Bewertung

Review: #2.19 Steinige Wege

Der Folgentitel ist in der neuesten Ausgabe von “Nashville“ Programm für sämtliche Handlungsstränge. Dabei steht "verrückt“ für sämtliche Ausprägungsformen und Bedeutungen des Begriffs. Charaktere spielen oder sind verrückt oder werden von ihren Gefühlen ob positiv oder negativ übermannt und führen damit zu einer flott erzählten und damit kurzweiligen Episode.

"I’m the Outsider!"

Es kann nicht wirklich überraschen, dass Maddies Musikvideo doch noch an die breite Öffentlichkeit gelangt und zur Diskussion in den Medien führt. Zum Schutz von Maddie ist es letztendlich auch vernünftig, damit offen und offensiv umzugehen, anstatt wie von Rayna zunächst doch recht blauäugig vorgeschlagen, darauf nicht weiter einzugehen oder lediglich eine Presseerklärung abzugeben. Das Interessanteste an dieser Handlung war für mich jedoch die Konstellation von Rayna mit den drei Männern in ihrem Leben.

Luke konnte mich hier vor allem positiv überraschen, weil er Rayna sofort bei Bekanntwerden der tatsächlichen Vaterschaft als loyaler Partner zu Seite stand. Er wollte Rayna in dieser Situation nicht alleine lassen und schon gar nicht mit den beiden Vätern, die sich spinnefeind sind. Dass dabei sicher auch Eifersucht insbesondere auf Deacon eine Rolle spielte, kann ich ihm aber nicht wirklich vorwerfen. Er ist nun einmal der neue Mann in Raynas Leben und die enge Verflechtung zu ihren ehemaligen Männern ist für ihn sicher keine einfache Situation. Da will Luke mit dem gemeinsamen Besuch bei Deacon natürlich auch sein Revier markieren. Seine verärgerte Reaktion im Auto nach dem Interview zeigt eine Mischung aus Wut und Enttäuschung. Ich kann aber noch nicht konkret einschätzen, ob dies eine Reaktion auf Raynas Verhalten ihm gegenüber ist oder doch die bloße Eifersucht auf Deacon.

Schauspielerisch konnte mich einmal mehr Charles Esten überzeugen, der gerade in den Szenen mit Rayna eine überzeugende Leistung bot und uns Deacon sehr emotional, verletzt, enttäuscht, aber auch als gewissenhaften Charakter präsentierte. Mir persönlich wurde einmal mehr zu sehr die Karte des drohenden Rückfalls von Deacon in den Alkoholkonsum gezogen. Es mag aber tatsächlich sein, dass alkoholkranke Menschen in für sie schwierigen Situationen den Drang zur Flasche haben. Und Deacon hatte es ja auch im doppelten Sinne nicht leicht. Zunächst muss er erst einmal die Affäre von Megan mit Teddy verdauen. Nicht zu vergessen das ohnehin noch recht frische Wissen über seine Vaterschaft und die damit verbundene Wut und Enttäuschung auf Rayna, die ihm das so lange verschwiegen hat. Umso mehr rechne ich Deacon seinen Interview-Auftritt an, in dem er Verantwortung übernimmt, seine frühere Alkoholsucht zugibt sowie Rayna und Teddy seine Anerkennung zur Erziehung von Maddie ausspricht. Dazu gehört Größe und die hat er eindrucksvoll gezeigt, auch dadurch, dass er Teddy nicht weiter angegriffen hat.

Teddy wiederum sieht sich in der ganzen Sachlage als Außenseiter. In gewisser Weise kann ich das sogar nachvollziehen. Seit dem Tod von Peggy hatte er keine oder kaum familiäre Unterstützung. Und die Offenbarung von Deacons Vaterschaft gegenüber Maddie hat ihn zunehmend von seiner Tochter entfernt, die im pubertären Alter schnell gelernt hat (ob bewusst oder unbewusst), die beiden Väter gegeneinander zu benutzen. Diese Verlustängste machen Teddy sicher zum Verlierer in der aktuellen Situation. Seine Affäre mit Megan verschlimmert die ohnehin schon verfahrene Lage mit Deacon aber noch zusätzlich. Das hätte auch ihm bewusst sein müssen. Überhaupt ist mir Teddys schnelle Verliebtheit in neue Partnerinnen etwas zu viel. Von Peggy ließ er sich nach der Trennung von Rayna schnell einwickeln und bei Megan blieb es ja nicht nur bei der einen Nacht, sondern er suchte sie danach ja wiederholt auf, um sie für sich zu gewinnen.

Gut gefiel mir dann die Auflösung der ganzen Geschichte, indem alle Beteiligten trotz der untereinander herrschenden Konflikte und Misstöne gemeinsam für Maddie an einem Strang zogen. Das ist zumindest die Wirkung nach außen. Ausgestanden sind die Spannungen aber sich noch nicht und ich bin schon neugierig, was uns hier noch bis zum Staffelfinale in Sachen Rayna und ihren (Ex-)Männern bevorstehen wird.

"This one is for you"

Eine überraschende Note bekam diese Woche die Handlung rund um Scarlett. Bislang war ich immer der Annahme, ihre zunehmende Tablettensucht rührte allein von dem stressigen Tourleben, den hohen Erwartungen an Sie und auch der zunehmenden Einsamkeit her. Das plötzliche Auftauchen ihrer Mutter Beverly lässt das aber noch einmal in einem anderen Licht da stehen. Wir kannten Scarletts Mutter bisher eigentlich gar nicht. Ich kann mich noch an eine Szene mit einem Telefonat von Mutter und Tochter in Staffel eins erinnern, das aber wenig Aufschluss über die Beziehung der beiden gab. Von Beginn an war Scarlett jedoch anzumerken, dass ihr Beverlys Besuch alles andere als recht war. Die zögerliche Reaktion auf die Begrüßung ließ sofort vermuten, dass hier etwas nicht stimmt. So wurde in der Folge dann auch durchaus harter Tabak aufgefahren. Die durch die Schwangerschaft mit Scarlett ausgebremste Karriere von Beverly übertrug sich wohl über lange Zeit auf eine von Gewalt durch Worte und Taten geprägte Kindheit, die Scarlett offenbar zu der sensiblen und leicht verletzbaren Person machte, die uns bereits seit Serienbeginn präsentiert wurde. Nach nun fast zwei Staffeln kam das jetzt ein wenig aus dem Nichts, zumal auch noch derart gedrängt innerhalb nur einer Folge. Das war mir ehrlich gesagt dann doch etwas zu viel, obwohl das ein durchaus spannender Erzählstrang war. Ein großes Lob gebührt aber Clare Bowen, die eine wirklich tolle Leistung zeigte und ihren Serien-Charakter in zwei völlig unterschiedlichen Extremen darstellte. So wusste sich Scarlett bei der Performance von "Black Roses“ mit einer überraschenden Vehemenz, durch die von Wut, Verachtung und Hass geprägte Mimik und ihren Gesang zumindest kurzzeitig zu behaupten, während uns die End-Szene eine gebrochene, verwirrt und verängstigte Scarlett unter Alkohol- und Tabletteneinfluss zeigte, die einem nur noch Leid tun konnte. Ich bin nun wirklich gespannt, wie Juliette und Rayna auf diesen verpatzten Auftritt reagieren werden.

"You are out of her league"

Mit der von den Autoren sehr glaubhaft in die Handlung integrierten Rückkehr von Charlie Wentworth hatte ich gar nicht mehr gerechnet. Der fehlende Fanzuspruch auf Juliettes Tour rührt auch von der mangelnden Unterstützung der Radiostationen her und Charlie besitzt nun einmal ein wichtiges Radio Netzwerk, das ihr als Türöffner helfen könnte. Ich habe Charlie als Charakter nicht vermisst und war letztendlich aber auch viel mehr davon begeistert, wie Avery und Juliette inzwischen mit ihrer Beziehung umgehen können. Die Offenheit, mit der Juliette Avery über die bevorstehende Begegnung mit Charlie an den Tag legte, ist ein neuer positiver Charakterzug an ihr und es amüsierte mich dann eigentlich nur, wie verdutzt sie war, dass Avery so wenig eifersüchtig reagierte. Zumal das ja bisher nun auch nicht unbedingt ein normaler Charakterzug von Avery war, der in seiner Beziehung mit Scarlett in Staffel eins sicher noch ganz anders reagiert hätte. Genauso gut gefiel mir aber auch, wie sich Avery von Charlie nicht provozieren ließ und sogar noch kontern konnte. Und Juliettes Bekenntnis gegenüber Charlie, Avery zu lieben, schien mir nicht aufgesetzt, sondern aus tiefem Herzen überzeugend. Ich war wirklich lange ein Gegner der Beziehung der beiden und vielmehr ein Anhänger ihrer platonischen Freundschaft, inzwischen bin ich aber auch vom Liebespaar Juliette und Avery überzeugt und hoffe sehr, dass die beiden nicht auf Teufel komm raus, wieder getrennt werden. Daran ändert jetzt hoffentlich auch weder Averys Sorge um Scarlett etwas, noch die Sache um den Kuss von Charlie und Juliette. Ich finde, dass man Juliette da jetzt auch keinen Vorwurf machen sollte, ob Charlie sie jetzt nur versucht hat zu küssen oder ob es wirklich zu dem Kuss kam. Sie hat ihn abgewiesen und das sollte Avery auch genügen.

"What about what you want?"

Zum wahrscheinlich ersten Mal überhaupt hatte ich in dieser Folge den Eindruck, dass Gunnar die Beziehung zu Zoey wirklich wichtig ist. Die 400.000 Dollar Tantiemen führten auf jeden Fall zu einer Reihe von verrückten und witzigen Ideen, wie das Geld ausgegeben werden könnte. Es war aber auch süß, wie Gunnar letztendlich Zoey mit den professionellen Demotape-Aufnahmen überraschte und damit auch ihren Erfolg unterstützen wollte. Das ist wirklich ein großer Liebesbeweis. Doch die Euphorie hält bei Gunnar nicht lange an, denn er muss erneut erfahren, dass seine Ambitionen als Solo-Sänger nicht gefragt sind, obwohl im dies wichtiger als seine Meriten als Songschreiber zu sein scheint. Dass Zoey dann auch noch über einen längeren Aufenthalt in Los Angeles nachdenkt, um ihre Karriere anzukurbeln, bedeutet einen weiteren Rückschlag für Gunnar. Dabei gefielen mir an Zoey besonders ihre an Gunnar gerichteten Worte, er solle sein Geld für das ausgeben, was er (machen) will. Das kann sie in Ihrer Position, sie besitzt schließlich nicht so viel Geld, zwar ganz einfach sagen, dennoch stimmt ihre Aussage natürlich. Gunnar sollte sich ihre Worte zu Herzen nehmen und ernsthaft darüber nachdenken, ob das Geld aus seiner Arbeit als Songschreiber ihn wirklich glücklich machen kann oder ob ihm nicht doch etwas Entscheidendes in seinem Leben fehlt, indem er nämlich das tun kann, was ihm persönlich wichtig ist. Die Tantiemen sind dafür vielleicht das richtige Startkapital, um den Traum vom Solo-Auftritt auf der Bühne verwirklichen zu können.

Fazit

Mit “Crazy“ bekommen wir eine über weite Strecken überzeugende und dabei eine mit einem (fast zu) hohem Erzähltempo ausgestatte Folge präsentiert, die in Richtung des Staffelfinales zahlreiche Handlungsstränge etabliert, die jede Menge Spannung für die verbleibenden Folgen versprechen. Dabei zeigen vor allem Charles Esten und Clare Bowen ganz hervorragende schauspielerische Leistungen, während die zunehmend gestärkte Beziehung von Juliette und Avery hoffentlich auch nicht durch Charlies Rückkehr ins Wanken gerät. Schade war jedoch, dass die Handlung um Will einmal mehr keine Berücksichtigung fand, obwohl diese für mich persönlich zu den (konstanten) Highlights in Staffel zwei zählt. Nach der kleinen Osterpause gibt es aber hoffentlich wieder mehr davon zu sehen.

Jan H. – myfanbase

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