Bewertung
Brian Andrew Mendoza

Sweet Girl

Foto: Sweet Girl - Copyright: 2021 Netflix, Inc.
Sweet Girl
© 2021 Netflix, Inc.

Inhalt

Die Coopers sind eine glückliche Familie, bis Mutter Amanda (Adria Arjona) an Krebs erkrankt. Ihr Leben scheint noch zu retten sein, als ein hoffnungsversprechendes Medikament für den Markt angekündigt wird, aber im letzten Moment vom Pharmaunternehmen doch zurückgezogen wird. Amanda stirbt und ihr Mann Ray (Jason Momoa) schwört Rache. Er kann seine Wut nicht hinter sich lassen, weswegen dasselbe für seine Tochter Rachel (Isabela Merced) im Teenageralter gilt. Als der Rachefeldzug beginnt, geraten Vater und Sohn gleichermaßen in Gefahr und es lässt sie Grenzen überschreiten, die sie niemals austesten wollten.

Kritik

Isabela Merced ist eine der aufstrebenden Jungschauspielerinnen der letzten Jahre. So war sie zuletzt in Filmen wie "Plötzlich Familie", "Dora und die goldene Stadt" sowie "Tage wie diese" zu sehen. Daher erschien mir ihr Casting in "Sweet Girl" auch wie der logische nächste Schritt, denn zum einen ist Netflix schon längst Sprungbrett für große Karrieren und zum anderen ist eine Rolle an der Seite von Momoa (ich sage nur "Game of Thrones" und "Aquaman") nun wahrlich nicht zu verachten. Aber dann war ich doch ganz schön überrascht, dass "Sweet Girl" kein Schaulaufen für den bereits bekannten Kinostar ist, sondern Merced als Rachel ist der heimliche Star. Vielleicht hätte es mir der Titel verraten können, aber manchmal lässt man sich doch gerne blenden und entwickelt dadurch ganz andere Erwartungen. Fakt ist aber jedenfalls, dass ich durch "Sweet Girl" mächtig überrascht wurde, denn den großen Twist im letzten Drittel habe ich wahrlich nicht kommen sehen. Ich kann zwar nicht leugnen, dass die Hinweise sorgfältig platziert waren, aber wie gesagt, andere Erwartungen haben mich blind werden lassen dafür.

Der Film beginnt aber zunächst ganz nah bei Ray, der traurig dabei zusehen muss, wie das Leben aus seiner Frau Amanda langsam aber sich schwindet. Kurzzeitig besteht Hoffnung, doch die zerschlägt sich wieder, weswegen die noch junge Frau schließlich verstirbt. Alleine die intensive Trauerszene von Momoa als Ray hat mich sicherlich auf dem Pfad gehalten, dass es sein Film ist, denn er ist auch, der sofort Rachegelüste gegen das Pharmaunternehmen entwickelt, das eigentlich ein rettendes Medikament parat hatte. Auch wenn ich etwas stumpfsinnig fand, wie schnell diese Rachegedanken entstanden sind, weil für mich persönlich zu dem Zeitpunkt noch nicht genug Fakten auf dem Tisch lagen, so ist das natürlich Ausgangspunkt für eine sehr actionhaltige Filmhandlung. Die Chemie zwischen Momoa und Merced als Vater und Tochter ist überzeugend und dennoch nimmt sich der Film nach hinten heraus nur noch wenig ruhige Momente für die beiden, weil die Gewichtung definitiv eher auf der schnell angetriebenen Handlung liegt.

Die Actionszenen sind auf jeden Fall auch gut gemacht, zumal man zuvor miterlebt hat, wie intensiv Ray und später auch Rachel trainiert haben, um für alle Fälle vorbereitet zu sein. Gerade bei Merced bin ich auch begeistert, wie überzeugend sie die toughe junge Frau spielt, denn so etwas kann bei jungen Gesichtern schnell aufgesetzt und künstlich wirken, aber sie hat in ihrem jungen Äußeren dennoch auch etwas Hartes, was sie definitiv hier zur Idealbesetzung macht. Bis es schließlich zu dem Twist kommt, habe ich dennoch das Gefühl, dass die inhaltliche Komponente des Films nicht das Hauptaugenmerk ausgemacht hat. Die Machenschaften des Pharmaunternehmens aufzudecken klang auf jeden Fall vielversprechend, aber die Jagd auf einzelne Beteiligte wie zunächst CEO Simon Keeley (Justin Bartha) und anschließend Gründer Vinod Shah (Raza Jaffrey) musste einfach als gegeben hingenommen werden, denn die einzelnen Verstrickungen untereinander sind nicht wirklich aufgedeckt worden. Es wird aber mit zunehmendem Fortschritt des Films deutlich, dass es noch einen unbekannten Gegenspieler gibt. Auch wenn die Hinweise hier ebenfalls wieder deutlich – vielleicht sogar klischeehaft – gesetzt worden sind, so wollte ich in diese Richtung auch gar nicht denken, denn wie gesagt, die inhaltliche Unterfütterung dafür hat gänzlich gefehlt.

Dass Handlung und gerade Nebenfiguren keine wichtige Rolle spielen, sieht man auch daran, dass die beiden ermittelnden FBI-Agenten Meeker (Lex Scott Davis) und Rothman (Michael Raymond-James) ebenfalls blass geblieben sind. Über Meeker und Rachel soll zwar eine emotionale und verständnisvolle Ebene erzeugt werden, aber dafür fand ich das FBI auch im Allgemeinen zu plump dargestellt. Denn eigentlich haben diese immer noch Verfolgungsjagden betrieben und Tatorte begutachtet, aber sie waren zu keinem Zeitpunkt mal einen Schritt voraus. Diese ganzen inhaltlichen Schwächen mögen etwas vergessen sein, wenn "Sweet Girl" schließlich die Trumpfkarte mit der unerwarteten Wendung ausspielt, denn da schafft definitiv die tiefste Ebene des ganzen Geschehens, aber insgesamt ist es dennoch nicht so, dass mir der Film wegen eines genialen Plots in Erinnerung bleiben wird. Merced durfte über alle Maßen strahlen und das bleibt. Mehr aber auch nicht.

Fazit

"Sweet Girl" mag zunächst wie eine Stärkedemonstration von Momoa gewirkt haben, da ihm die Rolle des körperlichen und innerlich gejagten Ray wie auf den Leib geschneidert ist, aber eigentlich ist es der Film von Merced als Rachel und das macht den Film auch tatsächlich erinnerungswürdig, vielleicht weil es ihr Sprungbrett für eine baldige Superheldin ist oder ähnliches, wer weiß das schon. Aber inhaltlich ist "Sweet Girl" leider auch zu dünn, dafür stimmen wieder die Action und die überraschenden Momente.

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Lena Donth - myFanbase
22.08.2021

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