Bewertung

Review: #8.10 Reden ist Silber, Schweigen ist Gold

Foto: Marcia Cross, Desperate Housewives - Copyright: 2012 ABC Studios
Marcia Cross, Desperate Housewives
© 2012 ABC Studios

Zu Beginn der zweiten Hälfte dieser achten und letzten Staffel, werfen wir erst noch einen ganz kleinen Blick zurück auf die vergangenen neun Folgen und schließen ein kleines Zwischenfazit. Und an dieser Stelle muss ich eine Aussage meinerseits revidieren, die ich im Fazit der Review zu #8.04 Die harte Schule des Lebens gemacht hatte. Denn meine Vermutung, dass die Staffel wohl erst in der zweiten Hälfte wirklich auftrumpfen und sich die Qualität bis dahin wohl doch eher an die der vorherigen Staffel orientieren werde, war schlicht und ergreifend falsch. Tatsächlich war diese erste Staffelhälfte, abgesehen von einer kleinen Schwächephase zwischen einschließlich #8.03 Falsche Vorstellungen und #8.05 Sex erlaubt, so spannend und interessant wie schon lange nicht mehr und sollte besonders mit dem Beginn von Chucks Ermittlungen die Spannungskurve in die Höhe schießen lassen.

Da Spannungsgarant Chuck in der letzten Folge jedoch lieber den Zebrastreifen hätte nehmen sollen und – auf den ersten Blick – niemand sonst den Hausfrauen gefährlich werden könnte, scheint das Geheimnis um Alejandro nun relativ sicher zu sein. Das hat man dieser Episode stellenweise auch angemerkt, denn im Vergleich zu #8.09 Puzzleteile ging es deutlich weniger spannend zu. Und dennoch wird, im Gesamten gesehen, die Qualität noch einmal übertroffen und macht #8.10 What’s To Discuss Old Friend? zur bisher besten Folge dieser Staffel.

It's a lonely business keeping secrets. That's why we all search for

someone we can confide in. For example a friend who will never judge ...

Zunächst einmal wurde natürlich der Cliffhanger der vergangenen Folge aufgelöst, dessen Resultat bereits klar gewesen sein dürfte. Und somit misslang Brees Selbstmordversuch, da sie einen Vorteil gegenüber Beth und Mary-Alice hatte: eine hysterische und paranoide Bekannte. Dass ausgerechnet Renée diejenige war, die letztendlich Brees Leben gerettet hat, war nicht nur sehr überraschend, sondern auch noch verdammt witzig mit anzusehen, als Renée noch nichts von Brees Absichten wusste und stattdessen in deren Motelzimmer nach Ben gesucht hat. Dabei war es gleichzeitig einen echten Bonuspunkt wert, dass Renées langweilige Szenen um ihre Eifersüchteleien aus der letzten Folge, mit dem Beginn dieser Folge eine Daseinsberechtigung erhalten haben. Die darauffolgenden Szenen zwischen den beiden waren allesamt interessant, insbesondere natürlich Renées fürsorgliches Verhalten, das aufgrund ihrer speziellen Art des Öfteren zum Schmunzeln einlud. Dass hinter ihrem Verhalten der Selbstmord ihrer Mutter steckt, hatten manche Zuschauer vielleicht schon kommen sehen, da Renée schließlich schon in #7.17 Alles ist anders, nichts hat sich verändert Gaby vom Schicksal ihrer Mutter erzählte. Wer sich nicht mehr daran erinnern konnte, dem wurde die ganze Geschichte noch einmal erzählt. Doch statt dass sich dabei ein Gefühl der Langeweile breit machte, wandelte sich die Szene zwischen Renée und Bree während Chucks Beerdigung zu einem echten Highlight, da Vanessa Williams zu richtigen Höchstleistungen auflief und mit die beste Performance ablieferte, die sie in der Serie bisher abliefern konnte. Brees rührende Worte danach, ihre Geschichte von Mary-Alice sowie die Tatsache, dass sie Renée endlich als Freundin bezeichnete, setzte ihrer gemeinsamen Geschichte mit Renée noch die Krone auf, die insgesamt ungemein überzeugend und herzzerreißend ausfiel. Hoffentlich bleiben diese Veränderungen und somit die neue Freundschaft zwischen Renée und Bree auch in den kommenden Folgen präsent und werden nicht einfach ad acta gelegt, wie die kurze Freundschaft zwischen Susan und Carlos zu Beginn der Staffel.

An advisor we can trust ...

Weitere kleine Highlights konnte Lynettes Geschichte verbuchen. Nachdem diese Tom in der letzten Folge das große Geheimnis erzählte, war man durchaus gespannt, wie Tom sich verhalten würde. Und Toms Verhalten war keinesfalls überraschend, sondern entsprach genau dem, was man von ihm erwartete. So hatten wir es in dieser Episode nicht lange mit einem völlig verstörten Tom zu tun, der nicht fassen konnte, in welch ein Schlamassel seine Nochfrau reingeraten ist, sondern mit einem, der all die jüngsten Geschehnisse zwischen ihm und Lynette schnell vergessen hat und der Frau, die er mehr als zwanzig Jahre liebte, seine volle Unterstützung zusprach. Genauso hatte man es erwartet und alles andere hätte ich ehrlich gesagt nicht akzeptiert, da es so gar nicht zu Toms Charakter gepasst hätte. Bis zu einem gewissen Punkt lief die ganze Geschichten zwischen den beiden also exakt so ab, wie man es sich vorher hätte ausmalen können: Tom unterstützte Lynette, Lynette war von Toms Verhalten völlig begeistert und nach und nach wurde klar, dass diese Episode die Wendung in der Geschichte um Toms und Lynettes Trennung hätte werden können und sie nun langsam wieder zusammenfinden. Diese Vorhersehbarkeit ist diesmal allerdings keinesfalls als Kritik zu verstehen, denn Toms Verhalten sowie die einzelnen Momente zwischen den beiden, insbesondere während Chucks Beerdigung, waren absolut schön anzusehen und haben einen teilweise wirklich berührt.

Am Ende gab es dann im Prinzip zwei überraschende Wendungen. Zunächst einmal hatte man geglaubt, dass aufgrund der Pizzasache wieder ein Keil zwischen beide getrieben wird und sie sich bewusst werden, dass ihre Beziehung keine Zukunft hat. Dann drehte sich die Handlung um 180°, als Tom und Lynette beide die Kritik des jeweils anderen akzeptierten und demjenigen sogar Recht gaben. Weg frei für einen Neuanfang? Pustekuchen, denn wider meines Erwartens hat Lynette Tom fast schon dazu gebeten, Jane nach Paris zu folgen, um zu sehen, ob eine andere Frau ihn genauso glücklich machen könnte, wie sie ihn. Der Ausgang der Geschichte war also wirklich überraschend und unvorhersehbar, machte aber gleichzeitig deutlich, dass es noch ein wenig dauern wird, bis sich die beiden wieder näher kommen. Außerdem ist es schön, dass Lynette offenbar keine Probleme mehr mit der Beziehung zwischen Tom und Jane hat und so auch neue Türe für Lynette offen stehen, die jetzt vielleicht selbst schauen kann, ob sie auch ohne Tom ihr Glück finden kann. Daher betrachte ich diese Entwicklung als überaus positiv, zumal uns die Autoren während der Folge wirklich an der Nase herumgeführt haben und eigentlich alles danach aussah, als wären Lynette und Tom für einen neuen Versuch bereit.

Or an ally who will understand ...

Auch bei Gabys Storyline wurde man am Ende Zeuge einer kleinen Überraschung, auch wenn diese nicht so groß ausfiel wie bei Bree oder Lynette. Dafür verbuchte sie abermals einige Lacher für sich, denn ihre verzweifelte Suche nach Carlos gestaltete sich teilweise ebenso witzig, wie die Szene, in der sie Carlos endlich zu Hause aufgefunden hat und über Chucks Tod informierte samt ihrer Befürchtung, Carlos könne etwas damit zu tun haben. Wirklich witzig war dabei der Moment, in der sie und Carlos vor der leeren Garage stehen sowie ihre absurde, aber herrliche Ausrede vor dem Polizisten bei Chucks Beerdigung, da Carlos offenbar die Nacht zuvor angetrunken in ein Polizeirevier einmarschiert ist und beinahe den Mord an Alejandro gestand. Daraus resultierte dann auch eine sehr interessante Schlussszene zwischen den beiden, die zunächst einmal schon deshalb richtig herausstechen konnte, weil wir den wohl schönsten Moment zwischen den beiden seit langem sehen konnten, als sich Gaby und Carlos gegenseitig sagten, wie sehr sie sich lieben. Doch das Überraschendste kam danach, als Gaby dann noch einmal etwas zu sagen hatte und man als Zuschauer eigentlich fest damit gerechnet hatte, dass diese Szene mal wieder mit einer bissigen Abschlusspointe beendet wird. Stattdessen jedoch überraschte sie, indem sie Carlos bitterernst und fast schon angsteinflößend klarmachte, dass sie für ernsthafte Konsequenzen sorgen würde, würde Carlos ihr gemeinsames Geheimnis noch einmal so in Gefahr bringen. Ein ungewohnter Moment, auf den hoffentlich noch mal zurückgegriffen wird, um zu sehen, wie ernst Gaby diese Drohung meinte. Insgesamt war also auch Gabys Storyline ob des Humorgehalts oder der sehr interessanten Schlussszene sehr gelungen – lediglich die Szene auf dem Polizeirevier, auf dem sie sich mehr als verdächtig über Chucks Tod informiert hat, wurde ein wenig zu überspitzt dargestellt.

Als noch immer nicht das Nonplusultra an Serienunterhaltung, aber immerhin nicht ganz so langweilig wie das, was in der letzten Folge abgeliefert wurde, präsentierte sich Susans Storyline, die sich, mal wieder, um ihre Schuldgefühle drehten. Viele Worte braucht man über den Großteil dieser Geschichte nicht verlieren, denn Susans permanentes schuldgeplagte Verhalten war genauso langweilig, wie Mikes unsensibles Benehmen ihr gegenüber unangemessen war. Daher kommen wir gleich zum besten Teil dieser Geschichte, der gleichzeitig sehr interessante Weichen für die kommende(n) Episode(n) gelegt hat: Susan beschließt, Alejandros Familie in Oklahoma einen Besuch abzustatten. Und das verspricht tatsächlich spannend zu werden, schließlich weiß man nicht wirklich, wie dessen Familie mit seinem Verschwinden umgeht. Sind sie bestürzt, weil Alejandro in Oklahoma ein anderer Mensch und wirklich ein guter Ehemann und Vater war? Oder waren sie genau den gleichen Tyranneien ausgesetzt, wie bereits Gaby und deren Familie? Das verspricht also durchaus interessante Voraussetzungen, auch wenn klar sein dürfte, dass die Familie wohl schnell Verdacht schöpfen wird, dass Susan etwas mit Alejandros Verschwinden zu tun hat. Denn mal ehrlich: Susan bei einer Familie, dessen Mann bzw. Vater sie einige Monate zuvor in einem Wald begraben hat? Das kann einfach nicht gut gehen. Im Übrigen finde ich es ganz großartig, dass man die Geschichte um Alejandro auch nach Chucks Tod nicht vorrübergehend ruhen lässt und erst später wieder aufgreift, sondern konstant versucht, sie in dieser Staffel so präsent wie möglich erscheinen zu lassen.

Yes, we all need help hiding the darkest truths of our lives. Because as soon as you've told one secret another is likely to appear.

Und dass auch nach Chucks Tod das Thema Alejandro noch lange nicht vom Tisch ist, dürfte die letzte Szene der Folge bewiesen haben. Doch zunächst einmal empfand ich es als sehr gelungen, wie die Geschichte um Chucks Tod fortgesetzt wurde. Zu Beginn gefiel es mir gar nicht, dass die Hausfrauen das Geschehen unter den Teppich kehren und wieder normal weiter machen wollten. Aber Gott sei Dank gab es da ja noch Bree und Lynette, die beide an der Unfalltheorie zweifeln und sich überlegt haben, wer Chucks Mörder sein könnte. Und ja, dann kam das dicke Ende: Bree zieht einen weiteren Zettel aus ihrem Briefkasten mit den Worten "gern geschehen", was nicht nur für mich ein absolut überraschendes Ende gewesen sein dürfte, das dann irgendwie klarmachte, wie verdammt spannend diese Staffel doch gestaltet wird. Offenbar ist derjenige, der Bree also schon in #8.01 Geheimnisse, die ich nie erfahren will den ominösen Zettel geschrieben hat, der selbe, der auch Chuck auf dem Gewissen hat. Und jetzt steht noch größer als jemals zuvor die Frage im Raum: Wer zum Teufel ist der Absender/die Absenderin? Und welche Intentionen hat er/sie? Am Ende von #8.01 schien es ja noch so, als wolle er/sie Bree und die anderen Damen erpressen. Nun jedoch macht es den Eindruck, als wolle er/sie den Frauen sogar helfen. Nachdem die Frage nach dem Absender/der Absenderin in #8.08 Bilder einer Ausstellung so dürftig auf Eis gelegt wurde, ist es echt grandios, wie man das Ganze mit dem Ende dieser Episode wieder ins Rollen gebracht hat. Ach und für mich steht übrigens schon fest: Das Verheimlichen von Alejandros Tod, und die daraus resultierende Frage nach dem Verfasser der Briefe, ist das beste Staffelgeheimnis seit der Ergründung von Mary-Alices Selbstmord in Staffel Eins.

Fazit

Dass ich dieser Episode letztendlich die volle Punktzahl gebe, mag in dieser Review gar nicht richtig rübergekommen sein, da ich schließlich nicht gerade auf entsprechende Adjektive wie "phänomenal" oder "spektakulär" zurückgegriffen habe. Das liegt auch einfach daran, dass in der Folge nichts Spektakuläres oder Phänomenales passiert ist. Es ist auch wirklich schwer, in Worte zu fassen, weshalb diese Episode so ein tolles Gesamtbild ergeben hat, obwohl mit #8.09 der spannungsbedingte Höhepunkt bereits erreicht war. Sicherlich spielten die wunderbar geschrieben Geschichten eine Rolle, die Größtenteils die Beziehung zwischen einzelnen Charakteren in den Vordergrund stellten und für teils herzzerreißende Momente sorgten. Aber auch der Umschwung mancher Geschichten gegen Ende, wie Gabys plötzliche Warnung an Carlos oder die Tatsache, dass Lynette darauf besteht, dass Tom zu Jane nach Paris fliegt, hinterließen einen besonderen Eindruck. Nicht zu vergessen auch die Schlussminuten mit Susan und Bree, die der Geschichte um Alejandro frischen Wind verliehen und spannende Weichen für die kommenden Folgen gelegt haben. Ganz egal was nun der Grund ist: Am Ende der Folge hat man einfach das Gefühl, dass man mit #8.10 What’s To Discuss Old Friend? gerade die beste Episode dieser Serie seit sehr langer Zeit zu Gesicht bekommen hat – und liest man sich dann noch durch verschiedene Foren, wird einem klar, dass man mit diesem Gefühl definitiv nicht alleine da steht.

Manuel H. - myFanbase

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