Bewertung

Review: #4.18 Der Berater

Foto: Jared Harris, Fringe - Grenzfälle des FBI - Copyright: 2012 Fox Broadcasting Co.; Liane Hentscher/FOX
Jared Harris, Fringe - Grenzfälle des FBI
© 2012 Fox Broadcasting Co.; Liane Hentscher/FOX

Wenn ich Ende Mai die vierte Staffel "Fringe" Revue passieren lassen würde, dann würden zweifelsohne zwei große Kritikpunkte anfallen, die die aktuelle Staffel leider in ein weniger gutes Licht rücken. Der erste Punkt wäre weiterhin die ganze Handlung um Peter, der ich zu Beginn der Staffel immer wieder hoffnungslosen Optimismus bezüglich der Auflösung entgegengebracht hatte, doch nun, wo das Ganze in #4.15 A Short Story About Love offenbar tatsächlich abgeschlossen scheint, wird auch mir klar, dass der Storyarc nicht nur vollkommen rudimentär zu Ende geführt wurde, sondern auch noch keinen wirklich sinnvollen Zweck erfüllte. Der zweite Kritikpunkt bleibt die Tatsache, dass man aus der Idee, beide Universen in dieser Staffel friedlich zusammenarbeiten zu lassen, einfach viel zu wenig rausgeholt hat. Daran ändert auch #4.18 The Consultant nichts, eher im Gegenteil: Nach dieser Episode wird erst recht klar, welches Potential man doch verschenkt hat.

"Feel it, Peter." - "Oh really, can I?" - "He's dead Peter, you can't hurt him."

Vorweg kann man schon einmal festhalten, dass #4.18 die beste Folge seit der Rückkehr aus der vierwöchigen Frühjahrspause ist und es gab zahlreiche Faktoren, die dazu beitrugen. Einer davon war beispielsweise der Fall der Woche, an dem das erste Mal seit #4.02 One Night in October (!!!) beide Teams gemeinsam ermittelt haben. Der Fall zeigte die Serie von ihrer besten Seite, denn die Tatsache, dass drei Menschen aufgrund eines Flugzeugabsturzes sterben, ohne jedoch in einem Flugzeug gewesen zu sein, ist absolut skurril und konnte daher auch sofort das Interesse der Zuschauer erwecken. Superberweise stand der Fall in Verbindung zu David Robert Jones, den wir das erste Mal seit #4.14 The End of All Things wieder zu Gesicht bekommen haben und der wohl kurz davorsteht, die finale Phase seines größenwahnsinnigen Plans durchzuführen. Wir wissen nun also, dass Jones in der Lage ist, beide Universen in der gleichen Frequenz schwingen zu lassen, was katastrophale Auswirkungen haben kann. Walter sagte es ja bereits: Hätte Alt-Broyles das von Jones ausgehändigte Gerät in die Maschine auf Liberty Island gesteckt, dann wären beide Universen kollabiert. Der Sinn dahinter bleibt mir persönlich allerdings noch unklar, denn was hätte Jones davon, würden beide Universen zerstört werden? Schließlich wissen wir seit #4.16 Nothing As It Seems, dass Jones eigentlich plant, ein Universum sein Eigen zu nennen, um dort dann eine neue Art von Menschheit zu besiedeln. Das heißt logischerweise auch, dass es ihm nicht wirklich etwas nützen würde, wenn beide Universen kollabieren. Oder braucht er etwa weder das rote noch das blaue Universum für seinen bizarren Plan?

"Ah, my escort is here. And by escort I mean prostitute."

Die durch Jones verursachten Ereignisse zwangen Walter dazu, das erste Mal seit seinem Crossover von 1985 auf die andere Seite zu wechseln und dort Bolivia bzw. Lincoln zu assistieren. Besonders die Interaktionen zwischen Bolivia und Walter stachen dabei sehr positiv hervor, da sich die beiden seit #4.11 Making Angels nicht mehr feindlich gegenüberstehen, sondern ein richtig freundschaftliches Verhältnis pflegen. So waren besonders die Szenen in Bolivias Appartement von wunderschönen Momenten geprägt und vor allem als Walter und Bolivia gemeinsam Rührei machen und sich Bolivia dabei erschöpft an Walters Schuler lehnt, war man dankbar, dass es die andere Seite gibt, da man einen solch herzerwärmenden und zum Lächeln animierenden Moment wohl niemals von unserer Olivia hätte erwarten können. Sehr überzeugend wurde auch Bolivias Trauer um Alt-Lincoln in Szene gesetzt. Weniger während dessen Beerdigung, aber dafür umso mehr während des nächtlichen Gesprächs zwischen ihr und Walter. Wie Bolivia angetrunken vor Alt-Lincolns Sachen sitzt und ihrem Gegenüber klarmacht, dass sie dessen Eltern nicht ins Gesicht blicken könne, weil sie immer noch keine Spur habe, die sie zu den Verantwortlichen führt, war sehr ergreifend und eine wundervolle Leistung von Anna Torv. Unter der großartigen Walter/Bolivia-Dynamik hatte hingegen Lincolns Daseinsberechtigung zu leiden, der in dieser Folge lediglich zur Randfigur degradiert wurde und man hin und wieder sämtliche Interaktionen zwischen Bolivia und ihrem ehemaligen Partner vermisste. In dieser Folge hat sich Alt-Lincolns Tod also noch alles andere als ausgezahlt, aber da sowohl Lincoln als auch Bolivia nach wie vor von Rachemotiven geleitet werden, könnte deren Beziehung in Zukunft doch noch ein wenig mehr Pepp erhalten.

"On purpose? Anything's possible - even Santa Claus."

Während Bolivia verzweifelt den für Alt-Lincolns Tod mitverantwortlichen Maulwurf in der Fringe Division ausfindig machen wollte, hatten wir Zuschauer exakt jenen in dieser Folge vermehrt vor Augen, da er mit im Fokus der Episode stand. Die Rede ist natürlich von Alt-Broyles, von dem wir Zuschauer bereits seit #4.08 Back To Where You've Never Been wissen, dass er für Jones arbeitet und den man schon als rücksichtslosen Verräter abgestempelt hatte. Nun wurden uns die Gründe für Alt-Broyles' Zusammenarbeit mit Jones offenbart, nämlich, dass Jones Alt-Broyles im Gegenzug dafür Medizin beschafft, die seinen Sohn Chris vor dem Sterben retten. Natürlich ist diese Wendung recht klischeehaft gehalten, da man aber auf Alt-Broyles' Sohn Chris und dessen Gendeffekt zurückgreift, der ja bereits in der alten Realität in #3.07 Entführt eine zentrale Rolle spielte, kann man dem Ganzen nicht vorwerfen, dass es an der Nase herbeigezogen sei.

Stattdessen gefiel es mir sehr gut, dass man uns Alt-Broyes plötzlich genau so darstellte, wie schon in der alten Realität, denn überhaupt gab es große Parallelen. In der alten Realität war er schließlich auch auf der Seite des Bösen, damals Walternate, der grausige Experimente mit Olivia durchführte. Doch auch hier siegte letztlich Alt-Broyles' Gewissen in #3.08 Entrada und er half Olivia, zu fliehen. So ähnlich lief das Ganze nun auch hier ab, da sich Alt-Broyles am Ende dafür entschied, sich gegen Jones zu wenden. Alt-Broyles sorgte sowieso in dieser Folge für durchweg interessante Szenen. So war beispielsweise die Szene zwischen ihm und Walter ein kleines Highlight, zumal man dabei mal wieder Walters fatale Entscheidung aus dem Jahre 1985 thematisierte. Richtig gut waren auch die Szenen zwischen Alt-Broyles und Jones, wobei es hier wieder einmal mehr Jared Harris war, der in der Rolle des skrupellosen Bösewichts glänzte.

Da Alt-Broyles innerhalb dieser Folge Unmengen an Sympathiepunkte für sich verbuchen konnte und die kleinen Momente zwischen ihm und seinem Sohn sehr herzerwärmend waren, tat es einem fast schon weh, zu sehen, wie Alt-Broyles sich sichtlich reumütig bei Bolivia entschuldigt und dann wenig später in eine Zelle gesperrt wird. Ich hoffe sehr, dass wir noch einmal eine Szene zwischen Alt-Broyles und Bolivia geliefert bekommen. Im Übrigen war es genüsslich mit anzusehen, dass ausgerechnet Alt-Nina versehentlich preisgegeben hatte, dass Alt-Broyles der Maulwurf ist. Was sie betrifft, so hoffe ich ebenfalls noch, dass wir einige mehr Szenen mit ihr zu sehen bekommen. Sehr interessant waren ihre ständigen Andeutungen, dass sie sich sicher sei, dass Jones sie bald befreien werde. Hier bleibt also wirklich großer Grund zur Annahme, dass noch einiges kommen wird. Oder hatte Bolivia Recht und Alt-Nina ist für Jones gar nicht so wichtig, wie diese zu glauben scheint?

"You couldn't bring over a casserole but a severed hand is okay?"

Wie auch sonst immer, hatte #4.18 einige kleinere Details zu bieten, die nicht außer Acht gelassen werden sollten. Erwähnenswert war daher zum Beispiel das Aufeinandertreffen zwischen Astrid und ihrem alternativen Ego, das natürlich nicht annährend an deren Szenen in #4.11 herankam, aber es dennoch wunderbar mit anzusehen war, wie sich Alt-Astrid über den mitgebrachten Kaffee freute. Man könnte beklagen, dass Alt-Astrids abweisendes Verhalten gegenüber Astrid nicht ganz konform mit den Entwicklungen aus #4.11 ging, aber aufgrund ihres Autismus wurde das Ganze absolut authentisch dargestellt.

Dann gab es da noch Walters herrliches Verhalten gegenüber Astrid oder Olivia hinsichtlich der Beziehung zwischen letzterer und seinem Sohn. Walters Freude über die Beziehung zeigte sich ja auch schon in #4.16 und es ist immer wieder witzig und niedlich zugleich. Übrigens weiß ich nicht ganz, wie ich es finden soll, dass die Beziehung zwischen Olivia und Peter so subtil dargestellt und relativ wenig auf sie eingegangen wird. Schließlich spielte deren Beziehung zueinander in der Mitte der Staffel eine sehr große Rolle und einigen Zuschauern ging das Herz auf, als sich die beiden am Ende von #4.15 küssten und somit wieder zusammenfanden. In der Hinsicht ist es schon ein wenig enttäuschend, dass wir seitdem recht wenige Szenen zwischen den beiden zu sehen bekommen und ihre Partnerschaft so gut wie keine wichtige Rolle mehr zu spielen scheint. Das ist besonders deshalb merkwürdig, weil Peter in #4.14 noch klar wurde, dass er eventuell nur nicht aus der Zeitlinie gelöscht werden konnte, da er noch mit Olivia ein Kind zeugen wird.

Fazit

Eine ereignisreiche Episode mit vielversprechenden Entwicklungen und einem spannenden Fall, der später interessant in die Handlung um David Robert Jones eingeflochten wurde und zudem noch das Agieren beider Universen zur Folge hatte, sodass man sich erneut auf wunderbare dadurch zustande gekommene Charakterkonstellationen und deren tollen Momenten, diesmal besonders zwischen Bolivia und Walter, einlassen konnte. Genau so hat eigentlich eine Episode der vierten Staffel auszusehen, doch wie bereits erwähnt: #4.18 The Consultant ist weniger eine Folge, die zeigt, wie erstklassig die Quintessenz der vierten Staffel funktioniert, sondern eher eine Episode, die veranschaulicht, wie toll diese Staffel von Anfang an hätte werden können, hätte man öfter auf Folgen dieser Art zurückgegriffen.

Manuel H. - myFanbase

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