Bewertung

Review: #5.06 Zimmer 33

Foto: Finn Wittrock, American Horror Story: Hotel - Copyright: Frank Ockenfels/FX
Finn Wittrock, American Horror Story: Hotel
© Frank Ockenfels/FX

Pathos, Porno, Psychoterror – zwischen diesen drei Polen bewegt sich Episode #5.06 Room 33, die als Staffelmittelpunkt zu einem kleinen Zwischenfazit einlädt.

Charaktere? Es gibt ein paar starke Protagonisten: Die Countess, Liz Taylor, James Patrick March, vielleicht noch Ramona Royale (würde man einmal mehr von ihr zu sehen bekommen). John Lowe ist, obwohl er anfangs noch überzeugend war, zu einem heillos kaputten Individuum verkommen, das man zu diesem Zeitpunkt erstmal nicht ernst nehmen kann. Die ganzen anderen Nebenspieler – Tristan (RIP), Alex, Iris, Donovan, Will Drake, Sally –, sie alle bleiben leider blass und scheinen nur dienende Funktion zu haben, um den Plot voranzutreiben. Für sie interessieren tut sich allerdings niemand.

Plot? In üblicher "American Horror Story"-Manier treibt der Plot die Charaktere, leider nicht umgekehrt, wie es eigentlich sein sollte. Doch zumindest haben die Autoren es geschafft, fast allen Protagonisten eine Motivation zu geben, die ihr Handeln bestimmt: Die Countess will Drake heiraten, um an sein Geld zu kommen; Ramona, Donovan und wahrscheinlich bald auch Liz Taylor wollen Rache an der Countess üben; JPM macht sich einen Spaß daraus, die Leute um ihren Verstand zu bringen; Alex will bei Holden bleiben, usw. Insofern funktioniert der Plot an sich, trotz manch unnötigem Umweg, ganz ordentlich.

Setting? Die Atmosphäre des Hotel Cortez macht weiterhin einen Großteil der Anziehungskraft der Staffel aus. Die unzähligen dunklen Zimmer, düsteren Ecken und Winkel, die Schächte und Folterkammern, der Pomp der Countess-Suite und die Schäbigkeit der alten Matratzen, dieses Hotel hat es wirklich in sich.

Und diese Folge? Nach dem katastrophalen Halloween-Zweiteiler erfährt die Serie diesmal wieder einen Aufschwung. Es gibt so manch hanebüchenes Storytelling, doch insgesamt stimmt die Richtung, die man einschlägt, durchaus.

"Everyone's entitled to one true love."

Für den Pathos der Episode sorgen ganz überraschend die zwei Frischverliebten Liz Taylor und Tristan Duffy. Der Zuschauer wird wahrscheinlich genauso überrascht gewesen sein von dieser Liaison wie die Countess, immerhin gab es wirklich null Anzeichen dafür, dass diese zwei Charaktere überhaupt auch nur etwas miteinander zu tun haben. Man kann annehmen, dass genau das der gewünschte Effekt der Autoren war, um die Geheimnistuerei der beiden zu unterstreichen. Nichtsdestotrotz kommt diese Beziehung, die dann natürlich auch gleich noch Die (!) Große (!!) Liebe (!!!) ist, extrem plötzlich und unvermittelt, sodass man es schwer hat, anhand von nur einer gemeinsamen Bettszene irgendwie Mitgefühl oder Begeisterung für dieses Paar aufzubringen.

Zum Glück spielen Finn Wittrock und vor allem Denis O'Hare in ihren gemeinsamen Szenen aber stark auf und können als ungleiches Paar durchaus überzeugen. Gerade O'Hare porträtiert die heillos verliebte Liz Taylor wirklich toll und liefert als Liz auch mit Ramona, Alex und John einige sehenswerte Momente. Sie ist ganz klar das Herz des Hotel Cortez, doch wie viel Herz nach dem blutigen Abgang Tristans übrig bleibt, ist fragwürdig. Liz hat ihre große Liebe verloren und ihre Mentorin gleich dazu, die ihr diese Liebe entriss. Für Liz bleibt jetzt nur noch eines: Rache.

"You know when I stab at their little hearts, I'll be stabbing at hers, and you're still not over her. "

Vielleicht wird sie sich dafür ja mit Ramona Royale und Donovan zusammenschließen, die vorerst vergeblich versuchen, ihren Racheplan in die Tat umzusetzen und die Kinder der Countess zu töten. Während Donovan den Tagen mit der Countess hinterhertrauert, kann Ramona weder die Glassärge mit den Vampirkindern ausfindig machen, noch Bartholomew ermordern, den (furchtbar gruseligen) leiblichen Sohn der Countess. Das Flashback ins Jahr 1928 gibt uns nicht nur Aufschluss über das frühere Leben der Countess, wie zurückhaltend und unsicher sie einmal war, sondern bietet den treuen "American Horror Story"-Zuschauern auch ein Wiedersehen mit dem Murder House und Dr. Montgomery aus Staffel 1. Ein gelungener Rückbezug an dieser Stelle, der sich absolut organisch in die Story einfügt.

Bartholomew ist prinzipiell die Verkörperung puren Horrors: Auf ewig in dem Körper eines (vampirischen!) Kleinkinds gefangen zu sein, das eigentlich hätte sterben sollen, ist die reinste Grausamkeit. Für die Countess stellt Bartholomew natürlich eine zentrale Schwachstelle dar, die Ramona schon ins Visier genommen hat und demnächst wahrscheinlich auch Liz. Überhaupt schwindet der Rückhalt der Countess: Ramona, Donovan, Liz, Iris, sie alle sind schlecht auf die Countess zu sprechen. Nur eine Verbündete scheint sie zu diesem Zeitpunkt noch zu haben: Alex Lowe.

"Looks like that breakdown is going well. Is that your blood?" – "I don't know."

Alex rettet nicht nur den Sohn der Countess, sie betreibt auch ordentlichen Psychoterror, sodass John endgültig seinen Verstand verliert. Alex will ihre Ewigkeit alleine mit Holden verbringen und will deshalb, dass John wieder aus dem Hotel auszieht. Ihr Plan? Sie engagiert zwei schwedische Geister, um mit John einen Dreier zu haben, der in einem abscheulichen Blutbad endet. Eine schwer verdauliche Szene, die zu diesem Zeitpunkt – dies ist vierte Sexszene der Episode – nur noch anstrengend ist.

So gut Wes Bentley seine Rolle auch darstellt, John Lowe ist zu diesem Zeitpunkt einfach zu kaputt, als dass man als Zuschauer irgendetwas mit ihm anfangen könnte. Es ist eine goldrichtige Entscheidung der Autoren, John aus dem Hotel auschecken zu lassen, damit er in seinem eigenen Heim wieder etwas Normalität wiedererlangen kann. Denn ohne Frau, ohne Kinder und nun auch ohne Job fehlt ihm jeglicher Anhaltspunkt in seinem Leben. Vater des Jahres wird er definitiv auch nicht mehr, sodass Scarlett auf jeden Fall erstmal besser bei der Großmutter aufgehoben ist (der Preis für die schlechteste Mutter aller Zeiten geht eindeutig an Mama Lowe!).

"I know things seem crazy, but you have to believe me, I'm gonna make things right again."

"American Horror Story: Hotel" kann mit dieser Folge einen weiteren Qualitätsabfall vorerst aufhalten. Trotz einiger Unebenheiten ist #5.06 Room 33 insgesamt recht unterhaltsam und spinnt die einzelnen Storyfäden folgerichtig weiter. Die Countess ist an Will Drake dran, Ramona ist heiß auf Rache, Donovan könnte die Countess zurückerobern, Liz wird jetzt erst so richtig in Fahrt kommen und Johns Abwärtsspirale wird ihn zwangsläufig zu unberechenbaren Taten zwingen – und irgendwo in der Stadt tötet weiterhin der Zehn-Gebote-Killer. Die Serie hat jetzt alle Spieler in Position und die meisten Storylines ins Rollen gebracht, um (hoffentlich!) mit einer stärkeren zweiten Staffelhälfte zu punkten.

Maria Gruber - myFanbase

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