Bewertung

Review: #8.01 Böses Erwachen

Foto: Sophia Bush, One Tree Hill - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Sophia Bush, One Tree Hill
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Da ist sie also, die erste Folge der achten und höchstwahrscheinlich letzten "One Tree Hill"-Staffel. Und obwohl es noch mindestens zwölf Episoden bis zum möglichen Serienende sind, wird man schon nach wenigen Minuten melancholisch und sentimental gestimmt, wenn nach drei Jahren zum ersten Mal wieder "I don't want to be" von Gavin de Graw erklingt. Eine tolle Überraschung, die Opening Credits zurück zu bringen (die übrigens in jeder Folge von einer anderen Coverversion des Titelsongs begleitet werden), und der erste Schritt "zurück zu den Wurzeln". Das ist das Motto, das Mark Schwahn für die achte Staffel ausgegeben hat: weniger Psychos, weniger Nebencharaktere, dafür volle Konzentration auf die Protagonisten.

Looks like we're gonna have another baby.

Passend dazu bietet sich uns mit dem Staffelauftakt eine Naley-Folge par excellence. Witzig, süß und romantisch wird die Beziehung von Nathan und Haley dargestellt, verliebt wie in den Anfangsjahren, aber gleichzeitig erwachsen und gereift. Es ist, vor allem in der Szene am Anfang im Bett und in der Szene am Pool, geradezu eine Hommage an eine der Grundfesten, wenn nicht sogar DIE Grundfeste der gesamten Serie. Die Krönung dieser Hommage wurde zwar schon im Finale angelegt, als Haley Nathan von ihrer Schwangerschaft erzählt, aber das war im Prinzip nur der Startschuss für eine ganze Storyline, die jetzt erst beginnt.

Und auch wenn es – wie wir alle wissen – schon eine Naley-Schwangerschaft gab, kann man keineswegs davon reden, dass den Autoren nichts Neues einfällt und sich alles wiederholt. Ganz im Gegenteil, denn dafür sind die Umstände einfach viel zu unterschiedlich. Es ist keine Zufalls-Teenager-Schwangerschaft, die im ersten Moment nur für Panik sorgt, und Nathan und Haley stehen nicht mehr am Anfang ihrer Beziehung und ihrer Karriere. Die Schwerpunkte, die durch die Schwangerschaft thematisiert werden, können also ganz anders gesetzt werden, zum Beispiel die Art und Weise, wie sich die Schwangerschaft auf Haleys Depression auswirkt. Mir hat es sehr gut gefallen, dass diese Problematik aus den Schlussfolgen der siebten Staffel nicht einfach fallen gelassen wird, sondern dass die langsame Genesung, die im Finale angelegt wurde, weitergeführt wird. Haley fühlt sich, auch durch die Schwangerschaft, besser, aber Nathans wiederholtes Fragen macht seine noch immer präsente Sorge mehr als deutlich. Und in der Hinsicht ist es natürlich auch extrem interessant, wie Haley auf die Verletzung von Clay und vor allem Quinn reagieren wird.

Und es gibt noch eine sehr offensichtliche Sache, die die beiden Schwangerschaften unterscheidet: Jamie! Und der hat gleich mal für die nötige Portion Humor gesorgt, indem er die von allen Eltern gefüchtete "Where do babies come from?"-Frage stellt – mit der Folge, dass er mit Erklärungen von Basketballkörben, Eiern, Vögeln, Bienen und Hasen verwirrt wird. Das Resultat: großartiges Mienenspiel bei Nathan und Haley und eine wirklich tolle, witzige, authentische Storyline für Jamie – volle Punktzahl also für die Scott-Familie.

Everything's gone. – I'm not.

Wer allerdings denkt, dass nach Teen-Drama-, bzw. mittlerweile Twen-Drama-Gesetzen bei Brooke und Julian der Haussegen schief hängt, wenn bei Nathan und Haley alles so harmonisch läuft, ist komplett auf dem Holzweg. Die beiden sind mitten in den Hochzeitsplanungen und zeitweise fast schon zu kitschig in ihrem Glücklichsein – wie gesagt allerdings nur fast, denn dafür zieht sich die Selbstironie der beiden wunderbar durch die ganze Storyline.

Ich finde es absolut herrlich, wie schrullig Julian mittlerweile rüberkommt – und das ist sehr viel positiver gemeint, als es sich vielleicht anhört! Aus dem doch relativ glatten und manchmal etwas willkürlichen Charakter der sechsten Staffel ist eine großartige, eigenständige Figur geworden, die unheimlich von Austin Nichols' Talent für Situationskomik profitiert. Dazu kommt die mittlerweile schön ausgewogene Mischung aus Zynismus und echtem Humor, mit der die beiden Brookes Unfruchtbarkeit thematisieren und die einen schönen Kontrast zu der extremen Romantik bilden – ähnlich wie die Sextalk-Story bei Nathan und Haley.

Doch bei Brooke kommt noch ein weiterer Störfaktor hinzu, der ihr Liebesglück trübt: Victoria und Millie sorgen dafür, dass Brookes komplette Firma vor dem Aus steht. Eine Idee, die mir sehr gut gefällt, weil ich mir vor der achten Staffel nicht vorstellen konnte, was für eine Story die Autoren für Brooke in der Hinterhand haben könnten, schließlich kann sie ja nicht zwölf oder sogar 22 Folgen lang ihre Hochzeit vorbereiten. Wie es zu der Situation kommt, ist auch vollkommen nachvollziehbar: Brooke war in der Zeit, als die Männerlinie herauskam, völlig mit Julians Film und ihrem Beziehungsdrama beschäftigt, Millie hat zu viel mit ihren eigenen Problemen zu tun und ist Victoria zu dankbar für ihre zweite Chance, als dass sie sich ihr entgegenstellt, und Victoria war schon immer die eiskalte Geschäftsfrau – wieso sollte sich daran etwas ändern, nur weil sie sich jetzt gut mit ihrer Tochter versteht?

Sophia Bush konnte in dieser Folge mal wieder die ganze emotionale Bandbreite bespielen, romantisch und witzig mit Julian, ein großartiger, typischer Brooke-Ausraster nachdem sie aus dem Gefängnis kommt und zwei emotionale Szenen am Ende mit Julian und vor allem mit Millie. Die Parallele, die zur Öffnung der "Clothes over Bro's"-Filiale gezogen wurde, hat mir sehr gut gefallen und in Bezug auf Millie passt Brookes Aussage "It's amazing how far we've fallen" genauso gut wie die Frage nach Integrität. Aber dass Brooke sich selbst ebenfalls mit einbezieht, ist für mich nicht ganz schlüssig, schließlich hat sie in der Zwischenzeit Julian kennengelernt und sich mit ihrer Mutter versöhnt. Deshalb hoffe ich wirklich sehr, dass dieser pessimistische Ausrutscher genau das bleibt und sich nicht wie in der siebten Staffel über gut zehn Folgen zieht.

It wasn't a dream.

Psychos und Geister – das waren fünf Staffeln lang die Bestandteile von "One Tree Hill", die von den Zuschauern wohl am Kontroversesten aufgenommen wurden. Ja, ich meine tatsächlich nur fünf Staffeln, denn in den ersten beiden war Dan das Maximum an geistiger Gestörtheit in Tree Hill. Oder meinetwegen auch Nikki. Aber im Prinzip hat sich in den ersten beiden Staffeln alles noch ziemlich im realen, rationalen Bereich abgespielt, erst mit dem Tod von Keith und dem Auftritt von Psycho-Derek wurde die relativ normale Welt von Tree Hill ein bisschen gefährlicher und ein bisschen mystischer.

Mich persönlich haben die Psycho-Storys immer gestört und die Geister-Storys so gut wie nie. Das kommt bestimmt auch daher, dass die Geister-Ebene viel mehr eine persönliche Reflexionsebene der Charaktere ist und durch unglaublich viel Innensicht deutlich mehr Charakterarbeit leistet, als die sinnfreien und nervigen Psycho-Storys. Mark Schwahns Versprechen, dass die achte Staffel weitgehend psychofrei sein wird, war für mich also ein Geschenk des Himmels und lässt mich die ganze Story um Clay und Quinn ziemlich wohlwollend sehen – auch wenn der Auslöser dafür Psycho-Katie war.

Mir gefällt die Auflösung des Cliffhanger, die ja eigentlich gar keine ist, sehr gut: der "Traum" von Clay gliedert sich perfekt in die allgemeine Happy-End-Stimmung ein, die in der Folge des Staffelfinales noch immer herrscht. Nur so ist es möglich, die Freude von Nathan und Haley über die Schwangerschaft und die Freude von Brooke und Julian wegen der Verlobung länger als ein paar Minuten zu zelebrieren. Wenn Clay und Quinn sofort gefunden worden wären, hätte dieses schreckliche Ereignis alles andere überschattet und ich hätte es extrem schade gefunden, wenn die positiven Ereignisse aus dem Staffelfinale nicht die Zeit bekommen hätten, die ihnen gebührt. Andererseits kann man Clay und Quinn auch nicht eine Folge lang totschweigen oder immer wieder bedrohlich die Kamera über die bewusstlosen Körper gleiten lassen, wenn einer der beiden erwähnt wird.

Entweder löst man den Cliffhanger also tatsächlich so auf, dass man ihn mal eben auf die Schnelle als Traum hinstellt, was aber ganz "Dallas"-mäßig ziemlich billig gewesen wäre. Oder man behilft sich eben damit, eine Art Zwischenebene einzubauen, auf der Clay und Quinn agieren können und trotzdem angeschossen und schwer verletzt bleiben – meiner Meinung nach die perfekte Lösung. Ob es so ein geteiltes Koma tatsächlich gibt? Ganz ehrlich: das interessiert doch niemanden! Es ist eine interessante Idee, eine schöne Vorstellung und sie wird gut umgesetzt, das reicht aus, damit die Storyline nicht störend auf den Gesamteindruck der Folge wirkt. Die Frage ist nun, ob die Autoren das nötige Maß an Fingerspitzengefühl besitzen, dass diese Zwischenebene nicht überstrapaziert wird, oder ob es ein "Grey's Anatomy"-Denny-Disaster geben wird.

I said "yes".

Bliebe noch das Paar, bzw. die beiden Paare die für ein bisschen Liebesdrama sorgen: das Love Triangle um Chase, Mia und Alex – und ich will gleich erwähnen, dass sich meine Finger wirklich sträuben "Love Triangle" zu schreiben, denn etwas wirklich gutes ist dabei noch nie herausgekommen. Bis jetzt bleibt festzuhalten, dass Alex wieder biestiger wird, Mia leider ziemlich blass bleibt und dass es eine Überraschung gibt. Denn wenn es nach den üblichen Teen-Drama-Regeln gehen würde, dürfte Chase sich nicht ganz so sicher sein, mit wem er denn nun zusammen sein will, aber in seinem Gespräch mit Mia sagt er eindeutig, dass er sich für Alex entschieden hat. Deshalb bin ich doch zumindest ein klitzekleines Bisschen gespannt, wie diese Story nun aufgezogen wird – und außerdem nimmt sie momentan so wenig Screentime ein, dass es kaum störend wirkt.

Fazit

Ein schöner, witziger, energiegeladener, lebenslustiger Auftakt, der Spaß auf die achte Staffel macht! Und die nötige Portion Drama für die nächsten Folgen ist mit Brookes beruflichem Fiasko und der noch immer in der Schwebe hängenden Situation um Clay und Quinn definitiv gegeben. Trotzdem ist in der Wertung noch etwas Platz nach oben, weil die neuen Storylines eben nur angelegt wurden und abzuwarten bleibt, wie sie sich entwickeln werden.

Lena Stadelmann - myFanbase

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