Bewertung

Review: #6.02 Zuhause

Foto: Isaac Hempstead Wright & Max von Sydow, Game of Thrones - Copyright: Helen Sloan/HBO
Isaac Hempstead Wright & Max von Sydow, Game of Thrones
© Helen Sloan/HBO

Nach einem sehr gelungenen Straffelauftakt schraubt diese Folge an einigen Stellen die Spannung etwas zurück, gleichzeitig hält man die Messlatte aber immer noch sehr hoch und bietet uns eine unterhaltsame Folge mit einem Cliffhanger, den sich viele Fans schon in der vorangegangenen Folge gewünscht hätte.

"I am Lord Bolton."

Es ist für niemanden mehr eine Überraschung, dass Ramsay ein unverbesserlicher Sadist ist und genau das stellen die Autoren in dieser Folge einmal mehr unter Beweis. Zuvor hätte ich mir nicht träumen lassen, dass Ramsay nicht einmal vorm Vatermord zurückschreckt, da Roose Bolton auf mich immer so wirkte, als hätte er den Respekt seines Sohnes. Mit dem Bastardnamen hat Ramsay aber augenscheinlich auch das Gefühl abgelegt, im Schatten seines Vaters zu stehen. Dass er Roose so kaltblütig aus dem Weg räumte, nachdem die Geburt seines Bruders bekannt wurde, war dennoch irgendwie ein Schock. Die Männer sterben in dieser Staffel wie die Fliegen und nachdem man zuvor in Dorne die Herrschaftsordnung auf den Kopf stellte, steht nun ein nicht weniger schockierender Richtungswechsel in Winterfell bevor. Ich möchte nicht behaupten, dass Roose Bolton ein rechtschaffender Mann war, doch trotz seiner Hinterhältigkeit strahlt Ramsay noch einmal eine ganz andere Art von Gefahr aus. Roose Bolton war zweifelsohne im Stand, einen Freund sofort zu einem Feind zu erklären, sollte ihm dies von Nutzen sein, Ramsay ist aber noch einen Zacken schärfer und hat in der gesamten Serie noch keine Szene gehabt, in der man in ihm einen Funken Gutes erkennen konnte. Die Menschlichkeit scheint dieser Figur in jedem Aspekt zu fehlen und auch wenn dies spannende Geschichten und überraschende Kämpfe für die Zukunft verspricht, befürchte ich, dass die Storyline schnell zu oberflächlich werden könnte. Welchen Grund hat Ramsay, Theon und Sansa nachzustellen? Verletzten Stolz? Untermauerung seiner Macht? Für mich stellt sich hier nur eine nicht enden wollende Hetzjagd dar, die mit dem Tod von einem der Beteiligten enden muss. Ich hoffe sehr, dass man der Handlung noch etwas mehr Tiefgang verleiht.

Es ist schade, dass Ramsay in der Serie bisher nur zu Mord und Folter fähig war, was man in dieser Folge durch die Hinrichtungen von Roose, seiner Frau und dem Baby noch einmal unterstrichen hat. Zweifelsohne konnten wir alle nicht fassen, dass Ramsay so brutal seine eigene Familie umbringt, doch er hat damit so gehandelt, wie es seine Figur von jeher tut, was schon fast ein wenig ermüdend ist.

"What is dead may never die."

In der letzten Staffel lies man von der Handlung rund um Yara ab, nachdem die Männer der Eiseninseln besiegt wurden. Nun deutet man hier gleich durch mehrere Punkte eine größere Geschichte an. Zum einen plant Theon, in seine Heimat zurückzukehren und auf der anderen Seite dürfen wir Euron Greyjoy begrüßen, der für einen neuen Machtkampf sorgt, indem er seinen Bruder aus dem Weg räumt. Kenner der Romanreihe freuen sich bestimmt, dass man hier noch einmal an die Bücher anknüpft und diese Storyline nicht vergessen hat.

Der Tod von Balon (neben Roose nun noch ein Machthaber weniger) war keinesfalls so schockierend und konnte mich auch nicht so sehr mitreißen, da wir bisher recht wenig von den Eisenmännern gesehen haben und diese mir bisher nicht sonderlich ans Herz gewachsen sind. Dennoch finde ich es interessant, dass "Game of Thrones" erneut eine Mordwelle potentieller Thronanwärter zeigt, nachdem man in den vorangegangenen Staffeln das gleiche bereits mit Robb, Renly und Joffrey tat. Immer wieder stirbt eine Riege von Männern und die nächste versucht im Kampf um den Thron ihr Glück. Was dabei auffällt, ist die zunehmende Stärke der weiblichen Figuren. Cersei und Daenerys sind von Beginn an dabei und ein Ableben von ihnen scheint nicht in greifbarer Nähe zu sein. Auch Margaery, Yara und die Sandschlagen scheinen bereit, im Kampf um den Thron alles zu geben.

Lyanna Stark

Man setzt nun auch wieder an Brans Geschichte an und auch wenn ich bisher nie ein großer Fan von ihm war, hat es mir dieses Mal sehr gefallen, ihn wiederzusehen. Bran hat seine Gabe ausgebaut und zeigt uns Szenen, die es in "Game of Thrones" nicht häufig gibt: Flashbacks. Ich finde es sehr vielversprechend, dass man durch diese Erzählmethode längst Vergangenes noch einmal aufrollen kann und dass es nun die Chance zu geben scheint, der Fantheorie R+L=J auf den Grund zu kommen.

Neben dem Sprung in die Vergangenheit schien jenseits der Mauer allerdings alles beim Alten zu sein und die Freude über die neue Möglichkeit wird durch Meeras Stimmung etwas gedrückt. Denn obwohl es bestimmt Spaß machen wird, mit Bran in die Vergangenheit abzutauchen, sehe ich nicht, welche fesselnde Handlung sich sonst rund um ihn entwickeln könnte. Aufgrund seiner Querschnittslähmung ist und bleibt Bran eingeschränkt und dieses motorische Handikap wirkt sich natürlich auch auf die Storyline aus. Wenn man überlegt, dass man mehrere Staffeln braucht, um die Dreiäugige Krähe zu erreichen und überlegt, welchen Weg (nicht nur in Kilometern sondern auch in der Charakterentwicklung) zum Beispiel Daenerys in der gleichen Zeit zurückgelegt hat, springen einem viele Unterschiede ins Auge.

Drachenbändiger

Tyrion ist mir äußerst sympathisch, doch nun hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass den Autoren bei seiner Geschichte die Logik ein wenig abhanden gekommen ist. Denn auch wenn Tyrion ein gutes Herz hat, denke ich nicht, dass er damit und mit ein paar nett gemeinten Worten tatsächlich im Stande ist, einen bzw. zwei Drachen, die seit langer Zeit eingesperrt sind, ihre Mutter vermissen und hungern, einfach so zu beruhigen. Es ist zwar schön, dass Tyrion, der ja bekannter Weise seit jeher ein großer Drachenfan ist, nun endlich die Gelegenheit hat, einen zu berühren. Doch dass diese wilden Kreaturen ihn nicht einfach gegrillt haben und der zweite ihn sogar aufgefordert hat, noch ein Stück näher zu kommen und die Kette zu lösen, ist in meinen Augen einfach etwas zu dick aufgetragen. Es wirkte auf mich einfach unglaubwürdig, dass Tyrion unverletzt wieder zu Varys zurückkehren konnte, weshalb ich mich für diesen Teil der Episode leider nicht erwärmen kann. Als nächstes schwingt sich Tyrion noch einfach so auf den Rücken von Rhaegal oder Viserion und fliegt davon, um Daenerys aufzuspüren.

Jon Snow

Das Thema Jon Snow schien nach der letzten Episode beendet zu sein, doch schnell zeigt man uns, dass das letzte Wort noch immer nicht gesprochen ist. Sofort hat sich bei mir wieder das gleiche kribbelige Gefühl wie im Staffelauftakt eingestellt, da man uns mehrmals Jons Leiche zeigt und man erneut zu hoffen begann, dass man das Ruder noch einmal herumreißen kann. Genau das geschah auch und obwohl ich diese Wendung gut finde, fand ich es seltsam, dass man an dieser Stelle nicht Melisandres spontanes Altern thematisiert, sondern dies erst einmal komplett außen vor lässt, um sich erneut auf Jon zu konzentrieren. Die Spannungskurve wurde in den letzten Minuten der Folge sehr gut aufgebaut und man wünschte sich mit jeder Sekunde mehr, dass Jon durch Zauberhand wieder zu sich kommt. Einerseits war man sich sicher, dass genau das passieren würde, andererseits musste man sich eingestehen, dass ein Fünkchen Unsicherheit noch immer da war. Genau diese Unsicherheit wuchs noch einmal, als Jons Freunde niedergeschlagen den Raum verließen, doch innerhalb eines Sekundenbruchteils war klar, dass der Wunsch vieler Fans erhört wurde. Mit dem Aufblicken von Geist konnte man sich sicher sein, dass sich in Jon etwas regt und dann schlug er auch schon die Augen auf. Diese Achterbahnfahrt der Gefühle hat einfach Spaß gemacht und indem man diese Enthüllung am Ende der Episode platziert hat, freut man sich natürlich umso mehr auf die nächste Woche.

Nun stellt sich natürlich die Frage, in was für einer Verfassung sich Jon nun befinden wird. Hat ihn der Tod verändert? Wie steht Jon nun zu Melisandre und ihren Fähigkeiten? Wie werden die Männer der Nachtaufwache es aufnehmen, dass Jon von den Toten zurückgekehrt ist? Und wie die Wildlinge, die Auferstandene sicherlich als gefährliche Weiße Wanderer betrachten? Es bahnen sich auf jeden Fall viele Konflikte an.

Randnotizen:

  • Die Geschichte rund um Arya hat mich vollkommen kalt gelassen. Es war doch klar, dass man sie nicht ewig auf der Straße sitzen lassen wird, sondern erneut ins Haus von Schwarz und Weiß zurückholt.
  • Myrcellas Beerdigung wurde nicht dazu benutzt, um uns Tommens und Jaimes Trauer zu zeigen, sondern einen weiteren Machtkampf anzudeuten. Und zwar den zwischen Kirche und Staat.
  • Cersei scheint nach dem zweiten Verlust eines Kindes ein gebrochener Mensch zu sein. Es ist spannende, sie in dieser Verfassung zu sehen und man fragt sich, wann und in welche Richtung ihre Emotionen umschlagen werden.
  • Margaery und Daenerys in dieser Folge nicht zu sehen, war ein wenig schade, da ich gern wissen möchte, wie sich die beiden Frauen aus ihren scheinbar ausweglosen Situationen befreien können.

Fazit

Im Gedächtnis bleiben wird einem von dieser Episode wahrscheinlich nur die Auferstehung von Jon. Denn obwohl der Rest ebenfalls unterhaltsam war und neue Weichen für die Zukunft gestellt hat, gab es nur wenige Aha-Momente.

Marie Florschütz - myFanbase

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