Bewertung

Review: #4.01 Verkehrskontrolle

Foto: Archie Panjabi, Good Wife - Copyright: Paramount Pictures
Archie Panjabi, Good Wife
© Paramount Pictures

Es ist nicht schwer vorauszusagen, dass, wenn eine meiner absoluten Lieblingsserien mit neuen Folgen auf die Bildschirme zurückkehrt, meine erste Reaktion eine Mischung aus Wiedersehensfreude und Erleichterung nach zu langer Abwesenheit ist. Aber wie auch schon bei einem großen Teil der Vorgängerstaffel bleibt man nach näherem Betrachten mit eher ambivalenten Gefühlen bezüglich #4.01 I Fought the Law zurück. Womit fangen wir also an, dem Guten oder dem Schlechten?

Da ich im Grunde meiner Seele ja ein Optimist bin, habe ich mich dann für das Gute entschieden. Denn unterm Strich hat dies überwogen und vieles von dem, was in diesem Staffelauftakt passiert ist, steht stellvertretend für die vielen Stärken von "Good Wife". Zum einen ist es eine Freude, Peter wieder im Wahlkampfmodus zu sehen, und das nicht nur, weil es Eli wieder eine richtige Rolle gibt, bei der Alan Cumming mehr als einmal sein köstliches Sauertopfgesicht zeigen kann. Nicht nur musste er von Peter geradezu aus dem gemeinsamen Schlafzimmer (zumindest in diesem Moment) von ihm und Alicia manövriert werden, auch seine Reaktion auf Alicias herrliches Interview mit der Reporterin Peggy Byrne war sehr amüsant. Das ist der Eli, der sich in Staffel 2 zum heimlichen Star der Serie mauserte, der aber in der 3. Staffel leider zu sehr in Nebensächlichkeiten verflachte.

Man spielt auch weiterhin etwas mit dem wahren Status Quo der Beziehung zwischen Alicia und Peter, in der sich offensichtlich beide immer eine letzte Rückkehrmöglichkeit offen halten wollen. Ich war lange Zeit einer der größten Gegner einer eventuellen Versöhnung auch auf Beziehungsebene zwischen diesen beiden, aber je mehr ich sie wie hier als wahrlich ebenbürtige Strategen betrachte, um so besser kann ich mir es mittlerweile vorstellen. Das ändert aber natürlich nichts daran, dass ich es eigentlich eine viel bessere Idee fände, wenn Alicia eines Tages mal einem Mann begegnen würde, mit dem sie nicht solch eine vorbelastete Vergangenheit wie mit Peter (oder auch Will) hat.

Der wahre Fokus der Episode lag aber auf dem Fall rund um Zach, der insgesamt sehr gelungen war. Es war nicht nur eine Auflockerung des normalen Klienten-Anwälte-Schemas, ohne den legalen Aspekt ganz zu verlieren, es hat dem ganzen auch eine persönliche Note verliehen und Zach seit langem mal wieder einen richtigen Handlungsstrang. Auch die Einbindung der Online-Recherche und des viralen Videos war wieder einmal gelungen, aber "Good Wife" hat schon immer ein Händchen dafür gehabt, die modernen Medien realistisch einzubinden. Besonders hat mir dabei aber der kleine ironische Seitenhieb gefallen, dass Zach trotz aller Cleverness und Aufgewecktheit in der ganzen Sache dann am Ende dennoch wieder auf eine Sexseite im Internet zurückgreift. Er ist eben trotz alledem ein Teenager.

Der ganze Aspekt der politischen Verwicklungen zwischen Peter Florrick und dem Bezirksstaatsanwalt eines ländlicheren Gebietes als Cook County hat der Sache dann noch zusätzliche Würze verliehen und die gegenseitige Zuspitzung des Falles war sehr unterhaltsam für den Zuschauer. Mal schauen, ob sich daraus längerfristige Konsequenzen für Peters Kampagne ergeben, es ist aber sicher keine schlechte Idee, nun da Peter für den gesamten Bundesstaat kandidiert, den Fokus langsam auch über Chicago und Cook County hinaus zu erweitern. Und dann bleibt da noch die Frage nach Peters Gegenkandidaten Mike Kresteva, der ja bekanntlich von Matthew Perry dargestellt wird. Da aber dessen neue NBC-Serie "Go On" mittlerweile mit großem Erfolg angelaufen ist und die Verlängerung dieser auf eine volle Staffel nur noch eine Frage der Zeit ist, bleibt abzuwarten, wie oft dieser für "Good Wife" wirklich zur Verfügung steht. Im letzten wichtigen Wahlkampf war Glenn Childs auch eine starke Präsenz, ohne wirklich oft persönlich aufzutauchen und bei Kesteva fällt die Notwendigkeit seiner Anwesenheit auf der Seite der Staatsanwaltschaft weg, aber ich muss doch zugeben, dass ich es ein wenig schade finde, dass wir Matthew Perry wahrscheinlich nicht sehr häufig sehen können.

Ein weiterer gelungener Aspekt bleibt das wirtschaftliche Auf und Ab der Kanzlei. Zwar steht diese nun bereits zum gefühlten 100. mal kurz vor dem Bankrott und wir wissen alle, dass dies nicht wirklich passieren wird, aber die inneren Querelen und Machtsspiele zwischen Diane und Will und den anderen Partnern (vornehmlich David Lee) können mich auch in ihrer x-ten Inkarnation noch köstlich amüsieren. Und mit dem neuen Mitglied in diesem Gefüge, dem Wirtschaftsprüfer Clarke "Mao" Hayden, wunderbar trocken porträtiert von Nathan Lane, kommt hier auch noch eine gehörige Portion Würze dazu. Mit einer bevorstehenden Entlassungsquote von 30 Prozent dürfte es bald auch ans Eingemachte gehen. Ich hoffe nur, man treibt auf diese Art nicht wieder einen Keil zwischen Cary und Alicia, denn deren neu gefundene Ausgeglichenheit und gute Arbeitsbalance empfinde ich als sehr angenehm und würde darauf nur ungern verzichten.

Völlig jenseits jeglicher Balance steht Kalinda, und damit sind wir dann auch bei dem Punkt angelangt, der mich hier massiv gestört hat. Das ich dieses Spielchen rund um ihre sexuelle Allmacht und den Fokus auf ihr sadomasochistisches Privatleben schon lange leid bin, habe ich mehrfach zur Sprache gebracht, aber nach dem großen Bedrohungsszenario aus dem Staffelfinale hatte ich ja irgendwie gehofft, dass man diese leidige Geschichte rund um ihren Ex-Mann nun schnell ad acta legen würde und man danach dann endlich einen neuen definierenden Aspekt für ihren Charakter finden würde. Aber leider hat man sich offensichtlich dazu entschieden, diesen eher so lange wie möglich hinauszuzögern und im Zuge dessen noch weiter zu intensivieren. Und ich kann mittlerweile wirklich nicht mehr gut einschätzen, ob es nur an meinem Unwillen liegt, mich wieder einmal auf eine solche Geschichte rund um Kalinda einzulassen, in der sie mit Gewalt und Sex durch den Tag gleitet, oder ob es wirklich einfach nur ein ausgeleiertes Klischee ist. Für mich funktioniert es nicht und ich warte nur darauf, dass Nick endlich wieder aus der Stadt verschwindet und Kalinda sich entweder wirklich und ein für alle mal mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzt und diese dann überwindet, oder das Thema schlicht und einfach abgeschlossen wird. Wir sind mittlerweile in der 4. Staffel und es ist müßig, die geheimnisvolle Aura um sie mit denselben Mitteln wie zu Anfang der Serie aufrecht zu erhalten wollen. Entweder man gibt das mysteriöse Element ihres Charakters ganz auf, was für das Gesamtkonstrukt der Serie kein Problem sein sollte, oder man lässt sich etwas komplett Neues und Geheimnisvolles einfallen.

Jetzt mit Kalinda und ihrem pseudogefährlichen Ex so eine Art "Shades of Grey"-Skandal aufzuziehen, halte ich für komplett lächerlich. Dafür ist der einkalkulierte Schockeffekt zu vorhersehbar, zu harmlos und einfach auch zu oberflächlich. Denn genauso wie das angeblich so anrüchige Bestsellerbuch besteht diese ganze Beziehung nur aus lieblos zusammengeschusterten Attributen, die man einer solchen Abhängigkeits-Dominanz-Beziehung so aus der laienhaften Ferne zuschreibt. Und je mehr ich darüber nachdenke, um so mehr regt mich dieser billige Versuch, für Schocker (und Gesprächsstoff und damit bessere Einschaltquoten?) zu sorgen auf. Das ist unter dem Niveau der Serie, die schon mehrfach bewiesen hat, dass sie subtil mit Sexualität umgehen kann, und machen wir uns nichts vor, es ist auch wenig erfolgversprechend. Der Zug, ein großer Hit zu werden, ist abgefahren, und mit einer solchen Skandalgeschichte auf Bildzeitungsniveau läuft man Gefahr, sein treues Publikum für dumm zu verkaufen.

Aber nun gut, genug aufgeregt, warten wir einmal ab, wo uns diese Geschichte noch hinführt, auch wenn ich nicht gerade sagen kann, dass ich mich darauf freue. Abgesehen davon war es aber ein gelungener und amüsanter Auftakt in ein neues Jahr "Good Wife" und für alle anderen bevorstehenden Aspekte dieses neuen Kapitels überwiegt ganz klar meine gespannte Vorfreude.

Cindy Scholz - myFanbase

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