Bewertung

Review: #1.02 Selina Kyle

Foto: Camren Bicondova, Gotham - Copyright: 2014 Fox Broadcasting Co.; Justin Stephens/FOX
Camren Bicondova, Gotham
© 2014 Fox Broadcasting Co.; Justin Stephens/FOX

"Who is Cat?"

Die zweite Folge der seriell erzählten Batman-Vorgeschichte "Gotham" trägt den Titel #1.02 Selina Kyle, was der bürgerliche Name der später als Catwoman bekannten Superheldin ist. Im Serienuniversum von "Gotham" ist Selina Kyle noch ein kleines aufmüpfiges Mädchen, welches auf der Straße lebt und lieber Cat genannt werden will. Der Titel suggeriert eine klare Fokussierung auf diese Figur, die in der Pilotfolge schon ganz Anfang unbemerkt den Mord an Bruce Waynes Eltern beobachtet hat. Auch in dieser Folge bekommt man ihren Charakter sehr früh zu sehen, spielt sie doch im dieswöchigen Fall der Woche erneut eine zentrale Rolle. Doch für eine Folge mit dem Titel Selina Kyle taucht sie im mittleren Teil der Folge gar nicht mehr auf, um dann am Ende wieder aus dem Hut gezaubert zu werden, um einen Cliffhanger zu generieren. Dies ist aber nicht die einzige Schwäche in der zweiten Folge einer Serie, der es weiterhin nicht gelingt spannende und vorallem vielschichtige Charaktere zu etablieren oder generell eine mitreießende Geschichte zu erzählen. Wie auch schon die Pilotfolge wirkt die zweite Folge umso mehr unausgegorren und spannungsarm. Dies hat verschiedene Gründe, die einen mit der Serie weiterhin nicht warm werden lassen.

Zunächst wäre da die eigentliche Rahmenhandlung der Folge, die sich auf einen Menschenhändlerring konzentriert, der sich auf Kinder spezialisiert hat, die auf der Straße leben und deshalb schnell und unbemerkt entführt und verkauft werden können. Bei einer dieser Entführungen wird aber ein Junge erschossen, was schließlich James Gordon und Harvey Bullock auf den Plan ruft. Im Grunde ist die Darstellung des Falls nur dafür konzipiert worden, damit am Ende James Gordon und Selina Kyle aufeinander treffen können. Das wäre auch nicht weiter schlimm, wenn der Fall spannungsreich gestaltet und Gegenspieler bieten würde, die nicht komplett überzeichnet und damit vollkommen lächerlich sind. Hier zeigt sich unter anderem schon, dass Bruno Heller noch nicht ganz genau herausgefunden hat, was für einen Tonfall er für seine Serie eigentlich anschlagen will: Einen lauten und hysterischen, komplett überzeichneteten, wie es Regisseur Joel Schuhmacher in seinen zwei Batman-Filmen bis in den Exzess getrieben hat oder einen ernsten, düsteren der Marke Christopher Nolan. Die zwei Gegenspieler dieser Folge wirken schlussendlich also kaum bedrohlich-wahnsinnig, sondern nur überzeichnet-lächerlich und führt deshalb auch nicht zu intensiv-schaurigen mitfiebern, sondern eher zu ausgeprägter Langeweile. Die Darstellung der Ermittlungen unterscheidet sich dann auch nicht groß von den vielen weiteren Crime-Procedurals und nimmt einfach viel zu viel Raum ein.

Ein zweiter größerer Aspekt dieser Folge war die Darstellung des anschwellenden Konflikts zwischen Mafiaboss Carmine Falcone und Nachtclubbesitzerin Fish Mooney, bei dem es um das nach dem Tod der Waynes brüchiger gewordene Machtgefüge in der Stadt geht. Hier passiert alles noch rein auf der Dialogebene. Es wird gesagt, dass das Machtgefüge am Auseinanderbrechen ist, visualisiert wird davon wenig, was einen weiterhin darin hindert ein wirkliches Gefühl dieser Stadt und seiner Probleme zu bekommen. Offensichtlich ist Carmine Falcone der große Antagonist der Serie, wirklich bedrohlich wirkt er bisher aber noch nicht und auch Fish Mooney bleibt als Figur weiterhin stark eindimensional, wobei zumindest in dieser Folge angedeutet wird, dass sie auch eine emotionale, menschliche Seite hat. Insgesamt tritt aber auch der immer wieder thematisierte Konflikt zwischen verschiedenen Parteien der organisierten Kriminalität auf der Stelle und wird zu behäbig inszeniert, als das wirklich ein Interesse an den weiteren Entwicklungen der Handlung aufkeimen könnte.

Ein weiterer Aspekt dieser Folge sind auch die Erlebnisse des Pinguins Oswald Cobblepot, welcher weiterhin als irrsinniger Psychopath dargestellt wird. Schon im Piloten wurde im Grunde durch die Schlussszene überdeutlich, dass man es hier mit einem gewissenlosen und unberechenbaren Monster zu tun hat. In dieser Folge wird das anhand verschiedener Szenen und Geschehnisse nur noch weiter unterstrichen, ohne das dabei wirklich etwas neues hinzugefügt wird. Dazu ist auch diese Figur bisher nicht mehr als eine Karikatur, eine lebendig gewordene Comicfigur, der bisher kaum große Ambivalenzen zugesprochen werden.

Das vielleicht größte und auch gravierendste Problem, welches auch in der zweiten Folge nicht richtig gelöst werden kann ist die Darstellung der eigentlichen Hauptfiguren. Benjamin McKenzie ist dabei nicht viel vorzuwerfen, ist die Figur des James Gordon doch bisher einfach nicht interessant und sympathisch genug geschrieben. Als tragende Hauptfigur, zu der der Zuschauer eine emotionale Bindung aufbauen und die dadurch den Zuschauer in diese Welt einführen soll bleibt Gordon enttäuschend blass. Er wird weiterhin nur als engagierter Cop dargestellt, der anders ist als viele seiner korrupten Kollegen und großen Einsatz zeigt. Diese Art Figuren gibt es zu Genüge und "Gotham" gelingt es bisher nicht diese Figur facettenreicher zu gestalten, damit zumindest mit ihm ein wenig mitgefühlt werden kann. So steht man allen Figuren weiterhin sehr distanziert und fast ignorant gegenüber, sind die Charaktere in "Gotham" doch bisher entweder eindimensional-überzeichnet oder eindimensional-uninteressant. Eine spannungsarme Story kann immer noch durch spannende und aufregendere Figuren gerettet werden, wenn es aber auf beiden Ebenen mangelt sieht es schnell ganz düster aus.

Die einzige Figur, zu der eine irgendwie geartete emotionale Bindung aufgebaut werden kann ist schlussendlich die des jungen Bruce Wayne, der am Verlust seiner Eltern leidet. Wie auch schon im Piloten sind es eben jene Szenen, die sich um den zukünftigen Batman drehen die stärksten, in denen auch James Gordon am ehesten auf menschlicher Ebene überzeugen kann. Leider sind diese Momente bisher äußerst spärlich gesät und werden nebenbei in kleinen Einzelszenen abgehandelt.

Fazit

In der Zweiten Folge "Gotham" ist keine wirkliche Steigerung zum Piloten auszumachen. Im Gegenteil: Die Figuren und ein Großteil der Rahmenhandlung bleiben uninteressant und der Versucht eine Mischung zwischen ernstem und düsterem Crime-Procedurals und überzeichnetem Comic-Spektakel zu bieten scheitert, da bisher kein richtiges Mittel gefunden wurde diese Ebenen miteinander zu verbinden. "Gotham" bleibt also leider weiterhin eine riesengroße Enttäuschung.

Moritz Stock - myFanbase

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