Bewertung

Review: #2.11 Himmel und Hölle

Nach dem spannenden Cliffhanger vor der Weihnachtspause heißt es zu Beginn des neuen Jahres Abschiednehmen und Wiedersehen. Und während zwei Nebencharaktere ein Comeback feiern, stellt sich die Frage "quo vadis“ für eine Vielzahl der Hauptfiguren.

Abschied

Der Tod einer Serienfigur ist häufig eine zwiespältige Sache. Oft als Cliffhanger oder schockierender Moment eingesetzt, ist er ein dramatisches Element, dass den Zuschauer häufig berührt und die beteiligten Figuren vor schwierige Situation stellt. Nun ist die Auflösung des Cliffhangers, und damit der tatsächlich bestätigte Tod von Peggy, weder das Eine noch das Andere. Ehrlich gesagt ist für mich Peggys Ableben kein wirklich großer Verlust, war sie eigentlich schon seit ihrem ersten Auftritt für mich die Persona non grata schlechthin, spätestens jedoch seit ihrer vorgetäuschten Schwangerschaft inklusive der vermeintlichen Fehlgeburt. Während es mir also um Peggy weniger Leid tut, kann ich aber auch mit Teddy kaum mitfühlen, obwohl dieser schließlich seine Frau verloren hat, wenn er auch von ihrem Schauspiel keine Ahnung hatte. Grundsätzlich zeigt sich aber am Tod von Peggy auch, dass die Figur letztendlich völlig überflüssig war. Wirklich involviert in die Handlung der anderen Figuren war sie ohnehin nie, selbst mit Rayna im Hinblick auf die Kinder und ihre Rolle als Stiefmutter war sie selten ein Thema. Und so gibt es außer Teddy eigentlich auch niemanden, der um Peggy trauert. Rayna und die Kinder tun das wohl eher aus Solidarität mit Teddy und nicht, weil sie einen geliebten Menschen verloren haben. Letzten Endes bin ich also durchaus auch froh, dass mit ihrem Tod Teddy vermeintlich eine Gelegenheit erhält, wieder mehr in die Handlung um Rayna und Co eingebunden zu werden. Ob das jetzt allerdings die vermeintliche Bedrohung seines eigenen Lebens und das seiner Familie, insbesondere der Kinder, sein muss, steht wieder auf einem anderen Blatt. Es heißt also abwarten, was sich die Autoren nun für Teddy ausgedacht haben.

Wiedersehen – Teil eins

Ein für mich völlig überraschendes Comeback feiert unterdessen Emily, die Assistentin von Juliette, die wir zuletzt in Staffel eins zu Gesicht bekommen haben. Genauso wie sie damals ohne Erklärung verschwand, ist auch ihr erneutes Auftauchen in Nashville ohne große Erklärung geblieben. Auch wenn Emily als Nebencharakter immer etwas im Hintergrund blieb, gefiel es mir in der ersten Staffel gut, wie sie nach und nach zu einer wichtigen Vertrauten von Juliette wurde. Da ist es umso schöner, dass nun ausgerechnet in der für Juliette so schwierigen Zeit wieder eine Freundin in ihr Leben zurückkehrt. Und Freunde hat sie gerade dringend nötig, denn seit ihrem an die Öffentlichkeit gelangten Techtelmechtel mit dem verheirateten Charlie, starten konservative Demonstranten geradezu eine Hetzjagd auf Juliette. Dass sich Juliette von deren Anfeindungen persönlich angegriffen fühlt und sich zur Wehr setzen will, ist da natürlich nachvollziehbar. Aber die moderne Technik spielt hier gegen sie und so wird ihr aus einem aus dem Zusammenhang gerissenen und neu zusammengeschnitten Zitat ein Strick gedreht, der den "Mob“ noch weiter aufhetzt und uns zudem ein konservatives Bild der USA aufzeigt, wo religiösen Fanatikern noch ein Gehör verschafft wird. Dass dann ausgerechnet die neue Erzfeindin Layla Juliette helfend zur Seite stehen soll, kann diese natürlich nur zähneknirschend akzeptieren, bleibt aber ihre womöglich letzte Hoffnung, um ihre Karriere nicht völlig den Bach hinunter gehen zu sehen. Fragt sich bloß, welchen Preis sie dafür noch zu zahlen hat. Es sind aber auch gerade wieder diese Szenen, in denen Hayden Panettiere einmal mehr schauspielerisch überzeugen kann und damit ihre Golden Globe Nominierung nochmals rechtfertigt. Ich bin gespannt, ob Laylas Pressekommentar nun wirklich bereits alles aus der Welt schaffen konnte. Die Lawine könnte von den hartnäckigen Demonstranten und streng religiösen Gruppierungen bereits zu sehr in Gang getreten worden sein. In Sachen ihrer Liebesbekundung an Avery im Winterfinale gibt es von Ihrer Seite aus allerdings nur wenig Entwicklung. Juliette meidet ihn, wo sie nur kann. Könnte sie nur ahnen, was dafür bei Avery los ist, denn Scarlett scheint einen Verdacht zu hegen und am Ende kommt es ja gar zur Trennung der beiden, doch dazu später mehr.

Wiedersehen – Teil zwei

Ein Comeback darf in der Folge auch Liam feiern, ein inzwischen wohl nicht mehr so heimlicher Lieblingscharakter von mir, der mit seiner unkonventionellen Art und Direktheit in der Vergangenheit häufig für einen Lacher oder gute Szenen, vor allem mit Rayna, sorgte. Daher finde ich es doch sehr schade, dass sein Charakter in der Folge gar nicht wirklich genutzt wurde und er nur selten mit seinem, ihm eigenen Charme, aufblitzen konnte. Immerhin öffnete er Rayna ein wenig die Augen, was ihre neue Selbständigkeit angeht. Und damit hat sie durchaus zu kämpfen. Nach und nach scheint Rayna erst wirklich bewusst zu werden, dass ihr durchaus nachvollziehbarer, aber auch recht spontaner und vielleicht sogar unüberlegter Schritt mit ihrem eigenen Label nun wirklich bedeutet. Sie muss ihre Entscheidungen zukünftig viel überlegter treffen, schließlich hat sie quasi ihr gesamtes Vermögen investiert und muss nebenbei aber auch an ihre Töchter denken, denen sie ein Zuhause und eine Zukunft bieten will. Aktuell steht sie ein wenig isoliert auf weiter Flur. In Liam hätte sie eine wichtige Stütze zur Seite haben können, aber bei mir überwiegt doch das Gefühl, dass die Autoren seinen Einsatz hier nur halbherzig durchdacht hatten. Bleibt nur zu hoffen, dass dies nicht sein letzter Gastauftritt gewesen sein wird.

Abscheu

"I’m disgusting!“ - Puh, das sitzt tief bei Will, der völlig verzweifelt zu sein scheint. Seine Nacht mit Brent hat ihn offenbar in seiner Selbstfindung einmal mehr aus der Bahn geworfen. Immerhin war er aber dann doch noch so klar im Kopf, sein waghalsiges Manöver auf den Bahngleisen noch rechtzeitig abzubrechen. Dennoch ist seine Flucht in die Einsamkeit der Wildnis durchaus besorgniserregend. Sicher kann man in der Zurückgezogenheit besser über das eigene Ich sinnieren, aber der Zustand, in dem Gunnar ihn in der Einöde auffindet, spricht Bände. Will schafft es einfach nicht, sich seine Homosexualität endlich einzugestehen. Seine Argumente im Hinblick auf seine Karriere mögen für ihn selbst überzeugend sein, aber kann man sich wirklich akzeptieren und ein erfülltes Leben haben, wenn man sich für den Beruf immer verstellen muss, weil ihm darin ein anderes Image verpasst wurde? Das alles sitzt noch sehr tief in Will und zum aktuellen Zeitpunkt sehe ich für ihn auch noch keinen Ausweg aus dieser Situation. Das wird uns sicher noch eine Weile beschäftigen. Grundsätzlich fällt dieser Handlungsstrang damit auch ein wenig aus dem Rahmen, denn die Entwicklung geht anderswo insgesamt stets schneller voran, doch bei diesem sensiblen Thema, lassen sich die Autoren im Vergleich recht viel Zeit. Das ist jetzt gar nicht als Kritik zu verstehen, denn mir persönlich gefällt es sehr gut, dass dem Charakter hier die Zeit zur persönlichen Entwicklung gegeben wird und gerade eine so prägende Eigenschaft und der persönliche Umgang damit nicht übers Knie gebrochen wird. Ein Lob gebührt hier auch Chris Carmack, der Wills Verzweiflung und innere Zerrissenheit hier intensiv und glaubwürdig verkörpert. Nicht zu vergessen ist aber auch Gunnar, der sich als wahrer Freund darstellt und eine nicht minder beeindruckend starke Vorstellung gibt. Die Szenen der beiden in der Wildnis gehören für mich zum stärksten, was dieser Handlungsstrang bisher zu bieten hatte. Bitte mehr davon.

Blockade

An einem wichtigen Punkt ist unterdessen Deacon angelangt. Ihm bietet sich die Gelegenheit, ein eigenes Album aufzunehmen, aber eine Schreibblockade gefährdet den Deal, wenn er nicht rechtzeitig den versprochenen Song liefert. Dabei setzt sich Deacon so sehr selbst unter Erfolgsdruck, dass er ganz entgegen seiner sonst üblichen und meist gutmütigen Art, Megan vor den Kopf stößt, die es lediglich gut mit ihm meint. Wie sehr ihn die Situation wirklich belastet, zeigt die mich doch ziemlich überraschende Szene mit ihm im Auto vor einem Liquor Store. Jetzt lässt sich aber durchaus darüber streiten, ob man bei einem ehemaligen Alkoholiker wie Deacon in schwierigen Momenten wirklich jedes Mal die Alkohol- bzw. Rückfallkarte ziehen muss. Es mag ja durchaus sein, dass alkoholkranke Menschen gerade in verfahrenen Situationen zur Flasche greifen oder eben rückfallgefährdet sind, aber die Szene an sich setzt für mich doch etwas zu sehr auf den "billigen“ Effekt. Nichtsdestotrotz sind meine Sympathien für Deacon weiterhin vorhanden und es ist traurig zu sehen, wie er damit zu kämpfen hat, musikalisch auf eigenen Füßen stehen zu können. Umso schöner ist letztendlich aber auch seine Selbsterkenntnis, dass er seit langem, wenn nicht erstmals in seinem Leben glücklich ist. Er hat in Megan eine ihn liebende Freundin, in Maddie unerwartet eine Tochter, auf die er stolz sein kann und er hat die Musik, die er ebenfalls über alles liebt. Sein Leben steht damit auf einer soliden Basis und bietet ihm damit die für ihn neue Situation, Songs in einem geordneten, glücklichen Umfeld zu schreiben. Es ist daher auch schön zu sehen, dass es ausgerechnet Maddie ist, mit der er zusammen einen Song schreiben kann, den die beiden dann auch mit Unterstützung von Daphne vor Rayna zum Besten geben und der zugleich eine schöne Szenenmontage zum Folgenende untermalt.

Selbstzerstörung

Scarlett befindet sich inzwischen immer mehr auf einem Selbstzerstörungstrip. Sie macht sich Ihr Leben meines Erachtens unnötig selbst schwer. Ihr musikalischer Erfolg scheint sie nicht glücklich zu machen, gleichzeitig isoliert sie sich aber zunehmend im Privatleben und hat so bereits Zoey als Freundin verloren, mit der sie sich doch eigentlich über ihre Probleme unterhalten könnte. Auch Avery lässt sie nicht nah genug an sich heran, hält ihn emotional doch eher auf Distanz. Dabei scheint doch alles gut für sie zu laufen. Die als sie selbst als Gastdarstellerin auftretende Kelly Clarkson würde gerne den von Gunnar und Scarlett geschrieben Song "Fade into you“ aufnehmen. Das bietet uns übrigens endlich einmal wieder die Gelegenheit, die beiden im Duett zu erleben. Ein toller Auftritt. Und die Chemie zwischen den beiden stimmt einfach noch immer, sowohl gesanglich als auch in Form der Blicke, die sie sich während des Songs zuwerfen. Doch das Drehbuch sieht eine andere Entwicklung vor und so sagt Scarlett Kelly tatsächlich für den Song ab. Die Nähe zu Gunnar macht ihr offenbar zusätzlich zu schaffen. Es scheint ihr alles über den Kopf zu wachsen. Daheim angekommen trifft sie auf Avery und macht aus heiterem Himmel mit ihm Schluss. Dieses Mal jedoch ohne jegliche große Szene, weder von ihr, noch von Avery. Der hat spätestens nach Juliettes Bekenntnis wohl ohnehin schon erkannt, dass die Neuauflage mit Scarlett doch zum Scheitern verurteilt war. Anders als noch in Staffel eins, ist ihm dabei aber überhaupt kein Vorwurf zu machen. Die Wandlung zum Gutmenschen ist Avery tatsächlich gelungen. Um Scarlett jedoch muss man sich wohl sorgen. Nun scheint sie ganz auf sich allein gestellt. So ganz nachvollziehen kann ich ihre Probleme ehrlich gesagt nicht. Das scheint mir doch hausgemacht zu sein und mit ihrem noch immer vorhandenen, mangelnden Selbstbewusstsein zusammen zu hängen.

Fazit

Die starken Teile um Will und Juliette sowie die Comebacks von Liam und Emily überwiegen die kleinen Schwächen der Folge. Selten war mir ein Tod einer Serienfigur so egal wie hier, so dass es mir auch nicht gelang, mit Teddy mitzufühlen. Über den etwas platten, dramaturgischen Effekt mit dem drohenden Alkoholrückfall bei Deacon kann ich aber hinwegsehen, zumal es am Ende einen tollen Song mit ihm und Maddie zu hören gab. Der Entwicklung um Scarlett stehe ich noch ein wenig gespalten gegenüber und bewerte das zunächst einmal neutral.

Jan H. – myfanbase

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