Bewertung

Review: #6.01 Ich vergebe mir

Hier ist sie nun also, die finale Staffel von "How to Get Away with Murder". Wie man es von der Serie gewohnt ist, lässt sie nichts anbrennen und schockt sowohl in den ersten als auch in den letzten Minuten mit dem denkbar schlimmsten Szenario: Annalise ist tot und wir sind zu Gast auf ihrer Beerdigung.

Mit schnellen Schritten rollt man die Geschichte auf und präsentiert uns Annalises Beerdigung aus der ersten Sequenz als Gedankenexperiment aus Annalises Therapiegruppe, während man über den Verlauf der Episode hinweg erläutert, wie sie in dem Selbsthilfecenter gelandet ist. Durch die Sitzungen gelingt es Viola Davis gleich im Staffelauftakt, sich von ihrer beeindruckendsten Seite zu zeigen. Wir sehen eine wütende, eine verletzte, eine unsichere aber auch eine selbstlose Annalise und all diese Facetten ihrer Figur kann Davis wie immer fabelhaft auf den Bildschirm zaubern. Genau wie Annalise selbst fällt einem ein Stein vom Herzen, als sie allein für sich versucht, ihre Dämonen abzuschütteln und sich selbst versichert, dass sie weder ein Egoist noch ein Monster ist. Doch genau so stark, wie diese Szene ist, so wenig hat mir die Gruppenprügelei in der Selbsthilfegruppe oder später die Reflektion der "neuen" Keating 4 gefallen. Während es in der Gruppe schon fast lachhaft war, einen Haufen Fremder mit dem Baseballschläger auf ein Kissen einschlagen zu sehen, so wirkte es wie ein schwacher Abklatsch von Davis' Befreiungsschlag, als Annalise die Studenten mit dem Schürhaken auf ein Sofapolster losließ. Zweifelsohne haben sie alle bewegende Worte gefunden, um dem Zuschauer die Ungerechtigkeit ins Gedächtnis zu rufen, die sie bereits durchleben mussten, dennoch konnte mich die Szene aufgrund des Wiederholungseffektes nicht richtig abholen.

Ebenfalls kritisch sehe ich das hohe Tempo, das man bei Annalises durchzechter Nacht, der Therapie und der anschließenden Entlassung an den Tag legt. Zeuge für die rasche Abhandlung ist nicht nur das Pflaster an ihrer Stirn, auch der zeitliche Zusammenhang mit Emmetts Autopsie deutet darauf hin, dass sich all das innerhalb kürzester Zeit ereignet hat. Wozu die Eile? So erscheint Annalise neu gefundener Mut vollkommen überhastet und auch wenn dies die finale Staffel ist, so hätte man der Geschichte rund um Annalises Seelenfrieden etwas mehr Zeit geben können.

Was die abschließende Beerdigung angeht, so wollen die Autoren den Zuschauer hier ganz klar grübeln lassen, ob wir es mit einem Bluff zu tun haben. Es ist schwer vorstellbar, dass Annalise das Zeitliche gesegnet hat, auch wenn man ihr zutraut, dass sie sich zum Schutz vor einen ihrer Freunde gestellt hat. Feinde hat Annalise zur Genüge, doch es fällt schwer, ihren Tod einfach hinzunehmen und sich nicht zu fragen, ob es sich – wie sonst auch – um ein abgekartetes Spiel handelt und ob Annalises Tod nur vorgetäuscht ist und der Tarnung dient, damit sie sich irgendwo ein neues Leben aufbauen kann. Auf eine Antwort werden wir sicher mindestens bis zum Herbstfinale warten müssen, wenn nicht sogar bis zum Serienfinale. Dieser Teil der Episode ist recht gut gelungen und spiegelt genau den Nervenkitzel wider, den wir von "How to Get Away with Murder" kennen und lieben.

Am Rande werden auch die "neuen" Keating vor, die nun auch Asher, Connor, Michaela und Oliver bestehen, thematisiert. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf Laurels Verschwinden und man kann davon ausgehen, dass dies mit Annalises Beerdigung in Zusammenhang steht. Genau so deutlich wie Zweifel über Annalises Tod im Raum stehen, kann man nicht festmachen, ob Laurel nun freiwillig gegangen ist oder gemeinsam mit ihrem Sohn gekidnappt wurde. Die Handhabung der Castillo-Storyline gefiel mir in der letzten Staffel eher weniger, zu lange hat man auf eine Auflösung rund um Sandrine gewartet und auch das Mysterium rund um Xavier wurde ungenügend ergründet. Daher hoffe ich sehr, dass man uns bei Laurel nicht ebenfalls am langen Arm verhungern lässt.

Wesentlich gespannter bin ich auf den Werdegang von Tegan und die Frage danach, ob sie nicht doch etwas mit Emmetts Tod zu tun hatte. Ähnlich wie Viola Davis weiß Amirah Vann mit dem Zuschauer zu spielen und uns vollkommen im Ungewissen darüber zu lassen, was sich in Tegans Kopf tatsächlich abspielt. Es macht Spaß zu grübeln, ob Tegan – zu der man in der letzten Staffel überraschend einen Draht gefunden hat – nun vielleicht doch mit gezinkten Karten spielt.

Randnotizen

  • Was hat es mit dem Schlüssel auf sich, den Frank entdeckt hat?
  • Warum wurde nun doch das FBI eingeschaltet, obwohl Annalise vermutet, dass Laurel freiwillig gegangen ist?
  • Wem erschien Annalises Zimmergenossin noch verdächtig?
  • Was befindet sich in der Box mit Sams Namen, die Vivian mit nach Philadelphia gebracht hat?
  • Sollte Nates skeptischer Blick auf das Bild von Tegan und Jorge bedeuten, dass die beiden einst eine Affäre hatten?
  • In Staffel 5 war ich kein großer Fan von Michaela und Gabriel, nun scheinen die beiden jedoch etwas mehr Chemie zu haben. Dennoch wünsche ich mir eigentlich Asher und Michaela zurück.
  • Ich bin gespannt auf die Auflösung zu Michaelas Vater, wie es hoffentlich in der nächsten Woche geben wird.
  • Zum Thema Väter: Alle Väter der Figuren, die wir bisher kennengelernt haben, haben eine dunkle Seite. Lediglich über den von Oliver haben wir noch nichts Schlechtes gehört, oder?

Fazit

Mit dem Auftakt der finalen Staffel kann "How to Get Away with Murder“ zweifelsohne beweisen, dass man auch im sechsten Jahr noch überraschen kann. Der Nervenkitzel darüber, ob uns die Serie gleich im ersten Atemzug schon wieder hinters Licht führt, ist durchaus gelungen, dies gilt allerdings nicht für alle Aspekte der Folge.

Marie Florschütz - myFanbase

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