Bewertung

Review: #3.05 Von Wunden und Narben

Foto: Crystal Reed & Tyler Posey, Teen Wolf - Copyright: MTV/Bob Mahoney
Crystal Reed & Tyler Posey, Teen Wolf
© MTV/Bob Mahoney

Die Handlung dieser Episode zu verfolgen, war aufgrund der vielen Zeitsprünge gar nicht mal so leicht. Selbst wenn man sich absolut sicher war, keine der bisherigen Episoden der neuen Staffel verpasst zu haben, geriet man immer wieder ins Zweifeln, weil einem wichtige Informationen fehlten. Damit spielte man in der Episode aber ganz bewusst, wie bei einem Puzzle, bei dem man die Teilchen auch nicht der Reihe nach findet, sondern nach und nach passende Stücke zusammensetzt, die erst am Ende das komplette Bild ergeben.

Threading the needle

Die Episode hätte ohne die Rückblicke beinahe eine Bottle-Episode werden können, und sie wäre auch dann richtig gut geworden. Die Handlung in der Gegenwart spielt sich hauptsächlich im und um den Schulbus herum ab und konzentriert sich nur auf einen Teil der Hauptcharaktere. Hier gibt es Action, Drama, Witz und Funkensprühen, aber wir merken sehr schnell, dass wir mehr Puzzleteilchen brauchen, um zu verstehen, was vor sich geht. Scott ist verletzt und Allison lässt ihn nicht aus den Augen. Das ist ein enormer Schritt voran gegenüber dem Stand der Dinge, dass Allison sich von Scott fernhält. Die Rückblicke helfen uns, diesen Teil des Bildes zusammenzusetzen. Scott überwindet die Distanz, die Allison zwischen ihn und sich gebracht hat, weil er sich um sie sorgt, seit er herausgefunden hat, dass sie im Geheimen und alleine das Familiengeschäft der Argents weiterbetreibt. Und es dauert nur einen Augenblick, bis nicht nur die emotionale sondern auch die körperliche Distanz überwunden ist. Allison fordert Scott zu einem Kräftemessen heraus, und es ist wunderbar mit anzusehen, wie ihr Blick, als er sie mit Leichtigkeit überwältigt, sofort zu seinem Mund wandert anstatt zu seinen Augen. Hier entsteht ein kleines Feuerwerk an Gefühlen, und wer vermutet hat, dass sich nach den ein bis zwei spannungsgeladenen Szenen zwischen Allison und Isaac etwas entwickeln könnte, der wird hier schnell eingesehen haben, dass Scott und Allison in "Teen Wolf" das "Always & Forever"-Paar sind, selbst wenn sie getrennt sind.

Allison kommt also in ihrer selbstgewählten Isolation zu dem Schluss, dass sie zuviele Familienmitglieder verloren hat und ihre Freunde braucht. Und wenn diese Freunde sie brauchen, dann will sie für sie da sein. Das macht sie ihrem Vater klar, und das macht sie auch allen anderen klar, als sie den Werwölfen im entscheidenden Moment mit ihrem Pfeil und Bogen zur Hilfe kommt. Aber sie hat mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen, denn sie wurde von Menschen hintergangen, an die sie emotional gebunden war (ihrer Familie), und sie hat gesehen, wie tief sie gefallen ist und wie sehr es sie verletzt hat, sich von anderen Menschen trennen zu müssen, an die sie ebenso emotional gebunden war (Scott und ihre Freunde). Nun also verfolgt sie der Geist ihrer Mutter (ein wahrhaft alptraumartiger Auftritt von Eaddy Mays!), der ihr klarmacht, dass sie ihre Emotionen abstellen soll, um mit klarem Verstand zu arbeiten. Das hilft ihr, Scotts Leben zu retten, denn sie überwindet ihre Verlustangst und schafft es, den Faden einzufädeln, mit dem sie seine klaffende Wunde näht. Anschließend weicht sie nicht von Scotts Seite und es entsteht der erste niedliche Moment seit langem zwischen ihnen, bei dem man sofort Herzchen in den Augen hat. Es wird ungeheuer spannend werden, wie Allison sich weiterentwickelt, und welche Emotionen sie zulassen wird.

"Just once can someone try to come up with something that doesn't involve killing everyone?"

Diese Anregung Scotts ist eine Wohltat! Nach vier Jahren "Vampire Diaries", in denen man sich gefühltermaßen mit nichts anderem beschäftigt hat, als mit der Frage "Wie töten wir die, die uns nicht in den Kram passen?", könnte man diesen von Scott wirklich tiefempfundenen Wunsch als echten Seitenhieb auf sein Gegenstück in "Vampire Diaries" verstehen. Die zentrale Heldin dort hat schon seit längerem ihre Moral wie ein altes Paar Schuhe abgelegt, während Scott hingegen wirklich alles versucht, um den impulsiven Werwölfen um sich herum klarzumachen, dass Töten nicht die einzige Lösung sein kann. Interessanter Weise bekommt er dabei ansatzweise Unterstützung von niemand anderem als Peter Hale, allerdings nicht aus moralischen Gründen, die bei ihm bekanntermaßen nicht allzu hoch im Kurs stehen, sondern weil Peter Hale vorausschaut und in dem Hauruckverfahren, das Derek derzeit in jeder Situation anwendet, eine Gefahr sieht. Derek will Deucalion umbringen in der Hoffnung, der Schlange den Kopf abzuschlagen, reiche, um das ganze Ungeheuer zu erledigen – also das Alpha-Rudel, dessen Anführer Deucalion ist. Peter Hale zieht einen Vergleich aus der griechischen Mythologie heran: Herkules schlug dem Schlangenmonster Hydra auch den Kopf ab, und es wuchsen an dessen Stelle zwei nach. Scott ist der einzige, der mit diesem Vergleich etwas anfangen kann, und es ist interessant zu sehen, dass Peter hier für einen Moment ein wenig Respekt vor Scott durchscheinen lässt.

"Don't stop them. Lead them!"

Dr. Deaton betätigt sich nach wie vor als Fadenzieher im Hintergrund. Mittlerweile haben wir erfahren, dass er Ms. Morells großer Bruder zu sein scheint, der sie davor warnt, sich allzu sehr auf den Tanz mit dem Teufel, also dem Alpha-Rudel, einzulassen. Morell wird nach wie vor von den Alphas benutzt und sie navigiert zwischen den Fronten, um beide Seiten irgendwie halbwegs friedlich miteinander auskommen zu lassen. Sie wirkt dabei widerwillig, so als stehe sie selber auf keiner der beiden Seiten. Warum sie sich so verhält, ist noch unklar. Dr. Deaton hingegen besitzt definitiv eine gewisse Macht, zumindest wenn er sich in seiner Praxis befindet, die es ihm ermöglicht, sogar die Alphas in Zaum zu halten. Deucalions Auftauchen, der vor seinen Augen seinem verletzten Rudelmitglied die Macht aussaugt und ihn anschließend tötet, steht wiederum selbst Dr. Deaton sprachlos gegenüber. Eines aber ist klar, Dr. Deaton hat Scotts herausragendes Potenzial erkannt und weiß um sein beherrschtes, moralisches Wesen – eine große Besonderheit unter den gewaltbereiten Werwölfen –, und er leitet ihn an, die Führung des Rudels zu übernehmen.

Bei dem großen Kampf mit den Alphas, in den Scott eingreifen muss, weil Derek sich mal wieder nicht bremsen lässt, kommt es zu einem heftigen Zusammenstoß zwischen Scott und dem Alpha Ennis. Und hier bekommen wir ein ganz besonderes Puzzleteil: Scotts Augen werden in diesem Moment für kurze Zeit rot wie die eines Alphas. Derek ahnte schon in Staffel 2, dass Scott wie ein Alpha für seine Freunde ist. Isaac griff in der Eiswanne nach Scotts Hand, Boyd lässt sich im Bus von Scott davon abbringen, den Zwillingsalpha Ethan anzugreifen, und Isaac hört auf Scotts Befehl hin sofort auf, Ethan zu verprügeln. Deucalion sprach es beim Zusammentreffen im Aufzug aus: "I want to see what you are made of!" Was genau macht also Scott so besonders?

"I have a very perceptive eye for evil!"

So actionreich, dramatisch und durch die Verschachtelung besonders spannend die Episode auch war, bei "Teen Wolf" bleibt immer genug Platz für einen ordentlichen Anteil an Humor. Stiles ist diesmal wieder in Bestform und Dylan O'Brien hat in Komiker Orny Adams, der den Coach Bobby Finstock spielt, einen herrlichen Gegner. Die gelungenste Szene in dieser Hinsicht dürfte wohl die Konfrontation mitten im Bus sein, als Stiles den Coach um jeden Preis dazu bringen will, den Bus anzuhalten, während der vollkommen durchgeknallte Coach mit der Trillerpfeife jeden seiner Sätze unterbricht. Hier stimmt das Timing so dermaßen, dass man vor Lachen kaum zu Atem kommt! Orny Adams ist tatsächlich ein Stand-Up-Comedian, was niemanden mehr wundern dürfte, aber der junge Dylan O'Brien beweist hier ein solches Talent für Komik wie selten zuvor. Und das will schon was heißen, denn Stiles ist ja meistens für Comic Relief zuständig. Hier aber räumt man ihm in den Gegenwartszenen im Bus so viel Platz ein – man denke an den SMS-Austausch mit Danny Mahealani, das "subtile" Verstecken hinter der Sitzbank, das Telefonat mit Lydia, das "chemical smile" gegenüber dem von Übelkeit geplagten Mitschüler Jared und schließlich den Höhepunkt mit dem Trillerpfeifen-Dialog –, dass man sich problemlos eine gesamte Bottle-Episode voller solcher Szenen an Bord des Busses hätte vorstellen können, bei der man den größten Spaß gehabt hätte.

Aber nicht nur dafür ist Stiles gut, denn auch Sherlock Stiles kam wieder zum Einsatz, diesmal mit Lydia Watson. Die beiden sind diejenigen, die erkennen, dass Scotts Verletzung aus psychischen Gründen nicht verheilt, und sie sind ebenso diejenigen, die weiter über die Geschichte mit dem Darach, dem dunklen Druiden, nachdenken und versuchen, eine Verbindung zwischen den Menschenopfern und den Alphawölfen herzustellen. Sie kommen allerdings noch nicht weiter als bis zu der Feststellung, dass im Altertum in manchen Kulturen vor einer großen Schlacht Menschenopfer gebracht wurden.

Randnotizen

  • Einer der Aufhänger des Spannungsbogens der Episode war Scotts Feststellung "I can't believe Derek is dead." Das funktionierte allerdings nur mäßig, da Derek natürlich nicht tot ist. Er fiel zwar aus großer Höhe auf eine Rolltreppe, aber da hat er zuvor schon ganz anderes überlebt. Viel wichtiger war der Aspekt allerdings im Zusammenhang damit, dass Scotts Wunde nicht verheilte, weil er sich die Schuld an Dereks Tod gab. Scott und Derek sind nicht die besten Freunde, aber die Empathie ist bei Scott ungeheuer stark.
  • Peter scheint nichts über die Zeit zu wissen, in der Cora verschwunden war. Er sagt, er habe sie sechs Jahre nicht gesehen. Somit liegt das Feuer im Hause der Hales also sechs Jahre zurück und Cora verschwand, als sie elf war. Warum haben wir noch kein Gespräch zwischen Derek und Cora über die fehlenden Jahre gesehen? Cora wirkte in dieser Episode vor allem eins: ungemein unsympathisch!
  • Die Zwillingsalphas haben also doch Sprechrollen! Allerdings rückt sie das bisher noch nicht wirklich in ein besseres Licht. Beide kommen allerdings mit ihren Love Interests voran. Lydia und Aiden haben die herrliche "Put them somewhere useful!"-Szene, die zeigt, dass Lydias ihr Interesse an Aiden absolut im Griff zu haben scheint, während Danny Stiles gegenüber zugibt, dass er Ethan wirklich gern hat. Das wiederum kann ja nur im Kummer enden, wo man Danny doch wirklich mal ein bisschen Glück in der Liebe wünscht!
  • Die Bromance zwischen Scott und Isaac nimmt mitreißende Züge an. Wie der von Derek verstoßene Isaac Scott auf keinen Fall alleine zu Deucalion aufbrechen lässt und die Scharade um das mexikanische Essen mitspielt, ist einfach nur zum Niederknutschen. Bitte mehr davon!
  • Der Kampf zwischen unseren Werwölfen und dem Alpharudel war episch! Slow-Motion mit Heldenhymne untermalt, waren die Kampfszenen über die gesamte Episode verteilt und brachten nach und nach die wichtigen Puzzleteilchen für das Gesamtbild. Das Setting war atemberaubend (ein ehemaliges Parkhaus mit ausgedienten Rolltreppen?) und dramatisch beleuchtet. Und so schön, wie die Zweikämpfe choreographiert waren, machte es überhaupt nichts, dass man mehr als deutlich erkennen konnte, dass die Schläge und Tritte wirklich meilenweit an ihren Zielen vorbeigingen. "Teen Wolf" ist keine Serie, die auf Realismus aus ist, und in solchen Szenen legt man einfach Wert darauf, dass die Prügeleien stylisch und saucool aussehen – und nicht realistisch – und genau das ist hier der Fall!

Fazit

Es ist wirklich erfrischend, dass in Beacon Hills, anders als in Mystic Falls, Ausschreitungen nach Möglichkeit vermieden werden, denn hier haben sie tatsächlich Folgen. Die Episode war angesichts ihrer Verschachtelung nicht einfach, aber dennoch sehr gut gemacht und unterhielt wie immer mit viel Action, Humor und romantischen Momenten.

Nicole Oebel - myFanbase

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