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Review: #6.15 Das Vermächtnis

Foto: How to Get Away with Murder
How to Get Away with Murder

Hier ist es nun also, das Finale von "How to Get Away with Murder". Es fällt mir schwer, die tausend Gedanken in meinem Kopf zu sortieren, denn eigentlich bleibt nur noch eins zu sagen: Das war es jetzt. "How to Get Away with Murder" ist zu Ende. Auserzählt. Nie wieder Morde, nie wieder das Geräusch der sich zurückdrehenden Uhr, wenn eine Geschichte noch einmal aufgerollt wird, nie wieder eine Rede von Annalise Keating.

Vor dem Serienfinale haben wir gemeinsam überlegt, wie es nun ausgehen wird und welchem Ende die Figuren entgegenblicken werden. Wer wird leben, wer wird sterben, was wird die letzte große Überraschung sein, die Pete Nowalk für die Fans der Serie geplant hat? Alles in allem muss ich sagen, dass mich das Finale gänzlich zufriedengestellt hat und dass, obwohl es über die erste Hälfte der Folge keinen allzu grandiosen Eindruck auf mich machte. Was zunächst wie irgendeine beliebige andere Folge aussah, entwickelte sich in den letzten Zügen jedoch zu einem würdigen Serienfinale hin, in dem – fast- jeder Figur Tribut gezollt wurde. Den Schauspielern wurde die Möglichkeit gegeben, ein letztes Mal über sich hinaus zu wachsen, genau so ließ man den Figuren den Raum, ihre tiefsten Wünsche zu unterstreichen und diesen entgegenzustreben. Bei einer Serie, bei der ein Happyend die Ausnahme und nicht die Regel ist, ist es schwer, ein rundes Ende zu finden, doch meiner Meinung nach hat man den Nagel auf den Kopf getroffen und hätte die Geschichte nicht besser enden lassen können.

"No more hating yourself."

Das Finale lässt sich problemlos in zwei Teile splitten. Den ersten stellt die Verhandlung dar, bei der man nur darauf gewartet hat, dass irgendjemand eine große rettende Geste unternimmt und so dafür sorgt, dass Annalise entlastet wird. Bei meinen letzten Überlegungen sind meine Gedanken dabei immer wieder zu Connor zurückgekehrt, der immer öfter betonte, dass er für seine Taten zur Rechenschaft gezogen werden will. Umso überraschter war ich, als Nate sich als Retter Annalises erwies, indem er seinen ganzen Groll hinunterschluckte und in ihrem Sinne eine Aussage machte. Nachdem man seine Figur in letzter Zeit so stark gegen Annalise schießen ließ, Bonnie keinen Zugang zu ihm fand und Nate sogar kaltblütig Xavier tötete, hätte ich nicht damit gerechnet, dass man versuchen würde ihn zu rehabilitieren – ganz zu schweigen davon, dass dies auch noch gelingen würde. Doch die eindrücklichen Worte Nates – der als einziger Mörder tatsächlich davongekommen ist – an Annalise, dass er nun endlich die Augen nicht mehr vor seiner eigenen Schuld schließt, kamen von Herzen und konnten mich dazu bringen, ihm und den Serienmachern dafür zu verzeihen, dass sie aus Nate zuvor eine so unliebsame Person gemacht hatten. Zudem stellen Nates Worte den Grundstein für das Abschlussplädoyer von Annalise dar, das ebenfalls den weichen und versöhnlichen Kern der Serie anspricht. Ein letztes Mal durften wir Annalise nun dabei lauschen, wie sie emotional ihren Ballast darzustellen weiß und eine wundervolle Rede hält. Genau so stark und doch auch verwundbar haben wir Annalise kennen und lieben gelernt, weshalb man sich nicht treffender von ihr hätte verabschieden können, als mit diesen Worten voller Ehrlichkeit, Stärke und Zerbrechlichkeit. Viola Davis, die den Zuschauer ohnehin noch nie enttäuscht hat, durfte sich ein letztes Mal beweisen.

"Say it. You think I was dumb to say all that." - "No. I think I'm in love with you, Annalise. I've tried to fight it, but I'm taking my mask off, too. I can not not have you in my life, because I love you."

Es mag nur ein kleines Happyend sein, doch Tegans Liebeserklärung an Annalise gibt auch dieser Figur noch einmal die Gelegenheit, über den eigenen Schatten zu springen und zu sagen, was einem auf dem Herzen liegt. Da macht es gar nichts, dass Annalise die Liebeserklärung nicht euphorisch erwidert, denn trotzdem wird die Verbundenheit der beiden wunderbar unter Beweis gestellt und ist ein perfektes Ende die entstandene Freundschaft.

"Oliver, thank you. Now I know how to love."

Da Annalises Verhandlung so glimpflich ausgeht, ist es nur passend, dass man dem Hochgefühl an anderer Stelle einen Dämpfer versetzt. Für mich ist Connor die Figur, die mir seit Beginn der Serie am meisten ans Herz gewachsen ist. Aus dem distanzierten, arroganten und kalten Studenten ist ein Mensch voller Mitgefühl und Sinn dafür geworden, was richtig und was falsch ist. Ich rechne es ihm hoch an, dass er sich für seinen Taten stellen will und nicht den Deal des FBI unterschrieben hat, der ihm eine Bewährungsstrafe zugesichert hätte. Denn allein durch diese Art von Buße kann Connor seine Taten hinter sich lassen, mit diesem dunklen Kapitel seines Lebens abschließen und nach vorne schauen. Die harschen Worte an Oliver, ihn nicht zu lieben, waren denke ich nur Mittel zum Zweck und Ausdruck dafür, trotz allem seinen Weg gehen zu müssen. Denn durch die spätere Wiedervereinigung der beiden wurde gezeigt, dass die Liebe zwischen ihnen nicht erloschen ist und so gibt es dann doch ein Happyend für Connor.

Ebenfalls vollkommen einverstanden bin ich mit dem Ende, das Michaela gefunden hat. Genau wie Connor stets betonte, für seine Beteiligung geradestehen zu wollen, distanzierte Michaela sich von dieser Ansicht. Sie wollte kämpfen, bis an die Spitze kommen und das auch allein, ohne einen Freund an ihrer Seite. Es schmerzt ein wenig, die Freundschaft von Michaela und Connor – die über die Jahre in liebevoller Detailarbeit aufgebaut wurde – nun vergessen zu sehen, doch Michaelas Werdegang spiegelt genau das wider, was sie sich immer gewünscht hat.

Ein weniger süßes Ende finden Frank und Bonnie, bei denen man wiederum von der harten Realität und der brutalen Seite der Serie getroffen wird. Doch auch wenn die beide am Ende zu Tode gekommen sind, finde ich diesen Ausgang sehr passend. Tegan erinnerte Annalise daran, dass Bonnie und Frank immer hinter ihr stehen werden: "Frank is ride or die for you, Annalise. Just like Bonnie." Und genau das haben die beiden auch in ihrem Tod getan. Ob man Birkhead jemals drangekriegt hätte, steht in den Sternen und durch den Tod Hannahs gab man Frank – der sichtlich über das Wissen, seine beiden Halbgeschwister getötet zu haben, entsetzt war und es dann wenigstens bei Gabriel wiedergutmachen wollte – ein letztes Mal den Anreiz, sich für Annalise zu opfern. Dass Bonnie dadurch ebenfalls den Tod finden musste, harmoniert denke ich mit dem Eindruck, dass Bonnie ohne Frank verloren gewesen wäre.

Was also Annalises Verhandlung und das Ende ihrer Bezugspersonen angeht, hat "How to Get Away with Murder" es überzeugend geschafft, die losen Fäden zu verbinden und ein Ende zu konstruieren, das gleichermaßen Glück und Trauer vereint.

"This is Criminal Law 100 or as my mentor liked to call it: How to get away with murder."

Den zweiten Teil der Episode bildet die Trauerfeier von Annalise – die sich nun Annalise Harkness nennt und wunderbarerweise zu ihren Wurzeln zurückgekehrt ist – und ich muss sagen, dass ich auch mit dieser Auflösung vollauf zufrieden bin. Hier gibt es nicht nur Aufschluss darüber, ob Annalise tatsächlich ums Leben gekommen ist, auch das Auftauchen von Alfred Enoch kann stimmig erklärt werden. Während ich keine allzu große Angst davor hatte, dass der Prozess zu einem runden Ende gebracht werden kann, hatte ich hingegen Bedenken, ob man bei der Beerdigung ein Kaninchen aus dem Hut zaubern würde, was die ganze Geschichte furchtbar unglaubwürdig gemacht hätte. Zum Glück sieht man davon ab und schafft es durch einen großen Zeitsprung, Annalise eine echte Trauerfeier zu geben, bei der schlussendlich nicht Wes sondern Christopher anwesend ist. Der Blick zu Laurel, die zufrieden mit ihrem Sohn in der Menge steht, dem glücklichen Paar Connor und Oliver, der Flashback zur gealterten Annalise und die emotionale Rede von Eve haben mich kalt erwischt und zu Tränen gerührt – mal abgesehen von dem etwas übertriebenen Makeup der Gealterten. Während der Gerichtsprozess nötig war, um offene Rechnungen zu begleichen, diente die Trauerfeier dazu, der Show ein friedliches Ende zu bescheren und das ist auf voller Linie gelungen. Mit Freudentränen in den Augen kann man nun mit Erleichterung mit "How to Get Away with Murder" abschließen und sich sicher sein, dass alle ein treffendes Ende gefunden haben. Dabei bleibt trotzdem noch Raum zu Spekulation und man fragt sich, warum Tegan, Michaela und Nate nicht auf der Beerdigung waren, oder wer Jorge ermorden ließ oder was aus Gabriel geworden ist – der in diesen finalen Episoden leider viel zu kurz kam und das einzige Manko an der Geschichte darstellt. Zudem fragt man sich, wen wir zum Schluss mit Annalise Hand in Hand gesehen haben. Wer waren die Menschen an ihrer Seite? Liebhaber ihrer letzten Jahre? Freunde? Mit wem verbrachte sie ihren Lebensabend? Mit Tegan? Oder vielleicht mit Eve? Doch auch wenn einige Dinge ungeklärt bleiben, so entsteht beim Gedanken an diese offenen Details kein Frust, es ist eher Freude darüber, dass es auch am Ende noch gelingt, den Zuschauer zum Nachdenken anzuregen.

Mit der finalen Szene schließt sich indes der Kreis und man wählt in dieser letzten Minute einen Weg für das Ende, der vollkommen perfekt ist. Genau wie zu Beginn der Serie befinden wir uns an der Middleton Law School, Alfred Enoch fährt mit seinem Fahrrad über den Campus und betritt den Vorlesungssaal, in dem junge Jurastudenten unterrichtet werden. Christopher bezeichnet Annalise als seine Mentorin, was eine letzte Träne in den Augenwinkel des Zuschauers zaubert, bevor man sich für immer von der Serie verabschiedet.

Fazit

Eine Ära ist zu Ende und auch wenn nicht immer alles makellos war, hat man "How to Get Away with Murder" zu einem perfekten Ende gebracht. Hätte man etwas besser machen können? Bestimmt. Doch auch wenn man die Serie mit einer Doppelfolge beendet hätte, um mehr Details unterbringen zu können, hätte das sicher nichts an dem runden Gesamtbild geändert, das uns zum Schluss gekonnt vermittelt werden konnte. Mir wird "How to Get Away with Murder" in guter Erinnerung bleiben und eine Lücke hinterlassen, die keine andere Serie so schnell wieder füllen kann.

Marie Florschütz - myFanbase

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