Bewertung

Review: #5.08 Der Zehn-Gebote-Mörder

Foto: Wes Bentley & Evan Peters, American Horror Story - Copyright: Prashant Gupta/FX
Wes Bentley & Evan Peters, American Horror Story
© Prashant Gupta/FX

Noch in der letzten Review zu #5.07 Flicker pries ich die Entscheidung der Serie, die Storylines der Episode auf zwei zentrale Handlungsstränge reduziert zu haben, um so mehr Spannung und mehr erzählerische Kohärenz zu erzielen. #5.08 The Ten Commandments Killer zeigt, dass diese kreative Entscheidung allein aber noch keine tolle Folge bedeutet. Wie der Titel bereits ahnen lässt, konzentriert sich diese Episode ausschließlich auf den seit langem gesuchten Zehn-Gebote-Killer und liefert die Auflösung um dessen Identität. Doch anstatt mörderisch gute Unterhaltung zu liefern, ist die Folge vor allem eines: (tod)langweilig.

"You've lived in my hotel long enough to know that what is impossible becomes... very possible here."

Mal ehrlich: Dass John Lowe in Wirklichkeit selbst der Zehn-Gebote-Killer ist, dürfte den erfahrenen Serien-/Filmefan zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vom Hocker gehauen haben. Lowe jagte die ganze Zeit über sich selbst, führte jahrelang ein Doppelleben als schizophrener Cop, eine gespaltene Persönlichkeit, die unter James Patrick Marchs Leitung zu einem Psychokiller wurde. Mit dieser Episode wird versucht, die Hintergründe und Entwicklungen näher zu beleuchten, die zu dieser radikalen Entwicklung führten, und obwohl viele Ideen im Ansatz nicht schlecht sind, so läuft hier verglichen mit #5.07 leider doch viel falsch.

Der erste Schwachpunkt ist der offensichtlichste: Wes Bentley hat in dieser Episode unglaublich viel auf seinen Schultern zu tragen, doch er trägt diese Last nur schwerlich. Natürlich muss Bentley mit einem relativ schwierigen Drehbuch arbeiten, das einerseits insofern schwierig ist, als dass er einen schizophrenen Charakter glaubwürdig darstellen muss (nie ganz einfach), das Drehbuch andererseits aber auch nicht unbedingt mit plakativen Phrasen geizt ("There's no such thing as justice anymore.", "I don't remember anything." etc.). Bentley wirkt die meiste Zeit über unglaublich steif, was natürlich auch der Kantigkeit seines Charakters John Lowe geschuldet ist, aber wenn Bentley "I killed a man tonight" mit demselben Ausdruck spielt wie wenn er an der Hotelbar einen Martini bestellt, dann funktioniert das nicht ganz.

"It's you, John. It's always been you."

Doch es soll hier keinesfalls nur Bentley die Schuld an der Durchschnittlichkeit der Episode aufgebürdet werden. Nein, noch viel schwerwiegender ist es, wie repetitiv und offensichtlich die Folge versucht, die Lücken der Story aufzufüllen. Wir bekommen keine wirklich neuen Erkenntnisse – altes wird wieder neu aufgewärmt, ein bisschen aufgepolstert, nochmal zusammengefasst. Ständig wird so genanntes stating the obvious betrieben: Der Zuschauer bekommt alles nochmal schön brav vorgekaut, ihm wird sämtliche Denkleistung abgesprochen und irgendwann wünscht man sich wirklich einen Martini, damit das alles schneller vorbeigeht. Da zeigt die Kamera Wren mausetot auf der Straße und eine Frau am Straßenrand kommentiert das mit "She's dead."? Sehr hilfreich, danke. Wir bekommen eine fünfminütige Montage, die John als Killer zeigt, nur damit Sally dann am Ende noch sagen kann "It's you, John. It's always been you."? Okay, jup, danke, wir haben's verstanden.

Und vor allem: Egal, wie sehr versucht wird, Johns Transformation und sein Doppelleben überzeugend darzustellen, der Funke springt nicht über. Klar, es gibt guten Ideen – zum Beispiel, dass March im Endeffekt dafür verantwortlich war, dass die Countess Holden entführte, um John so endgültig in den Wahnsinn zu treiben –, doch letztendlich wirkt alles irgendwie erzwungen, platt, uninteressant. Das mag am unausgegorenen Drehbuch liegen, an Bentleys wenig überzeugender Darstellung, an dem ständigen Wiederkauen von Informationen oder vielleicht auch einfach an der Tatsache, dass die Serie den Zuschauer letztlich nicht ganz so hinters Licht führen konnte, wie sie es wollte – wahrscheinlich ist es eine Kombination all dieser Aspekte.

"What I really loved about this project was its simplicity of statement. The elegance of a round number – ten. Which makes it even more vexing I was never able to complete it."

Der einzige Lichtblick sind da die Szenen mit Evan Peters, der als James Patrick March weiterhin großartig unterhält mit seinem affektierten Akzent und seinem Gentleman-haften Verhalten gepaart mit dem vollkommenen Wahnsinn seiner pathologischen Brutalität, ein totales Paradox, das aber wunderbar funktioniert. March passt hervorragend als Mentor für Lowe und sein größenwahnsinniger Plan, die perfide Mordserie mithilfe eines Lehrlings zu vollenden, ist eine für diese Figur absolut passende Motivation. So langatmig viele Dialoge auch sind, sobald March auf der Bildfläche erscheint, ist der Unterhaltungswert um einiges größer. Gleiches gilt für die kurzen Auftritte beispielsweise einer erleichterten Iris an der Rezeption, die Lowe endlich nichts mehr vorgaukeln muss (Kathy Bates for the win!), einer eifersüchtigen Ms. Evers ("You look radiant tonight, madam. Though I have no idea how one would launder something like that, all those sparkly bits.") oder der wie immer wunderbar enigmatischen Countess, deren gemeinsame Szenen mit March stets ein Highlight sind.

Nur Lowe funktioniert bisweilen weder als bemitleidenswerter Protagonist noch als überzeugender Antagonist und das ist das Problem dieser Episode. Wo diese Figur anfangs noch ihren Reiz hatte (und Bentley übrigens auch noch überzeugte!), zeigt diese Episode, dass durch einige schlechte Storyentscheidungen und falsche Informationsvergabe vieles zunichte gemacht werden kann. John Lowe ist also der Zehn-Gebote-Killer und dessen ist er sich nun auch bewusst – was die Serie sich hoffentlich zu Nutzen machen wird. Doch die mörderische Entwicklung Johns ist leider ungefähr so spannend wie die ausgestopften Tiere von James Patrick March: schön inszeniert und hübsch anzusehen, letztlich aber leblos und steif.

Maria Gruber - myFanbase

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