Bewertung

Review: #11.04 Der Mandela-Effekt

Foto: David Duchovny, Akte X - Copyright: 2017 Fox Broadcasting Co.; Shane Harvey/FOX
David Duchovny, Akte X
© 2017 Fox Broadcasting Co.; Shane Harvey/FOX

Die vierte Episode der neuen "Akte X"-Staffel #11.04 Der Mandela-Effekt beschert uns keinen klassischen Fall der Woche oder eine Folge, in der es um Charakterentwicklungen geht, sondern gipfelt in einer selbstironischen Hommage an "Akte X - Die Unheimlichen Fälle des FBI" mit leichtem politischen Unterton.

Faktor X: Mandela-Effekt

Meines Wissens hat man so in dieser Form den Mandela-Effekt bisher in "Akte X" nicht beleuchtet. Insbesondere in der Populärwissenschaft findet dieser Effekt Anhang und beschäftigt viele Querdenker, Wahrheitssuchende und Hobby-Psychologen. Somit eignet sich dieser Effekt für eine Mysteryserie, in der stets alles im Vagen und Unvollständigen bleibt, perfekt.

Wie von Mulder und Reggie diskutiert gibt es auch in "unserer" Realität mehrere Erklärungsansätze für die Tatsache, dass sich Menschen unterschiedlich an bestimmte kollektive oder persönliche Ereignisse erinnern. Zum einen wird diskutiert, ob es sich um eine Verschwörung handeln könnte, in der die Psyche der Menschen mittels Geheimdienstmethoden manipuliert würde und der Mandela-Effekt daher rührt. Zum anderen bedienen sich manche auch Erkenntnissen aus der Quantenphysik und favorisieren wie Mulder eine Parallelwelt als logischste Erklärung. Andere wiederum tun den Effekt als Spinnerei ab und erklären ihn mit der Verwirrtheit einzelner Menschen, die um Aufmerksamkeit ersuchen oder psychisch labil sind. Es ist faszinierend, wie den Machern von "Akte X" auch nach über 25 Jahren die Ideen für die Mystery-Serie nicht ausgehen. Kein Wunder also, dass sich Chris Carter auch noch ein weitere Staffeln vorstellen könnte.

Neben den psychologischen Faktoren erhält die Folge aber auch einen politischen Unterton. Denn es wird wie so oft die Frage aufgeworfen, was denn nun wirklich real oder manipuliert sei. Überschneidungen zu Serien wie "Fringe - Grenzfälle des FBI" oder der Film-Trilogie "Matrix" werden dabei offenkundig. Im heutigen digitalen Zeitalter wird es allerdings immer schwieriger die Wahrheit von Lügen oder Intrigen zu unterscheiden. Schon Goebbels wusste, dass man eine Lüge nur oft genug zu wiederholen brauche, um sie zur geglaubten Wahrheit zu machen. Absolut verständlich sind auch noch die Anspielungen auf George Orwells 1984, die schon öfter in der 11. Staffel gemacht wurden. Denn wer die Vergangenheit - sprich die Geschichtsschreibung - kontrolliert und somit die Gegenwart steuert, der lenkt auch die Zukunft. Nicht nur in "Akte X", sondern auch in "unserer" Realität laden diese politischen-philosophischen Untertöne zum Nachdenken ein. Was glauben wir, wie die Welt funktioniert? Woher haben wir unser Wissen? Was sind unsere Quellen? Ist es wirklich so, wie es uns verkauft wird oder ist auch das nur ein Teil der Wahrheit? Es gibt kaum ein Forschungsgebiet in der Wissenschaft, in welchem es nicht Kontroversen gibt - sei es in der Geschichtsforschung oder in den Naturwissenschaften. Vielleicht lehrt uns diese Episode, dass wir die Informationen, die durch die Medienwelt tagtäglich ungefiltert auf uns einprasseln - und damit sind ausdrücklich nicht nur die Tweets von Donald Trump gemeint - kritischer hinterfragen, ohne uns jedoch darin zu verlieren, wie es Mulder manchmal zu tun scheint.

Selbstironische Hommage an "Akte X"

Mal abgesehen von dieser ernsteren politischeren Note bieten die Dynamiken um Mulder, Scully und Reggie für eingefleischte "Akte X"-Fans ein absolutes Highlight. Besser kann eine selbstironische Hommage nicht ausgeschmückt werden. Nicht nur die Rückblenden sorgen für viele Erinnerungen und Schmunzler, sondern auch die Gespräche zwischen den drei Hauptakteuren. Wenn Reggie seine absurdesten Theorien entwirft und Mulder dann sogar noch einen draufsetzt, was sogar Reggie zu weit geht und sich Scully permanent vorkommt wie in einem Affentheater, weiß man, dass man als "Akte X"-Fan hier richtig ist. Verheimlichen darf man auch die vielen kleinen Insider zwischen Mulder und Scully nicht, wie als die beiden in Mulders Büro Mulders Theorien auseinanderdiskutieren.

Sehr unterhaltsam sind auch die Szenen aus Reggies "letztem Fall", in denen Mulder zusammenbricht, weil er nun alle Antworten gefunden habe und das Alien keinen weiteren Kontakt mehr mit der Menschheit wünscht. Interessanter Aspekt, dass Aliens keine Lust haben mit der Menschheit in Kontakt zu treten. Unabhängig davon kann man die Inhalte dieser Folge - im Sinne von Reggies Geschichten - als nicht kanonisch ansehen, da sie dem bisher in zehn Staffeln Gezeigten zum größten Teil widersprechen. Es würde aber auch nicht verwundern, wenn die ein oder andere Information stimmen würde, ohne dass wir mit Sicherheit wissen, um welche es sich dabei handelt. "Akte X" bleibt sich diesbezüglich eben weiterhin treu.

Perfekt auf den Punkt bringt es Scully dann in der Abschlussszene bei Mulder im Haus, als sie die Süßspeise nicht anrührt, weil sie diese so in Erinnerung behalten möchte, wie sie war. Gilt das auch für die Mulder- und Scully-Dynamik sowie für wie die Serie selbst? Wie dem auch sei - auch wenn die Folge inhaltlich für den roten Faden nicht viel beizutragen hatte und nicht viel passiert ist, so kann man sie durchaus als gelungen bezeichnen. Allen voran auf Grund der selbstironischen Hommage an die Serie selbst, die vielen Rückblenden in die alten Staffeln sowie die unterhaltsame Dynamik zwischen Mulder, Scully und Reggie. Nichtsdestotrotz kam bei der Hommage - manchmal zu abgedreht - für mich nicht an jeder Stelle das klassische "Akte X"-Feeling auf, weshalb ich "nur" von einer gelungenen Episode sprechen würde.

Insider & Hintergründe

  • Diese Episode hat zwei Vorspänne; den originalen und den mit Reggie.
  • Das Sanatorium, in das Reggie eingewiesen wird, heißt Spotnitz Sanatorium und wurde nach Frank Spotnitz, einem "Akte X"-Macher, benannt.
  • Parallelen zu der Folge #3.20 Andere Wahrheiten werden offenkundig.Die Rückblenden mit Reggie stammen aus den Episoden #1.02 Das Nest, #5.01 Die unüblichen Verdächtigen, #1.01 Gezeichnet, #1.20 Ein neues Nest, #3.04 Der Hellseher, #3.18 Der Fluch, #4.03 Blutschande, #4.20 Ein unbedeutender Niemand.

Fazit

Die vierte Episode der neuen "Akte X"-Staffel #11.04 Der Mandela-Effekt beschert uns eine selbstironischen Hommage an "Akte X - Die Unheimlichen Fälle des FBI" mit leichtem politischen Unterton. Dabei kommen vor allem Serienliebhaber der ersten Stunde auf ihre Kosten. Manchmal wird die Abgedrehtheit von Reggies Versionen zu stark überspitzt - eine gelungene Folge ist es aber allemal.

Alexander L. - myFanbase

Die Serie "Akte X - Die unheimlichen Fälle des FBI" ansehen:


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