Bewertung

Review: #2.05 Vom Suchen und Finden

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Dark
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Die zweite Staffelhälfte ist angebrochen und man merkt in dieser Episode deutlich, dass es aufgrund der komplexen Handlung ein wenig schwer wird, die Geschichte mit der gleichen Feinfühligkeit wie zu Beginn der Serie fortzuführen. Zwar gibt es wie stets sehr charakterstarke Szenen und auch die Science-Fiction-Elemente wissen zu überzeugen, doch manche Figuren und kommen ein wenig zu kurz.

Thema dieser Episode ist das Suchen und Finden und in jeder Teilhandlung wird klar, dass die Suchenden mit etwas ganz anderem konfrontiert werden, als sie sich gewünscht haben. Fangen wir mit Jonas an, der von seinem 66 Jahre älteren Ich erklärt bekommt, dass er erst jetzt den Kreislauf der Dinge durchbrechen kann, weil er die nötigen Entwicklungsetappen der Zeitreiseapparate abwarten musste, um das Portal zu erschaffen, durch das man nun unabhängig vom 33-Jahre-Rhythmus reisen kann. Der Bunker, in dem Adam/ der gealterte Jonas sich sein Reich erschaffen hat, ist durchaus beeindruckend, allerdings empfinde ich seine High-Tech-Zeitmaschine dann doch etwas over-the-top. Es erinnert ein wenig an Frankensteins Labor und während man bisher immer viel Wert darauf legte, alles gründlichst zu erklären und innerhalb der fiktiven Welt sehr reale Grenzen zu setzen, durchbricht man diese nun. Natürlich kann man argumentieren, dass es sich eben um Science-Fiction handelt und der Fantasie dadurch keine Grenzen gesetzt sind, dennoch erscheint es mir recht absonderlich, dass der alte Jonas den jungen nun zu einem beliebigen Zeitpunkt zurückreisen lassen kann. Mit jeder Sekunde, die der gealterte Jonas erzählt, zweifle ich mehr an seinen Worten und auch was seine Identität angeht, kommen mir einige Bedenken. Wir sind von "Dark" bisher ein sehr treffendes Casting gewohnt. Es wird nicht nur auf Haar- und Augenfarbe wertgelegt, auch charakteristische Details wie Muttermale, markante Kinnpartien und die Ausstrahlung der Charaktere wurde in den verschiedenen Generationen ihrer Ichs immer wieder mit viel Liebe zum Detail ausgewählt. Bei dem gealterten Ich von Jonas sind die Gesichtszüge sehr verwaschen, einziger Anhaltspunkt für eine Verbindung zum jungen Jonas ist die Narbe am Hals, doch nach dem Blick ins Jahr 2053 ist Jonas wohl nicht der einzige, der dort durch den Strick eine Verletzung davongetragen hat. Wie wahrscheinlich ist es also, dass Adam lügt und gar nicht Jonas ist? Es erklärt sich auch nicht, wie aus dem jungen und dem erwachsenen Jonas Adam werden konnte, denn die beiden jüngeren Ausgaben von Jonas doch so ganz anders zu ticken scheinen, als es bei Adam der Fall ist. Adams Erklärung, dass es sich bei Gott um die Zeit handelt und er diesen besiegen will, passt einfach nicht zu dem Bild, dass durch die beiden jüngeren Jonas-Figuren entstanden ist. Ebenfalls etwas schleierhaft ist mir, weshalb Jonas den Selbstmord von Michael verhindern soll. Vom erzählerischen Standpunkt aus macht es durchaus Sinn, mit uns Zuschauern den 21. Juni 2019 zu ergründen, doch rein von der Logik her hätte ich vermutet, dass man die Reise von Mikkel durch die Höhlen verhindern muss.

Neben dieser Geschichte stehen die anderen Jugendlichen im Jahr 2020 im Vordergrund, die trotz großer Skepsis gegenüber Bartoszs Worten mit ihm ins Jahr 1987 reisen. Diese Teilhandlung konnte ihre Wirkung nicht ganz entfalten, zu wenig haben wir darüber erfahren, was Magnus, Martha, Franziska und Elisabeth von der Zeitreise halten, zu kurz war ihr Aufenthalt in der Vergangenheit, um den Zuschauer wirklich abholen zu können. Zudem stehen in Bezug auf Bartosz noch immer viele Fragen im Raum, angefangen damit, woher er den Zeitmaschine hat und weshalb er nun plötzlich zu einem Reisenden geworden ist. Das einzige kleine Highlight dieser Geschichte war für mich Ulrichs Blick auf seine beiden Kinder. Nachdem er bereits auf Mikkel trifft und wieder von ihm getrennt wird, ist es ein weiterer großer Schock für ihn, nach so langer Zeit nun plötzlich alle drei Kinder im falschen Jahr zu sehen. Schade ist bei dieser Handlung jedoch, dass man Ulrich, der in Staffel 1 einen Großteil der Geschichte trug, nun so wenig Zeit einräumt. Sowohl die Szenen mit Mikkel sind sehr knapp bemessen, ganz zu schweigen von dem winzigen Wimpernschlag, der während Ulrichs Blick auf Magnus und Martha vergeht.

Eine Geschichte, die ebenfalls nur kurz angeschnitten wird, aber sowohl emotional als auch schauspielerisch überwältigen ist, ist die Begegnung von Charlotte und Noah. Die Wendung, dass es sich bei Noah um Charlottes Vater handelt, kommt aus dem Nichts und ist eben deshalb so fantastisch, da sie nicht nur Charlotte, sondern auch dem Zuschauer den Boden unter den Füßen fortzieht. Nun bleibt die Frage, wer Charlottes Mutter ist und ich geht fest davon aus, dass man uns mit einem weiteren Bootstrap-Paradox überraschen wird, in dem vielleicht niemand geringeres als ihre eigene Tochter Charlottes Mutter ist. Dies würde erklären, weshalb Elisabeth im Jahr 2053 so viel Wert darauf legt, dass die dunkle Materie von niemandem angerührt wird, da sie weiß, dass ihre eigene Existenz ausgelöscht werden würden könnte.

Nebenbei werfen wir noch einen kurzen Blick auf die Ermittlungsarbeiten von Clausen, die weiterhin wie ein Fremdkörper in der Zeitreisegeschichte wirken. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Clausen in den anderen Zeitebenen nicht auch noch auftauchen wird, damit seine Geschichte nicht mehr ganz so isoliert erscheint.

Ebenfalls aufgegriffen wird der Handlungsstrang rund um Claudia, der ähnlich wie der rund um Ulrich keine große Wirkung entfalten kann, obwohl die Geschehnisse durchaus aufsehenerregend sind.

Fazit

Es werden viele Geschichten angeschnitten, die alle sehr gut zum Thema der Episode passen. Die Zeit ist jedoch knapp bemessen, weshalb nur wenige Teilhandlungen einen tiefen Eindruck hinterlassen, während andere dagegen nebenbei erzählt werden und dem Spannungsbogen nicht zugutekommen.

Marie Florschütz - myFanbase

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