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Review: #4.08 Rückkehr ins Ungewisse

Foto: John Noble, Fringe - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
John Noble, Fringe
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Nach dieser Episode weiß man gar nicht so genau, ob man wütend auf FOX sein sollte, weil man uns diese Folge aufgrund der vorgezogenen Winterpause so lange vorenthalten hat oder eher dankbar dafür, dass wir Zuschauer nicht so lange warten müssen, bis wir sehen, wie es weitergeht. Zweifelsohne war #4.08 Back To Where You’ve Never Been die bisher beste Folge der vierten Staffel, welche bisher viel mehr durch interessante Standalone-Episoden überzeugen konnte, statt durch die Handlung der Serie an sich. Nun scheint aber eben jene zu Beginn des Jahres ordentlich in Schwung gebracht zu werden.

"So clearly in the other universe I’m a nutjob."

Auch im neuen Jahr befinden wir uns nach wie vor in der anderen/falschen Zeitlinie. Das allein war für die ein oder anderen Zuschauer wohl schon wieder ein Dorn im Auge und man kann nach wie vor nachvollziehen, weshalb sich jene Zuschauer weder mit der Staffel noch mit #4.08 selbst anfreunden können. Ich verstehe durchaus, dass viele Zuschauer einfach wieder das gewohnte "Fringe" sehen möchten. Und da machen es die Autoren diesen Zuschauern auch nicht leichter, wenn man immer wieder zu Beginn einer Folge Traumsequenzen von Peter einbringt, wie er harmonisch mit Olivia zusammenlebt und ein liebevoll durchgeknallter Walter dieses Gesamtbild perfektioniert, ehe man wieder in die Realität, besser: in die andere Realität, zurückgeholt wird, wo sich weder Olivia noch Walter mit seiner Existenz anfreunden können. Manche Zuschauer möchten also genau das, was Peter auch will: zurück in das gewohnte Umfeld. Ich persönlich hätte auch definitiv nichts dagegen, jedoch stehe ich der neuen Zeitlinie immer noch weniger feindlich gegenüber als andere. Nach wie vor erhoffe ich eine gute und sinnvolle Auflösung des Ganzen und erfreue mich einfach an den Vorteilen, die diese Zeitlinie mit sich bringt, nämlich, dass man in dieser Zeitlinie immer wieder mit neuen, veränderten Details bzw. Tatsachen überrascht wird, die man so gar nicht hat kommen sehen.

Aufgrund von Peters Entscheidung, ins parallele Universum zu reisen und Walternate um Hilfe zu bitten, spielte #4.08 zum Großteil genau dort. Und das wurde auch wirklich mal wieder Zeit, da ich nach wie vor nicht wirklich mit der Tatsache klar komme, dass seit Beginn der vierten Staffel eine Brücke zwischen den beiden Universen besteht und die andere Seite dennoch lediglich in #4.02 One Night in October als Schauplatz diente. Dabei ist es nicht nur optisch immer wieder ein Vergnügen, einen Ausflug dorthin zu unternehmen, sondern auch aufgrund Bolivia und Alt-Lincoln, die auch in der neuen Zeitlinie ein wunderbares Team abgeben und als Charaktere selbst überaus überzeugen. Und mit dem Aufeinandertreffen zwischen unserem Lincoln und Alt-Lincoln dürfte sowieso so manches Zuschauerherz höhergeschlagen sein. Mit meinem Herz passierte das jedoch eher, als man endlich, das erste Mal in dieser Staffel, Walternate zu Gesicht bekommen hat, dessen schauspielerische Darstellung auch nach so langer Abstinenz weiterhin eine brillante Leistung seitens John Noble bleibt.

"Everything is not as it seems."

Doch auch das andere Universen bleibt nicht von den Unterschieden der anderen Zeitlinie verschont. Das hatten wir bereits in #4.02 gesehen, als ein quicklebendiger Alt-Broyles auf der Bildfläche erschien und man erfuhr, dass Bolivia weiterhin mit Frank liiert ist. In #4.08 wurden wir Zeugen weiterer Unterschiede, die den Verlauf der Folge teils ungeheuer spannend und überraschend machten und Peters und Lincolns Aufenthalt als gefährlicher gestaltete, als zunächst angenommen. Dabei hatte ich allerdings schon angenommen, dass man uns auf eine falsche Fährte locken wollte, als Walternate von Vorneherein dafür verantwortlich gemacht wurde, Peter und Lincoln beseitigen zu wollen. Dennoch war ich dann überrascht, als sich während des sehr spannend inszenierten Aufeinandertreffens zwischen Peter und Walternate letzterer als Guter entpuppt und sich kurzerhand Alt-Brandon entledigt, den er schon vor Längerem heimlich als Gestaltwandler entlarvt hatte. Somit bietet uns diese Zeitlinie also einen völlig anderen Walternate, der sich zwar nach wie vor deutlich von Walter unterscheidet, aber weniger verbittert und, anders als bislang vermutet, auch nicht in der Rolle des Antagonisten zu sein scheint. Ein Höhepunkt war dann schließlich das darauffolgende Gespräch zwischen Peter und Walternate, in dem Walternates neue Charakterzüge deutlich zum Vorschein kamen und man ihn sogar fast so etwas wie Lächeln gesehen sehen konnte – eine epische Premiere! An dieser Stelle darf natürlich auch die Szene zwischen Peter und seiner Mutter Elizabeth nicht unerwähnt bleiben, die sogar noch emotionaler geriet als das Wiedersehen zwischen Mutter und Sohn im Finale der zweiten Staffel und einen fast schon fluchen lassen, dass Darstellerin Orla Brady nicht öfter in der Serie zu sehen ist.

"I’m impressed. You’ve got quite a knack for deception."

Nachdem sich Walternate als vermeintlich gutartiger Charakter herauskristallisiert hat, stellte man sich natürlich die Frage, wer dann eigentlich hinter den bösartigen Gestaltwandlern steckt, die bisher ja im Fokus der Staffelhandlung standen. Zugegeben, dass auch die vierte Staffel noch einen roten Faden hat und nicht nur aus Lückenfüllerepisoden und Peters verzweifelten Versuchen, nach Hause zu finden, besteht, könnte man schon fast vergessen haben. Also, Erinnerung: Bereits im Staffelauftakt #4.01 Neither Here Nor There wurden uns die neuartigen Gestaltwandler vorgestellt und schnell das andere Universum verdächtigt, mit deren Hilfe unser Universum infiltrieren zu wollen. Weiter ging es dann in #4.05 Novation, in der einer dieser Gestaltwandler, Nadine, einen Forscher entführte und mit dessen Hilfe ein Mittel herstellte, das den Gestaltwandlern offenbar nützen sollte. Am Ende schrieb Nadine dann ihrem Anführer auch noch eine kleine Nachricht und in dieser Folge wurde nun klar, wer hinter den Gestaltwandlern steckt: David Robert Jones!

Jawohl, der Charakter, der die erste Staffel immerhin ein wenig aus der Belanglosigkeit rettete und in #1.20 Nichts ist einzigartig leider gar kein gutes Ende nahm, wird nun wieder einmal zu einem echten Problem für das Team. Da es sich hier allerdings um eine andere Zeitlinie handelt, bekommen wir es nicht mit dem gleichen Jones zu tun, dennoch wird er wohl die ähnlich genial-bösartigen Charakterzüge aufweisen, wie sein Pendant aus Staffel Eins. Und obwohl es natürlich nicht neu ist, dass eine Serie mit der Zeit einen alten, erinnerungswürdigen Charakter wieder hervorkramt, so kann man Jones’ Rückkehr nur freudig entgegenblicken. Erstens hat diese Staffel nun endlich einen Antagonisten, womit der Spaß erst so richtig losgehen kann und zweitens auch noch einen verdammt charismatischen, der sicherlich für einiges an Spannung sorgen wird. Wer bitte erinnert sich nämlich nicht mehr an Jones’ gemeines Psychospielchen mit Olivia in #1.14 Das Manifest, das diese Folge noch bis heute zu den Höhepunkten der Serie machte? Jones’ Rückkehr war im Übrigen genauso überraschend wie die Tatsache, dass sich Alt-Broyles am Ende der Folge als Jones’ heimlichen Komplizen entpuppte. Auch das verspricht einiges an Potential. Und da ist auch schon wieder so ein kleiner Vorteil dieser Zeitlinie: Hier weiß man nie so genau, was uns erwartet und wer welches Spielchen spielt, wie man auch schon bei Nina Sharp am Ende von #4.07 Wallflower gesehen hat. In dieser Zeitlinie kann man das problemlos machen, während solche Entwicklungen in unserer Zeitlinie nicht mehr glaubwürdig hätten vonstatten gehen können.

"I came to tell you that I have looked at all possible futures and in every one the outcome is the same: You have to die."

Mit der Kameraeinstellung auf Jones’ Labor, in dem sich offenbar zahlreiche Gestaltwandlerembryonen befinden, hätte man die Folge bereits mit den gewohnten "Na, das hättet ihr wohl jetzt nicht erwartet?!" – Geigenschlussakkorden beenden können. Die Macher entschieden sich jedoch, dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen und reisten kurzfristig wieder in unser Universum zurück. Dort bekam Olivia einen Besuch eines Beobachters abgestattet, der ihr prophezeite, dass sie in jeder möglichen Zukunft sterben werde. Dass erinnerte zwar stark an den nie mehr aufgegriffenen Cliffhanger von #3.19 LSD, verfehlte dadurch die Wirkung im Nachhinein betrachtet jedoch nur geringfügig. Außerdem war es natürlich interessant, dass der Beobachter angeschossen wurde und wirft somit nur noch weitere Fragen auf. Und ich weiß nicht, ob ich es in letzter Zeit schon einmal erwähnt hatte, aber eine Beobachter-zentrierte Episode würde der Staffel sicherlich mal wieder gut tun.

"So the guy scales the bus and then jumps thirty feet from its roof?"

"That's what the witness report said. He gets a 9.5 for the attempt, but he failed to stick the landing."

Aus der Sicht eines Fans, dem die neue Zeitlinie mittlerweile absolut egal ist und einfach nur noch Freude an der Serie haben will, solange sie noch existiert, war #4.08 Back To Where You’ve Never Been also eine echte Offenbarung. Abgesehen von der Freude darüber, dass das Paralleluniversum endlich wieder Schauplatz des Geschehens war, überzeugten auch die zwischenmenschlichen Momente, die zahlreichen unvorhersehbaren Wendungen sowie die optische Inszenierungen. Und durch die überraschende Rückkehr von David Robert Jones wurde die Hoffnung geweckt, dass die Haupthandlung nun wieder in den Vordergrund rückt und die vierte Staffel so endlich ein wenig mehr Schwung erhält, nachdem sich das Ganze bisher doch eher wie ein siebenteiliger Prolog anfühlte.

Manuel H. - myFanbase

Die Serie "Fringe - Grenzfälle des FBI" ansehen:


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