Die Rettung von Wyatt - Review Staffel 6

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Hilfe aus der Zukunft

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Drew Fuller, Charmed
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Sehr spannend wurde Chris Perry in #5.22 Kampf der Titanen (1) in die Serie eingeführt und man fragte sich von Beginn weg, was es mit ihm auf sich hat. Drew Fuller diese Rolle verkörpern zu lassen ist aus optischer Sicht eine sehr gelungene Wahl. Aus der schauspielerischen Betrachtung allerdings eher mäßig gut. Er spielt nicht sehr facettenreich und teilweise wünscht man sich mehr Emotionen in den dramatischen Szenen. Doch unterm Strich kann man sich mit dessen Darstellung letztlich abfinden. Viel macht aus, dass Chris sehr interessant geschrieben ist und dazu einiges an Rätselfragen mit sich bringt, wie beispielsweise, was er vor hat und ob er sich für die Halliwells als Gefahr entpuppen wird oder als wahre Stütze zur Seite steht. Das ist lange unklar und man giert auf die Antworten. Zudem ist er charakterlich neurotisch inszeniert, was natürlich auch mal einen Grund zum Schmunzeln liefert. In der sechsten Staffel wird Chris ganz viel Platz eingeräumt und man bekommt über die Figur viel mit. Weswegen er in die Vergangenheit gekommen ist, was seine wahren Absichten wirklich sind. Letztendlich stellt er sich als Wyatts jüngerer Bruder heraus und der zweite Sohn von Piper und Leo. Ein guter Einfall der Macher, wäre da nicht das besagte störende Manko.

Ich habe es schon oft genug angesprochen, dass ich nicht glücklich darüber bin, dass eine Person plötzlich aus der Zukunft in der Vergangenheit Veränderungen durchführen darf. Ich bin einfach kein Fan von Widersprüchen und liebe es, wenn sich eine Serie ihren Prinzipien treu bleibt. Aber lassen wir das beiseite, denn rein storytechnisch betrachtet erweist sich Chris' Einbringung dann doch als bereichernd. Aber mehr in der zweiten Staffelhälfte, denn in der ersten zieht sich das sehr lange hin, bis man überhaupt weiß, was Chris für eine Daseinsberechtigung in der Serie inne hat. Man rätselt, aber die Antworten will man eben möglichst schnell erhalten, was sich zu sehr hinauszögert. Zwischendurch wird man auch richtig gelangweilt. Beispielsweise bei Chris' Techtelmechtel mit seinem weiblichen Schützling in #6.03 Vergissmeinnicht oder im Dinosaurier-Szenario mit Leo in #6.07 Seelenqualen. Dass das gar nicht mit eingebracht werden hätte müssen, beweisen spannendere Momente. Zum Beispiel, als seine Verlobte Bianca aus der Zukunft ihn von seinem Vorhaben abbringen möchte und er daraufhin richtig in Streitereien mit den Halliwells gerät. Oder einer der Höhepunkte überhaupt in #6.17 Klassentreffen, als Chris sehr emotional seiner Mutter Piper eröffnet, sie würde in der Zukunft, die er kennt, nicht mehr leben. Man hätte früher die Karten um Chris aufdecken und mehr von solchen interessanten Szenen in den Handlungsbogen einbringen sollen. Im Gegensatz dazu wirkt dann der Konflikt mit Leo ein klein wenig überzogen. Hier hätte man mit mehr Zeit der Situation wohl mehr Verständnis entgegensetzen können, indem man die Situation besser beleuchten würde. Chris' Tod im Finale ist ein sehr trauriger Moment. Gerade als einem die Figur richtig sympathisch wurde und dabei schon als richtiges Familien-Mitglied vertraut wirkt, stirbt sie. Aber auch konsequent von den Autoren nach dem großen Regelbruch mit den Vergangenheits-Abänderungen.

Gefährliche Bedrohungen inmitten von Trennungsschmerz

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Wenn zu Staffel 6 ein Merkmal ganz besonders stark hervorsticht, so ist es die Tatsache, dass hier Piper sehr viel ertragen muss. Unfassbar, was da alles für die Frau zusammen kommt. Erst die Trennung von ihrem Mann Leo, dazu die Aufgabe der alleinerziehenden Mutter, inklusive der ganzen Dämonenkämpfe. Und daraufhin muss sie auch noch erfahren, dass ihr süßer Sohn Wyatt zukünftig alles ins Böse stürzen soll und sehr in Gefahr ist. Betreffend Piper muss ich aber sagen, dass sie sehr stark ist. Besonders mit der Tatsache, dass ihr zweiter Sohn einfach mal so in die Vergangenheit schneite und sie erneut schwanger ist, nachdem süßen kurzen Wiederzusammenkommen mit Leo in #6.16 Piper und Leo geht sie ziemlich gelassen damit um.

Betreffend der Trennung zu Leo muss ich in der Story aber etwas die Sinnhaftigkeit kritisieren. Wieso muss er unbedingt ein Ältester bleiben? Wieso hat er nie die Wahl, das selbst zu entscheiden? So richtig gut beantwortet scheint mir das nicht zu sein. Außerdem ist es dann merkwürdig, dass er soviel Zeit bei den Halliwells verbringen kann und auch Zeit findet Chris überall hinterher zu jagen, aber so ein richtiges erneutes Zusammenkommen mit Piper passt nicht in den Rahmen? Es wirkt als würde es funktionieren beiden Aufgaben gerecht zu werden. Die Ehe führen und die Dinge als Ältester managen. Wobei ich mich auch nicht selten genug gefragt habe, was die Ältesten den ganzen Tag so machen? Und wenn man sieht, dass Leo dauernd irgendwo herumstreunt, kann er auch die Ehe mit Piper weiterführen. So hätte man es uns erspart Piper in öden Date-Situationen zu zeigen. Mit Männern, die gar nicht zu ihr passen, wie zum Beispiel dieser schleimig wirkende Greg. Das Trennungsdrama hätte es nicht wirklich gebraucht, bei all den anderen Szenarien. Diese Storyline ist meines erachtens zu viel in dieser Staffel. Das hätte man nach dem gelungenen Staffel 5 Finale gleich wieder zurück entwickeln sollen, sodass wir die Ehe von Piper und Leo weiterhin hier vor Augen hätten.

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Dass genügend Storystoff in Staffel 6 für Piper und Leo vorhanden ist, beweist ja die Situation mit Wyatt. Die Frage, wer es auf den Jungen abgesehen hat, bringt viel Spannung mit sich. Ein Bösewicht nach dem anderen taucht auf und man ist sich erst nicht so sicher, ob es ihnen gelingen könnte, Wyatt in ihre Gewalt zu bringen. Gerade die dämonische Sekte in #6.12 Der perfekte Mann wirkt dann jedoch überaus bedrohlich und clever in ihrer Vorgehensweise. Nicht ahnend zu der Stelle, dass man mit Gideons Charakter noch weit mehr Spannung vor sich hat. Interesssant ist im Bezug zu Gideon, dass er ganz plötzlich ins Geschehen gebracht wird. Früher erzählte Leo sowieso nie viel von seinem Umfeld und der Arbeit als Wächter des Lichts. So scheint es auch durchaus als plausibel, dass Gideon sein früherer Mentor gewesen war.

So konnte man Gideons Doppelspiel besser in Fahrt bringen. Denn für Leo ist Gideon ein enger Vertrauter und somit das auch für die anderen Halliwells ziemlich schnell. Und da sich Gideon stets so gewählt und vertrauenserweckend ausdrückt und verhält, würde man ihm nie Böses zumuten. Ich fragte mich auch, wie viel Wirkung es gebracht hätte, wenn auch der Zuschauer bis kurz vor dem Staffelfinale nichts von Gideons dunklen Absichten erfahren hätte. So kann man zwar auf fesselnde Weise mitfiebern, bis wann den Halliwells endlich klar wird, was Gideon vorhat. Doch der Überraschungseffekt wäre größer ausgefallen, hätte man in #6.21 Witch Wars erst in der Endszene mit Sigmunds Ermordung von Gideons krasser Vorgehensweise erfahren.

Aber das ganze Potential wurde nicht ausgeschöpft. So hat man sich eben dazu entschieden, den Zuschauer recht schnell über Gideon zu informieren und um die Halliwell-Familie bangen zu lassen. Abgesehen von den Spekulationen hat die Storyline mit Gideon die sechste Staffel ziemlich gerettet. Und mit dem Showdown im Kampf um Wyatt und mit Leo, der ihn dann ermordet, konnte man die Staffel auch zu einem spannenden Ende führen. Barbas mischt da auch wieder mit und feuert die spannende Stimmung zusätzlich an. Lediglich die schräge verdrehte Welt ist etwas bremsend diesbezüglich im Staffelfinale und hätte nicht unbedingt als Randthema eingebracht werden müssen.

Fazit

Trotz der kritisierten Punkte hat die sechste Staffel also auch ihre guten Momente inne und sollte nicht komplett verrissen werden. Chris bringt viel Rätselraten mit sich und dazu erhalten wir einen wirklich schockierenden Einblick in die finstere Zukunft. Dazu bringt Chris als Sohn von Piper und Leo die familiäre Situation noch stärker in den Fokus des Geschehens, sodass man mit den Halliwells richtig mitfühlt.

Das große Plus stellen überhaupt Wyatts düstere Zukunftsaussichten dar, dazu die Einbringung von Gideon und seinem Plan dessen Eliminierung, was viel Spannung bedeutet. Während die erste Staffelhälfte, abgesehen vom starken Staffelauftakt mit der Walküren-Doppelepisode und #6.10 Zwischen den Zeiten recht schwach daher kommt, ist die zweite Staffelhälfte wieder in recht überzeugender Form anzusehen. Man muss jedoch auch sagen, dass Staffel 6 die bislang schwächste von "Charmed" ist und man auf neuen Aufschwung hofft.

Samuel W. - myFanbase

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