen Kleinigkeiten eingehen, die "Mad Men" im Allgemeinen und diese Episode so amüsant machen. Es sind die Anspielungen auf den Zeitgeist der Ära und der oft unterschwellige aber manchmal auch schon fast alberne Humor. So ist es einfach herrlich witzig, wenn die Verantwortlichen bei Sterling Cooper, Don Draper, Roger Sterling und Bertram Cooper (der nebenbei bemerkt nur auf Strümpfen im Büro unterwegs ist) sich ernsthaft über eine Präsidentschaftskampagne für Richard Nixon unterhalten, und im Hintergrund die Jungs (ich nenne sie mal so, denn Ken, Harry und Paul sind fast ausschließlich nur im Rudel unterwegs, meist begleitet von Pete Campbell) mit Deo eine Stichflamme erzeugen. Und es kann nur ironisch genannt werden, dass Don Midge eine Szene macht, weil er offensichtlich eifersüchtig ist, als sie einen neuen Fernseher hat, und sich dann bei ihm zu Hause seine Kinder genau die Sendung anschauen, über die Midge vorher gesprochen hat. Was ich allerdings davon halten soll, dass Bettys Freundin Francine trotz ihrer Schwangerschaft raucht und dass Betty es nicht stört, wenn ihre Tochter mit einer Plastiktüte über dem Kopf spielt, weiß ich nicht. Will man hier dem Zuschauer mit dem Holzhammer suggerieren, dass die Vorstellung von Sicherheit damals eine ganz andere war? Wenn ja, finde ich dieses Vorhaben diesmal leider etwas zu plump. Und das, obwohl ich doch die Referenzen auf die 60er Jahre sonst immer sehr gelungen finde.

"There's a monster growing in our head."

So singen die Cardigans am Ende der Folge, als man sieht, wie Don den Therapeuten seiner Frau anruft und diesen nach ihrer Sitzung befragt. Und als wäre dieser Vertrauensbruch von Don nicht schon genug, ist der Arzt ohne Zögern bereit, über Betty Auskunft zu erteilen. Das Ende war für mich der Schockmoment der Episode und hat mich mit einem äußerst nachdenklichen Gefühl zurückgelassen. In Anbetracht dessen, dass mich auch diese Episode wieder vollkommen überzeugt hat, und es für mich nur kleine Abzüge gibt, gebe ich wieder 8 von 9 Punkten.

Cindy Scholz - myFanbase

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