Bewertung
Jennifer Kaytin Robinson

Do Revenge

Foto: Do Revenge - Copyright: 2022 Netflix, Inc.
Do Revenge
© 2022 Netflix, Inc.

Inhalt

Drea (Camila Mendes) steht an der Spitze des Gesellschaftssystems an ihrer High School, als ein Sexvideo von ihr und ihrem Freund Max (Austin Abrams) veröffentlicht wird und während sie daraufhin überall ausgeschlossen wird, floriert er mit seinem Ruf mehr denn je. Drea schwört Rache und findet in Eleanor (Maya Hawke) die perfekte Partnerin, denn diese ist neu an der Schule und begegnet ihrer Mobberin Carissa (Ava Capri) wieder. Daher wollen sie füreinander Rache üben, doch es gibt auch einige Hürden.

Kritik

Besonders in den 1990er Jahren sind viele erfolgreiche Komödien veröffentlicht worden, die an der High School spielen. Dabei kann man in diesem Genre aber definitiv nochmal unterscheiden, denn es gibt schließlich noch klassische Liebeskomödien, aber es gibt auch die Komödien, in denen zwar auch die große Liebe gefunden werden darf, wo im Bereich der Comedy dann aber stellenweise bitterböse Töne angeschlagen werden. Beispiele gefällig? "Girls Club – Vorsicht bissig!" oder auch "Eiskalte Engel" stechen dabei definitiv als Kultfilme bis heute heraus. Gerade die Verwandtschaft zu Letzterem ist erwähnenswert, denn in "Do Revenge" von Streamingdienst Netflix ist Sarah Michelle Gellar in der Rolle der Schulleiterin zu sehen und diese hatte bekanntlich eine Hauptrolle in "Eiskalte Engel". Somit ist "Do Revenge" ganz eindeutig für eine neue Generation gedacht und das merkt man dem Erzählstil durchaus an, weil alles etwas moderner daherkommt, aber dennoch bleibt man inhaltlich bei wichtigen Stärken, so dass sich "Do Revenge" als sehr gute Hommage an alte Zeiten bezeichnen lässt.

"Do Revenge" vereint im Cast definitiv das Who's Who der Nachwuchstars. Die beiden zentralen Stars Camila Mendes und Maya Hawke sind aus den Zuschauermagneten "Riverdale" und "Stranger Things" bekannt. Austin Abrams hat sich seine Sporen schon mit "This Is Us" und "Euphoria" verdient. Jonathan Daviss ist aus "Outer Banks" bekannt, Alisha Boe aus "Tote Mädchen lügen nicht" und natürlich auch "Game of Thrones"-Veteranin Sophie Turner ist nicht zu vergessen, wenn sie auch eher eine kleine Rolle hat. Das zeigt aber auch deutlich die Hochwertigkeit des Casts, die auch tatsächlich benötigt wird, denn auch wenn vom Papier her vieles wie aus anderen Filmen wirkt, so ist "Do Revenge" keinesfalls inhaltlich plump, denn ganz im Gegenteil versteckt sich in vielen Details ein Ausheben von klassischen Stereotypen und auch sonst muss man über manche Aspekte etwas länger nachdenken. Nur lachen und nur mitfiebern wäre in diesem Fall ein Verpassen vom Besten. Alles in allem stechen Mendes und Hawke natürlich dennoch heraus. Aber nicht nur weil sie so prominent durch das Drehbuch in Szene gesetzt sind, sondern auch weil es ihnen trotz völlig unterschiedlicher charakterlicher Voraussetzungen gelungen ist, eine interessante Dynamik miteinander zu kreieren. Denn der Clou ist eben am Ende, dass es weniger um eine Liebesbeziehung, sondern vielmehr um eine Freundschaftsbeziehung geht und die beiden haben es trotz einiger Drehungen und Wendungen geschafft, dass man ihnen jeden Schritt abgekauft und es ihnen damit am Ende auch einfach geglaubt hat, dass sich da zwei gefunden haben, die offenbar zueinander gehören.

Faszinierend an "Do Revenge" ist definitiv auch, dass die Grenzen von typisch 'guten' und 'bösen' Figuren mit Karacho gesprengt werden. Einzig Max kann man einheitlich als Antagonisten bezeichnen, wenn er auch den größten Teil des Films über alle täuscht, außer eben die Zuschauer*innen. Spannend bei der Darstellung von Max ist sicherlich auch, dass er als beliebtester Junge der Schule keinesfalls der typische Sportler ist, bei dem alle Mädchen in Ohnmacht fallen. Stattdessen ist er gar nicht so leicht in eine Schublade zu stopfen. Man wird zu Beginn des Films damit konfrontiert, dass er Schülersprecher ist, aber woher genau seine Beliebtheit rührt, das bleibt eher offen. Fakt ist aber, dass er vor allem optisch einen neuen Typus darstellt, über den es in den letzten Jahren viele Diskussionen gab, denn wenn man auf die Hollywoodstars Timothée Chalamet oder auch Harry Styles guckt, dann dürfen auch androgyne Männer zu Nagellack etc. greifen, ohne gleich per se ihre Männlichkeit abgesprochen zu bekommen. Genau so ist es eben auch Max, aber völlig losgelöst von den beiden Promis, die ich gerade benannt habe, so versteckt sich hinter dieser Figur jemand mit einer Agenda und das Schutzschild nennt sich Feminist. Es war schon herrlich ironisch, wie Max seine Popularität nach dem selbst geleakten Sexvideo sogar noch steigern konnte, indem er auf den Zug des Feminismus aufgesprungen und sich als großen Verfechter von Frauenrechten inszeniert hat. In dem Sinne erinnert Max an eine Schlange, die sich aus ihrer Haut schälen kann und immer die anlegt, die ihr gerade am besten passt. Das merkt man deutlich dann auch an der letzten Szene von Max, denn eigentlich ist er diffamiert und doch gelingt es ihm, gleich wieder eine neue Gruppierung um sich zu scharen. Damit ist er definitiv ein sehr gefährlicher Antagonist, denn man sieht es ihm kaum an, aber er ist im Grunde nie der, von dem man glaubt, dass er es gerade sein müsste.

Bei den Damen ist es aber nicht weniger faszinierend, denn durch diese Präsenz der Figuren Drea und Eleanor würde man automatisch erwarten, dass sie die Sympathieträger des Films sind, aber das ist schwer, so zu verallgemeinern. Gerade Drea hat nur sehr wenig Stellen im Film, bei denen man mal wirklich mit ihr fühlt. Selbst nach der Veröffentlichung des Sexvideos, wo man sich gerade als Frau wohl intuitiv auf ihre Seite schlagen würde, ist dort eine gewisse Barriere zu merken, denn Drea hat eine so toughe Art an sich, die eher abschreckt, als müsste man Abstand halten, damit man nicht selbst ins Fadenkreuz ihrer Rache gerät. Das ist aber gleichzeitig auch ein spannendes Spiel mit den Geschlechtern, denn wer kennt es nicht, dass Frauen sich ganz anderen Stereotypen ausgesetzt sehen als Männern. So wird man als Zuschauer*in auch ein wenig mit den eigenen Vorurteilen konfrontiert, denn die Frage ist schließlich, warum macht es mit Drea nicht einfach klick? Ein entscheidender Grund ist sicherlich auch Eleanor, denn sie wirkt deutlich sympathischer. Als Außenseiterin steigt sie auf der sozialen Leiter nach einem Make-Over rasant auf, aber dennoch bleibt sie stets bescheiden, man erlebt ihre Bewunderung für Drea und dass sie einfach gemacht werden will. Doch auch hier ist das zunächst ein Bild, zu dem später eine ganz andere Nuance hinzukommt und schon ist alles wieder in sich zusammengefallen. Im Grunde ist dieser Film damit eine gute Werbung für die Ambivalenz eines jeden Menschen und so stellt sich nicht mehr die Frage: wie nett finde ich X und Y, sondern wie konsequent sind die einzelnen Figuren gezeichnet worden?

Aber nicht nur inhaltlich sind moderne Tendenzen zu beobachten, sondern auch optisch. In die Kostümgestaltung ist definitiv viel an Planung reingeflossen, denn nicht nur die Schuluniformen, wo alles in Pastelltönen gehalten ist, sondern auch die private Kleidung ist modisch absolut am Zahn der Zeit, so dass unweigerlich Gedanken an "Emily in Paris" aufkommen. Gerade bei den Pastelltönen finde ich auch, dass es ein optischer Aspekt sein könnte, der ikonisch in Erinnerung bleibt, denn ich habe mich gerade in der Aula oder auf den Partys in Uniform immer sehr an diesem Farbenbild erfreut. Sowas bleibt einfach im Kopf. Beim Soundtrack wiederum richtet man sich völlig an der Zielgruppe aus, so dass eine – auch inhaltlich sehr gut – passende Mischung an Musik beigefügt wurde. Auch hier sind es die Kleinigkeiten, die noch den besonderen Touch beitragen.

Kommen wir abschließend noch einmal zum Ablauf des Films zurück. Für mich stechen definitiv Max, Drea und Eleanor als Figuren hervor, denn sie stehe symbolisch für all das, was ich schon angesprochen habe, aber sie sind auch so die Figuren, die am meisten ausgearbeitet sind. Die anderen Charaktere sind eher schmückendes Beiwerk und sie werden mir sicherlich nicht speziell im Kopf bleiben, aber das ist auch gar nicht schlimm, aber sie tragen natürlich als Stellvertreterfiguren Wichtiges zum Film bei. Beispielhaft seien nur Russ (Rish Shah) und Gabbi (Talia Ryder) genannt, die als Love Interests für Drea und Eleanor fungieren und dennoch sind die Beziehungen jeweils nicht so ausgearbeitet, dass man viele Facetten gezeigt bekommt. Man merkt jeweils, die beiden tun dem zentralen Pärchen gut, aber es geht eben vor allem darum, wie Drea und Eleanor einander gut tun. Abseits davon ist es dann auch der wendungsreiche Plot, der zählt und der beweist, wie lustig und spannend Rache sein kann, wenn man eben alles mit etwas Augenzwinkern sieht.

Fazit

Einen Kult kann man schlecht ausrufen, denn schließlich zeichnet sich etwas Kultiges durch die Beliebtheit bei der Masse aus, aber Netflix' neuer Streich "Do Revenge" hat viele Charakteristika im Gepäck, die aus dem Film durchaus etwas macht, was lange in Erinnerung bleiben könnte. Ich bin auch überzeugt, dass der Film auch erst nach mehrmaligem Gucken so richtig seine Magie entfaltet, denn er ist so intelligent erzählt, dass sich hier zahlreiche Gedanken dazu ergeben. Optisch, akustisch, schauspielerisch und inhaltlich ergibt sich ein wilder Mix, der aus einer langen Laufzeit etwas sehr Kurzweiliges macht, was ich wirklich gerne weiterempfehle.

Zum Netflix-Special auf myFanbase

Lena Donth - myFanbase
21.09.2022

Diskussion zu diesem Film