Bewertung

Review: #1.09 Männer

Gerne nutzen die Autoren Möglichkeiten aus, um wichtige anstehende Ereignisse in bedeutenderen Handlungen, hinauszuzögern. Damit lässt sich ein Staffelverlauf dynamisch und dadurch umso interessanter gestalten. So ein entscheidendes Ereignis sehe ich darin, Dawson und Joey als Liebespaar zusammenkommen zu lassen. Ich spekuliere dabei lediglich, aufgrund einiger Andeutungen in diese Richtung, welche ich in den vorherigen Folgen glaube gesehen zu haben. Es erklärt, weshalb das Tempo hier in #1.09 Männer sehr gedrosselt wirkt. Dawsons Handlung knüpft an das Schlussmachen von Jen aus der vorherigen Folge an. Natürlich beschäftigt ihn das nun sehr und er muss damit erst fertig werden. Erfreulicherweise mischt der amüsante Störenfried Billy erneut mit, der Jen ebenso schwer loslassen kann. Ein Ausflug der Jungs, bei dem auch Pacey eingebunden wird, soll für Ablenkung sorgen. Dazu das Anbaggern von Frauen, was die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Jungs verdeutlicht.

Wie es der Episodentitel verrät, stehen diesmal die Männer im Vordergrund. Das ganze wird auf ihre emotionalen Situationen bezogen. In der einen Storyline muss sich Dawson eben mit Billy und Pacey arrangieren, die zweite handelt vom neu gezeigten Charakter Warren Gray, der auf Kosten von Joey, sein Selbstwertgefühl als Mann stärken möchte. Diese fiese Tour stachelt Jen an, Joey beizustehen und eine Racheaktion einzuleiten. Innerhalb dieser als Füller wirkenden Story, thematisieren die Autoren die weiteren Entwicklungen, in der vermutlich verstärkt entstehenden Freundschaft zwischen Jen und Joey.

"Und offen gesagt, ist dein Stil erbärmlich. Denn wenn du für Jen wirklich nur das Beste wolltest, dann würdest du sie endlich in Frieden lassen."

Als Billy auftaucht, verfiel ich schnell in eine große Erwartungshaltung. In #1.08 Besuch vom Ex hatte er soviel Pepp durch seine Art eingebracht und dazu entscheidende Steine ins Rollen gebracht. Ich war gespannt darauf, zu sehen, ob nun weitere Highlight-Momente folgen würden. Er ist schon ein sehr hartnäckiger Störenfried. Da machte Jen sowas von deutlich mit ihm Schluss und dennoch kreuzt er erneut auf. Er will einen weiteren Eroberungsversuch starten und dies mit einem neuen hinterhältigeren Plan. Ich schätze, mit dem Ausflug, zu dem er Dawson und Pacey ermuntern kann, will er in Jen das Eifersuchtsgefühl wecken. Doch ich habe im Verlauf hierzu nicht den Eindruck gewonnen, dass es Jen groß kümmert. Die ist ja lieber mit Joeys Situation beschäftigt. Vielleicht will Billy auch indirekt mehr über Dawson in Erfahrung bringen? Erkenntnisse gewinnen, wieso ausgerechnet dieser sensible und unerfahrene Typ, bei seiner Jen landen konnte? Er sieht in Dawson vielleicht jemanden, der in einer ähnlich schwierigen emotionalen Lage steckt wie er, und will ihn benutzen. Klar auch, wie es angesprochen wird, um Dawsons so unschuldig wirkendes Image vor Jen zu vereiteln. Vermutlich aber auch, um von ihm etwas lernen zu können. Auch ein machomäßiger Typ wie Billy ist insgeheim ebenso mal unsicher und blickt auf die Seite, wie andere Kerle ihre Erfolge erzielen. Was ich von Billy jedoch nicht geahnt habe ist, dass ihn Dawson so schnell aus der Bahn werfen kann. Für Dawson spricht ein ungemein gutes menschliches Gespür und so durchschaut er Billys Absichten recht schnell.

Neben der Verarbeitung des Beziehungsaus' mit Jen, wird Dawson aber auch sehr mit seinen personenbezogenen "Schwächen" konfrontiert. Er sei zum Beispiel langweilig. Pacey hat in dieser Folge eine Randrolle inne, und bringt dennoch eine besondere Szene in Bewegung, indem er ziemlich fies wird, Dawson provoziert und damit einen neuen Charakterzug Dawsons zutage bringt. Sehr strategisch legt Dawson daraufhin zwei lästigen Typen das Handwerk: Es sorgt für den humorvollen Höhepunkt in der Episode, als die beiden mitansehen müssen, wie ihr Auto zerstört wird und Pacey ihnen dabei frech seinen Hintern entgegen streckt. Aber ansonsten ist der Plot, um Dawson und seine Jungs, recht humorlos und auch wenig peppig.

Von Bedeutung in der Road-Trip-Story sind natürlich die Baggerversuche in Providence. Hier wird sehr deutlich, welche Vorgehensweise am besten ist, um mit jemanden in einen Flirt oder zumindest in ein Gespräch zu geraten. Okay, klar kann es amüsieren und funktionieren, einen lässigen Spruch abzufeuern, um jemanden aufzureißen. Aber bitte nicht auf diese plumpe Weise wie es Billy probiert. Wie er sich da zwischen Dawson und Nina drängelt und diese hohlen Phrasen vom Stapel lässt, enthält ja schon richtigen Fremdschäm-Charakter. Hierzu denke ich, dass ihn Dawsons Erfolg bei Nina, durchaus verunsichert. Pacey wirkt ja mit seinen Methoden immer recht pfiffig und es macht Spaß ihm zuzusehen. Es kommt ja auch gut, wenn man mal sich selbst nicht all zu ernst nimmt, scherzt und dennoch dem anderen das Interesse gegenüber verdeutlicht. Aber Billys Beispiel ist einfach nur sehr von Verunsicherung und mit dem Hang zur Fiesheit geprägt, was dann gar nicht gut wirkt. Nina gefällt mir übrigens charakterlich sehr, da sie sehr aufrichtig wirkt. Sie zeigt die kalte Schulter deshalb, um nicht selbst in Verlegenheit oder allgemein in eine blöde Situation zu geraten. Doch, wenn man so ehrlich und angenehm wie Dawson rangeht, dann ist es kein Problem mehr Offenheit zu zeigen und es zu versuchen. Dawson hat hier natürlich auch Glück, gleich eine filminteressierte Dame kennenzulernen, was ihm sicherlich den Kommunikationsversuch leichter macht. Er hat sogar soviel Erfolg im Aufriss, dass Nina bereit ist, ihn mit nach Hause zu nehmen. Doch zu diesem Schritt ist Dawson dann doch nicht bereit, was wirklich authentisch erzählt ist. Denn Nina hätte sonst wohl nur als Trostpflaster gedient, was oft in einer Enttäuschung mündet und Dawson ist jedoch ein ehrlicher Kerl. Ich würde mich darüber freuen Nina wieder zu sehen, da sie mir sympathisch ist. Sie wirkt dazu wortgewandt und clever und ergibt zu Dawson einen angenehmen Gegenpart.

Die eskalierende Szene dann am Ende, zwischen Billy und Dawson, ist absolut erwähnenswert. Es wird nicht nur klar, dass Dawson, wie erwähnt, ein gutes Gespür für sein Gegenüber inne hat, sondern er ist auch im Wortgefecht äußerst stark und drängt Billy ziemlich schnell an in die Ecke. Es zeigt sich in dem Moment auch in Billy der verletzliche Kerl, den er zu gern mit seinem maskulinen/machohaften Gehabe, zu verstecken versucht. Dawson dürfte ihn, mit der Aussage, Billy sei nur Jens nichtsnutziger Ex, ziemlich stark getroffen haben. Vielleicht hat Billy nun durch Dawson auch verstärkt erkannt, dass Jen wirklich nicht mehr auf ihn zählt. Billys beleidigter Abgang spricht Bände und zeugt nicht gerade von großer Reife. Bin gespannt darauf, ob es das nun war mit Billy, oder ob dieser sich weiterhin an Jens Fersen heften wird. Wenn ich diese Storyline zusammenfasse, merke ich, dass sie nicht sehr fetzig ausgestattet ist – mit wenigen humorvollen Szenen, dafür jedoch stärkeren Charaktermomenten und einer großen Portion gezeigter und bewegender Emotionen.

Die Gerüchteküche brodelt

Wesentlich peppiger und auch schräger geht es in der Storyline rund um Joey und Jen zu, die mir deutlich besser gefällt. Unbedingt notwendig scheint es mir zwar nicht, den neuen Charakter Warren Gray, nun einzubringen, denn auch mit Grant aus #1.07 Der Frühstücksclub hätte es geklappt, Joey den provozierenden Gegenpart zuzuordnen. Die beiden Kerle unterscheiden sich auf den ersten Blick kaum voneinander, vielleicht hat Warren aber im weiteren Verlauf der Serie noch durch ein bestimmtes Geheimnis Relevanz, weswegen ich es einfach mal hinnehme. Die Autoszene mit ihm und Joey überzeugt durch das witzige Wortgefecht. Wieso Joey allerdings mit ihm fährt, ist etwas unverständlich. Vielleicht ist sie Warren gegenüber ja doch nicht ganz abgeneigt oder zu sehr mit dem Gedanken an Dawsons Ausflug ins angebliche Bordell beschäftigt. Das kann gut sein, dass sie dadurch ihr Umfeld nicht so sehr wahrnimmt und halbherzig die Entscheidung trifft, mit Warren mitzufahren. Da hat ihr Billy mit dieser Bordelllüge aber echt fies mitgespielt, nur um Jen eifersüchtig zu machen. Die Story mit Warren nimmt darauffolgend mit einer ärmlichen Aktion ein schärferes Ausmaß an. Warren hat es wirklich nötig, so zu tun, als hätte er mit Joey geschlafen. Dass da eine gewisse Motivation dahinter steckt, konnte man sich denken. Ich dachte aber erst an die einfache Idee, um mit Gleichaltrigen mitzuhalten und sich beweisen zu können. Joey tut mir in dem Moment sehr Leid, da Warren dazu noch so fies zu ihr ist. Amüsant dagegen ist mal wieder, wie schnell sich die Gerüchte in der High School verbreiten - das geht beinahe in Schallgeschwindigkeit vonstatten.

Der weitere Verlauf wird durch Jen beeinflusst, die Joey dazu bewegen kann Rache zu nehmen, und ab dann wird es richtig schräg. Joey macht eine auf schwangere und von Warren verlassene Teenager-Göre. Mit diesem Gerücht will sie also Warren dumm dastehen lassen. Und die zuletzt in #1.07 Der Frühstücksclub gesehene Abby spielt da noch mit, was man von ihr nicht unbedingt erwartet hätte, was für mich aber beweist, dass Abby sich anders gibt als sie wirklich ist. Sprich, sie will einfach nur Anschluss und Freundinnen für sich gewinnen. Ansonsten wäre ein derartiger Zug von Abby nicht plausibel. Zu erwarten war, dass das Gerücht um Joey wieder schnell seine Kreise zieht und die Situation außer Kontrolle geraten würde. Mrs. Tingles Einbringung mit der Schwangerschaftsgruppen-Idee und Warrens Spind voller Babykram stellen dann den Gipfel dar. Das beinhaltet dann schon recht krasse Züge, was aber eben möglich sein kann. Immerhin ist Capeside nicht sehr groß und man kennt Joey und deren Umfeld. So nehmen halt alle an, sie sei wirklich schwanger und sitzen gelassen worden.

Was ich nicht vorhersehen konnte in der Handlung ist, dass die Autoren vor allem die Jen-Joey-Konstellation, so toll nach vorne treiben würden - Inklusive einer direkten, von Emotionen geladenen Aussprache der beiden Frauen. Jen gebe ich recht darin, dass Joey nun Angst hat, sich direkt an Dawson heranzuwagen, da sie Jens Einmischung auch nicht als Ausrede nutzen kann. Und Joey stimme ich darin zu, dass Jen nicht gerade eine sensible und vorbildliche Vorgehensweise bei Dawson bewiesen hatte. Eigentlich können beide Frauen voneinander etwas abschauen, und hätten nun die ideale Voraussetzung, gute Freundinnen zu werden. Ich finde es rührend zu sehen wie sich vor allem Jen darum bemüht und bei Joey nun ebenso Annäherungen bemerkbar werden. Die Eisszene mit den beiden ist wirklich erwärmend und ich denke wegweisend. Für mich ist diese Situation der Höhepunkt in der Joey-Jen-Warren-Story.

Gegen Ende folgt dann eine recht dramatische Auflösung des Warren-Szenarios: Der Mann sei impotent, was seine Aktion zur Lüge doch anders aussehen lässt. Mir tat da Warren plötzlich Leid, da dies sicher ein schweres Los sein muss. Durch Abby habe ich dazu den Eindruck gewonnen, dass es doch schon einige in der Schule wissen könnten. Das macht es auf mich plausibel, dass Warren auf ziemlich grobe Weise, dieses Märchen, mit Joey Sex gehabt zu haben, durchbringen wollte. Ich frage mich, ob seine Impotenz weiter thematisiert wird. Er ist doch so jung und vielleicht liegt es nur an der Unsicherheit als Teenager? Die Autoren könnten das weiter vertiefen, denn das beinhaltet Potential.

Traumpaar in Sicht?

Die Endszene mit Dawson und Joey möchte ich noch besonders hervorheben. Ein weiterer Hinweis wird da geboten, dass da womöglich bald sehr viel mehr wird, als die Freundschaft zwischen den beiden. Zwischen den Zeilen sollte jetzt auch Dawson deutlich merken, was Joeys Erkundigung zu seinem Ausflug "ins Bordell" bedeutet. Sie will da schon recht genau wissen, ob was gelaufen ist. Eigentlich weiß Dawson ja schon durch Pacey, dass Joey für ihn viel empfindet, doch wann zeigt er eine Reaktion darauf? Womöglich will er dieser Sache noch aus dem Weg gehen, da er noch zu sehr an Jen hängt. Er ist sicherlich dadurch einfach (noch nicht?) offen für Joey. Sie könne warten, doch die Frage ist da wieder, wie lange das sein wird? Irgendwann erlöschen womöglich ihre Gefühle gegenüber Dawson. Hier haben die Autoren noch alle Wege offen. Eventuell führen sie es zu dem Traumpaar Dawson und Joey oder eben nicht. Man wird es sehen. Sehr schön ist es, wie der Abschluss der Folge, mit dem süßen Savage Garden-Song "Truly Madly Deeply" abgerundet wird.

Fazit

So sehr fesselnd wirkt diese Folge, im Vergleich zu den letzten vier, nicht. Das Tempo wurde entschleunigt und die Dawson-Joey-Situation bleibt vorläufig ungeklärt. Die Story um den Ausflug der Jungs nach Providence, könnte mehr Humor und peppige Szenen beinhalten, zeigt dafür aber einige tolle charakterliche und emotionale Momente. Joeys Gefecht mit Warren ist storytechnisch dagegen viel unterhaltsamer, wirkt dabei aber wie eine Füllerstory, die den Rahmen bietet, die Freundschaft von Jen und Joey weiter auszubauen. Sie endet allerdings recht dramatisch, als Warrens Motivation zur fiesen Lüge durch seine Impotenz erklärt wird. Ich gebe der Episode gerne sieben von neun Punkten. Vom wahren Highlight ist man entfernt, aber gut ist sie schon.

Samuel W. - myFanbase

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