Bewertung

Review: #3.06 Raus ins Leben

Mit der neuesten Ausgabe von "Nashville" läuft die Serie wieder ein wenig in Gefahr, die Fehler aus früheren Staffeln zu wiederholen. Die Folge war rappelvoll mit verschiedensten Stories, die immerhin zumeist noch recht geschickt Schnittmengen mit parallel laufenden Handlungen bildeten. Dennoch wäre weniger hier tatsächlich mehr gewesen und so wirkte die ein oder andere Geschichte auch etwas unausgegoren.

Das trifft jedoch keinesfalls auf die Entwicklung in Sachen Juliette und Avery zu. Seit Staffelbeginn ist deren ganz besondere Konstellation mein ganz persönliches Highlight und auch diese Episode hat daran nichts geändert. Bei keiner anderen Storyline kann ich aktuell derart mit beiden Charakteren mitleiden und –fühlen. Und was war das wieder für eine Achterbahn der Gefühle im Folgenverlauf. Die zwei gehören einfach zusammen, dafür gibt es einfach zu viele Anzeichen und Gründe, aber irgendwie stehen die beiden sich auch selbst im Weg. Dass Avery nach Juliettes Zusammenbruch hinter der Bühne direkt zu ihr ans Krankenhausbett reist, war doch schon mal ein eindeutiges Zeichen dafür, dass sie und sein Ungeborenes ihm alles andere als egal sind. Und Juliette war auch unmittelbar anzusehen, dass Averys Sorge neue Hoffnung auf eine Versöhnung und eine gemeinsame Zukunft als junge Familie sein könnte. Doch die Dramaturgie verlangte nach einem Auftritt von Juliettes Schauspielkollegen Noah und dessen Fürsorge sorgte wiederum für voreilige Schlüsse bei Avery und seine Flucht aus dem Krankenhaus. Wobei man natürlich Avery auch zugestehen muss, dass seine Schlussfolgerung gar nicht soweit hergeholt ist. Denn auch für mich ist offensichtlich, dass Noah mehr als nur freundschaftliches Interesse an Juliette hat. Allerdings muss man auch ihr direkt anrechnen, dass sie ihm zunächst einmal die Grenzen aufweist und ihm ihre Zuneigung für Avery klarmacht. Mit Juliettes erneutem Besuch bei Avery keimte dann erneut die Hoffnung auf, die beiden könnten sich doch schneller als gedacht, wieder zusammenraufen. Aber für Avery bleibt Juliettes Seitensprung mit Jeff ein zu großer Vertrauensbruch. Er ist noch nicht bereit ihr zu verzeihen und neues Vertrauen zu schaffen. Dennoch will er die Verantwortung für das gemeinsame Baby übernehmen und an dessen Leben teilhaben. Das ist zwar keine Versöhnung, aber immerhin ein Hoffnungsschimmer für alle Avery und Juliette Anhänger, dass noch nicht endgültig alles vorbei sein muss. Schon die Geburt könnte die beiden bereits wieder enger zusammenschweißen.

Was mir abseits von Avery an Juliette in dieser Folge gut gefiel, war der sichtbare Reifeprozess, den ihr Charakter einmal mehr durchlaufen hat. Sie ist im Serienverlauf "gewachsen" und kann auf die Nichtnominierung bei den CMA Awards tatsächlich gelassen reagieren. Das wäre früher undenkbar gewesen und nun steht die Gesundheit ihres Babys im Mittelpunkt ihres Interesses. Wer hätte das gedacht? Ganz professionell und souverän bringt sie auch den Presseauftritt zu ihrer Schwangerschaft über die Bühne. So ganz ist die "alte" Juliette aber dann doch nicht verschwunden, bei der Entlassung von Zoey blitzt ihr früheres und so typisches Ich noch einmal durch.

Während andere Geschichten zuletzt vergleichsweise schnell voranschreiten, habe ich inzwischen immer mehr das Gefühl, im Fall von Will und Layla stets die gleiche Geschichte im neuen Gewand erzählt zu bekommen. In Staffel zwei sprang Will noch Brent zu Hilfe, als dieser verprügelt wurde, in der letzten Folge war Will selbst das Opfer. Die Ausgangslage ist jedoch noch immer die gleiche. Will ist weiterhin in der Öffentlichkeit ungeoutet. Und auch bei Layla ist keine Entwicklung zu verzeichnen. Zu wechselhaft ist ihre Art und Weise mit der Situation umzugehen und so schwankt ihre Stimmungslage ständig zwischen Enttäuschung und Verachtung. Richtig bewegen tut sich auch bei ihr wenig. Ich hoffe doch sehr, dass die Autoren sich langsam mal einen Ruck geben und dieser Geschichte etwas mehr Aufmerksamkeit widmen. Dass zuletzt Deacon als aufmerksamer Beobachter Wills Situation richtig einschätzte, ist zumindest schon einmal ein richtiger Schritt und verdichtet die verschiedenen Erzählstränge noch einmal.

In eine gefährliche Richtung driftet derweil die Handlung um Teddy und Jeff ab. Ich war eigentlich recht positiv gestimmt, dass Jeffs Annäherung an Teddy mit der Absicht an Maddie heranzukommen eine spannende Geschichte werden kann. Dafür war ich dann auch bereit zu schlucken, dass sich Teddy bisher doch recht einfach von Jeff hat einwickeln lassen. Leider schlägt die Story inzwischen eine ganz andere Richtung ein, denn auf einem weiteren Nebenschauplatz hat sich Teddy wohl in das Escort Girl Natasha verguckt, was ihm erst durch Jeff offenbart wird. Nicht nur ging das auch wieder wahnsinnig schnell von statten, er ist jetzt auch noch so unvernünftig, Natasha weiter hinterher zu laufen. Das könnte nun also auch zu einem Problem für sein Amt als Bürgermeister werden und möglicherweise ist das jetzt der Angriffspunkt von Jeff, Teddy mit diesem Wissen unter Druck zu setzen und sich so die Unterschrift für die Rechte an Maddies Musik zu sichern. Das mag zwar handlungstechnisch noch einen Sinn ergeben, wird aber derart platt inszeniert und lässt Teddy als Figur auch wieder einmal ziemlich dämlich dastehen. Eric Close tut mir inzwischen fast schon leid, dass ausgerechnet er immer die unattraktiven Storylines verpasst bekommt.

Als wäre mit der Schwangerschaft von Juliette das Thema ungewollte und zunächst unbekannte Schwanger- und Elternschaft abgedeckt, wird dies durch das Auftauchen von Kiley und ihrem und Gunnars Sohn Micah im Prinzip noch einmal wiederholt. Das zeugt nicht gerade von großem Einfallsreichtum und führt aktuell bei mir auch nicht zu besonders großer Neugier auf mehr. Auch hier läuft mir einiges einfach zu glatt ab. Der unbekannte Sohn ist bereits nach einem Treffen Feuer und Flamme von Gunnar und der wiederum braucht nur ein Gespräch, um seine Ex zum Bleiben zu überreden. Schon klar. Dass Zoey ihre Eifersucht nun einfach von Scarlett auf Kiley verlagern muss, ist natürlich auch ganz einfach. Hier hoffe ich dann doch noch inständig auf einen interessanten Dreh in der Handlung, sonst ödet mich das jetzt schon an.

Bislang bin ich ja kein großer Fan der Paarung aus Deacon und Pam. In dieser Folge muss ich ihr jedoch wirklich Recht geben. Deacon hatte den Spaß an der Musik verloren. Er war sauer auf Luke, weil dieser auf ihm als Opening Act beharrte und unterschwellig wirkt trotz der Ablenkung durch Pam sicher noch immer seine Niederlage im Kampf um Rayna. Dass alles wirkte sich für ihn unterbewusst, aber für Pam sichtbar, auch auf seine Musik aus. Ihr Einwurf hat Deacon jedoch schnell die Augen geöffnet und in der spontanen Jam-Session nach dem Konzert zeigte sich auch wieder seine Spielfreude. Die Story kam insgesamt vielleicht ein wenig arg moralinsauer daher, aber immerhin führte es zu etwas mehr Sympathie für Pam.

Letztendlich gefiel mir aber Deacons zweiter Erzählstrang doch etwas besser beziehungsweise eigentlich war es mehr die Art und Weise wie die Geschichte durch Maddie alle ihre Vater-Figuren und Rayna zusammenführte. Das ist genau das, was ich bereits vielfach kritisiert hatte, den Autoren aber inzwischen immer besser gelingt, nämlich die oft nebeneinander laufenden Handlungen auch untereinander zu verknüpfen. Maddies Teenager-Allüren waren jetzt inhaltlich nicht der große Wurf, führten jedoch zu der netten Szene, in der sowohl Deacon, Teddy und Luke bei Rayna zuhause auflaufen, um die Situation zu klären. Damit hat sich aber auch hoffentlich diese Geschichte bereits wieder in Wohlgefallen aufgelöst und es tut sich dann vielleicht mal langsam etwas in puncto Jeffs Plan, Maddie unter Vertrag nehmen zu können.

Als Fan der amerikanischen Country Musik gefiel mir auch wieder die Einbindung der CMA Awards in die Handlung. Eine Woche vor der tatsächlichen Preisverleihung in den USA war das nicht nur Werbung für die ebenfalls von ABC übertragene Verleihung in eigener Sache, sondern spiegelt auch noch einmal wider, wie nah sich die Serie in der Darstellung der Country Szene an der Realität orientiert. Dass mit Sara Evans eine bekannte US Country Sängerin die Award-Nominierungen verkünden durfte, übrigens gespickt mit Namen echter Künstler, und dann auch noch ein Duett mit Luke abliefern durfte war ebenfalls eine schöne Idee. Die hätte ich mir ja neulich schon beim Gastauftritt von Luke Bryan gewünscht, insofern hat man dieses Mal wenigstens den Gaststar für ein musikalisches Highlight genutzt. Während die echten Awards nun zeitnah ihren neuen Besitzern verliehen werden, scheint sich das in "Nashville" aber noch eine Weile hinzuziehen. Zwischen Rayna und Luke scheint das sogar noch in einen internen Konkurrenzkampf auszuarten. Ich kann Raynas Unmut über die Andeutungen, sie hätte ihre Nominierungen ihrer Beziehung zu Luke zu verdanken, sogar gut nachvollziehen. Daher ist es auch verständlich, dass sie sich hier ohne Luke als eigenständige Künstlerin behaupten will. In ihrer Vergangenheit bestand nie ein Zweifel über die von ihr erbrachten Leistungen, doch nun sieht sie diesen Zustand mit Bedenken. Man kann also gespannt sein, inwiefern die beiden es als sportlichen Wettkampf sehen oder ob die Beziehung darunter nicht doch auch in Mitleidenschaft gezogen wird. Inwiefern auch in der Realität Nominierungen vermeintlich aufgrund privater Verbindungen getroffen werden, lässt sich sicher schwer einschätzen, aber prominente Country Künstler Paare gibt es mit Tim McGraw und Faith Hill oder auch Blake Shelton und Miranda Lambert tatsächlich.

Völlig losgelöst vom Rest verlief unterdessen der Handlungsbogen mit Scarlett und dem Obdachlosen. Grundsätzlich ist mir auch nicht klar, worauf das ganze hinaus laufen soll. Offenbar hat der Mann ein musikalisches Talent. Stellt sich also die Frage, ob es Scarlett gelingt, ihn im Musikbusiness unterzubringen oder ob es doch lediglich nur um ihre soziale Ader geht. Ehrlich gesagt wäre mir ihre übertriebene, beinahe schon aufdringliche Art der Fürsorge aber auch des Guten zu viel gewesen. Ich hatte auf jeden Fall Verständnis dafür, dass der Mann zunächst einmal das Weite suchte. Abgeschlossen ist das aber sicher noch nicht.

Fazit

Das war eine vollgepackte Episode, in der die Qualität der erzählten Geschichten stark schwankte. Nach wie vor kann das derzeitige Nicht-Paar Juliette und Avery am meisten überzeugen. Die Handlungsstränge von Teddy, Scarlett und Gunnar können mich aktuell noch nicht überzeugen, während ich mir bei Will und Layla endlich etwas mehr Entwicklung statt weiteren Stillstand wünsche. Lobend zu erwähnen sind die nach wie vor guten Verflechtungen der Charaktere untereinander sowie einmal mehr die Einordnung des fiktiven Serienuniversums in die reale Country Musik Szene.

Jan H. – myfanbase

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