Bewertung

Review: #2.13 Nichts ist so, wie es scheint

Foto: Nick Gehlfuss & Marlyne Barrett, Chicago Med - Copyright: Elizabeth Sisson/NBC
Nick Gehlfuss & Marlyne Barrett, Chicago Med
© Elizabeth Sisson/NBC

Während man sich in der vergangenen Folge mit dem Spiegeln von Schmerzen und Gefühlen beschäftigt hat, konzentriert sich #2.13 Nichts ist so, wie es scheint auf den Schein, der nicht immer das zeigt, was man anfangs zu sehen bekommt. Diese Erkenntnis müssen neben Sarah Reese auch ihre Kolleginnen Natalie Manning und April Sexton machen.

Ein kleiner, aber erwachsener Junge

Auch diesmal bekommt Natalie einen Fall zugeteilt, der sich um einen Jungen handelt, dessen Leben durch seine Krebserkrankung nur noch am seidenen Faden zu hängen scheint und natürlich möchte sie ihm das Leben retten. Zum einen ist sie Ärztin, die darauf einen Eid geschworen hat, zum anderen ist sie aber auch selbst Mutter, die alles dafür tun würde, damit es ihrem Kind gut geht. Doch was passiert, wenn das Kind keine Kraft oder Lust mehr hat, diesen Überlebenskampf zu führen, es aber anfangs so aussieht, als wenn der Vater absichtlich dafür sorgt, dass sein Sohn bald nicht mehr am Leben ist?

Genau hier wurden Natalie und April vom Schein betrogen, als sie erfuhren, dass die Chemotherapie bei dem Kleinen bereits seit drei Monaten ausgesetzt wurde. Natürlich ist man erst einmal dabei, die Schuld bei den Eltern bzw. dem Elternteil zu suchen. Denn immerhin haben sie die Verantwortung für das Wohlergehen des Kindes zu sorgen. Auf mich wirkte der Vater aber nicht so, als würde er mit Absicht danach handeln, seinem Sohn die Chemotherapie zu verweigern und ich vermutete durchaus einen anderen Grund. Zum einen weil er als Vater schon die Mutter seines Sohnes verloren hat und ich mir nicht vorstellen konnte, dass er diesen Schmerz noch einmal absichtlich durchmachen wollte. Zwar hätte es sein können, dass er indirekt seinen Sohn für den Tod verantwortlich macht. Aber wie gesagt, machte er auf mich nicht den Eindruck.

Ich konnte aber auch verstehen, dass es für Natalie ein Schock gewesen ist, zu hören, dass er seinem Sohn freistellt, ob er die Chemotherapie weitermacht oder aussetzt. Allerdings musste man hier beide Seiten betrachten: Natalie, die eben einen Eid als Ärztin abgelegt hat und selbst Mutter eines Sohnes ist und den Vater, der schon monatelang dabei zusieht, wie sein Sohn immer weiter ums Überleben kämpft und dabei immer weiter seinen Kampfgeist verliert. Dass er dann seinem Sohn die Option freistellt, selbst entscheiden zu können, zeigt für mich eine unglaubliche Stärke von beiden. Denn auch wenn der Junge erst acht Jahre alt ist, wirkte er beim Gespräch mit Natalie sehr erwachsen und vor allem reif in seinem Denken und seinen Ansichten. Ich fand es gut, dass auch Natalie erkannt hat, dass ihn nicht zum Weiterkämpfen drängen darf.

Dass April das Jugendamt verständigt hat, finde ich aber ebenso nachvollziehbar. Man darf nicht vergessen, dass sie selbst Mutter wird und dem Jungen in Anbetracht der Tatsachen nur helfen wollte. Wer hätte auch ahnen können, dass das Aussetzen der Chemotherapie über einen längeren Zeitraum dafür sorgt, dass sich die Tumore zurückbilden, wobei es im Endeffekt ziemlich logisch ist. Wenn der Körper so mit Medikamenten 'vollgestopft' wird, ist es klar, dass es irgendwann nicht mehr die gewünschte Wirkung zeigt. Ich hoffe wirklich, dem Kleinen geht es bald besser.

Grace und ihre andere Persönlichkeit

Der Patientenfall von Ethan Choi, Sarah und Daniel Charles war in meinen Augen sehr speziell. Die junge Grace ist verheiratet und wird nach einem Autounfall ins Chicago Med eingeliefert. Zunächst ist das nichts Besonderes, bis die Sprache auf eine Tulpa kommt, die sozusagen Graces andere Persönlichkeit ist und den Autounfall verursacht hat. Obwohl alles darauf schließen lässt, dass Grace tatsächlich unter einer Persönlichkeitsstörung leidet, bin ich mir noch immer nicht sicher, ob dies tatsächlich der Fall ist.

Mir ist durchaus klar, dass Graces zweite Persönlichkeit den Unfall verursacht und sie damit in Lebensgefahr gebracht hat. Doch glaube ich nicht, dass es sich hierbei tatsächlich um eine 'Störung' handelt. Vielmehr denke ich, dass es Grace in gewisser Weise stärker werden ließ, da sie grundsätzlich eher schüchtern ist und ihre Tulpa ihr Selbstbewusstsein steigert und sie vor schlimmen Dingen schützt, wie zum Beispiel dem anbahnenden Herzinfarkt.

Mir gefiel es sehr gut, dass Daniel mehrere Sichtweisen betrachtet und Grace nicht von vornherein ver- und beurteilt hat. Ich denke auch, dass es gerade in der Psychologie schmale Grade gibt, die man alle berücksichtigen sollte, bevor man ein endgültiges Urteil fällt. Schön, dass er auch Sarah dazu bringen konnte, seine Sicht der Dinge anzunehmen. Ich finde es aber nach wie vor eher schade, dass sie seit einiger Zeit wieder so große Selbstzweifel hat, die sie darüber nachdenken lassen, nicht mehr in der Notaufnahme und Psychiatrie arbeiten zu wollen. So gesehen war es sehr wichtig, dass Daniel ihr klar gemacht hat, dass jeder Mensch zwei Seiten hat, die sie vereinen. Ich hoffe, dass ihr der Rat dabei hilft, nicht wieder an sich zu zweifeln.

Vertrauen zueinander fassen

Den Patientenfall von Will Halstaed und Daniel fand ich persönlich nicht sonderlich spannend, da die Diagnose eines Parasiten für die ältere Dame ohnehin nichts verändert hat. Aber ich denke, der Fall war sowieso nur Mittel zum Zweck, damit sich Daniel und Robyn Charles noch ein bisschen vertrauter werden. Mir gefällt es sehr gut, dass die Autoren die Beziehung zwischen Vater und Tochter stückweise wachsen lassen. Schließlich haben die beiden nicht unbedingt ein derart gutes Verhältnis zueinander, dass sie sich freudestrahlend in die Arme fallen.

Ähnlich geht es auch bei Connor Rhodes und Isidore Latham zu. Bereits in meiner letzten Review hatte ich vermutet, dass die beiden noch ein tolles Team und vielleicht sogar Freunde werden könnten. Allerdings hatte ich nicht erwartet, dass man es so schnell umsetzt. Nachdem Latham erfahren hat, dass er unter Asperger leidet, versucht er jetzt Schritt für Schritt besser damit klarzukommen und sogar Dinge auszuprobieren, die er sich vor kurzem noch nicht zugetraut hätte. Schön, dass Connor ihm dabei eine so tolle Stütze ist und ihm auf seine Art hilft. Ich hatte ein bisschen Angst, dass Lathams Entwicklung nach dem Diebstahl in der Bar einen erheblichen Rückschritt macht, was zum Glück nicht der Fall gewesen ist. Stattdessen hat Connor sich ein Herz gefasst und hat ihm das Diebesgut wieder zurückgebracht. Es steht wohl außer Frage, dass er ein schlechtes Gewissen hatte, weil Latham eigentlich vollkommen dagegen gewesen ist, den Flug für den Eingriff überhaupt anzutreten. Umso schöner fand ich es, dass er Connor wissen ließ, wie viel Spaß er eigentlich hatte. Ich denke, die beiden sind auf einem sehr guten Weg.

Bei Will und Nina Shore bin ich mir nicht ganz so sicher, ob sich ihre Wege nicht doch bald trennen werden. Ich weiß noch, dass ich am Anfang ziemlich kritisch gewesen bin, als sich herauskristallisierte, dass Will und Nina ein Paar werden. Immerhin hegte Will zu diesem Zeitpunkt noch immer Gefühle für Natalie und vielleicht tut er es noch immer, nur dass sie diesmal nicht so offensichtlich sind bzw. er sich dieser Tatsache vielleicht gar nicht mal so bewusst ist, wie sein Verhalten auf andere wirkt. Bei Nina scheint es die Wirkung nicht verfehlt zu haben. Mich wundert es zwar etwas, dass sie erst jetzt Zweifel bekommt, ob zwischen Will und Natalie mal etwas gelaufen ist, weil es meiner Meinung nach in der Vergangenheit deutlichere Anzeichen gab. Für mich sah es in dieser Folge tatsächlich danach aus, als hätten Will und Natalie ein vertrautes und freundschaftliches Verhältnis zueinander. Ich finde es aber dennoch gut, dass er sich über Ninas Frage Gedanken macht und sich dabei hilfesuchend an Maggie Lockwood wendet, die ihm immer offen und ehrlich sagt, was sie denkt. Ich finde es schön, dass Maggie zu einer Vertrauensperson für Will geworden ist. Erste Weichen wurden dafür ja schon gestellt, als er ihre Schwester Denise behandelt und in das Geheimnis ihrer Geschlechtsumwandlung eingeweiht wurde.

Fazit

Eine solide Folge die vor allem durch die vertrauten Momente zwischen den Charakteren glänzen kann. Besonders die Schritt-für-Schritt-Annäherung zwischen Connor und Latham wie auch zwischen Daniel und Robyn konnten bei mir besonders für Begeisterung sorgen, sodass ich auf mehr solcher Interaktionen hoffe.

Daniela S. - myFanbase

Die Serie "Chicago Med" ansehen:


Vorherige Review:
#2.12 Spieglbilder
Alle ReviewsNächste Review:
#2.14 Kaltfront

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier mit anderen Fans von "Chicago Med" über die Folge #2.13 Nichts ist so, wie es scheint diskutieren.