Your Friends & Neighbors - Reviews Staffel 1

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In unseren Kritiken schildern unsere Autoren und Autorinnen ihren ersten Eindruck von einer Episode in Form einer kurzen Review. Nutzt die Gelegenheit, eure Meinung zu diesen Folgen kundzutun und mit uns über die Serie "Your Friends and Neighbors" zu diskutieren.

#1.01 Das ist meine Geschichte

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Amanda Peet & Jon Hamm, Your Friends & Neighbors
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Gibt es einen schlimmeren Albtraum, als benommen blutüberströmt neben einer Leiche aufzuwachen? So steigen wir jedenfalls in die neue Serie "Your Friends & Neighbors" mit "Mad Men"-Ikone Jon Hamm ein und natürlich lässt sich die obige Frage kaum anders als mit nein beantworten. Doch wir springen sofort ein paar Monate zurück, erfahren im Zeitraffer die Geschichte von Andrew Cooper... zur Pilotreview von Emil

#1.02 Einstand

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Isabel Gravitt, Your Friends & Neighbors
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Diese zweite Episode zeigt zwei zentrale Dinge auf, die für den weiteren Verlauf der Serie sicherlich noch relevant sein sollten. Zunächst mal dürfen wir feststellen, dass es für Andrew (Jon Hamm) gar nicht so einfach ist, die Uhren in Geld umzuwandeln. Das liegt zum einen daran, dass diese teueren Exemplare offenbar mit einer Art Besitzurkunde einhergehen (das hätte Andrew wohl wissen können) und diese ohne automatisch weniger wert sind, weil man sich schon denken kann, dass diese Uhr eventuell gestohlen sein könnte. Dadurch landet Andrew auch direkt mal in eine Händler-Szene, die eher gefährlich ist, weil sich dort jeder selbst am nächsten ist. Zudem, und das war der sehr amüsante Teil, ist Uhren verkaufen bzw. verhandeln offenbar auch nicht gerade Andrews Begabung. Er macht jedenfalls nicht die beste Figur und dadurch nicht so viel Geld, wie er gerne gehabt hätte. Allerdings hat er auch nicht so viele Optionen, denn seine zarten Versuche, einen neuen Job zu finden, scheitern kläglich, sowohl an seinem Ruf als auch an seinem Stolz. Da nimmt er sein Schicksal lieber weiter selbst in die Hand und setzt den nächsten Diebstahl um, während seine Tochter Tori (Isabel Gravitt) Tennis spielt. Und da sind wir auch direkt bei der zweiten Erkenntnis der Episode. Andrew mag alles für seine Familie getan haben, doch das ist offenbar immer so geldorientiert gewesen, dass die emotionale Bindung auf der Strecke geblieben ist. Und so sieht man auch in dieser Episode, dass ihm das für seine Tochter so wichtige Tennisturnier nicht wichtig genug ist, um wirklich dabei zu sein, weil er sonst die Gelegenheit zum Uhrenraub nicht hätte. Aus seiner finanziellen Sicht mag das nachvollziehbar sein, aber man erkennt hier schon klar die Prioritäten. Aus dieser Erkenntnis heraus lässt sich dann aber wohl auch nachvollziehen, warum er sich von Mel (Amanda Peet) entfremdet hat, denn ihr ist das seelische Wohlergehen ihrer Kinder wirklich wichtig. Und da Nick dahingehend offenbar auch zuverlässiger ist, lässt sich zumindest erahnen, was da in der Ehe im Argen lag/liegt. Insofern ist es am Ende irgendwie befriedigend, dass Andrew mit der gestohlenen Uhr bei der potenziellen Käuferin keinen Erfolg hat und bis auf seine Affäre mit Samantha (Olivia Munn), mit der er nicht wirklich glücklich scheint, nichts weiter vorzuweisen hat. Insofern ist diese zweite Episode inhaltlich nicht überragend, hat aber doch weitere wichtige Einblicke in den Charakter Andrew gegeben, die sicherlich sein noch kommendes Verhalten erklären.

#1.03 Theoretischer Herpes

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Lena Hall, Your Friends & Neighbors
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Die dritte Episode legt inhaltlich ebenfalls nicht unbedingt den höchsten Gang ein, aber sie betrachtet sehr viele Charaktere, geht dabei vor allem in die Tiefe und lässt daher einige Einblicke in diese Welt der Reichen zu, die einem zwar sehr fremd ist, am Ende aber klar wird, dass die Menschen und ihre Probleme eigentlich die gleichen sind, nur eben etwas teurer. Fangen wir mal erst mal bei Hunter (Donovan Colan) an, der sich unbeachtet fühlt, als Schlagzeuger einer Band durchaus Potenzial für Popularität hat, sich aber überreden lässt, Drogen zu nehmen und damit seinen Auftritt versaut. Seine Tante Ali (Lena Hall), auch Musikerin und sehr erfahren mit Drogen, kümmert sich um ihn und macht ihm Mut. Das könnte eine spannende Konstellation sein, die abseits der ganzen anderen Charaktere recht bodenständig wirkt. Das sind die Eheprobleme der anderen Charaktere zwar auch, allerdings hat man hier schneller den Eindruck, dass durch den Reichtum alle ein bisschen den Bezug verloren haben, was eigentlich wichtig ist. Nun lässt sich Emotion nicht mit Geld wettmachen, aber der Egoismus wirkt noch mal stärker, wenn so viel Geld eine Rolle dabei spielt. Mel jedenfalls hat im Gespräch mit Samantha immerhin erkannt, dass sie eine entscheidende Rolle in der misslungenen Ehe spielt, lässt es sich aber nicht nehmen, Andrew die Schuld zu geben, weil sie nicht gewertschätzt und wahrgenommen wurde (was in der letzten Episode schon deutlich wurde). Am nächsten Tag versucht sie ihn dann auch nur zu überreden, dass die gemeinsame Tochter sich einen teuren Tennislehrer nimmt, statt weiter mit Andrew zu trainieren. So richtig verstanden hat Mel offenbar nichts und ich konnte Andrews pampige Reaktion durchaus nachvollziehen. Mir war Mel jedenfalls dieses Mal eher unsympathisch und irgendwie fand ich es da doch metaphorisch, dass sich Teile des Zuhauses durch Motten befallen quasi auflösen. Metaphern waren ja eh das Hauptthema der Episode, die damit auch so viel Charakterarbeit betrieben hat, indem man mit Bildern in die tiefen Abgründe schauen kann. Dass die Frauen einen Abend zum Thema Selbstverteidigung machen, während die Männer sich bei Nick auf der Party erst betrinken, dabei mit ihrem Reichtum teilweise angeben und dann im Basketball duellieren, bis einer eine schwere Verletzung davonträgt, ist schon sehr typisch und irgendwie auch traurig. Da hat man eigentlich alles, ist aber trotzdem unglücklich und versucht mit Alpha-Männchen-Gehabe sich in den Mittelpunkt zu stellen. Da bekommt man fast Mitleid mit den oberen 1%. Immerhin war Andrews Breitseite gegen Samanthas Ehemann Paul (Jordan Gelber) gelungen und da bekam die Episode mal kurzzeitig richtig Dynamik. Weitere Highlights der Episode waren der überraschende Besuch von Lu (Randy Danson), die sich mit ihrem Verhalten in der letzten Episode nur absichern wollte und Andrew mal wieder voll im Griff hat, und die Ermittlung von Detective Lin (Sandrine Holt), die den Diebstahl von Pauls Uhr aufnimmt und ziemlich schlagfertig deutlich macht, was sie davon hält, dass jemand überhaupt so viele Uhren besitzt. Auf der Ebene könnte man zumindest sagen, dass es für Andrew laufen könnte, doch die Episode endet mit einem möglicherweise misslungenen Diebstahl von Nicks (Mark Tallman) Championship-Ring. Ein gewagtes Manöver, aber da das der Cliffhanger ist, gehe ich davon aus, dass Andrew hier mit dem blauen Auge davon kommt. Bleibt noch zu erwähnen, dass man auch noch sehr viel Zeit in den Charakter Barney (Hoon Lee) gelegt hat, der mit Andrew und Nick mal richtig gut befreundet war (plus beruflicher Abhängigkeit) und nun zwischen den Freunden steht. Man wird also das Gefühl nicht los, dass auch in dieser Episode zwar kaum was passiert ist, aber ganz viel Grundlegendes erzählt wurde, um die Serie und die noch kommenden Taten der Charaktere besser zu verstehen.

#1.04 Echte Drachen

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Amanda Peet, Your Friends & Neighbors
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Die vierte Episode ist ganz klar in zwei Abschnitte aufgeteilt. Zunächst setzen wir kurz vor dem Ende der letzten Episode ein und nehmen die Perspektive der Haushaltshilfe von Nick und Mel ein, die sich nach getaner Arbeit noch ein Bad genehmigt und auf ein Geräusch aufmerksam wird. Sie ist es also, die Andrew erwischt, doch statt ihn auffliegen zu lassen, arbeiten Sie fortan zusammen. Elena war wirklich fit und schlagfertig und damit irgendwie eine ebenbürtige Partnerin für Andrew, die im Zeitraffer ein paar Jobs erledigen und Geld anhäufen. Ein Einsatz geht dann aber schief und Andrew muss beweisen, dass er noch ziemlich sportlich und vor allem ausdauernd ist. Da der zweite Abschnitt dann nur an selbigen Abend abläuft, ist man erstmal im Unklaren, was das Auslösen der Alarmanlage noch für Folgen und Konsequenzen haben wird. Es wird jedenfalls nicht einfacher werden. Ich hoffe, dass Elena noch länger eine Rolle spielen wird, weil ich ihr Position und überhaupt das angedeutete Zusammenspiel der Haushälterinnen sehr interessant fand. Insgesamt ist das natürlich alles sehr technisch gewesen, was dann mit dem Besuch von Andrews ehemaliger Kollegin Olivia (Kitty Hawthorne) langsam ins Emotionale dreht. Zunächst mal fand ich gut, dass die undurchsichtigen Hintergründe zu Andrews Kündigung nach wie vor relevant sind und Olivia hier aktiv ist und Andrew unterstützt. Doch das war nur der Anfang. Mels Geburtstag steht an und ihr geht es sichtlich überhaupt nicht gut. Warum das so ist, wird langsam klar, und ich fand es super, wie viele kleine Details hier ineinandergreifen. da ist das Gespräch von Andrew und Tori, die ihm vorwirft, nie richtig um Mel gekämpft zu haben. Da ist Mels Überforderung bei der Feier, insbesondere weil Nick wirklich alle Geschütze auffährt, die man auffahren kann, sie das aber kaum anzunehmen vermag. Das führt schließlich zu einem sehr intensiven und emotionalen Gespräch zwischen Mel und Andrew und man spürt erstmals so richtig, dass sie doch zusammenpassen und vielleicht wirklich mal glücklich verheiratet waren. Ich mochte Andrews Schlagfertigkeit und den trockenen Humor und hatte den Eindruck, dass es Mel auch so geht. Sie hat sich hier sehr offenbart und war auch selbstkritisch. Andrew hat das alles ein bisschen kleingeredet, aber nicht, weil es nicht stimmen könnte, sondern um Mel zu schützen und ihr ein besseres Gefühl zu geben. Das hat alles zusammen gepasst und war traurig schön. Schön, weil man die Bindung zwischen beiden erstmals in der Serie spüren konnte. Traurig, weil es schon wie ein sehr blasser Schatten über der Realität war und es trotz der Ehrlichkeit schon so aussieht, als wäre zu viel kaputt gegangen, als dass sie beide wieder glücklich werden könnten. Dass Mel aber sagt, sie dachte, sie wäre auf Andrew wütend gewesen, aber die Wut ist nicht weggegangen, als Andrew weg war, ist auf jeden Fall eine tolle Selbstreflexion und vielleicht die entscheidende Erkenntnis für beide. Trotzdem fährt Andrew am Ende mit Samantha weg und gibt sich somit gar keine Chance, die Momente am Trampolin an sich heran zu lassen. Der zweite Teil der Episode hat mich aber wirklich berührt, weil ich ein Paar gesehen habe, was sich offenbar noch liebt, die Lebensumstände und kleine Fehler und zu hohe Erwartungen sie aber auseinander getrieben haben. Kann das nicht jeder/jedem passieren? Mich freut es jedenfalls, dass diese Episode und damit vielleicht auch die Serie diese emotionale Ebene erreicht hat, die weit über das Stehlen und Verkaufen hinausgeht.

#1.05 Dieser Tourist hat Eier

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Jon Hamm & Aimee Carrero, Your Friends & Neighbors
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Auch diese Episode hat wieder so viele verschiedene Aspekte betrachtet, dass ich gar nicht genau weiß, wo ich anfangen soll. Starten wir vielleicht mit einem neuen Detail der Trennung von Andrew und Mel. Letztere hat sich für ihr Verhalten aus der letzten Episode beim sichtlich genervten Nick mit einem Quickie auf Arbeit entschuldigt, wobei mir nicht so richtig klar ist, ob das eine langfristige Wirkung hat. Andrew und Mel treffen sich dieses Mal jedenfalls in der Schule, weil Hunter in seiner Sturm und Drang-Phase von der Schule des Drogenhandels verdächtigt wird, dabei wollte er doch nur genießen, dass sich ein Mädchen wirklich für ihn interessiert. Es wird deutlich, dass die ein oder andere Problemsituation aus der Schule bereits ohne Andrew übermittelt wurde und er nun überhaupt nicht wusste, dass Hunter schon häufiger aufgefallen ist. Dass Mel dann auch noch mit Geld alles kitten will, macht sie mir wieder etwas unsympathischer. Auf der Geldbeschaffungsseite läuft es dagegen eigentlich gut. Er stiehlt mit Elena ein Gemälde bzw. tauscht es gegen eine Kopie aus und kann dadurch das große Geld erwarten. Leider zeigt sich bei der gefeierten Vorfreude mal wieder, dass die Kriminellen nicht so vertrauenswürdig sind. Er will Elena gegenüber in gewisser Hinsicht den Helden spielen, sie vielleicht auch beeindrucken, da sie natürlich attraktiv ist, erkennt in seiner Rettung aber gar nicht, dass das Geld dadurch auch verloren geht, was Elena richtig wütend macht. Ihr Vorwurf ("You have no idea, what real trouble is") ist heftig, aber zutreffend. Für Elena geht es um Existenz, für Andrew eigentlich nur um Status. Eigentlich ist es schade, dass hier dieser Konflikt auftritt, weil Elena ein guter Spiegel für Andrew ist und ihn und seine Traurigkeit lesen kann. Am Ende will Andrew alles wieder gut machen und landet bei den Levitts im Haus in der Szene, die zum Auftakt so viel Unheil ankündigte. Die Leiche ist also Sams Ex und Andrew hat eigentlich überhaupt nichts damit zu tun. Ob er aber all seine Spuren verwischen kann, bleibt abzuwarten. Ich hätte nicht erwartet, dass man schon jetzt bei der Szene ankommt, aber zur Staffelmitte macht es dann doch auch Sinn. Ein weiteres Thema, was in dieser Episode einen Schwerpunkt bekommt, ist Barneys Geldproblem und sein sehr angespanntes Verhältnis zu seinen Schwiegereltern. Ich habe allerdings den Eindruck, dass es hier vor allem um Stolz geht. Jedenfalls ist Barney bei mir noch nicht als interessanter Charakter angekommen und seinen Frust in Alkohol zu ergießen und dann beinahe sein Haus bzw. die Baustelle abzufackeln sorgen auch nicht für weitere Sympathiepunkte. Ich kann mir aber vorstellen, dass hier vorbereitet wird, dass Barney vielleicht auch noch in Andrews Machenschaften involviert wird. Insgesamt war es wieder eine Episode, in der viel passiert ist, alles auch emotional nachvollziehbar ist und man immer weiter in diese Geschichte eintaucht, sodass man neugierig bleibt, was da alles noch kommen wird, unter anderem auch, welchen Bezug Allisons eventueller Freund noch spielen wird.

#1.06 Dinge, die man verloren hat

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In dieser Episode geht es zunächst um den Mord an Samanthas Ex-Mann, der von der Haushälterin gefunden wird (nachdem Andrew längst weg ist und seine Spuren hoffentlich alle verwischt hat). Dadurch bekommt auch Elena davon mit und versucht über die gesamte Episode Andrew zu erreichen, der aber nach dem Streit gar keine Lust hat, mit ihr zu sprechen und sie immer wegdrückt und daher gar nicht weiß, worum es geht. Andrew bekommt aber natürlich von dem Tod mit, denn erstens spricht sich das schnell rum und zweitens ist Detective Rebecca Lin (Sandrine Holt) auf der Suche nach dem Mörder und erfährt, dass Andrew bei Nicks Party eine Auseinandersetzung mit Paul hatte. Somit ist er zumindest verdächtig. Dabei weiß Lin noch nicht mal, dass er und Sam eine Affäre haben, was beide clevererweise verschwiegen haben, damit es nicht noch ein Argument gibt. Man darf gespannt sein, wie die Ermittlungen hier fortschreiten und vor allem, was nun wirklich vorgefallen ist. Highlight der ganzen ersten Hälfte dieser Episode war wieder die abwertende Haltung von Detective Lin gegenüber dieser privilegierten, vor Reichtum triefenden Society. Eigentlich hält sie alle für Verbrecher:innen und würde wohl am liebsten auch alle hinter Gittern sehen. Auch hier bin ich gespannt, wie ihre Ermittlungen weiter gehen und ob sie irgendwann Genugtuung verspüren kann, falls/sobald sie den Fall löst. Und ich frage mich, welche Rolle dabei eventuell der Typ spielt, in den sich Ali verguckt hat. Für sie läuft es nämlich irgendwie viel zu glatt. Emotional viel ergreifender war dann aber der zweite Teil. Andrew fährt mit Mel und den Kindern zur Uni, damit diese das alles mal kennenlernen. Während Tori merkt, was das für ein Sprung für sie wird und ihr Vater tatsächlich recht haben könnte, was ihren jetzigen Freund angeht, darf Hunter in einem Studio seiner Musik frönen und weiteres Selbstbewusstsein aufbauen. Mel und Andrew sind die Kinder also los und genießen die gemeinsame Zeit mit einem Trinkspiel, welches zu sehr viel Alkohol führt. Etwas sehr fahrlässig, aber es war sehr schön, die beiden über einen längeren Zeitraum ohne Streit und Differenzen sondern harmonisch und aufrichtig zu erleben. Da spürte man doch mal, was sie einst miteinander verbunden hat und dass sie irgendwie doch auch zusammenpassen. Toll fand ich auch schon Andrews Beschreibung von Liebe im Auto, in dem sowohl seine Kinder als auch Mel wahrgenommen haben, was Andrew seine Familie noch bedeutet und wie sehr er unter der Situation der Trennung wohl leidet. So angenehm ich Andrew und Mel zusammen fand, so verantwortungslos fand ich aber auch ihren enormen Alkoholkonsum und die vorhersehbare Folge, dass sie im Bett landen. Irgendwie fühlte es sich einkalkuliert und ich frage mich, was sich beide davon versprechen. Leider werden sie wohl erst mal keine Gelegenheit bekommen, darüber nachzudenken, denn das Finale der Episode haut natürlich voll zu. Andrew wird zusammengeschlagen, Barney will ihm helfen und wird angefahren und schlagartig wird Andrew und dem Zuschauer bewusst, dass seine kriminellen Ausflüge mit seiner Moral eigentlich nicht zusammenpassen und seine Partner sich eben nichts gefallen lassen. Bähm, das Karma schlägt quasi in wohl seinem besten Moment der letzten Monate voll zu und trifft nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen, die ihm nahe stehen. Welchen Konsequenz wird er ziehen? Raus aus dem Thema, Rache üben, jetzt erst recht? Alles ist möglich und die Serie spielt damit, dass sich jede Situation jederzeit komplett ändern kann. Das macht es unterhaltsam, aufregend, emotional und man ist wahnsinnig neugierig, wie es weiter geht. Tolles Storytelling, viele einfühlsame Szenen und dieser Paukenschlag am Ende machen diese Episode zu einem richtig starken Auftakt der zweiten Staffelhälfte.

#1.07 Zum ersten Mal ehrlich

Foto: Brian Rojas & Sandrine Holt, Your Friends & Neighbors - Copyright: Apple TV+
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Die Schlinge für Andrew zieht sich zu, nachdem sowohl der Angriff auf ihn als auch der Unfall von Barney verhältnismäßig glimpflich ausgegangen sind. Natürlich wirft die Aktion Fragen auf, bei der Polizei, bei Freunden, bei Familie. Dafür, dass die Episode „The First Honest Thing“ heißt, wurde doch noch ziemlich viel gelogen. Andrew will alle schützen, doch Barney macht ziemlich schlagfertig deutlich, dass ihm das ja offensichtlich nicht so gut gelungen ist. Detective Lin fand ich diese Episode sehr sympathisch. Erstens merkt man, dass sie Gespür für die Situationen hat und ich fand ihr Angebot an Andrew eigentlich ziemlich aufrichtig. Auf der anderen Seite hat sie aber auch Schlagfertigkeit, wobei sie dies in erster Linie an ihrem Kollegen auslässt, den sie etwas zu viel rumschubst. Da bin ich mir noch nicht sicher, was man davon halten soll. Ansonsten steht die Beerdigung von Paul im Mittelpunkt, die ein paar tolle Momente hatte. Ersten haben sich Mel und Sam bei den ganzen Aufgaben rund um Pauls Tod gut verstanden und irgendwie kann mich sich richtig gut vorstellen, was für gute Freundinnen sie sind. Allerdings hat Sam den Kommentar, dass man eine gemeinsame Sprache hätte, wenn man verheiratet ist/war, vielleicht nicht so gut aufgenommen, wie man das als Zuschauer konnte. Zweitens war Sams Annäherung an Pauls Affäre zunächst nett anzusehen. Nachdem diese dann aber Pauls Mutter gegenüber vollkommen falsch reagierte, hat Sam ihre Schlagfertigkeit rausgeholt. Cooler Spruch, der richtig gesessen hat. Leider hat man Andrews Verhaftung dann natürlich noch auf der Beerdigung vorgenommen. Ich finde solche Aktionen vollkommen unangebracht und finde, dass die Polizei da ruhig hätte warten können, aber Lin wollte den Auftritt wahrscheinlich genau so haben. Ansonsten gibt es noch zwei Plots, die sich noch nicht so richtig in den Rest fügen. Elena erfährt, dass ihr Bruder große Geldsorgen hat, weil er bei Dealen fast erwischt worden wäre und die Drogen in den Fluss geworfen hat. Die Schulden von 150.000$ bleiben und bringen Elena eventuell dazu, wieder mit Andrew zu arbeiten oder aber seine Machenschaften fortzuführen. Bei Ali ist einiges vorangegangen. Sie hat sich wieder mit Bruce getroffen und ist ihm deutlich näher gekommen, vielleicht zu nah. Interessant fand ich sein Verhalten, als die Polizei an der Tür stand. Er ist sofort geflüchtet. Irgendwie scheint mir sein Handeln etwas zu offensichtlich. Hat er die Waffe ins Auto gelegt? Ist er eigentlich der Mörder von Paul? Die Story passt noch nicht zum Rest, daher erwarte ich da demnächst eine Verbindung. Ali ist jedenfalls am Boden zerstört, weil ihr Bruder nun nicht mehr da ist und Bruce auch nicht antwortet. Und Andrew? Der sitzt zwar in Haft, hat aber offensichtlich eine überaus fähige Anwältin, die ihn wohl erst mal freibekommen könnte.

#1.08 Wann sind wir so geworden?

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Mark Tallman, Jon Hamm & Hoon Lee, Your Friends & Neighbors
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Diese Episode startet mit einer fantastischen Einstiegsszene, in der die Frauen des reichen Viertels in der Sauna gemeinsam diskutieren, ob und warum Andrew der Mörder von Paul sein könnte. Genau so kann man sich so einen Klatsch und Tratsch vorstellen und ganz nebenbei hat man dadurch gleich alle Pros und Cons zusammen gefasst. Andrew kommt dann gegen Kaution erst mal frei, sein Vater hat seine Rente aufs Spiel gesetzt. Andrew will dann seine Kinder sprechen, doch Mel verweigert es ihm. Das kann man vielleicht verstehen, wenn man aber bedenkt, wie sehr sie sich in der letzten Episode um ihn sorgte und von der eigenen Sprache schwärmte, dann ist es schon irgendwie heftig, dass sie ihn jetzt auf eine gewisse Art und Weise fallen lässt. Das Leid der Kinder hier anzuführen, ist da schon auch traurig. Viel schlimmer wird es dann aber, als sie sich mit Sam streitet und deutlich wird, dass sie absolut egoistisch ist. Sam ihre Affäre mit Andrew vorzuhalten, den sie immerhin betrogen hatte, ist schon eine starke Nummer. Sam dann aber auch noch Geldgier als Witwe vorzuwerfen, wirklich fies. Dass sie dann auch noch öffentlich zugibt, Nick mit Andrew betrogen zu haben, während Nick daneben steht, ist dann schon bezeichnend. Auf einem Schlag hat Mel eigentlich alle vergrault und ihre Beurlaubung im Job geschieht ihr dann doch irgendwie recht. Irgendwie hat Mel immer noch nicht verstanden, welchen Anteil sie an dem ganzen Chaos hat. Andrew bekommt dann von Nick ein kurzes Statement ins Gesicht und macht sich dann mit ihm und Barney auf, mal eine Nacht richtig zu feiern und alles zu vergessen. Alkohol und Koks und das in größten Mengen waren dann schon heftig. Es hat aber auch gezeigt, wie viel Druck auf allen lastet. Auf dem Golfplatz hat sich dass dann etwas entladen. Insbesondere Barneys Worte zu dem ganzen Unsinn, den er und seine Frau immer kaufen, waren wirklich stark. Hier wurde mal richtig deutlich, dass Reichtum nicht glücklich macht und man trotzdem sehr viel Leere in seinem Leben haben kann. Und war Andrew sogar bereit, ihm die Wahrheit zu sagen. Leider ist Barney dann ruckartig eingeschlafen. Seiner Anwältin (Heather Lind) gegenüber hätte Andrew auch mal ehrlich sein sollen. So kann sie ihm nicht wirklich helfen (und will es ja auch nur bedingt, weil sie ihn erpresst hat). So ergibt sich nun folgender Stand der Dinge. Andrew hat sein Bargeld verloren (wohl an Elena?), er schuldet seinem Vater einen Batzen Geld, kaum jemand glaubt ihm, die Beweise sprechen auch gegen ihn. Perfekte Voraussetzungen für die letzte Episode der Staffel. Und es gibt ja auch Positives. Hunter hat eine Freundin und will das lieber Andrew als Mel erzählen. Auch Tori steht hinter ihm. Sein Schwester hält sowieso zu ihm und braucht ihn auch, da Bruce sich ja auch ziemlich deutlich von ihr abwendet. Bleibt also weiterhin die Frage, wer Paul nun wirklich getötet hat und warum.

#1.09 Man erkennt in allem ein Zeichen oder Ironie

Foto: Isabel Gravitt, Jon Hamm & Donovan Colan, Your Friends & Neighbors - Copyright: Apple TV+
Isabel Gravitt, Jon Hamm & Donovan Colan, Your Friends & Neighbors
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Das war ein aus mehreren Gründen sehr interessantes Staffelfinale, welches ein paar Überraschungen parat hatte. Zunächst ging es eher darum, dass Andrew noch mal Zeit mit seinen Kindern und Ali verbringt, weil er einsieht, dass er um einen Gefängnisaufenthalt wohl nicht herumkommen wird. Entsprechend regelt er alles zur Sicherheit, damit alle ohne ihn klarkommen für ungefähr sechs bis zehn Jahre. Mel ist damit aber überhaupt nicht einverstanden und macht ihm deutlich, dass er verdammt noch mal für sein Recht und damit sein Leben kämpfen solle, weil er (und sie, wie Mel selbst zugibt) das vor ein paar Jahren nicht gemacht haben. Statt zu kämpfen, haben sie sich aufgeben, was letztlich zur Trennung führte. Andrew solle den Fehler nicht noch mal machen. Tolle Ansage und ich fand den Vergleich zu ihrer Ehe unerwartet, aber ziemlich gut und ehrlich. Andrew entscheidet sich also dafür zu kämpfen und kann Kat dabei helfen, seine Unschuld zu beweisen. Für Andrew geht es dadurch alles richtig gut aus. Er ist nicht nur gesellschaftlich rehabilitiert, sondern bekommt auch seinen Job wieder mit rückwirkenden Zahlungen und hat dann die Freiheit sich trotzdem gegen die Eintönigkeit zu entscheiden und lieber seine neu erworbenen Fähigkeiten als Dieb zu verbessern. Das lässt zumindest erahnen, dass man die Grundidee aus der ersten Staffel auch in die zweite Staffel mitnehmen kann. Zumal ja der Beziehungsstatus mit Mel und Nick auch nicht wirklich geklärt ist. Die Kinder haben auch noch genügend zum Erwachsenwerden (Musik und Tennis plus Beziehungen) und bei Ali könnte ihre "Rache" an Bruce eventuell auch noch ein Nachspiel haben bzw. ist da auch noch viel möglich mit ihrer Musikkarriere, ihrer Krankheit usw. Am Ende hatte Bruce entgegen meiner Erwartungen nichts mit dem Mord an Paul zu tun, sondern diente wirklich nur der Story um Ali, die mit tollen Worten auf der Bühne deutlich machte, wie wichtig ihr Bruder für sie ist. Ein weiterer Grund für Andrew, eben doch seine Unschuld zu beweisen. Gelungen ist dann eben auch die Auflösung des Mordfalles. Es war nämlich gar kein Mord. Paul hat sich selbst getötet, Sam wollte es wegen der Versicherung aber wie Mord aussehen lassen und hat es dann Andrew in die Schuhe geschoben. Man ist sich eben immer selbst am nächsten. Interessant war dabei die kurze Zusammenfassung von Sams Werdegang, wie sie sich in die Blase der Reichen reingearbeitet hat und dabei Paul quasi über sich ergehen lassen musste. Man kann sie ein Stück weit verstehen, aber letztlich war es immer ihre Entscheidung, dieses Weg zu gehen und diese Ziele erreichen zu wollen. Dass sie Andrew und die anderen beneidet und ihnen nichts gönnen will, macht sie aber nicht zu einem besseren sondern nur bemitleidenswerten Menschen.

Als kleines Staffelfazit kann ich sagen, dass die Serie sehr gelungen ist. Sie hatte tolle Dialoge zu bieten, hat viele Seiten der Reichen und Schönen betrachtet und immer wieder deutlich gemacht, dass Geld überhaupt keine Garantie für ein glückliches Leben ist. Das sieht man an Barney, an Sam und letztlich auch an Andrew, Mel und Nick. Die bedachte, vielschichtige Betrachtung, die einzelne Charaktere mal positiv aber auch negativ erscheinen ließen, hat einen in die Welt hineingezogen. Trotzdem wurde ein schöner, trockener Humor immer wieder gekonnt eingebunden, sodass die neun Episoden spannend, kurzweilig und überraschend erzählt wurden. Die Geschichte könnte an sich hier vorbei sein, aber ich bin mir auch sicher, dass das Autorenteam schon eine gute Idee für die zweite Staffel haben wird. Und darauf kann man sich dann gewiss freuen.

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Emil Groth - myFanbase

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