LGBT in asiatischen Serien und Filmen - Anspielungen, verpasste Chancen und endlich Happy Ends!

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Homosexualität in Film und Fernsehen ist oft in erster Linie verpackt in Coming of Age und Coming Out, in seltenen Fällen in einer Hauptfigur etabliert, die sich wenig um Homophobie schert und mehr darum, die Welt zu retten. Und selbst wenn es ein gegebener Fakt ist und sich der Charakter längst mit sich selbst auseinander gesetzt hat, so ist er meistens eine Nebenfigur - zumindest in deutschen Indiefilmen und Daily Soaps. In amerikanischen Produktionen ("Jenny's Wedding") und Erfolgsserien ("Pretty Little Liars", "Glee") bekommen die Figuren inzwischen mehr Raum. Eine Trendwende dieser Art gibt es im asiatischen Raum bislang noch nicht - aber es gibt Ansätze. Und es gibt durchaus homosexuelle Erzählstränge im Vordergrund. Wenn auch manchmal schlechter ausgeführt, als erhofft. In einem Land wie Japan, in dem sich kein Paar auf der Straße küssen darf, gehört "Femslash" dennoch zur Kultur. Wir zeigen euch, wie.

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Natürlich lebt der asiatische Raum zunächst einmal von Mangaadaptionen. Da das "Shipping", also Pärchenbilden der Fans, ohnehin vor nichts Halt macht, ist es kein Wunder, dass man auch hier häufig Anzeichen und Anspielungen auf homosexuelle Beziehungen entdeckt. So auch bei der Live-Action-Serie "Pretty Guardian Sailor Moon" von 2003 bis 2004. In der Mangavorlage kann man Rei Hino und Minako Aino durchaus als queer lesen – "Darum brauchen wir nun mal keine Männer … ist das ein Problem?", heißt es dort. Und daran hält sich die 49 Folgen umfassende Serie ebenfalls verstärkt. Rei, dargestellt von Keiko Kitagawa, ist eine knurrige Miko (junge Frauen, die in Shinto-Schreinen arbeiten, nennt man "Mikos"), die jede Gelegenheit nutzt, Minako unter die Nase zu reiben, dass Venus ohne Mars verloren wäre. Und Ayaka Komatsu als Minako ist vielleicht ein sehr bekanntes Idol – aber auch sehr hungrig nach Reis Aufmerksamkeit und Zustimmung. Ständig muss sie sich im Wettbewerb mit Rei befinden – und will mit ihr arbeiten, selbst wenn sie behauptet, dem wäre nicht so. Denn sie ist immer die, die nach Rei ruft. Interessanterweise fehlt auch jeglicher Respekt zwischen den beiden. Die Formalitäten lässt Rei mit Usagi auch sehr früh sein – doch bei Minako ist das Verhalten stets anders. Sie fühlen sich von Anfang an, als sie noch Fremde sind, wohl miteinander – ungewöhnlich für die negative Rei. Das könnte man noch als etwas übersteigerte Freundschaft sehen – wäre da nicht eine Szene, in der Minako über die Liebe singt und die Kamera nicht nur die "Miracle Romance" von Usagi Tsukino und Mamoru Chiba einfängt, sondern auch Rei.

Das ist übrigens in Act 20 – einer Valentinstagsfolge, an diesem Tag auch ausgestrahlt, die sich ausschließlich auf Usagi und Mamoru fokussiert … und Rei und Minako. Keine Makoto mit ihrem späteren Freund Motoki, eine Beziehung, die sich in der Serie kaum entwickelt und diese Sendezeit gut hätte gebrauchen können. Dafür als Hintergrundmusik sehr offensichtlich: Minakos Charaktersong "Katagoshi ni Kinsei", einfach mal in die Übersetzung lesen – "wird unsere geheime Liebe einfach so im Himmel verschwinden, ohne dass wir je jemanden von uns erzählen können?" Im Übrigen ist sie besonders traurig, dass Rei sich nicht an alles aus dem Silver Millennium, ihre gemeinsame Vergangenheit, erinnern kann … Während also ihre Katze Artemis meint, Sailor Moon müsse sich noch entwickeln, antwortet Minako: "Ich freue mich darauf, die Entwicklung von Mars zu sehen."

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"Pretty Guardian Sailor Moon" kam nie zu dem "canon couple", dem festgelegten Paar, des "Sailor Moon"-Universums, also Haruka Tenoh und Michiru Kaioh. Dafür gab es 2008 eine andere Serie namens "Last Friends", die sich eingehend mit den beiden jungen Frauen beschäftigte. Wenn auch inoffiziell – und "rein zufällig", wie Autorin Taeko Asano beteuerte. Genau – rein zufällig sind da die schöne Michiru Aida (Masami Nagasawa) und ihre beste Freundin Ruka Kishimoto (Juri Ueno), die Motocrossfahrerin und Mechanikerin – die mehr als nur freundschaftliche Gefühle für Michiru hegt. Und auch ziemlich komisch, dass das offizielle Bild der Serie einem Artwork von "Sailor Moon"-Erfinderin Naoko Takeuchi, mit seinen roten Fäden, die schlafende Charaktere verbinden, ziemlich gleicht.

Zu Beginn der Serie kehrt Michiru schwanger nach Tokio zurück – der Vater ihres noch ungeborenen Kindes ist ihr gewalttätiger Freund Sousuke Oikawa (Ryo Nishikido). Sie trifft zufällig auf ihre Seelenverwandte seit der Mittelschule, Ruka – und plötzlich ist es, als wären die beiden nicht vier Jahre getrennt voneinander gewesen. Ruka, die mit Eri in einer WG wohnt, ist gerade dabei, mehr über sich selbst herauszufinden – und sich als Transgender zu outen. Es scheint fast so, als würde Michiru sich auch in Ruka verlieben.

Mit diesem guten Ansatz geht es abwärts – Michiru lässt Ruka mehrfach gegen eine Mauer laufen, nicht nur, als sie von Sousuke vergewaltigt wird – und später fast bei der Kindsgeburt stirbt. Ausgerechnet Sousuke, der Michiru regelmäßig schlägt, war bei den Fans so beliebt, dass man ihn länger als geplant in der Serie ließ – wer weiß, wie es abgelaufen wäre, hätte man ihn, wie vorgehabt, schnell verabschiedet. Als dieser schließlich feige Selbstmord begeht, wurde gar noch auf die Tränendrüse gedrückt und seine Misshandlungen und sein Stalking in seiner schweren Kindheit festgemacht. Ein weiterer Grund, warum die Serie neben ihrem ursprünglichen Schwerpunkt häuslicher Gewalt das zweite Thema – Geschlechtsidentitätsstörung – nicht konsequent durchgezogen hat, war natürlich Anordnung des Senders: Die Produzenten wollten noch eine weitere männliche Hauptfigur - Takeru Mizushima (Eita), der sich in Ruka verliebt und dann später eigenmächtig beschließt, der Vater von Michirus Baby zu werden. Michiru vergisst sämtliche aufkeimende, erwidernde Gefühle für Ruka und verliebt sich in ihn – ein sehr gezwungenes Liebesdreieck, in dem sämtliche Storylines über Transgender plötzlich verschwinden und dem jeder Sinn fehlt. Eri hält ihn gar zunächst für schwul! Und so bleiben nur kleine Details – das Baby bekommt den Namen Rumi, eine Zusammensetzung von Ruka und Michiru. Sieht man sich die Serie bis zum Schluss an, bleibt nichts als Frust - ein Ratschlag wäre, nur die ersten, wirklich gut gemachten Folgen anstatt alle zwölf zu gucken und dann seine eigene Fanfiction zu schreiben, denn so bleibt das große Haareraufen aus. Selbst der einzige Kuss der beiden ist nicht romantisch – Michiru schläft dabei. Warum man sich nicht einfach auf die beiden hätte konzentrieren können, werden wir wohl nie so richtig erfahren – denn besser wäre es auf jeden Fall gewesen.

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Der thailändische Film "Yes or No" aus dem Jahr 2010 hingegen geht den ganzen Weg, wenn auch mit einigen Missverständnissen: Studentin Pie, gespielt von Sucharat Manaying, will ihre Mitbewohnerin loswerden, weil diese eine Butch, also der lesbische, maskuline Frauentyp, ist. Doch ihre neue Mitbewohnerin ist erneut eine "Tom" – und zwar Suppanad Jittaleela in der Rolle der Kim. "Tom" steht natürlich für Tomboy und bezieht sich nicht nur auf Kims Äußeres. Doch eigentlich hat Kim sich noch nie verliebt und wehrt sich dagegen, als burschikose Lesbe abgestempelt zu werden. So ist das Thema Identität ein großes in diesem Film, der mit viel schöner Stimmung besticht – Schmetterlinge für Romantik, Fische und Wasser für Pies Element.

Pie zeigt Kim ohnehin die kälteste Schulter der Welt, obwohl sich das Mädchen mit den kurzen Haaren als süße Bauerstochter entpuppt: Die Trägerin von Karohemden und Skinnyjeans kocht gut, kümmert sich leidenschaftlich um ihre Pflanzen, hat Angst im Dunklen – und ist überaus nett zu Pie. Doch diese schmilzt nicht so leicht dahin wie ihre Freundin Jane, die ebenso offen mit ihrer Sexualität umgeht wie ihr schwuler Kumpel Boy – trotz extrem homophobem Unicampus. Auch Kims Tante ist eine unterstützende Instanz im Erwachen der beiden jungen Frauen – sie liefert zudem Kuchen und Songs auf der Gitarre.

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Der Titel bezieht sich auf die Zettelchen, die man sich früher in der Schule zur Frage "Willst du mit mir gehen?" geschrieben hat – ein "Vielleicht" gibt es bei Kims Zettel an Pie in ihrem Schulbuch jedoch nicht. Und doch fällt es Pie schwer, zu Kim zu stehen, als endlich der Knoten platzt – mit einem Kuss im Regen. Aber da sind ja immer noch Jane – und P'Van, der zwar nicht Pies Freund ist, aber es wirklich gerne wäre. Und Pies Mutter. Die ist bei ihrem Zusammentreffen mit Kim und auch in vorhergehenden Gesprächen strikt gegen Kims Äußeres. Tatsächlich werden in Thailand Homosexuelle weitgehend toleriert, ein Grund dafür ist der weit verbreitete buddhistische Glauben. Darin wird Homosexualität als "Schicksal" angesehen, das im gegenwärtigen Leben nicht geändert werden kann. Grundsätzlich ist der Buddhismus jedem Menschen gegenüber offen, sexuelle Orientierung spielt keine große Rolle. Die Form des Körpers ist nicht entscheidend, nur die Form der Beziehung. Der Alltag in Thailand ist nicht vollständig diskriminierungsfrei, aber die Toleranz ist dort größer als in anderen asiatischen Ländern. Das Verhalten von Paaren in der Öffentlichkeit gleicht den uns eher bekannten japanischen Verhaltensmustern: Gefühle werden nicht zur Schau gestellt, dabei ist es egal, ob es sich um ein homo- oder heterosexuelles Paar handelt. Von der älteren Generation wird dieser Lebensstil nicht akzeptiert. Diese ablehnende Haltung bleibt glücklicherweise ohne Folgen, da es in der thailändischen Kultur üblich ist, Konfliktsituationen zu vermeiden und solche "Probleme" eher totzuschweigen. Nicht so Pies Mutter! Doch wahre Liebe kennt keine Grenzen …

Nach dem perfekten Ende folgt der Film "Yes or No 2", in dem die Liebe der beiden auf die Probe gestellt wird. Vermutlich hätte man es aber lieber bei nur einem Teil belassen sollen – dieser ist lustig, albern, süß und traurig genug, mit Gummihühnern, die einfach so in der Kulisse herumliegen, denn die Liebe zum Detail stimmt hier voll und ganz. Bei der Fortsetzung wirkt der Schluss einfach nur schnell abgeliefert, um ein Happy End zu bekommen. Derzeit wird an "Yes or No 2.5" gearbeitet – bislang ist aber nur Suppanad Jittaleela bestätigt, zwei andere Pärchen sollen im Vordergrund stehen. Was gut so ist – wir können nicht genug Filme mit der Repräsentanz von Butch/Femme, als burschikos und ultra weiblich, bekommen – oder gleichgeschlechtlicher Paare im guten Licht generell.

Dafür sorgte im südkoreanischen Raum auch die Serie "Seonam Girls High School Investigators" in ihrer elften und zwölften Folge. In diesem Drama dreht sich alles um einen Detektivclub von fünf High-School-Mädchen, die den Geheimnissen ihrer Schule auf den Grund gehen, Misshandlungen und Mobbing inklusive. Ein Video der strippenden Schülerin Soo-yeon (Kim So Hye) taucht dort auf und sie hat Angst, dass dies ihre Beziehung zu Eun-bin (spielt ebenso großartig wie ihre Partnerin: Kang Sung A) enthüllt. Als die fünf Detektivinnen feststellen, welche Beziehung Soo-yeon verbirgt, sind sie sich einig (bis auf Lee Min Jis alias Kim Ha-Jaes etwas grobem Kommentar, sie könne es sich ja nicht vorstellen): Liebe ist doch Liebe, warum all diese Geheimnistuerei? Doch das löst noch nicht den Fall, wer das Video geleakt hat ... Tatsächlich war dies der erste lesbische Kuss im südkoreanischen Fernsehen überhaupt. Im Jahre 2015, mit "Love Wins": About time. Weiter so.

Simone Bauer - myFanbase

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