Bewertung

Review: #1.01 Ghost

Jepp. Auf diese dreiviertel Stunde Fernsehen habe ich seit einigen Monaten gewartet. Wenn das reicht. Eines muss ich vorneweg loswerden: diese Serie ist (wie auch "Fringe" letztes Jahr) ein allein schon wegen der Beteiligten (Joss...) extrem gehyptes Stückchen geworden. Leider ist das Problem mit solchem Hype immer, dass dabei überall kolossale, unumgehbare Spoiler auf einen warten, weswegen mich eigentlich nichts in diesem Piloten wirklich überraschen konnte. Ich kannte die Hälfte der Szenen schon aus etlichen Trailern und "Sneak-Peaks". Ich weiß, ich hätte sie ja nicht gucken müssen, aber ich glaube dazu hätte ich mein Internetkabel mit einer Heckenschere durchtrennen müssen. Aber mal zur Episode:

Die Erwartungen

Wie ja gesagt: Hype. Besonders in solchen Hype-Fällen ist es schwierig in einen Piloten mit einem klaren, unvoreingenommenen Geist hineinzugehen. Aber ich muss sagen – ich habe sowohl das Beste als auch das Schlechteste erwartet: die Serienzusammenfassung hat mich nicht wirklich vom Hocker gerissen und als ich gelesen habe, dass Joss diese Serie ernster gestalten wollte als seine bisherigen Projekte, hatte ich üble Befürchtungen (immerhin, waren die "ernsten" Passagen aus seinen bisherigen Projekten häufig nicht gerade die Glanzlichter seines Schaffens) – dann noch oben drauf, dass keiner der JW-Pilots wirklich bombastisch war, und schon waren meine Erwartungen im Keller. Dann kam aber immer auch wieder durch: hey, es ist immerhin Mr. Whedon, der hier am Werk ist. Seit dem Ende von "Angel" kam nichts neues von ihm auf dem Bildschirm – und all seine Serien habe ich verschlungen und dann (wie ein Rind) mehrmals noch mal.

Den Höhepunkt erreichten meine Erwartungen, als ich im vergangenen Sommer gefühlte 14.657 Mal "Dr. Horrible's Sing-Along Blog" geguckt habe. In anderen Worten, ich war heiß auf #1.01 Ghost. So, jetzt aber wirklich zur Folge.

Die Sonne...

Wie zu vermuten, ist die Rolle der Echo der zentrale Punkt der (scheinbar) gesamten Serie. Inwieweit Eliza Dushku der schauspielerischen Herausforderung gewachsen ist, nicht nur allein, sondern auch in etlichen unterschiedlichen Rollen eine gesamte Serie selbst zu tragen, ist nach dem Piloten genauso unklar wie vorher. Sie hatte im Verlauf dieser knapp 50 Minuten sowohl einige Glanzpunkte als auch einige "Glitches": in der Rolle der ultra-zugeknöpften Kidnapping-Verhandlerin Eleanor Penn fand ich sie persönlich wenig überzeugend (was auch an diesem Outfit liegen könnte), aber das langsame Auseinanderfallen, samt Nervenzusammenbruch hat sie wirklich auf den Punkt getroffen. Jetzt regt mich nur noch der Gesichtsausdruck auf, den sie als "echte" Echo an den Tag legt, ansonsten ist's wohl scho' ganz in Ordnung.

Wirklich gut, um mal in den Inhalt der Echo-Handlung zu springen, gefiel mir der Vergangenheits-Teaser am Anfang. Immerhin hat sie sich selbst bereit erklärt, eine Active zu werden, wenn sie auch (anscheinend) nicht wirklich viel Anderes zur Auswahl hatte. Ich habe die Vermutung, dass uns solche Ausschnitte alle fünf oder sechs Episoden mal an den Kopf geschleudert werden. Sowas macht eine Serie interessant. Auch die Szene, in der Echo bei einer "Reinigung" hereinplatzt – ein Erlebnis, das sie anscheinend so prägt, dass es das erste ist, an das sie sich im Verlauf ihres "Berufes" erinnern kann – gefiel mir wirklich gut. Hier lassen sich wirklich nette Handlungen in den nächsten Monaten stricken, auf die ich mich durchaus freue.

...und ihre Planeten

In meinen Augen DAS Manko dieses Piloten: die Nebencharas. Ein kleiner Abriss:

  • Adelle DeWitt: Viel haben wir von ihr noch nicht gesehen, aber dass sie gleich in der ersten Folge dermaßen auf ein solches Klischee an Argument von einem aufsässigen Mitarbeiter einknickt, bereitet mir doch etwas Sorge. Joss hat sich gerne damit geschmückt, Bösewichte zu kreieren, die man liebt – hier sieht's noch dunkel aus.
  • Paul Ballard: Nächste Person, nächstes Klischee; ein FBI-Agent, der beim Verfolgen eines Falles seine Ehe vernichtet... also bitte... Auch die an absolute Idioten-Parabel grenzende Szene zwischen ihm und seinen Vorgesetzten hat mir ein klein wenig Galle die Speiseröhre hinauf gespült.
  • Boyd Langton: Ah... wo wir doch grad bei Klischees sind... die Vaterfigur. Ein Mann, der einst ein respektables Leben geführt hat, alles aufgrund eines Fehler verlor (okay, das haben wir im Piloten nicht gesehen, wäre aber die logische Fortsetzung seines Klischees) und ist nun ein Mann mit klaren Prinzipien in einer Umgebung, in der solche immer etwas schwammig sind. Yikes!
  • Dr. Claire Saunders: Die einzige Randfigur, die ernsthaft ein wenig Interesse wecken konnte (okay, die Schauspielerin trägt das übrige dazu bei), weil über sie wirklich nichts verraten wird und doch einiges mitschwingt. Ich werde mich jetzt hier nicht in wilde Spekulationen ergießen – aber hier schlummert ebenfalls ein Handlungsstrang, der mich noch interessieren wird.
  • Topher Brink: Hmm... bei ihm ist es schwierig. Anhand der Kurzabrisse der Serie, die ich so im Vorfeld des Piloten gelesen habe, bin ich eigentlich davon ausgegangen, dass er der Typ ist, der ein wenig den Clown in die Serie bringen soll. Dieses Gefühl hatte ich im Piloten nicht wirklich (okay, es gab aber auch einen ernsthaften Humor-Mangel in dieser Episode!)

Soviel zum kleinen Abriss. Ich glaube nicht, dass sich der Herr Produzent und die Seinen mit diesen Klischees zufrieden geben werden, sondern dass hinter allen eine wirklich interessante Geschichte stecken wird, aber der wirkliche Haken, der mich wie einen Fisch ins Boot befördert, konnte ich bei keinem der Nebencharas wirklich finden. Hoffnung besteht aber weiterhin.

Die erste Persona-of-the-Week

Jepp, es wurde uns ja im Vorfeld angedroht: die Episoden von "Dollhouse" sollen sehr "stand-alone" werden, also weniger Bogenhandlungen beinhalten, als ich mir von meinen Serien erhoffe. Aber hier wird ein wirklich guter Anfang gesetzt. Wunderschön, dass gleich mit der ersten PotW die Grenzen des gesamten Konzeptes des Dollhouses aufgezeigt werden. Echo ist keinesfalls Wonderwoman, sondern immer noch eine "ganz normale" Person, nur eben jede Woche eine andere. Wirklich in Ordnung. Dass gleich mit einer derart dramatischen PotW (dramatisch im Sinne von Bruce Darnells Ausruf: "Drama, baby, drama!") gestartet wurde, sollte wohl Zuschauer an der Angel halten, aber mich hat's nicht wirklich gestört. Neben den oben schon angesprochenen Stellen, an denen Eliza Dushku etwas ungeschickt wirkte, war im Piloten der PotW wirklich eine der überzeugendsten Stories. Das ist übrigens kein Kompliment für die Folge als Ganzes!

Fazit

Ein mittelmäßiger Pilot mit solider Stand-Alone-Geschichte, der aber zu wenig fesselnde Season-Plots aufwirft, um wirklich Gänsehaut zu verursachen.

Da, ich hab es gesagt – es war mittelmäßig. Die aufgeworfenen Season-Arcs – der FBI-Agent Ballard auf der Suche nach dem Dollhouse, die Flashbacks von Echo aus dem Imprint-Stadium hinaus – sind sicherlich genug, um eine Staffel zu füllen, die sich schwerpunktmäßig auf die PotW-Storys stützen will. Die anderen aufgeworfenen Entwicklungen der Nebencharas wirken im Moment noch etwas platt, aber ich bin bester Hoffnung und werde nächste Woche wieder einschalten! (Dieser Hoffnung allein ist es übrigens zu verdanken, dass ich mich entschieden habe hier sechs statt fünf Punkte zu vergeben!)

Martin Schultze - myFanbase

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