Bewertung

Review: #2.05 Stimmproben

Mit einem wahren Feuerwerk an verschiedensten Handlungssträngen und neuen Personenkonstellationen wartet die neueste Folge von Nashville auf. Dabei überstrahlt Raynas Auftritt nicht nur Juliettes überraschende Ehrung, sondern degradiert auch so manch andere Geschichte zur Nebensache.

"The Best Songs Come From Broken Hearts."

Rayna hat ihre Singstimme wieder gefunden und was war das für ein toller, emotionaler und anrührender Moment. Von Luke Wheeler auf der Bühne zum Singen überrumpelt und genötigt, habe ich zunächst mir Rayna gezittert, ob sie es überhaupt schaffen wird oder ob sie den Auftritt nicht abbrechen und überstürzt von der Bühne eilen wird. Aber Rayna ist eine große Kämpferin. Selbst als ihr kurz die Stimme versagt, gibt sie nicht auf und mit der Hilfe von Luke und vor allem des mitsingenden Publikums, überwindet sie ihre innere Blockade und legt eine mitreißende Performance hin. Für mich war das einer der packendsten Momente der ganzen Serie. Und mein allergrößtes Lob geht hier eindeutig an Connie Britton, die wirklich die ganze Gefühlspalette für ihren zu spielenden Charakter hervorholte und den Zuschauer mit auf eine emotionale Achterbahn nahm. Insbesondere in ihrer Mimik brachte Connie von Verzweiflung und Angst bis hin zu Freude und tiefstem Glücksgefühl alles zum Ausdruck. Da blieb als kleiner Wermutstropfen nur, dass dieser tolle Moment und der schöne Song leider Gottes durch die Festnahme Lamars

unterbrochen wurde, die man doch auch im Anschluss genauso gut hätte zeigen können. Ich freue mich aber auf jeden Fall mit und für Rayna und bin auch froh darum, dass die Autoren diesen Moment jetzt nicht noch weiter hinausgezögert haben. Eine Sängerin als Hauptcharakter der Show, die nicht (mehr) singen kann, da hätte doch einfach etwas gefehlt.

Nicht minder emotional und leider auch viel zu kurz war übrigens auch Raynas Szene mit Deacon, der gerade erst von ihren Stimmproblemen erfahren hatte. Denn eine Parallele hatten beide: Sowohl Rayna als auch Deacon haben das verloren, was ihnen am meisten bedeutet. Sie ihre Stimme und er das Gitarrenspiel. Die gemeinsamen Szenen der beiden waren nach dem Unfall ohnehin schon sehr selten, aber gerade in dieser kurzen Szene wird noch immer deutlich, wie gut sich beide kennen und um den jeweils anderen besorgt sind, wohlwissend was die abhanden gekommene Begabung in ihnen hervorruft.

Um Rayna ballten sich in der Folge die interessantesten Handlungsbögen, denn die Kampfansage an Jeff ("I really think it’s time that Jeff Fordham met the Wyatt side of Rayna Jaymes.") verspricht uns noch Spannung für die Zukunft. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, wie unterschiedlich sich die Beziehungen der Schwestern Rayna und Tandy zu ihrem Vater entwickelten. Während Tandy sich immer weiter von Lamar distanziert, ist es ausgerechnet Rayna, die auf ihn zugeht und ihn für ihre Loslösung von Edgehill Records um Geld oder genauer gesagt um sein Investment bittet. Allerdings konnte Rayna da noch nicht ahnen, dass ihre Schwester den eigenen Vater an die Behörden verraten hat und damit ihr Timing bezüglich des angekündigten Buyouts an Jeff wohl verfrüht war. Da ist das letzte Wort bestimmt noch nicht gesprochen und ich bin gespannt, ob Jeff nun zunächst nicht doch die Oberhand behalten wird.

"It really sucks when you think someone’s got your back and they don’t."

Von Juliette haben wir in dieser Folge auch wieder sehr vielfältige Seiten sehen dürfen. Zunächst einmal nimmt sie ähnlich wie Rayna den Kampf mit Jeff auf und entpuppt sich dabei als sehr geschäftstüchtig. Und dabei kann sie im Zickenkrieg gegen ihre eigene Mini-Ausgabe Layla auch gleich noch einen Stich setzen, deren Aufmerksamkeit durch die Kürzung ihres Opening Sets zugunsten von Will gleich mal mit reduziert werden kann. Das nötigt mir doch Respekt ab. Juliette hat eben auch ihre Erfahrungen im Business machen müssen und daraus gelernt.

Zwischendurch gibt es dann auch endlich mal wieder einen Deacon und Juliette Moment, der leider recht kurz ausfällt, aber dennoch zeigt, dass die beiden nach den ganzen Ereignissen der ersten Staffel, doch noch Freunde sind. Das kam zuletzt wirklich etwas zu kurz und ich würde mich freuen, davon wieder mehr zu sehen. Allerdings hat man mit Avery ja einen ähnlichen Gegenpart in Juliettes Umfeld installiert, aber dazu gleich noch mehr.

Denn zuvor erleben wir einen wirklich seltenen Moment der Überraschung und Freude bei Juliette. Die Aufnahme in die Ruhmeshalle des Country, der Grand Ole Opry, kam für sie tatsächlich derart unerwartet, dass ihre Rührung einfach schön mit anzusehen, damit auch endlich einmal eine authentische und freudige Reaktion von ihr zu erleben war und nicht nur ein Fake-Smile oder ein sonstiges, einstudiertes Verhalten. Aber Juliette wäre natürlich nicht sie selbst, wenn sie im Moment ihrer großen Freude noch etwas Negatives finden könnte. Raynas wiedergefundene Stimme passt ihr nämlich gar nicht. “I’m happy for her, but her timing just killed my moment." Und leider trifft sie auch noch ein anderer Tiefschlag, denn erneut muss sie Kritik an ihrer Musik ungeplant mit anhören, als Luke Wheeler sich bei Rayna negativ über sie äußert. Solche Äußerungen haben Juliette schon früher sehr getroffen und ich kann mir vorstellen, dass sie hier zusätzlich auch von Rayna enttäuscht war, die Lukes Worte unkommentiert hat stehen lassen.

Aber Juliette hat inzwischen dazu gelernt und kann das nun zum Anlass nehmen, sich bei Avery für ihre unbedachte Äußerung entschuldigen. Und das war wirklich ein ernstgemeintes, aufrichtiges Bedauern (“I can use a friend.”) Und auch wenn Avery nicht wieder mit ihr auf Tour gehen will, so hat Juliette doch realisiert, dass sie einsam ist und im Musikbusiness wenige bis gar keine Freunde hat. Daher gefällt mir ihre Entschuldigung um so mehr und auch ihre Geste, Avery den Schlüssel zu ihrem privaten Tonstudio zu geben, damit er zur Verfolgung seiner Karriere seine eigene Musik aufnehmen kann.

"I wrote it for you."

Für mich die positivste Überraschung der Folge war das unerwartete und nicht weniger interessante Gespann aus Gunnar und Avery. Schon die Gesangseinlage im Bluebird hatte mich verwundert, aber vor allem musikalisch begeistert. Auch im Trio mit Zoey harmonierten die beiden bestens zusammen und man sah ihnen die Sing- und Spielfreude förmlich an. Das hatte eine ungezwungene, ehrliche und gute Dynamik. Wer hätte das, nach allem was in Staffel eins vorgefallen ist, erwartet? Und da lauert für mich auch schon ein wenig die Gefahr. Auch wenn Avery in den vergangenen Folgen schon deutlich sympathischere Züge verliehen bekommen hat, so zweifele ich noch immer ein wenig an seinem Charakter. Ich kann es nicht genau festmachen, aber seine Idee, Zoey mit hinzuzunehmen, hat möglicherweise einen Hintergedanken. Will er die beiden vielleicht verkuppeln, um freie Bahn bei Scarlett zu haben? Wenn das sein Plan war, dann hat zumindest die Kuppelei schon einmal funktioniert, denn Gunnar und Zoey sind ja im Bett gelandet, was sich aber auch zuletzt schon andeutete. Zunächst einmal stehe ich der ganzen Entwicklung aber neutral gegenüber und warte ab, wie sich das alles weiter entwickeln wird.

"Playing isn’t all you want. I know you did something to mess with her."

Will bleibt nach wie vor ein ambivalenter Charakter mit vielen Facetten, die bei mir auch die unterschiedlichsten Reaktionen hervorrufen. In seiner Außenwirkung ist mir sein Ego einfach zu groß. Zugegebenermaßen ist er auf der Bühne der geborene Entertainer oder salopp gesagt, die perfekte Rampensau. Dass schindet Eindruck, vor allem beim weiblichen Publikum, Juliette eingeschlossen, und weiß auch Jeff zu überzeugen. Bezüglich seiner Sexualität scheint er aber noch immer nicht zu sich selbst gefunden zu haben. Auch in dieser Folge können wir das in einer gemeinsamen Szene mit Brent erleben. In einem Moment freuen sich beide zusammen über Wills Aufnahme als Opening Act für Juliettes Tournee und kaum fasst ihn Brent kurz am Arm an und äußert ein "I believe in you", reagiert Will förmlich allergisch auf diese doch recht harmlose Geste und verschließt sich gegenüber Brent. Hier würde ich mir endlich einen Fortschritt in der Entwicklung seines Charakters wünschen, denn das tritt noch doch schon seit einigen Folgen auf der Stelle. Vielleicht kommt jetzt durch die von Jeff initiierte Fake-Beziehung zu Layla für die Presse etwas mehr Zündstoff in die Sache, da diese ja durchaus ein Auge auf ihn geworfen hat. Und damit wäre ich dann auch schon bei Wills positivster Eigenschaft in dieser Folge angekommen. Denn Scarlett hat mit den ersten Presseauftritten und ihrer dafür zurechtgerückten und trainierten Lebensgeschichte erhebliche Mühe. Will spürt und sieht das und will sie hier, auch gegenüber Jeff, und Layla in Schutz nehmen. Layla wird zwar oft als Dummchen dargestellt, doch im Medienbusiness ist sie bereits routiniert und in Bezug auf Will, ist ihr dessen Freundschaft zu Scarlett ein Dorn im Auge, den sie mit Manipulation zu beseitigen versucht. Zugegebenermaßen war ich anfangs auch überrascht, dass sie gegenüber Scarlett so nett war, aber hinter der naiv-einfältigen Fassade steckt ein kleines Biest und es lässt sich tatsächlich schwer abstreiten, dass hier eine kleine Nachwuchs-Juliette am Start ist, zumindest im Vergleich mit ihren Zickereien und weniger bezogen auf ihre Herkunft.

"Teddy’s gonna pay for this."

Einen Wermutstropfen hat die Folge allerdings doch noch. Die Geschichte um Tandy und deren Verrat von Lamar an die Behörden kann mich einfach nicht überzeugen. Ihr Umschwung kam mir einfach zu überhastet, wo sie es doch war, die ihrem Vater stets so treu zur Seite stand. Außerdem läuft diese Handlung einfach nur nebenbei in kurzen Szenen ab, so dass man gar keine Chance hat, dazu irgendeine Bindung aufzubauen. Da will ich aber bitte gar nicht falsch verstanden werden, denn ein stärkerer Fokus darauf ist überhaupt nicht in meinem Interesse. Im Gegenteil, der Part ist in meinen Augen total überflüssig. Und die Aussicht, dass Teddy nun dank Tandys Feigheit, den Verrat zuzugeben, auch noch im Fokus von Lamars Rache stehen soll, gefällt mir überhaupt nicht. Davon abgesehen hat Teddy derzeit ohnehin nur undankbare Storylines, denn da ist ja auch noch die Scheinschwangerschaft von Peggy, die zum Glück dieses Mal gar nicht erst thematisiert wurde.

Side notes

Die Folge war so vollgepackt, dass ich hier noch auf ein paar Dinge eingehen will, die auch nicht unter gehen sollen. Allen voran wäre da die Szene mit Scarlett und Deacon beim gemeinsamen Musizieren. Warum mussten wir eigentlich über eine ganze Staffel lang auf einen solchen Moment warten? Eigentlich lag das doch wirklich nahe und wie sich zeigte, war es einfach längst überfällig. Die Interpretation des Songs "This Town" der amerikanisch-kanadischen Country Sängerin Jaida Dreyer gefiel mir ausgesprochen gut und ich hoffe, wir sehen solche Momente in Zukunft noch häufiger.

Zuvor nur erwähnt, sehen wir in dieser Folge den ersten Auftritt von Luke Wheeler, einem weiteren Country Sänger, der in einer mit Rayna vergleichbaren Liga zu stehen scheint. Gespielt wird dieser von Will Chase, der seine Gesangskünste bereits in der NBC Musicalserie “Smash“ demonstrieren durfte. Ich war damals kein Fan seiner Rolle, aber als Darsteller finde ich ihn durchaus sympathisch und ich bin gespannt, wie man ihn zukünftig in “Nashville" installieren wird. Vielleicht als Love-Interest zu Rayna?

Im Folgenabspann sind mir außerdem eine Reihe von Gastdarstellern aufgefallen, die sich selbst spielten. Während Steve Buchanan ein Producer der Serie ist, handelt es sich bei Anne Holt, Suzanne Alexander, Bobby Bones, Blair Garner, Lon Helton und Michael Yo um diverse Moderatoren und Journalisten der US Country-Szene, die im Rahmen der Presse- und Grand Ole Opry-Szenen einen Einsatz hatten. Mir gefällt das immer wieder sehr gut, wie die Serienmacher mit solchen Cameos einen Bezug zur realen Country-Szene herstellen und damit dem Seriengeschehen eine gewisse Authentizität verleihen. Darunter verbuche ich dann auch mal das doch recht aufdringliche "Neutrogena"-Product Placement bei Juliettes Pressekonferenz, denn heutzutage sind ja nun wirklich viele Konzert-Tourneen von Firmen gesponsert.

Fazit

Mit dieser Folge wird ein erster Höhepunkt der zweiten Staffel gesetzt. Die Autoren nehmen uns zusammen mit Rayna auf eine emotionale Achterbahnfahrt und wissen auch abseits deren Handlungsbogen mit guten Geschichten um Juliette, Scarlett, Will sowie Gunnar und Avery zu überzeugen. Hinzu kommen klasse Songs aller Beteiligten. Die einzigen Wermutstropfen bilden lediglich die Handlung um Lamar, Tandy und Teddy sowie die Tatsache, dass die Folge mit so vielen Geschichten vollgepackt war, dass dadurch einige Szenen viel zu kurz abgehandelt wurden. Für die kommenden Episoden ist jedoch jede Menge Potential für spannenden Stories vorhanden und es wird den Serienmachern hoffentlich auch weiter so gut gelingen, die Handlungsfäden so geschickt miteinander zu verbinden, was in Staffel eins noch ein großer Kritikpunkt war.

Jan H. - myfanbase

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