Jack Bauer - selbstloser Protagonist

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"Mein Gott (Pille), was habe ich getan"
"Was Du tun musstest, was Du immer tust, was Dir entspricht - trotz aller Verluste weiter ums Überleben zu kämpfen"

Captain Kirk und Dr. McCoy in Star Trek III nach der Zerstörung der Enterprise


Auf den ersten Blick könnte man den Eindruck gewinnen, dass Jack Bauer ein brutaler, gefühlskalter Mensch ist, der ohne Probleme selbst engste Mitarbeiter und Familienangehörige foltert, um zu bekommen, was er will. Doch schauen wir uns Jack genauer an.

"24" – 24 Stunden, so viel Zeit verbringt der Zuschauer mit Jack, begleitet ihn durch einen außergewöhnlichen Tag, nun schon zum siebten Mal. Die Sicherheit der Allgemeinheit erfordert manchmal einen hohen Preis vom Einzelnen. Die Öffentlichkeit erfährt nichts von Einzelschicksalen, sie ist vermeindlich sicher und das scheint zu genügen.

Tag 1 steht ganz im Zeichen des Präsidentschaftskandidaten David Palmer. Die CTU geht Hinweisen nach, die auf ein geplantes Attentat auf Palmer hindeuten. Am gleichen Tag beschließt Kim Bauer, dass sie mehr Freiheit braucht und schleicht sich fort, nicht ahnend, dass sie den Terroristen als Druckmittel dienen soll. Jack muss nun die Zerreißprobe zwischen der Sorge um Palmer, einer Verschwörung innerhalb der CTU und seiner Familie bestehen. Er meistert diese anscheinend ohne größere Probleme, kann viel verdrängen. Teri, seine Frau fühlt sich alleine gelassen und bricht ohnmächtig zusammen als der Stress Überhand nimmt.

Eines zieht sich seitdem durch Jacks Fälle wie ein roter Faden: Am Anfang glaubt ihm kaum niemand, dass die erhaltenen Informationen zu sofortigem, dringlichem Handeln nötigen. Erst wird verhandelt und ein Meeting nach dem anderen abgehalten, oftmals gegen Jacks Vorschläge entschieden. So passiert es immer häufiger, dass Bauer im Alleingang loszieht und manch fragwürdige Methode anwendet.

Wie oft er dabei Recht hat, wird nicht anerkannt, da kann es passieren, dass die Versuche Palmer vor dem Attentäter zu retten dazu führen, dass Jack selbst verhaftet wird oder das der Einbruch in ein ausländisches Konsulat dazu führt, dass Jack von den Menschen verraten wird, die er gerettet hat.

Bereits Tag 1 beschert Jack jedoch auch einen treuen Freund und Fürsprecher: David Palmer. Zwischen den beiden Männern liegen Welten, dennoch respektieren sie sich. Jahre später noch sind Jack und David mehr als nur Menschen, die eine schwere Zeit durchgemacht haben. Man könnte Jack den Schutzengel des Präsidenten nennen. Das Vertrauen, welches die beiden verbindet, bis Palmer ermordet wird, überträgt sich auch auf Wayne Palmer, Davids Bruder und späteren Präsidenten der USA.

Bemerkenswert ist, dass Jack seine Bedürfnisse nicht nur für die Menschen, die er liebt und respektiert in den Hintergrund stellt, sondern mit Charles Logan auch für einen Präsidenten, der schwach im Amt wirkt und auch noch in die aktuellen Geschehnisse und Krisen verwickelt ist, sie sogar begünstigt hat. Das beweist: Jack glaubt an das System, wie oft es ihn auch enttäuscht hat.

Es scheint aussichtslos, keine Frau hält es mit Jack lange aus und seine Tochter möchte ihn auch nicht mehr sehen. Sollten Familien nicht zusammenhalten? Im Leben des Agenten hat es nur zwei Frauen gegeben, die ihm alles verziehen und ihm immer wieder den Rücken gestärkt haben: Teri Bauer, Jacks verstorbene Ehefrau und Audrey Raines, die alles getan hat, um Jack aus China zurückzuholen. Beiden ist Jacks Beruf zum Verhängnis geworden.

Dann sind da noch seine Kollegen, allen voran Tony und Michelle. Auch sie opferten ihre Karriere für die Rettung von Vielen. Anders als Bauer verrät Tony aber seine Ideale um Michelle zu retten. Nach ihrem Tod verliert er den Glauben an das System und denkt fortan an sich selbst, auch auf Kosten anderer. Menschlich, nicht wahr? Seine Kollegin Chloe verliert auch kurzzeitig ihre Arbeit, weil sie Jack in jeder Situation, auch gegen bestehende Befehle ihrer Vorgesetzten unterstützt.

Ich gebe zu, dass Jack sich oftmals wie eine Urgewalt Gehör verschafft, sogar tötet um ein "höheres Ziel" zu erreichen. Seine Methoden mögen fragwürdig sein, sie kosten ihn und die Menschen, die ihm am nächsten stehen, alles. Dennoch wird Jack auch in Zukunft unbeirrt geradeaus mit dem Kopf durch die Wand gehen, zum Wohle seines Landes – des Landes, welches ihn verraten hat und ihn anklagt.

Genau so, wie diese Kolumne, sind die 24 Stunden, die wir mit Jack fiebern und leiden, nur eine Momentaufnahme und kein vollständiges Portrait. Die Belohnung für selbstlosen Einsatz ist der Verlust seiner Führungsposition, seiner Familie, seiner Gesundheit, seiner Freiheit und die Erkenntnis, dass andere für ihn niemals das Gleiche tun würden. Warum um alles in der Welt weicht Jack solchen Situationen nicht aus, warum kämpft er, obwohl er den Preis genau kennt?

Lassen wir Dr. McCoy antworten:

"Weil Du tun musst, was Du immer tust, was Dir entspricht - trotz aller Verluste weiter ums Überleben zu kämpfen!"

Myriam Masuch - myFanbase