Die besten Staffeln 2009/2010
Platz 10: Glee (Staffel 1)

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Einer der erfolgreichsten Neustarts in der Season 2009/2010 ist nicht nur von den Zuschauerzahlen her die Serie "Glee". Schon die Preview im Mai 2009 hat mit einer geschickten Medienstrategie dazu geführt, dass sich über den Sommer eine Vorfreude auf die Musical-Serie entwickelt hat, die sich in iTunes-Verkaufszahlen und YouTube-Aufrufen manifestierten. Schnell wurde klar, dass die 13 in Auftrag gegebenen Episoden um neun erweitert werden. Eine zweite und dritte Staffel stehen auch schon lange nicht mehr in Frage. Was aber ist es, dass diese Serie so erfolgreich macht?

Begeisterungsfähigkeit

Foto: Glee - Copyright: 2009 Fox Broadcasting Co.; Carin Baer/FOX
Glee
© 2009 Fox Broadcasting Co.; Carin Baer/FOX

Wenn es einer Serie gelingt, seine Zuschauer zu begeistern, dann ist es "Glee". Mit den vielen Gesangs- und Tanzeinlagen trifft die Serie genau den Nerv der Zeit voller Castingsshows und der beliebten High School Musical-Reihe. Dass dies sogar als Fernsehserie funktioniert, hat aber noch viele weitere Gründe. Zum einen ist das die Musikauswahl. Es werden nicht ausschließlich moderne Songs in die Serie eingebunden. Das Spektrum reicht von Rihanna bis hin zu Paul Anka. Auch die Stilrichtung ist überhaupt nicht festgelegt. Dadurch ergibt sich ein enormes Potential. Als Zuschauer wird man mit Songs konfrontiert, die man gerne hört, irgendwo schon mal gehört hat oder vielleicht sogar gar nicht kennt. Selbst Songs, die man sonst nicht so mochte, stehen in einem neuen Licht. Die Songs passen zudem zum Inhalt (auch wenn Kritiker gerne mal sagen, dass der Inhalt nur zu den Songs passt), erzählen die Geschichte weiter oder verdeutlichen Emotionen der Charaktere, wenn sie sich Frust oder Lust von der Seele singen. Hinzu kommt die Freude, die mit den Performances einher geht. Die größtenteils unbekannten Jungschauspieler bringen bei ihren Auftritten eine Freude am Singen und Tanzen mit, sodass man direkt selbst mitsingen oder -tanzen will. Neben der positiven Energie wie bei "Jump", "Somebody to love" oder "Bad Romance" (um nur ein paar Beispiele zu nennen), gibt es aber auch immer wieder enorm emotionale Momente, die mit der Musik ausgedrückt oder untermalt werden. Ob "Keep Holding On", "Imagine", "My Life Would Suck Without You" oder "To Sir With Love" und viele mehr. Immer wieder gibt es intensive musikalische Momente, die zu Tränen rühren und den Geschichten viel Leben einhauchen.

Apropos Geschichten. Natürlich lässt sich das Storytelling bei Weitem nicht mit der Qualität von beispielsweise "Breaking Bad" vergleichen, aber hier deswegen Banalität vorzuwerfen, wäre auch unausreichend betrachtet. Man muss schließlich auch bedenken, dass die Serie in einer High School spielt, die Schüler also etwa 16 Jahre alt und viel damit beschäftigt sind, wie sie nach außen wirken. In diesem Alter ändern sich Emotionen schnell, man glaubt von heute auf morgen in einen anderen Menschen verliebt zu sein, testet seine eigenen Grenzen und ist in seiner Entwicklung selbst unsicher. Berücksichtigt man dies, erkennt man nicht nur witzige und kurzweilige, sondern auch figurengerechte (und auch zielgruppengerechte) Geschichten, die mehr als nur oberflächlich sind. Hinzu kommt, dass man sich auch auf die überzogenen Charaktere der Serie einstellen muss. Rachel Berry ist beispielsweise derart zielstrebig und selbstüberzeugt, dass all ihr Handeln völlig logisch ist. Selbst ein Erwachsener wie Will Schuester, der sich seit seiner eigenen High-School-Zeit in einer Beziehung befindet, ist in seinem Verhalten nachzuvollziehen. Geschichten und Charaktere sind fast durch die gesamte Staffel hervorragend, kurzweilig, emotional und maßgenau, wenn man sich auf die Voraussetzungen einlässt. Nominierungen bei den Emmys für die Schauspielerleistungen sind damit auch vollkommen gerechtfertigt. Zudem findet man trotz musicaltypischen Übertreibungen in den Charakteren auch immer Identifikationspotenzial.

Was die Charaktere zudem wunderbar umzusetzen wissen, ist die gesellschaftliche Ironie, die die Serie transportiert. In "Glee" wird betrogen und erpresst, um Ziele zu erreichen. Die pädagogischen Konzepte der Lehrer könnten unterschiedlicher nicht sein (und doch sind sie erfolgreich) und das Mobbing an der Schule erfährt eine ungeahnte Toleranz. Prototyp ist natürlich Sue Sylvester, die Schüler in Angst und Schrecken versetzt, ihren Erfolg arrogant präsentiert und alles für den Erfolg als erlaubt ansieht, wenn ihr es in den Kram passt. Ihre politisch unkorrekten Ansichten darf sie gar in den Lokalnachrichten verbreiten. Trotzdem bleibt das alles nicht eindimensional. Auch Sue hat ihre Beweggründe, ihre Schwachstellen und ihre guten Seiten. Eine ordentliche Charakterentwicklung gehört natürlich zum Grundgerüst einer guten Serie und auch wenn es nicht die Stärke (weil auch nicht der Schwerpunkt) von "Glee" ist, so ist auch dieser Aspekt sehr zufrieden stellend.

19 Emmy-Nominierungen und ein riesiger Medienhype sprechen eigentlich für sich. Auch wenn "Glee" in seiner Art und Weise nicht jedermanns Geschmack ist, so kann man zweifelsfrei behaupten, dass sie in der Serienlandschaft etwas Einzigartiges geschaffen hat, was massenkompatibel ist, die Lust an Musik weiter steigert und in seinen Geschichten mit einer sinnvollen Einfachheit zu überzeugen weiß. Damit ist sie, so oder so, bei einem Rückblick aus der Liste der Top-Staffeln nicht wegzudenken.

Emil Groth - myFanbase

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