Bewertung

Bruised

Foto: Halle Berry, Bruised - Copyright: 2021 Netflix, Inc.
Halle Berry, Bruised
© 2021 Netflix, Inc.

Inhalt

Jackie Justice (Halle Berry) ist eine MMA-Kämpferin, die ihren Sport auf einem absoluten Tiefpunkt verlässt. Voll von Wut und Bedauern hat sie sich völlig seitdem zurückgezogen, doch von ihrem Manager und Freund Desi (Adan Canto) wird sie zu einem Underground-Kampf mitgenommen, wo ein Promoter (Shamier Anderson) auf sie aufmerksam wird. Er überredet sie, für eine Frauenliga zu trainieren, doch die Herausforderung wird nicht nur körperlich brutal, sondern auch mental, denn ihr Sohn Manny (Danny Boyd Jr.) kommt wieder in ihr Leben und ist vom Tod seines Vaters traumatisiert.

Kritik

Manchmal ist es ganz schön verrückt, wenn man im Nachhinein liest, wie gewisse Filme hätten aussehen können, wenn sich die Castingdirektoren einfach für andere Schauspielstars entschieden hätten. Bei "Bruised", das international durch Netflix vertrieben wird, konnte man den Entwicklungsprozess des Films aus der ersten Reihe mitverfolgen und so sollte die Regie beispielsweise von Nick Cassavetes übernommen werden, der schon Filme wie "Beim Leben meiner Schwester" oder "Wie ein einziger Tag" inszeniert hat. Und für die Hauptrolle war der ehemalige "Gossip Girl"-Star Blake Lively vorgesehen. Doch es ist alles ganz anders gekommen. Hollywoodstar Halle Berry hat sich dem Stoff angenommen und hat dafür gleich eine Doppelrolle übernommen: als Regisseurin (was ihr Debüt darstellt) und als Hauptdarstellerin. Das hat sich für sie auf vielen Ebenen gelohnt, denn nach dem Flop von "Catwoman" war Berry zwischendurch in einem ziemlichen Karrieretief und hat eher von dem Ruhm vergangener Rollen gelebt. Aber "Bruised" ist in vielerlei Hinsicht eine Kampfansage, dass mit ihr in Zukunft wieder zu rechnen sein wird. Der Film hat bei Netflix in der ersten Woche auch eine sehr gute Performance hingelegt, so dass die Nachricht nur wenig überraschen dürfte, dass die Schauspielerin mit dem Streamingdienst einen Produktionsdeal abgeschlossen hat. Also Achtung: die Zukunft der Halle Berry wird spannend werden!

Dass Berry in "Bruised" so heraussticht, liegt aber zugegebenermaßen auch an einem leider nur durchschnittlichen Drehbuch. Einzig Sheila Atim, die Jackies neue Trainerin Buddhakan, darstellt und ihrer Figur etwas stets Mysteriöses mitgibt, hinterlässt ebenfalls so einen Eindruck, während aber alle anderen Beteiligten angesichts der Handlungsarmut sowie dann klischeehaften Zusammenstellung von inhaltlichen Details etwas untergehen. Gut, natürlich ist auch noch Danny Boyd Jr. als Manny auszunehmen, aber bei Kindern geht mein Herz sowieso immer auf und er hat das traumatisierte Kind wirklich einnehmend gespielt. Aber ich verstehe auch, dass sich Berry zu der Rolle der Jackie hingezogen gefühlt hat, denn es ist eine Rolle, die ihr schauspielerisch und körperlich alles abverlangt haben wird. Alleine die Trainingssequenzen, da bin ich schon alleine vom Zuschauen außer Atem geraten und auch die Kampfszenen waren echt nicht ohne. Aber auch abseits des Rings durchlebt Jackie viele heftige Augenblicke, die an die Grenzen treiben. Dessen hat sich Berry vorbildlich angenommen, weil sie gänzlich mit Jackie verschmolzen ist.

Das Drehbuch lässt sich wie gesagt am ehesten mit Klischeehaftigkeit und Handlungsarmut zusammenfassen, denn man hätte zum einen die Laufzeit ordentlich stucken können und zum anderen passiert nichts Innovatives. Es ist auf der einen Seite ein typischer Sportfilm mit vielen Trainingssequenzen und Kampfsituationen und auf der anderen Seite ist es ein Sozialdrama, das aber ebenfalls nichts Neues bietet. Das macht es verdammt schwierig, den Film inhaltlich lange in Erinnerung zu behalten. Als langweilig würde ich ihn trotzdem nicht bezeichnen, weil eben Berry, Atim und der kleine Nachwuchsschauspieler definitiv an das Geschehen binden, aber das eben durch ihr Talent, aber nicht wegen der dargestellten Handlung. Paradebeispiele für die nicht so funktionierenden Charaktere sind Jackies Freund Manager Desi sowie ihre Mutter Angel (Adriane Lenox). Der eine geltungssüchtig und gewalttätig, die andere drogenabhängig und zwischen Freundlichkeit und Boshaftigkeit problemlos zwischen den Grenzen schreitend. Für so einen Film leider viel zu klischeebehaftet, da sie so auch abseits dieses Rollenprofils keine eigene Bedeutung generieren können. Zudem stehen beide für einen sehr harten Ton, der in diesem Film herrscht und der zwischendurch doch ganz schön an die Nerven geht. Hier knüpft dann auch das Problem an, das ich mit Jackie habe. Sie ist mehr eine Frau der Tat, Worte sind nicht so ihres, weswegen sie für die zentrale Hauptrolle verhältnismäßig wenig Text hat. Da wollte ich sie oft schütteln, weil sie zu viel hat geschehen lassen, spätestens wenn es um Manny ging. Denn durch ihr oftmaliges Schweigen bleibt auch vieles zu Jackie Spekulation, obwohl die Gründe, warum sie ist wie sie ist, doch durch Figuren wie Desi und Angel angedeutet wird.

Auch die sportfokussierten Anteile des Films sind keinem Alleinstellungsmerkmal unterstellt, dennoch würde ich sie als stärkeren Part einstufen. Wie sehr Berry für die Szenen körperlich an ihre Grenzen gegangen sein muss, das habe ich schon angesprochen und ist auch für mich wesentlicher Faktor, dass man hängen bleibt. Zudem hat ein MMA-Kampf, in dem nahezu alles möglich ist, noch einen anderen Reiz als ein regulärer Boxkampf, wie beispielsweise in "Million Dollar Baby" mit Hilary Swank dargestellt. Mir hat es auch gefallen, dass "Bruised" für den Hauptkampf ein eher überraschendes Ende gewählt hat, denn hier lag die Botschaft darin, dass man auch in der Niederlage noch die Siegerin sein kann, was angesichts unserer Leistungsgesellschaft viel zu selten vermittelt wird. Hier wurde also nicht die Geschichte einer Überfliegerin erzählt, sondern es ging um eine Frau, die trotz einiger Lebensjahre auf dem Buckel erst einmal sich selbst finden muss. So nette Botschaften und nachdenklich machende Gedankengänge hätte ich mir viel mehr für den Film gewünscht.

Fazit

"Bruised" ist leider ein nur sehr durchschnittlicher Film, der vor allem ein sehr blasses Drehbuch aufweist. Dennoch würde ich das Sozialdrama bzw. den Sportfilm als persönlichen Gewinn für Halle Berry bezeichnen, denn sie dominiert ihn auf allen Ebenen und man versteht, warum sie sich mit Jackie eine Rolle ausgewählt hat, die so viel fordert. Dennoch hoffe ich, dass Berry in Zukunft ihr Talent vor und hinter der Kamera an bessere Drehbücher knüpft.

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Lena Donth - myFanbase
03.12.2021

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