Bewertung

Review: #9.16 Gefährliche Nähe

Nachdem die vergangene Episode alleine vom Papier her schon vielversprechend klang, weil es eben um die Rettung von Makayla ging, ist auch diese Episode für mich als eine Art 'Showdown' eingeordnet worden, denn ich war mir sicher, dass es doch eigentlich die Folge werden sollte, in der Javier Escano das Handwerk gelegt wird. Tatsächlich ist es aber nur eine Zwischenepisode geworden, denn Escano schaltet und waltet immer noch, aber dafür ist Informantin Anna Avalos ihm einen entscheidenden Schritt nähergekommen, deswegen kaum verwunderlich der Episodentitel: 'Closer'.

Diese Episode richtig einzuordnen, fällt mir diesmal gar nicht so einfach. Sie war durchaus kurzweilig, aber abgesehen von der Tatsache, dass Anna nun als Drogenkurierin beschäftigt wird, ist gar nicht so viel Entscheidendes passiert. Will man Escano als Bösewicht für das Staffelfinale aufbewahren? Irgendwie hat er mich bislang nicht richtig begeistern können, weswegen ich das nicht unbedingt als lohnenswert einschätzen würde. Zudem hat die Episode auch in Bezug auf Anna und Hank Voight nicht viel bewegt. Ich finde es zwar spannend und richtig, dass mit ihr ein so konstanter Handlungsbogen aufgebaut wurde, denn Informanten gehören eben zur Polizeiarbeit dazu und es ist nur logisch, hier einmal so tief in die Materie einzudringen. Bei Anna ist aber ein wenig das Problem, dass sie keine Sympathieträgerin ist. Das wurde am Anfang der Episode durch eine kleine Szene unterstrichen, denn in dem Diner hat sich die Angestellte ihr gegenüber echt unhöflich verhalten. Das kann man dieser Frau definitiv ankreiden und dennoch ist auch Anna eine Figur, die mit ihrer Art provoziert. Deswegen ist sie aber wahrlich keine Antagonistin, was eben bedeutet, dass bei ihr etwas angeboten werden muss, das interessiert. Doch das stagniert aktuell etwas. Leider.

Eigentlich hat Anna in dieser Episode viel Raum geboten bekommen, da sie durch die Entscheidung von Hank, dass die Polizei nicht eingreift, in eine Situation gedrängt wurde, in der man nicht unbedingt stecken will. Sie hat sich wacker gehalten und da kommt ihr sicherlich auch ihre störrische Art zur Hilfe, weil sie ihre schwachen Momente immer durch Trotz und eben Provokation ausgleichen will. Vermutlich hat für einen nicht besseren Eindruck auch beigetragen, dass Escano kein starkes Gegengewicht dargestellt hat. Dieser Mann ruht so in sich, dass er bei mir nur Belanglosigkeit auslöst. Dabei sind es doch gerade die Figuren, die kein Wasser zu trüben scheint, und dann ihre Maske fallen lassen, die richtig genial sind. Das kann also alles noch passieren, aber bislang ist es für mich nicht so übertragen worden. Anna und Escano haben gleich zwei große Gespräche, in denen viel hätte passieren können, aber ich habe keine Gefahr gespürt. Vermutlich hat sich bei mir irgendwann auch die Erkenntnis festgesetzt, dass in dieser Episode nicht mehr groß was passieren wird und damit hat sich das Spannungsmoment einfach in Luft aufgelöst.

Schließlich wird auch noch versucht, in Bezug auf Anna die Tränendrüse zu drücken. Denn sie erkennt, wie emotional nackt sie eigentlich ist und das nicht nur für die Intelligence Unit, sondern auch für Escano. Das kann durchaus Angst machen, das kann ich mir vorstellen, denn so hat sie immer die Gewissheit, ein Spielball zu sein und dass eigentlich mehr über ihren Kopf hinweg entschieden wird, als dass sie selbst entscheiden kann. Und dennoch: Anna hat dieses Schicksal selbst gewählt. Sie hat einen Racheplan, sie hat sich Hank aufgedrängt und hat nie lockergelassen. Muss ich da also wirklich Mitleid haben? Nein, eher nicht, denn Anna hat entschieden, dass über sie entschieden wird. Im Grunde glaube ich auch, dass sie im Fall der Fälle vielleicht sogar die Entscheidungsgewalt wieder an sich reißen könnte, denn sie steckt voller Überraschungen und das ist dann wohl auch das, was für mich in Bezug auf sie am meisten hängenbleibt.

Und was ist mit Hank? Er war viel im Bild, viele bedeutungsschwangere Szenen hat es gegeben, sei es, wenn er seine Familienbilder anschaut oder wenn er Anna lange hinterhersieht, als sie mit der ersten großen Geldsumme von dannen fährt oder aber sein schwerer Seufzer, als beinahe die ganze Operation geplatzt wäre. Aber ich tue mich wirklich schwer mit Hank in dieser Staffel. Vieles hat sich zwischendurch nach Abschied angefühlt und passiert ist dennoch nichts. Diese Episode symbolisiert das auch wieder eindrücklich, denn bei ihm tut sich charakterlich einfach nicht mehr viel. Deswegen hat mich auch seine intensive Szene mit Adrian, als er ihn vom Selbstmord abhalten wollte, seltsam unberührt gelassen. Was auch daran liegen mag, dass Hank solche Momente in anderen Episoden noch anders entschieden hat, siehe Katherine Brennan und andere. Dennoch wird er uns wohl noch erhalten bleiben, denn wie sagte er zu Anna? "Ich habe nur noch meinen Job." Wenn nicht gerade sein Charaktertod geplant ist, dann müssen wir uns auf Ruhestand wohl nicht einstellen. Schade ist es dennoch, dass dem Autorenteam nichts Neues mehr zu Hank einfällt, denn wenn es andere Bemühungen gab, dann sind die schnell im Keim erstickt worden.

Überraschend hat sich aber definitiv die Ermittlung erwiesen, auch wenn es keine wirkliche Ermittlung diesmal war. Aber dass die Schießerei vor der Bäckerei eben nichts mit Escano zu tun hatte, das kam unerwartet. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass sich mit Adrian noch so ein persönliches Motiv auftun würde. Er war so irgendwie auch eine tragische Figur, so dass es mir stellenweise wie Anna ging, denn Adrian wirkte nicht wie ein klassischer Bösewicht, sondern eher wie jemand, der völlig im Affekt gehandelt hat. Auch seine emotionale Abhängigkeit von Escano hat mir leid getan. In dem Sinne war der Selbstmord auch konsequent für seinen Charakter, aber er ist damit auch prototypisch für die vielen verlorenen Seelen aus einer Großstadt wie Chicago, die eben schon viel zu früh abgehängt werden und nie mehr richtig in Tritt kommen. In dem Sinne hebt sich dann auch wieder Anna ab, denn gegen sie ist im Leben auch vieles gelaufen und dennoch erkämpft sie sich ihren Platz in der Welt.

Fazit

Leider wieder keine überzeugende Episode von "Chicago P.D.". Es war zwar kurzweilig, aber wirklich entscheidend sind wir hiermit nicht vorangekommen. Zudem wurde aus den Konfrontationen zwischen Anna Avalos und Escano nicht viel herausgeholt und auch Hank Voight als Figur gewinnt so kein anderes Profil. Insgesamt also gut wegzugucken, mehr aber auch nicht.

Lena Donth – myFanbase

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