Bewertung
Simon Curtis

My Week with Marilyn

1956 – Pinewood Studios London – The Prince and the Showgirl – Starring Marilyn Monroe and Sir Laurence Olivier

Foto: Copyright: 2012 Ascot Elite Filmverleih GmbH
© 2012 Ascot Elite Filmverleih GmbH

Inhalt

Im Sommer 1956 betritt Marilyn Monroe (Michelle Williams) das erste Mal englischen Boden. Sie soll an der Seite von Sir Laurence Olivier (Kenneth Branagh) in "The Prince and the Showgirl" (zu Deutsch "Der Prinz und die Tänzerin") mitwirken und erhofft sich damit den großen Durchbruch als Schauspielerin. Gleichzeitig verbringt sie dort ihre Flitterwochen mit Arthur Miller (Dougray Scott).

Der junge Colin Clark (Eddie Redmayne) versucht derweil seine konservativen Eltern davon zu überzeugen, dass er beim Film arbeiten möchte. Er wird täglich im Büro von Oliviers Produktionsfirma vorstellig, in der Hoffnung, am Set seines neuen Films benötigt zu werden. Durch dessen Partnerin Vivien Leigh (Julia Ormond) erhält er dann eine Anstellung als dritter Regieassistent, also als Laufbursche. Am Set lernt er die Kostümassistentin Lucy (Emma Watson) kennen und verliebt sich in sie. Als aber Marilyn Monroe in den Studios eintrifft, ist Colin wie alle Männer am Set in ihren Bann gezogen. Er hat das Gefühl, die zerbrechliche Schauspielerin zu verstehen und empfindet Mitleid für sie, wenn Olivier, der bei dem Film auch als Regisseur tätig ist, wieder einen seiner Wutausbrüche hat.

Als es in der darauffolgenden Woche am Set eher schwerfällig voran geht – vor der Kamera scheint Sibyl Thorndike (Judi Dench) ihre einzige Verbündete zu sein – und auch privat ihre junge Ehe mit Arthur Miller kriselt, wird Colin immer mehr zu Marilyns Vertrautem und Freund. Während sich am Set alle darüber aufregen, dass Marilyn permanent unter Alkohol und Drogen zu stehen scheint oder ihre Schauspiellehrerin Paula Strasberg (Zoë Wanamaker) ihr wieder einen Floh ins Ohr gesetzt hat und sie deshalb ihre Rolle nicht richtig spielen kann, versucht Colin sie von ihrer Arbeit abzulenken und zeigt ihr die schönsten Seiten seiner Heimat.

Kritik

Ich muss gestehen, dass ich zu diesen Personen gehöre, denen Marilyn Monroe zwar ein Begriff ist, die aber fast gar nichts über sie weiß. Man kennt ihre Fotos, ihr Geburtstagsständchen für John F. Kennedy und dass sie zu den Stilikonen der 50er Jahre gehörte. Ihre Filme sind zwar weltberühmt, aber heute selten zu sehen. Aktuell scheint das Phänomen "Marilyn Monroe" aber wieder bekannter zu werden. Nicht nur durch den Presserummel und die Preisverleihungen rund um "My Week With Marilyn" ist die Schauspielerin in aller Munde, sondern auch NBC ist auf den Zug aufgesprungen und zeigt in der neuen Serie "Smash", wie ein Musical über das Leben von Marilyn auf die Beine gestellt wird. Entsprechend gespannt war ich auf "My Week with Marilyn".

Basierend auf den Memoiren Colin Clarks ("The Prince, The Showgirl and Me" und "My Week with Marilyn") entstand dieser Film. Clark, der gerade seinen Abschluss in Oxford gemacht hatte, erhielt am Set von "The Prince and the Showgirl" seinen ersten Job beim Film. Besonders in seinem zweiten Buch, das den gleichen Titel trägt wie dieser Film, lernt man Monroe von einer vollkommen anderen Seite kennen. Sie zeigte ihm die Frau, die hinter der Fassade steckte, welche für die Medien aufrechterhalten werden musste. Heute ist Clark selbst erfolgreicher Dokumentarfilmer und nutzt dabei sein Beobachtungstalent.

Einer der Hauptgründe, weshalb ich dieses Filmprojekt genau im Auge behalten habe und den deutschen Kinostart nicht erwarten konnte, war Hauptdarstellerin Michelle Williams. In "Dawson's Creek" hat sie mich in ihren Bann gezogen, in "Brokeback Mountain" und "Blue Valentine" hat sie überzeugt, man hat mit ihren Charakteren gelitten und nun sollte vielleicht die Rolle ihres Lebens auf sie warten. Durch diverse Filmfestivals und nicht zuletzt die Golden Globes, bei denen Williams als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet wurde, stieg die Vorfreude auf diesen Film. Entsprechend hoch waren auch die Erwartungen und ich kann vorwegnehmen, dass sie nicht enttäuscht wurden. Ich war teilweise sogar überrascht, wie lustig der Film stellenweise war, hatte ich doch eher eine andere Stimmung erwartet.

Williams spielt Marilyn Monroe nicht nur, sondern verkörpert sie auch. Die Stimmungsschwankungen der Schauspielerin stellt sie glaubhaft dar – von zerbrechlich bis sexy – von Orientierungslosigkeit über absolute Traurigkeit zu absoluter Gelöstheit. Die Mimik wechselt nicht nur von Szene zu Szene, sondern auch innerhalb der Szenen. Man merkt bei jeder Szene mit welcher Präzision Williams das Verhalten von Monroe studiert hat, und es ist ihr hoch anzurechnen, dass sie sich an die Darstellung einer solchen Ikone gewagt hat. Darüber hinaus hat sie es sich auch nicht nehmen lassen, die Gesangssequenzen selbst zu machen.

Als Zuschauer wird man sofort auf Marilyns Seite gezogen – was natürlich auch an Clarks Erzählperspektive liegt. Zwar kann man stellenweise verstehen, dass Laurence Olivier sich über ihre schlechte Leistung beschwert, aber es wird auch erklärt, weshalb sie sich so unsicher fühlt. Man möchte in keiner Situation mit ihr tauschen. Sei es bei ihrer Ankunft am Flughafen, wo sie von Fotografenscharen und Presseleuten empfangen wird oder als die Fans ihr bei einem Einkaufsbummel in London quasi die Luft rauben. Vielleicht hatte sie gehofft, dass sie in England – so weit von ihrer Heimat entfernt – etwas Abstand von dem Trubel rund um ihre Person gewinnt und ein normaleres Leben führen kann, doch weit gefehlt. Sie merkt sofort, dass man sie nicht ernst nimmt und dass nicht mal ihr Mann auf ihrer Seite ist. Zwar erhält sie Zuspruch von Sibyl Thorndike und ihrer Mentorin Paula, dennoch fühlt sie sich verloren. Da ist es fast schon nachvollziehbar, dass sie zu Tabletten greift, um den seelischen Schmerz zu betäuben.

Entsprechend erleichtert ist man, wenn die Szenen kommen, in denen sie mit Colin zusammen ist. Er scheint sie zu verstehen und auch wenn er sie vergöttert, sieht er sie nicht als ein Objekt an. Er macht sich aufrichtig Sorgen um sie und verteidigt sie vor ihren Beratern und all jenen, die meinen, sich in ihr Leben einmischen zu müssen. Redmayne spielt diese Rolle des Colin Clark sehr charmant. Man ahnt zwar, dass Clark sich die Finger verbrennen wird, aber gleichzeitig ist man ihm fast schon dankbar, dass er sich um Marilyn kümmert. Er scheint genau das zu verkörpern, was sich Marilyn insgeheim wünscht – ein normales Leben, abgeschieden von Agenten, Fotografen und den Medien. Doch sie hat zu lange und zu hart dafür gearbeitet, dieses Leben hinter sich zu lassen.

Insgesamt muss man dem Casting-Direktor ein Lob aussprechen. Man konnte hervorragende britische Schauspieler für den Film gewinnen, die im Glanz von Michelle Williams' Auftritt aber leider etwas untergehen. Allen voran Kenneth Branagh spielt die Rolle des leicht intoleranten Laurence Olivier beeindruckend, denn auch Olivier hat es nicht leicht. Monroe ist unzuverlässig und scheint die einfachsten Anweisungen nicht zu begreifen. Als Produzent hat er das Budget immer im Auge und macht sich Sorgen, dass der Film niemals fertig wird. So kann man als Zuschauer also auch sein Verhalten in gewissen Maßen nachvollziehen. Nichtsdestotrotz ist es wohl wie früher am Set eines Monroe-Films – sobald Michelle Williams auftaucht, ist es, als wäre niemand sonst im Raum.

Fazit

Man mag viel darüber spekulieren, wer Marilyn Monroe tatsächlich war. Nicht viele durften sie so kennen lernen, wie sie tatsächlich war – süß, liebevoll, sehr emotional und unsicher. Dieser Film zeigt nicht, wie Norma Jean Baker zu Marilyn Monroe wurde oder wie ihr der große Durchbruch in Hollywood gelang – in "My Week with Marilyn" verbringen wir gemeinsam mit Colin Clark eine Woche mit einer Frau, die an ihrem Alltag zu scheitern droht. Durch diesen Film lernen wir Marilyn Monroe nicht als Sexsymbol oder Diva kennen, sondern als einen zerbrechlichen Menschen, der versucht, im Filmgeschäft ernst genommen zu werden.

Catherine Bühnsack - myFanbase
15.04.2012

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