Bewertung

Review: #1.09 Im Zwiespalt

Foto: Brian Tee & Oliver Platt, Chicago Med - Copyright: Elizabeth Sisson/NBC
Brian Tee & Oliver Platt, Chicago Med
© Elizabeth Sisson/NBC

Wieder behandelt "Chicago Med" ein Thema, bei dem man als Zuschauer mitfühlen kann und einmal mehr darüber nachdenkt, wie man selbst entschieden hätte. Im Mittelpunkt stehen diesmal Dr. Ethan Choi und Dr. Wll Halstead, die mit ihrer Vergangenheit konfrontiert worden sind.

Leben retten bringt Klage ein

Fangen wir mal mit dem Handlungsstrang an, der die Freundschaft zwischen Will und Dr. Natalie Manning gefährden könnte. Die beiden behandeln die krebskranke Jennifer Baker, die an Lymphdrüsenkrebs leidet und nur noch wenige Zeit zu leben hat. Ich persönlich finde es ohnehin immer schlimm, wenn man die Diagnose Krebs hört. Doch gerade im Fall von Jennifer und ihrer Familie verstärkt sich mein Mitgefühl noch. Jennifer hat neben einem Mann auch noch eine kleine Tochter, die offenbar darüber belogen wird, dass sie wahrscheinlich schon bald ohne Mutter leben muss, da diese gegen Wiederbelebungsmaßnahmen ist. Mir ist durchaus klar, dass Eltern ihre Kinder vor allem Schlimmen und Traurigem beschützen wollen. Ich bin mir allerdings auch sicher, dass die kleine Bailey sehr genau weiß bzw. es ahnt, dass ihre Mutter bald sterben wird. Auf der anderen Seite kann ich zum Teil aber auch Jennifer verstehen. Seit vier Jahren kämpft sie gegen den Krebs und hat alle Medikamente und Behandlungsmöglichkeiten genutzt. Klar, dass man irgendwann keine Kraft mehr hat und von all dem Leid erlöst werden will. Allerdings ist sie auch Mutter, die ihr Kind liebt und da frage ich mich doch, ob sie den Kampf nicht vielleicht doch zu früh aufgibt. Gerade deswegen finde ich diese Handlung recht interessant, da auch die behandelnden Ärzte unterschiedliche Ansichten haben.

Ich hatte mich auf die gemeinsamen Szenen von Will und Natalie sehr gefreut, gerade weil es nach der Geburt von Owen der erste gemeine Fall von beiden ist und ich erwartet hatte, dass die Autoren mehr auf die Beziehung zwischen den beiden eingehen werden. Dabei hatte ich nicht damit gerechnet, dass Wills Entscheidung die Freundschaft gefährden könnte. Ich kann Wills Gedankengang durchaus nachvollziehen und er wurde mir dadurch auch etwas sympathischer. Wie schon in der Folge, in der der Zuschauer erfahren hat, dass Dr. Connor Rhodes' Mutter Selbstmord begangen hat, erfuhr man auch, dass Wills Mutter gestorben ist. Für mich war es nicht schwer zu erraten, dass seine Mutter an Krebs gestorben ist, dennoch war es hilfreich, es in dieser Folge durch seine Aussage bestätigt zu bekommen. Gerade diese Aussage ist es, die dazu führt, dass Will im Patientenfall emotional befangen ist.

Natürlich hat er den Beruf des Arztes erlernt, um anderen Menschen das Leben zu retten. In diesem Fall stellt sich aber die Frage, wann man erkennen muss, ab welchem Zeitpunkt es besser für den Patienten und einen selbst ist, keine Hilfe mehr zu leisten. Ich finde die Frage in diesem Fall um Jennifer Baker schwierig zu beantworten. Denn letztlich wollte Will nur helfen und mit der Hilfe von Zoe Roth hat er es geschafft, seine Patientin in die neue Studie zu bringen, deren Medikament vielleicht Heilung verschaffen könnte. Jedoch ist da eben noch seine persönliche Befangenheit, die er eigentlich über den Wunsch von Jennifer stellt. Allerdings frage ich mich, ob man es ihm verübeln kann – er ist ja auch nur ein Mensch, der Gefühle hat und auch schon Schicksalsschläge hinnehmen musste, die ihn, wie wir jetzt sehen konnten, deutlich geprägt haben. Will wollte mit seiner (übereilten) Entscheidung ein Stück seine eigene Seele heilen, weil seine eigene Mutter nicht die Chance bekommen hat, die Jennifer nun haben könnte.

Ein Gegensatz zum befangenen Will stellt Natalie dar. Obwohl sie sicherlich auch ihren Kollegen und Freund verstehen kann, fand ich es gut, dass sie nicht emotional gehandelt hat, sondern den Vorgang Sharon Goodwin gemeldet hat. Das zeigt auch, dass Natalie nicht nur emotionale Entscheidungen trifft und somit vielleicht auch die Freundschaft mit Will in Gefahr bringt. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass er ihren 'Verrat' einfach so hinnimmt und es Natalie mit Sicherheit spüren lässt. Ich freue mich auf jeden Fall schon sehr auf den weiteren Verlauf. Weniger freue ich mich, dass das Krankenhaus verklagt worden ist. Es ist zwar realistisch und zeigt auch, dass man diese Storyline noch weiterspinnen wird, aber irgendwie habe ich auch keine richtige Lust darauf, einen Rechtsstreit darüber zu sehen. Auch weiß ich noch nicht, ob ich mir wünschen sollte, dass das erprobte Medikament helfen soll oder nicht, hier kommt es für mich dann darauf an, wie man die Storyline weitererzählt.

Eigene Probleme

Wie auch schon in der letzten Review, freue ich mich auch diesmal, dass man Ethan mehr in den Fokus rückt und dadurch auch etwas mehr über ihn erfährt. Während wir in der letzten Folge seinen ehemaligen Kollegen Chief Mason kennenlernen durften, erfahren wir jetzt etwas aus seiner Kriegszeit. Ich komme nicht umher, bei Ethans Vergangenheit bzw. Handlung an Dr. Owen Hunt aus "Grey's Anatomy" zu denken, dafür ähneln sich die beiden Handlungen und Charaktere in meinen Augen zu sehr. Wie Owen hat auch Ethan Probleme damit, die Geschehnisse aus dem Krieg verarbeiten zu können. Ich wüsste nicht, ob ich es verkraften und verarbeiten könnte, so viel Tote, so viel Blut und weiß Gott was noch alles, zu sehen. Somit ist es kein Wunder, wenn Ethan damit hinter dem Berg hält und durch Verdrängung versucht, mit dem Erlebten umzugehen. Dass das auf die Dauer einfach nicht funktionieren kann, weiß man auch, wenn man nicht im Krieg gewesen ist. Irgendwann wird man nämlich damit konfrontiert und muss sich damit auseinandersetzen.

Bei Ethan war der Auslöser eine Patientin mit einer bipolaren Störung. Solch eine Erkrankung stelle ich mir auch grausam vor, jedoch hat, denke ich, niemand das Recht zu sagen, man solle sich nicht so anstellen und Mitleid erregen. Dass solch eine Krankheit mit der überstandenen Kriegszeit nicht zu vergleichen ist, dürfte jedem klar sein, zumal auch jeder anders mit Trauer, Traumata und Schmerzen umgeht. Doch wie auch schon bei Will, zeigt sich auch bei Ethan durch seinen Ausbruch, dass er sein Schicksal noch nicht verarbeitet hat. Mir gefällt es daher sehr gut, dass Ethan sich an Dr. Daniel Charles gewandt und sich ihm anvertraut hat. Vor allem gefällt mir an der Konstellation sehr gut, dass schrittweise vorgegangen wurde und Daniel nie die Absicht hatte, Ethan zum Reden zu zwingen, sondern einfach gewartet hat, bis er selbst dazu bereit gewesen ist. Ich hoffe, dass man an dieser Storyline dran bleiben wird.

Gute Ärzte

In meiner letzten Review hatte ich geschrieben, dass Dr. David Downey für mich kein wirklicher Sympathieträger ist. Nun, durch die neusten, für mich etwas schockierenden Entwicklungen, hat sich das Blatt doch etwas gewendet. Aber wer denkt auch im ersten Moment daran, dass Downey an Leberkrebs leidet. Mir war das überhaupt nicht klar, was vielleicht auch daran lag, weil ich mich nicht richtig auf diese Storyline einlassen konnte und sie mir bis jetzt ein wenig unlogisch vorkam.

So ganz falsch lag ich mit meiner Vermutung allerdings nicht, denn Downey hat wirklich ein Auge auf Connor in beruflicher Hinsicht geworfen und will ihm sein Können beibringen. In Anbetracht der Tatsache, dass er sein Wissen, aufgrund seines baldigen Todes, weitergeben will und offenbar etwas in Connor sieht, was jenen bei seinem Vater verwehrt bleibt, finde ich es toll, dass die Autoren den Charakter so weiterentwickeln.

Auch ein bisschen anders als von mir gedacht, hat sich Dr. Samantha Zanetti gegeben. Ich gehe zwar immer noch davon aus, dass sie eifersüchtig ist, weil Downey nicht sie für eine Weiterbildung unter seiner Leitung ausgewählt hat, allerdings denke ich, dass sie durchaus Größe hat, sich für Connor zu freuen und ihn in seiner beruflichen Entwicklung beizustehen. Ich hoffe nur, dass man die Storyline nicht allzu schnell zu Ende bringt, da es mich schon interessieren würde, wie sich die weitere Zusammenarbeit zwischen Connor und Downey noch entwickeln wird.

Mittlerweile bin ich mir auch bei Sarah Reese sicher, dass sie sich mal zu einer guten Ärztin entwickeln wird. Offenbar hatte sie am Anfang nur Startschwierigkeiten, welche sich nun zum Glück gelegt haben und sie jetzt in einer Routine drin ist. Ich denke, durch die Unterstützung von Maggie Lockwood und April Sexton fällt es ihr auch sehr viel leichter, ihre Arbeit zu machen. Ein bisschen schade fand ich es, als sie erkennen musste, dass ihr Patient gestorben ist oder besser gesagt, zum Sterben ins Krankenhaus gekommen ist. Doch vielleicht war es auch gar nicht so verkehrt, auch wenn es ein bisschen böse klingen mag. Ich glaube nämlich, dadurch hat sich ihr freundschaftliches Verhältnis zu Maggie gefestigt, wovon ich unbedingt mehr sehen möchte und durch die Anerkennung ihres Patienten hat Sarah meiner Meinung nach erkannt, dass sie auf einem guten Weg ist, eine tolle Ärztin zu werden, die nicht nur über Fachwissen und Fähigkeiten verfügt und die Patienten nicht nur als Arbeit ansieht, sondern als Menschen und sie als solche auch behandelt.

Fazit

Manche Folgen einer Serie muss man nach dem Anschauen erst einmal intensiv sacken lassen und nach und nach die Gedanken und Eindrücke Revue passieren lassen, bevor man ein endgültiges Urteil darüber fällen kann. Ähnlich war es auch bei dieser Folge, die mir zunächst gar nicht so sehr gefallen hat und mir erst beim Schreiben der Review bewusst wurde, dass die Autoren mit ihren Ideen mal wieder tolle Arbeit geleistet und vieles richtig gemacht haben. Sei es die gefährdete Freundschaft von Will und Natalie oder Ethans Offenbarung oder letztlich doch Sarah und Connor, die sich zu großartigen Ärzten entwickeln könnten. Mit den angefangenen Handlungen lässt sich meiner Meinung nach was Tolles machen, auf das ich mich persönlich freue.

Daniela S. - myFanbase

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